- The Wheel - ’Dark Crusade’ - mit Scythe -
Tinya spürte, wie die Wut in ihr hoch kochte. Was der wusste der Typ schon, der nun gerade mit Verbandszeug zurückgekehrt war und sich wieder neben ihr niederließ. Was bildete er sich ein, zu denken, sie stand auf „ihrer“ Seite. Tinya stand auf niemandes Seite - hatte er schon vergessen, warum sie hier mit ihm war? Warum sie diese ganzen Leiden auf sich genommen hatte? Um auf „ihrer“ Seite zu kämpfen? Nein, ganz sicherlich nicht!
Doch dann spürte sie, wie sich der Nebel in ihrem Kopf - der sich schützend um ihre Persönlichkeit gelegt hatte - verschwand und ihr die Chance gab, wieder klar zu denken. So langsam begann sie zu begreifen. Sie atmete erst einmal tief ein und aus, um sich wieder zu beruhigen. Ihn jetzt wieder anzublaffen würde keinen Sinn ergeben, würde ihr und ihm die Chance nehmen, einander zu verstehen - schließlich klangen seine letzten Worte nach so etwas wie Abschiednehmen. Traurig hob sie den Kopf und schaute den Hapaner von der Seite an.
“Heißt das, du kommst nicht mit?”
Einen Moment schwieg sie, wartete die Anwort von ihm nicht ab, sondern sprach weiter. Sie fühlte sich schon lange nicht mehr so klar, wie gerade in diesem Augenblick.
“Was soll das heißen, du setzt mich ab und ich soll sehen, wie ich weiterkomme? Hast du vergessen, warum ich überhaupt hier bin? Doch nicht, weil ich auf einer anderen Seite - auf “eurer” Seite kämpfen wollte. Ich bin nicht desertiert, weil ich das Gefühl hatte auf der falschen Seite zu stehen.”
“Das auch, ja” setzte sie in Gedanken hinzu. “Aber das war nicht der eigentliche Grund - Jace hatte recht. Ich bin desertiert, weil ich auf der Suche nach Lance war und weil Jace etwas getan hatte, was ich nicht verstand.” Endlich hatte sie es vor sich zugegeben. Es waren ihre eigenen Gefühle, die ihr im Weg gestanden hatten - nicht ob das Imperium grundsätzlich gut oder böse war. Nein, es war ganz anders gewesen....
“Sieh mal, ich stehe im Grunde auf keiner Seite, als der meinigen. Ich fühle mich weder dem Imperium verpflichtet, noch der Black Sun. Loyal bin ich gegenüber den Personen, die mir nahe stehen, die ich ...liebe - verstehst du? Dir gegenüber zum Beispiel bin ich loyal - ich hätte es nicht zugelassen, dass Jace dich abschießt und ich wusste in jenem Augenblick, als ich dich gestoppt hatte, dass er es nicht tun würde. Und er hat es nicht getan, weil auch in ihm ein letzter Funken Menschlichkeit steckt, die ihn daran hinderte, Menschen zu töten, denen er gegenüber er etwas empfindet. Er nimmt lieber die Konsequenzen dafür in Kauf, er wird dafür bitter bezahlen müssen.”
“Oh Jace - vielleicht werde ich dir eines Tages verzeihen können - vielleicht. Aber ich fürchte, dafür ist es längst zu spät.” Wieder hatte sie eine Redepause eingelegt und in Gedanken mit sich selber geredet.
“Dies alles habe ich nicht durchgestanden, um auf der Seite der Black Sun zu kämpfen. Ich bin auf der Suche nach einem .....Freund, eine Freund, dessen Nachricht zusammen mit der großen Sch***, die Jace angestellt hat, dazu geführt hat, dass ich auf und davon bin. Dass du da mit reingezogen wurdest, tut mir unendlich leid. Und dass ich all diese Fehler gemacht habe, die letztendlich dein Leben in Gefahr gebracht haben ......”
Tinya senkte den Kopf. Sie hatten verdammtes Glück gehabt, dass sie nicht umgekommen waren. Aber sie hatte nicht anders handeln können - sie konnte einfach nicht. Schon immer hatte sie aus dem Bauch heraus gehandelt, hatte auf ihre Gefühle gehört und jegliche vernünftigen Gedanken weit weg von sich geschoben. Lieber - ja lieber würde sie sterben, als Menschen zu töten, die sie liebte. Die Sache mit Dema (NPC) war eine schreckliche Tatsache gewesen und wenn Scythe nicht an Bord gewesen wäre..... Aber ihr wurde langsam klar, dass sie so auch nicht weiterleben konnte - es durfte nicht noch einmal geschehen, dass sie solche Konflikt nahe an den Rand des Wahnsinns brachten - zumindest nicht, wenn jemand bei ihr in der Nähe war. Das nächste Mal, wenn sie in einer solchen Situation und alleine wäre, dann würde es nur einen Ausweg geben ..einen leichten Ausweg, der alles endlich beenden würde ....
Doch noch war der Hapaner bei ihr und ihr ursprüngliches Vorhaben war noch nicht vollends in die Tat umgesetzt. Wenigstens beenden wollte sie, was sie begonnen hatte - sonst wäre alles umsonst gewesen. Lance - sie musste immer noch Lance finden.
Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen, Tränen, die sie trotzig wegwischte.
“Diese Fehler nein, die hätten nicht passieren dürfen - ich weiß. Aber sie sind geschehen und sie werden in ähnlichen Situationen wieder geschehen. Übrigens ...”
Tinya versuchte auszuweichen, bevor sie wieder abdrifften würde - ihren Gedanken und ihren Gefühlen, die sie Scythe gegenüber hegte.
”...meine Wahl, vor die du mich gestellt hast, fällt auf die Raumstation vor uns. Ich hatte gehofft, du würdest mitkommen - aber vielleicht ist es besser und weniger gefährlich für dich, wenn du gehst und unsere Wege sich hier trennen. Wie mein Weg aussehen wird, weiß ich noch nicht. Vielleicht werde ich mich nach einer Aussprache mit Lance irgendwo hin zurückziehen ..vielleicht...”
Sie verstummte, sah dann wieder direkt in Scythes Augen, die sich ihr plötzlich zugewandt hatten und schluckte.
“Dir wünsche ich alles Gute, solltest du jetzt wirklich gehen. Danke für alles - ich stehe tief in deiner Schuld und ich wünsche dir, dass du in Zukunft bessere und zuverlässigere Partner findest, als mich. Aber für eine letzte Tat benötige ich noch einmal die Unterstützung der “Crusade”.
Ohne eine Zustimmung oder Ablehnung abzuwarten, aktivierte sie einen offenen Kanal und sprach in das Kom:
“Hier spricht Tinya Fox an Bord der “Dark Crusade”. Ich bin auf der Suche nach einem Piloten namens Lance Scott - weiß jemand etwas über seinen Verbleib?”
Mit einem Seufzer lehnte sie sich zurück. Das war’s, ihre Mission war hiermit fast zu Ende. Und sie hoffte, dass Lance ebenso befreit worden war, wie der Commodore, mit dem er inhaftiert gewesen war.
“So, mehr kann ich nicht mehr tun. Gibst du mir bitte das Verbandszeug, das neben dir liegt? Du musst mich nicht verbinden, ich kann das selber tun. Und dann bist du mich auch gleich los.”
Sie schluckte wieder - irgendwie schlug diese Entwicklung eine Richtung ein, die sie so nicht vorhergesehen hatte. Trauer ergriff ihr Herz - aber sie hatte alles sich selber zuzuschreiben ....
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