micah
EU-Fossil
Ich halte ehrlich gesagt den Ansatz für verkehrt. Natürlich ist es Interpretationssache, aber ich hatte nie den Eindruck, dass Ben sich verlassen fühlt. Natürlich hat ihn der Verlust seiner Mutter schwer getroffen, aber er hat kurze Zeit später eine umso engere Beziehung zu seinem Vater gesucht und aufgebaut.
Vielleicht nicht im "oberflächlichen" Sinne verlassen, aber irgendwo tief drin war er für lange Zeit sehr einsam. Da war als erstes das "Trennungstrauma" während des Vong-Krieges. Als Kind hatte er dann wunderbare, liebende Eltern um sich, aber ich denke, seine Verweigerung der Macht hat immer irgendwie zwischen ihnen gestanden und für eine wechselseitige Verunsicherung gesorgt. Dann hängte er sich mit aller Kraft an seinen Cousin Jacen, der jedoch auch nie ein wirkliches Interesse hatte, Ben als Person nahe zu kommen, sondern ihn nur als Mittel zum Zweck sah. Und wie diese "Beziehung" dann ausging, wissen wir ja alle... Sonstige enge Freunde hatte er auch nie; IMHO ist auch Shevu nicht die Art Freund gewesen, mit dem man sich emotional nah ist.
Als Ben und Luke sich nach Maras Tod dann endlich richtig nahe gekommen sind, war das beziehungstechnisch das erste positive und vollkommen offene Erlebnis für ihn. Das hat ihm natürlich sehr gut getan, aber wenn man so eine langjährige seelische Einsamkeit und wiederholte Traumatisierung hinter sich hat, steckt man das nicht einfach so weg. Es prägt das Verhalten noch für eine lange Zeit.
Somit hätte ich dann auch noch erläutert, was ich oben mit "sehr, sehr traurig, wenn man tiefer darüber nachdenkt" zusammengefasst habe.
Im Übrigen gibt das auch dem Ausgang der "Sith-Girlie-Bekehr-Geschichte" eine viel tiefere Bedeutung: Was würde es wohl für Ben bedeuten, wenn ihn wieder ein Mensch, an den er sich mit so viel Energie 'ranhängt, enttäuschen und verraten würde?
Mal ganz davon abgesehen, dass Ben nicht auf mich wirkt als würde er bei all seinen Taten versuchen Anerkennung zu ernten. Ganz am Anfang vielleicht bei Jacen, aber nachdem er ihn durchschaut hat hat er sich niemandem mehr angebiedert. Er hat versucht sich zu beweisen, zu belegen, dass man ihm trauen kann, dass er ernst genommen werden will, aber es ging ihm meiner Ansicht nach nich nach bloßer Anerkennung.
Nein, Anerkennung* meinte ich damit auch nicht, da hast Du mich auch wieder zu "oberflächlich" verstanden. Was Ben sucht bzw. nicht verlieren will, ist eine echte, tiefe Verbindung zu anderen. Wie Du schreibst, hat er bei Jacen zu Anfang probiert, das durch Anerkennung zu erreichen. Aber inzwischen hat er natürlich längst verstanden, dass das nichts miteinander zu tun hat und im Gegenteil Streben nach Anerkennung echter Nähe eher im Weg steht. Denn die funktioniert nur, wenn man einander alle Schwächen zeigen kann.
Das Streben nach Anerkennung prägt Ben allerdings auch nach dieser Erkenntnis und nach der "Nähefindung" zu Luke noch. Das liegt IMHO daran, dass es eine weitere wichtige Motivation dafür gibt, die bis zum heutigen Tag existiert, nämlich der "Skywalkerkomplex". Wie soll man auch damit klarkommen, so einen Vater zu haben, außer, sich immer und immer und immer wieder zu beweisen?
* Unter "Anerkennung" verstehe ich übrigens an keiner Stelle das, was Lord Barkouris als "Anbiederung" herausdefiniert hat.
Ich danke für die Lorbeeren. Wenn doch jeder Eintrag von mir diese Qualität ausstrahlen würde...
Na aber immerhin! Es ist hier nicht so wahnsinnig häufig, dass Beiträge zu Begeisterungsstürmen hinreißen.
Das würde mir auch gut gefallen. Außerdem wäre das eine konsequente Fortführung von Lukes Beziehung zur Macht. Ich erinnere mich dabei wieder an Mara, wie sie Anakin die simple Frage stellt: Wann hast du Onkel Luke das letzte Mal die Macht umfangreich einsetzen sehen? (sinngemäß) Luke hat verstanden, dass die Macht zu Großem befähigt, dass aber nicht bedeutet, dass man nur deswegen auch ständig damit kokettieren muss.
Stimmt, da war mal was, aber das wurde in Bezug auf Luke und auch generell schon lange nicht mehr thematisiert. Ich denke auch, dass Luke eher den "Normal-Machtnutzungsfall" darstellt, der eben in der genannten Szene mit der permanenten Übernutzung durch Anakin kontrastiert wurde.
Dass Ben den "normalen" Weg einschlägt, setze ich sowieso mal voraus. Um etwas wirklich besonderes daraus zu machen, müsste man daher IMHO noch einen Schritt weiter gehen in Richtung "unnormale Machtunternutzung". Also z.B., wenn man die Detektivsache heranzieht, dass er den mühevollen Weg der Recherche und Indiziensuche geht, wenn es ein kleiner Machtstupser am Gedächtnis eines Zeugen auch getan hätte.
Also durchaus über die von Lord Barkouris erläuterte Frage der "Notwendigkeit" des Machteinsatzes heraus. Natürlich mag man es als töricht betrachten, wenn Ben die Macht weniger einsetzt, als er könnte und damit im besten Fall weniger effektiv und im schlimmsten Fall töter ist, aber es wäre eine Besonderheit.
Ich denke, dass ist eine naive, oder netter ausgedrückt, romantische Vorstellung von Heldentum, vielleicht sogar die klassische Version. Aber ist Heldentum nicht mehr? Ist Heldentum nicht dem Bösen die Stirn zu bieten, auch wenn man am liebsten fliehen würde? Ist es nicht Heldentum, wenn man sein Leben für jemand anderen aufs Spiel setzt? Muss man dafür denn pro-aktiv sein? Nein, man muss im richtigen Augenblick seinen Mut zusammen nehmen und das tun, was man für das richtige hält. Die Geschichte wird dann zeigen, ob es Heldentum, Feigheit oder Dummheit war. Ben charakterisiert diese Art von Heldentum für mich erstaunlich gut.
Und da dachte ich, dass ich eine schön verallgemeinerte, abstrahierte Definition für Heldentum gefunden hätte. *schmoll*
Aber vielleicht kann ich unsere Standpunkte ja auch noch vereinen.
Ich schlage vor, Heldentaten in drei "Stufen" zu charakterisieren:
1. Man gerät unbeabsichtigt in eine gefährliche Situation, stolpert da irgendwie herum und rettet dadurch zufällig andere. Modell Jar-Jar Binks sozusagen (und ja, ich entschuldige mich dafür, dass ich ihn schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage erwähne ). Da würde man wohl weniger von einem Helden reden, als von einem liebenswerten Tollpatsch, der eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und dadurch eine Heldentat vollbracht hat.
2. Man gerät zwar unbeabsichtigt in eine gefährliche Situation, könnte sich vielleicht einfach in Sicherheit bringen, entscheidet sich dann aber aktiv dafür, andere zu retten, auch wenn einen das selbst in (noch größere) Gefahr bringt. Das würde Deinen Beispielen entsprechen. Da würde wohl keiner widersprechen, dass derjenige ein Held ist, aber es ist eben nicht dieses klassische "flashy" Heldentum, das ich bei Anakin verortet habe.
3. Man könnte schön in Sicherheit bleiben, begibt sich aber in die gefährliche Situation, um andere zu retten. Das meinte ich mit "pro-aktiv" sein und "Initiative zeigen" und das entspricht dem glanzvollen Helden Anakin. Natürlich ist das romantisch, aber romantisch ist nun mal ein Begriff, der mit (klassischem) Heldentum verbunden ist.
Ich denke, es ist in dieser Diskussion unumstritten, dass Ben eine Art Held ist und unseren vollen Respekt hat. Aber hier geht es ja genau darum (unter anderem), warum Ben (bisher) nicht als so ein Held wie Anakin oder auch Luke empfunden wird. Und das hier, finde ich, ist eine gute Erklärung dafür.
Übrigens muss "Heldentum" nach diesen Definitionen natürlich nicht auf kriegerische Szenarien und körperliche Gefahren beschränkt bleiben. Ein Held kann genauso jemand sein, der jemandem zur Seite springt, indem er eine unpopuläre Meinung ausspricht und sich Spott aussetzt.
Ich dachte wir streiten uns nicht um 2, 3 Jährchen, aber da hab ich mich wohl geirrt.
Normalerweise nicht, aber im Teenageralter sind 2-3 Jahre eben verdammt viel. Ob jemand 13, 16 oder 19 ist, wenn er "in den Krieg zieht" und Heldentaten vollbringt, ist ein himmelweiter Unterschied.
Abgesehen davon war mein Widerspruch aber doch sogar eine Bestätigung Deiner Aussage, dass Ben Dinge vollbracht hat, die kein anderer in seinem Alter (noch nicht mal Luke, der jammerte sich damals nämlich noch durch die mühselige Arbeit auf der Farm seines Onkels ) vollbracht hat!
Das ist richtig und ich bezweifel nicht einmal, dass Anakin ähnlich gut wie Ben abgeschnitten hätte, aber dennoch wurde Ben nicht einfach nur in Versuchung geführt sondern er war vollkommen dem Einfluss eines Sith-Lords unterworfen und trotzdem hat sein innerer Kompass ihm den rechten Weg gezeigt. Und aktiven Bemühungen eines Sith-Lords zu widerstehen gehört meines Erachtens durchaus zu den Dingen, die Ben hervorhebt aus der Masse der Jedi.
Absolut richtig. Das ist eine beeindruckende Leistung, aber, um ein bisschen den advocatus diaboli zu spielen: Ist das eine Heldentat? Nach irgendeiner von den drei oben von mir vorgeschlagenen Definitionen? Nach einer anderen Definition?
Ich als Mann fühle mich restlos von dieser Aussage diskrimiert. Zumal die Frauen in meinem Umfeld erheblich nachtragender sind als ich.
Das sind keine Frauen, das sind Zicken.
Spaß beiseite, Du hast vollkommen recht, es war idiotisch von mir, diese Eigenschaft so polarisierend-stereotyp auf die Geschlechter zu beziehen. Ich nehme diese Aussage hiermit zurück.
Vielleicht können wir uns auf Folgendes einigen: Die Fähigkeit zur Akzeptanz und Vergebung ist für jeden eine außerordentliche Leistung, die hohe Charakterstärke erfordert. Bestimmte Lebensumstände können diese Leistung erleichtern oder erschweren. Männliche Teenager z.B. haben es aufgrund der Einflüsse von Hormonen und der klassischen Sozialisation damit tendentiell schwerer, was Bens Leistung umso beeindruckender macht.
Mal davon abgesehen finde ich diese Eigenschaft von Ben besonders bemerkenswert und erfreulich. Mir ist es zuvor gar nicht so stark aufgefallen, aber Ben ist in dieser Hinsicht der "Bauernjunge", den Mara so geliebt hat. Es freut mich, dass Ben als guter Mix aus Mara und Luke (bisher) dargestellt wird. Und eine weitere gute Seele wie Luke kann sicherlich nicht schaden.
Amen!
Micah