Nexus Ousia
You Belong With Me
Nexus "NEX" Ousia
Ebenbild
Zeigt des Spiegels Ebenbilde mich?
Nur treue Augen wo der Rest entwich.
Bin ich was du fühlst und siehst?
War ich was man morgen liest?
Werd tausend Fremde und bleibe doch nur ich.
Als ich diese Worte geschrieben hatte, fragte ich mich gleich danach, was ich damit überhaupt gemeint hatte. Was wollte ich damit sagen, oder vielmehr nicht sagen? Dieses Stück Lyrik zeigte doch nur in gewohnter Manier die latent schizophrene Melancholie von Nexus Ousia. Dies war der Name, der mir einst gegeben wurde, wahrscheinlich von meinen Eltern. Ich kann das nicht mit Gewissheit sagen, weil ich sie nie kenne lernte. Ich wuchs in einem Waisenhaus auf Coruscant auf. Jedenfalls wurde mir dieser Name von irgendwem mit auf dem Weg gegeben und stand nun, einer Prophezeiung gleich tagtäglich vor meiner Tür und verlangte nach Rechtfertigung. Nexus, so erfuhr ich in meiner späten Jugend, bedeutet nämlich ?Verbindung? oder ?Zusammenhang?. Ob ich dieser verheißungsvollen Namensgebung irgendwann gerecht werden sollte, wird sich wohl noch zeigen. Jedenfalls nannten mich die Leute, die mich näher kennen, schlicht und ergreifend ?Nex?, und so mochte ich es eigentlich auch lieber.
Ich saß an jenem Abend in meinem kleinen Appartement, irgendwo in der unteren Ebene Coruscants und blickte durch das Fenster in die Nacht hinaus. Der Regen schlug von Draußen gegen das Glas, doch der gleichmäßige Lärm wirkte beruhigend auf mich und meine ?zerrüttete Seele?, wenn mir dieser pathetische Ausdruck gestattet sei. Meine Umtriebe brachten mich auch in dieser Nacht um den Schlaf und ich schrieb also wieder einmal, schrieb stur in die Stunden hinein, leise die Hoffnung hegend, dadurch Ruhe finde zu können. Doch Ruhe hatte ich selten beim Schreiben gefunden, wenngleich es dennoch stets befreiende Wirkung bewirkte. Ich starrte auf die Zeilen, die gerade aus meiner virtuellen Feder geflossen waren und sinnierte darüber, ob sich damit etwas anfangen ließe. ?Ebenbild? war mir als stimmungsvoller Titel eingefallen und auch beim wiederholten lesen, fühlte ich mich selten wohl mit meiner Wahl. Er spiegelte, im wahrsten Sinne des Wortes, meine derzeitige Verfassung mehr als beunruhigend wieder. Ich fühlte mich aus verschiedensten Gründen hin und hergerissen. Es gab Dinge zu tun, die ich nicht tun wollte. Ich wollte Dinge tun, die ich nicht tun konnte. Und als ob dies nicht schon problematisch genug war, geschah jeden Tag etwas anderes, mit dem ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet hätte. Die erste, wirklich verblüffende Begebenheit war, dass mir dieses Gedicht nach sehr langer Zeit wirklich gefiel.
Nun, es war so, dass ich seit frühsten Tagen einen eigentümlichen Wunsch hegte. Ich wollte ein Schreiber werden, mit dem Schreiben glücklich werden und wenn alles gut lief, möglichst auch davon leben können. Nur war es natürlich anders gekommen als ich hoffte und so fand mich nun, im Alter von 25 Standardjahren so weit weg von diesem Lebenstraum entfernt, dass ich mir mittlerweile kaum noch vorstellen konnte, eines Tages noch die Erfüllung dieser Wunschvorstellung zu erleben. Natürlich konnte ich nicht Schreiben leben, doch ich wäre damals schon zufrieden gewesen, wenn ich meinen eigenen Schrieb wenigstens noch eine Woche nach Niederschrift hätte ertragen können. Es schien mir wirklich wie ein grausamer Fluch, oder eine böse Ironie zu sein, dass ich meine eigenen Werke so wenig lieben konnte, liebte ich doch eigentlich ihr Schaffen mehr als mich selbst. Selten kam es vor, dass ich mit meiner Schöpfung zufrieden war. Meistens landeten die Ergebnisse schnell im Papierkorb. Und so war es zu dieser Zeit nur logisch, dass ich meinen Lebensunterhalt auf andere Art und Weise verdienen musste.
Vor mittlerweile mehr als einem Jahr hatte ich im Rettungswesen meine Arbeit begonnen. Die wohlbekannten Brötchen verdienten sich nicht von allein und ich schlug zu, als sich mir die Gelegenheit bot. Ich weiß nicht, ob ich nochmal so handeln würde, doch ich entschied mich diesem Weg zu folgen, bot er doch einen vernünftigen Lohn und somit ein Dach über dem Kopf. Vielleicht war auch noch die infantile Vorstellung des Heros mit von der Partie, als ich mich dafür entschied, Rettungssanitäter zu werden. Mit Sicherheit war sie von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ich hatte schon immer eine selbstzerstörerische Ader. Im Waisenhaus hatte ich nur wenige Freunde und lange Zeit wurde ich gehänselt, konnte mich nicht wirklich durchsetzen und zog häufig den Kürzeren. Als Kiffar stellte ich einen Exoten unter den Kindern da, wenngleich die Kiffar von den gewöhnlichen Menschen kaum zu unterscheiden sind. Doch das Wissen darum reichte aus, um mich unter den Meisten zum Außenseiter abzustempeln. Natürlich lag es eben hauptsächlich auch an der besagten mangelnden Durchsetzungskraft, doch war ich seit jeher der Passive, versuchte Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Der Weg des geringsten Wiederstandes. Ich war meist der Stille. Später, ja später zeigte sich das vor allem die Traurigsten auch die Fröhlichsten abgeben konnten. Nachdem die Kindheit hinter mir lag, kam ich sozial besser zurecht und gewann echte Freundschaften, die aber alle nie allzu lang halten wollten. Doch viele Narben von damals, trug ich wohl auch noch mit mittlerweile stolzen 25 Jahren mit mir herum. Meine Kiffar-Natur verbarg ich auch in diesen Tagen noch.
Ich saß noch eine Weile an meinem Schreibtisch, in meiner kleinen, bald schon leerstehenden Wohnung, und blickte mit leerem Ausdruck an die Wand. Mein Blick wanderte über die zerschlissene Tapete zur Reflexion in der Fensterscheibe. Welches Ebenbild war es, das mich dort anschaute. Ich konnte es nicht sagen. Ob ich es je würde sagen können? Doch wenn ich auch ein paar gute Eigenschaften, vielleicht sogar Tugenden, besaß, dann war der gute Wille wohl eine davon. Also nahm ich mir fest vor, endlich meinen Stolz bei der Hand zu nehmen und mich zu dem durchzuringen, was ich mir lange Zeit nicht getraut hatte. Ich würde zu ihr gehen und die Sache ein für alle mal klären. Doch dies würde erst am nächsten Tag passieren. So viel Zeit musste sein. Denn nun war ich endlich müde und so legte ich mich zu Bett. Und trotz aller Zweifel hatte ich endlich ein gutes Gefühl im Magen, dass nicht nur von dem geglückten Stück Lyrik herrührte. Ich hoffte zumindest, es wäre mehr als das gewesen.