- Coruscant – City – Nathaniels Appartment – Mit Nathaniel -
Über Nathaniels dramatische Begrüßung hätte Akemi nicht überraschter sein können. Nach seiner mysteriösen Anspielung sagte er nichts mehr. Er starrte Akemi nur an und es kam ihr vor, als paarte sich auf seinem Gesicht Abscheu mit Schuldzuweisungen. In ihrem Inneren wusste Akemi, dass sie nur ein einziges Geheimnis vor Nathaniel hatte, doch in den wenigen Sekunden, die sie sich schweigend gegenüber standen, suchte sie verzweifelt nach einer anderen Wahrheit – einer, der sie vielleicht noch entkommen konnte.
„Was...was meinst du?“
Fragte sie vorsichtig zurück. Die Antwort wollte sie nicht hören. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zu gehalten und wäre davon gerannt. Es war ein angenehmer Abend gewesen, bis hierhin, mitunter etwas verrückt, aber angenehm. Hatte Nathaniel auf sie gewartet? War er extra wegen ihr wach geblieben? Natürlich war er das. Es genügte ein Blick auf sein Gesicht um zu sehen, wie aufgewühlt er war.
“Du weißt genau, wovon ich rede!“
Er klang missbilligend.
“Ecile hat es mir erzählt. Du... und der Major.“
Blank vor Entsetzen starrte er sie an. Akemi wappnete sich. Alles Versteckspiel hatte irgendwann ein Ende.
“Ich kann es einfach nicht glauben! Was denkst du dir dabei? Was denkt ER?“
Diesmal erwartete er eine Antwort. Tief Luft holend kam Akemi näher.
„Ich weiß, Nathaniel... aber es war nicht geplant, verstehst du? Es hat sich einfach ergeben!“
“Ergeben??? Grrrr, Akemi, wie kann sich so etwas ergeben!!!“
Wie lange hatte Nathaniel im Wohnzimmer gesessen bevor Akemi heim gekommen war? Die Warterei musste ihm sehr schwer gefallen sein. Er schäumte, während er vor Akemi stand und sich in seinem Kopf ein Bild festsetzte, das er gar nicht sehen wollte.
“Wie lange läuft das schon?“
Fragte er fordernd. Akemi schluckte.
„Ein paar Wochen.“
Antwortete sie ehrlich. Nathaniel stieß die Luft aus. Wären sie nicht in seinem Wohnzimmer gewesen, hätte er vermutlich vor ihr ausgespuckt.
„Kurz nach dem Wohltätigkeitsball auf dem wir waren, als du dir deinen Fuß verletzt hast.“
Jetzt, wo alles heraus gekommen war, hatte Akemi das Gefühl unbedingt ehrlich und sehr genau sein zu müssen. Es war ein Fehler gewesen Nathaniel anzulügen. Sie hätte ihm von Anfang an nie verheimlichen dürfen, dass sie mit Richard geschlafen hatte! Sie waren doch Freunde, sie hatte ihm alles erzählen und ihm alles anvertrauen können. Nathaniel lief mittlerweile zwischen Fenster und der Tür zur Küche auf und ab.
“Ich fasse es einfach nicht.“
Sagte er immer wieder.
“Ich fasse einfach nicht, wie du so brutal sein kannst.“
Aprubt blieb er stehen und schaute Akemi direkt an.
“Punkt Nr. 1: Major Cohn ist mindestens dreißig Jahre älter als du. Punkt Nr. 2: er ist der VATER deiner besten Freundin!!“
Obwohl sie sich der Tatsache die ganze Zeit über bewusst gewesen war, dass sie Nella Di mit ihrer Beziehung zu Richard mehr als nur hinterging, tat es Akemi unglaublich weh, als Nathaniel diesen Fakt laut aussprach. Nathaniel musste ihr ihre Gefühle angesehen haben, denn er nickte langsam.
“Du schläfst mit Nellas Vater.“
Machte er ihr noch einmal betont langsam klar. Akemi hockte sich auf die Lehne des Sofas.
„Ich weiß.“
Erwiderte sie leise.
„Und ich weiß auch, dass es falsch ist und... und unverzeihlich...“
“Es ist abscheulich!!“
Fuhr Nathaniel von Neuem auf.
“Was wollt Ihr tun, heiraten? Damit du Nellas Stiefmutter wirst?!“
„Hör auf!“
Schrie Akemi verzeifelt und sprang wieder auf. Bebend stand sie Nathaniel gegenüber. Sie hatte sich nie ausgemalt, wie es werden könnte, wenn er es erfuhr. Zwar war sie sich immer darüber im Klaren gewesen, wie sehr sie Nella Di verletzen würde und wie niederträchtig ihr Verhalten als Freundin war, doch sie hatte sich nie vorgestellt, dass Nathaniel ihr eine so dermaßen hässliche Szene machen würde. Dabei hatte er mit allem Recht, was er sagte. Er hatte Recht. Sie musste sich nur vorstellen, wie es ihr gefallen würde, würde sie erfahren, dass Nella mit ihrem Vater, mit Shin Akanato, ein Verhältnis hätte. Es wäre furchtbar, sie würde sich hintergangen und betrogen fühlen – von beiden. Und dennoch hatte sie es getan, mehr noch sogar. Nicht nur hatte sie mit Richard geschlafen, ein- oder ein paarmal. Sie hatte sich mit ihm getroffen, regelmäßig, auf eine intime und innige Weise. Sie war eine erbärmliche Freundin und Nella Di hatte alles Recht der Galaxis auf sie wütend zu sein. Aber Nathaniel? Akemi studierte sein Gesicht, das Unverständnis, das sie darin fand ebenso wie die Spur der verletzten Eitelkeit, weil sie nicht ehrlich zu ihm gewesen war.
„Es tut mir leid.“
Entschuldigte sie sich aufrichtig. Nathaniel funkelte sie an.
„Nathaniel, es tut mir leid!“
Händeringend sah sie ihn an.
„Was soll ich tun? Ich habe Mist gebaut, das ist mir klar!“
“Du solltest mit Nella sprechen, so schnell wie möglich.“
Erwiderte Nathaniel und Akemi nickte. Um eine Aussprache mit Nella würde sie nicht herum kommen. Allein wenn sie daran dachte bekam sie Bauchschmerzen, aber das hatte sie sich selbst zuzuschreiben.
„Ich werde ihr alles beichten.“
Versprach sie und hob feierlich ihre rechte Hand, eine Geste, die auch für Nathaniel als Friedensangebot gedacht war, doch er zeigte nicht die Spur eines Lächelns. Eine solch angespannte Stimmung hatte es noch nie zuvor zwischen ihnen gegeben.
„Ist es jetzt wieder gut, Nathaniel?“
Fragte sie beinahe verzweifelt.
„Nimmst du meine Entschuldigung an?“
Nathaniel biss sich von innen auf die Wange.
“Du wirst ihn nicht wiedersehen, oder? Es ist doch jetzt vorbei?“
Wie gelähmt erwiderte Akemi seinen Blick. Der Gedanke, dass dies das Ende sein könnte, war ihr bis zu diesem Augenblick nicht ein einziges Mal gekommen. Selbst in Hinblick auf ein schwieriges Gespräch mit Nella hatte sie geglaubt, sie würden irgendeine Lösung finden, es für alle irgendwie möglich machen. Nathaniel aber verlangte das genaue Gegenteil. Er war radikal, er kannte nur die eine Möglichkeit: sie sollte Richard nicht wieder treffen.
„Das, das kannst du nicht verlangen.“
Sagte sie schließlich nach einer halben Ewigkeit.
“Verlangen? Verdammt, Akemi, es ist doch wohl selbstverständlich, dass das endlich aufhört!“
Erwiderte Nathaniel ärgerlich.
„Warum? Dir verbietet auch niemand mit Roxanne zusammen zu sein!“
Schoss sie nun zurück.
“Das ist etwas vollkommen anderes!“
„Wieso?“
Inzwischen war ihre Stimme genauso giftig wie seine. Ja, sie hatte Fehler gemacht, sie hatte Mist gebaut, sie hatte sich eine Suppe eingebrockt, die sie wieder auslöffeln musste! Aber trotz allem war das kein Grund, dass er sich SO aufführte! Er hatte absolut kein Recht ihr vorzuschreiben, mit wem sie ihre Zeit, ihre Abende und ihre Nächte verbringen durfte und mit wem nicht!
“Wir haben eine Beziehung, Akemi! Wir sind gleichalt! Major Cohn ist alt genug um dein Vater zu sein! Und nicht nur das: er hat sogar eine Tochter! Aber das weißt du ja, schließlich ist sie deine Freundin!“
„Woher willst du wissen, wie es zwischen uns ist! Du hast überhaupt keine Ahnung!“
“Und ich will es auch gar nicht! Ich will nichts darüber hören!“
Wie zum Schutz hielt sich Nathaniel die Hände vor die Ohren. Akemi öffnete ihren Mund zu einer Entgegnung, doch mit einem Mal fühlte sie sich dieser Auseinandersetzung nicht mehr gewachsen. Sie wollte diesen Streit nicht, sie wollte nicht, dass Nathaniel sauer auf sie war. Warum schrien sie einander so an? Sie sank zusammen wie frisch geschlagene Sahne, die in der Sonne stand.
„Nathaniel, lass uns aufhören...“
Bat sie erschöpft.
„Ich will nicht, dass du böse auf mich bist.“
Sie wagte nicht ihn anzusehen und als er zuerst nichts sagte, dachte sie, er würde überhaupt nicht mehr antworten. Schließlich jedoch hörte sie das dumpfe Geräusch einer Tasse, die auf den Tisch gestellt wurde. Er hatte seinen Kaf zu Ende getrunken. Ein Teil der stürmischen Gefühle war aus seinen Augen gewichen, doch die Anspannung ließ seine Züge noch immer scharfkantig wirken.
“Ich gehe jetzt ins Bett.“
Sagte er in fast normalem Ton. Er klang ein wenig traurig. Langsam ging er an Akemi vorbei. Als er an der Tür war, blieb er noch einmal stehen, vielleicht der Theatralik wegen. Seltsam, in diesem Moment musste Akemi denken, dass dies eine gelungene Schlussszene für ein Theaterstück wäre.
“Ich kann es einfach nicht verstehen.“
Sagte er wieder.
“Warum ausgerechnet Major Cohn? Du hast... so viele Verehrer, so viele Männer, die sich um dich reißen würden. Jeder andere wäre mir lieber gewesen. Sogar Cris.“
Akemi erwiderte nichts, aber sie glaubte, als sich die Tür hinter Nathaniel geschlossen hatte, dass er auch keine Antwort darauf erwartet hatte.
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