[Chelloan-System | Chelloa | Jenith | Handelszentrum | Besprechungsraum 11-T] Asix, Blood Dragon, Rego Dwaine, Stellvertretender Geschäftsführer Michaels mit Begleitern
Asix neigte nicht sehr zur Ungeduld. Er konnte lange Zeit zubringen, in der quasi überhaupt nichts geschah, ohne sich daran zu stören. Aber es passte ihm nicht, wenn um ihn herum eine Menge geschah, ohne dass es eine gewisse Relevanz für ihn hatte. Das Gespräch zwischen Blood Dragon alias ›Strax‹ und dem stellvertretenden Geschäftsführer Michaels war so eine Situation. Es beinhaltete nicht das geringste Quentchen an verwertbarer Information, so dass es nur unnötigen Datenmüll in die Speicher des Droiden stopfte, den er mühsam filtern, katalogisieren und dann doch größtenteils wieder löschen musste. So wurde er langsam unruhig, und wie es für Astromechs seiner Baureihe nicht unüblich war, konnte er diese Regung nur schwer verbergen, sondern drückte sie durch Töne aus. Gegen Ende des Gespräches warf er mehrmals ein ungeduldiges Murren ein, das die Menschen jedoch nicht verstanden und von dem sie auch kaum Notiz nahmen. Immerhin war er ›nur‹ eine R5-Einheit.
Nach zwei Stunden war es endlich soweit. Die Unterhaltung, die zweifellos wichtig gewesen war, aber Asix' Anwesenheit nicht erfordert sondern ihn nur von seinen Aufgaben abgehalten hatte, endete. Und während er so tat, als müsse er sich die Schuhe zubinden, beugte sich Blood Dragon zu ihm herunter und gab ihm endlich die Anweisung, zu beginnen. Leise, aber durchaus mit einem enthusiastischen Unterton trällerte er eine Bestätigung, doch rollte er nicht sofort aus dem Raum, sondern wartete erst, bis sich der Söldnerkommandant wieder um Michaels kümmerte. R5-A6 errechnete eine Wahrscheinlichkeit von über 92 Prozent dafür, dass nun niemand sein Gehen bemerken und man ihn in den nächsten Minuten auch nicht vermissen würde. Er fuhr den dritten Fuß aus, klappte den eimerförmigen Körper schräg nach hinten in Fahrposition und rollte dann geradewegs zur Tür, die sich für ihn öffnete.
Draußen auf dem Gang hielt er nicht an. Er hatte ja mehr als genug Zeit gehabt, um die Daten, die er vorhin aufgezeichnet hatte, gründlich zu studieren und sich für eine Vorgehensweise zu entscheiden. Auf dem Weg durch den Komplex hatte er möglichst viele Details der Gänge und Zimmer vermerkt und dabei auch mehrere Datenanschlüsse entdeckt. Die meisten davon lagen direkt am Hauptkorridor und waren daher für seine Zwecke nicht geeignet, denn er konnte dort nicht Daten abzapfen, ohne eine Störung zu riskieren. Bessere Chancen hatte er an einem Anschluss, der in einem kleinen Seitengang lag. Auf den ersten Blick hatte er ihn gar nicht bemerkt, denn er war halb von einer großen Topfflanze verdeckt, und erst bei der späteren Durchsicht seiner Aufzeichnungen hatte er erkannt, womit er es zu tun hatte. Der besagte Korridor endete nach einigen Metern und es zweigten nur zwei Türen von ihm ab, bei denen es sich vermutlich um Lagerräume oder Archive handelte, die - so vermutete Asix - nicht sehr stark frequentiert waren. Er ging davon aus, dass das der Ort war, an dem er am ungestörtesten seiner Arbeit nachgehen konnte.
Unbeachtet von den wenigen Personen, die ihm auf den Gängen begegneten, erreichte er die Abzweigung und rollte mit zuversichtlichem Pfeifen zu dem Dataport. Die große Topfpflanze (ein Imitat aus Kunststoff) bot ihm zusätzliche Deckung. Sofort stöpselte er sich an das Datennetz der Anlage und suchte nach den relevanten Informationen.
Wie erwartet war das Netzwerk gut gesichert. Es kostete Asix eine geraume Zeit, den teil-intelligenten Computer zu überreden, sein Wissen mit ihm zu teilen. Der Versuch, seine Anwesenheit mit Wartungsarbeiten zu begründen, scheiterte, und als er sich als eines der hohen Tiere des Konzerns auszugeben versuchte, hätte er um ein Haar einen Großalarm ausgelöst. Doch als er irgendwann die Signalfolgen entdeckte, mit denen der Computer seine Selbstdiagnosen durchführte, war er am Ziel. Die Sicherheitssysteme nahmen ihn nun gar nicht mehr als Fremdkörper im Datennimbus wahr, sondern registrierten seine Anfragen und Zugriffe als Teil eines routinemäßigen Systemchecks. Das eröffnete ihm unter anderem den Zugang zu den Kundenlisten.
Es überraschte ihn kaum, dass er darin weder den Namen Kala'una noch den des Sprengstoffexperten fand. Sie hatten die Ware also unter falschem Namen oder über Mittelsmänner erworben. Allerdings erschwerte das ihre Aufgabe natürlich. Asix suchte nun nach anderen Käufern, die den besagten Kampfstoff erworben hatten, und musste nun feststellen, dass es seit mehr als acht Monaten keine mehr gegeben hatte. Abgesehen von Großlieferungen an republikanische und imperiale Rüstungskonzerne war an niemanden Baradium-27 ausgeliefert worden.
Mit leicht frustriertem Murmeln zog A6 aus dieser Erkenntnis seine Schlüsse. Am wahrscheinlichsten schien derzeit, dass die Bombenleger ihr Material aus anderen Quellen bezogen hatten. Vielleicht von einer weniger bekannten Minenwelt als Chelloa oder aus Beständen des Militärs, die gestohlen oder veruntreut und dann auf dem Schwarzmarkt verkauft worden waren. Kriegsbeute. Plünder- und Bergungsgut von alten Schlachtfeldern. Oder die Attentäter hatten sich schon vor längerer Zeit in den Besitz des Sprengstoffs gebracht. In all diesen Fällen war ihre Aufgabe gescheitert und eine weitere Suche unnütz.
Doch es gab noch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass nichts davon zutraf. Dass die Täter ihr Baradium dennoch vor relativ kurzer Zeit hier erworben hatten, ohne dass sie in den Kundenlisten auftauchten. Denkbar war das zum Beispiel, wenn ihnen - wie Asix - der Zugriff auf den Computer gelungen war und sie ihre Spuren verwischt hatten. Oder wenn das Geschäft ›schwarz‹ abgelaufen war, so dass die Chelloaner es von vornherein aus ihren Büchern herausgehalten hatten. Wenn das der Fall war, dann gab es die gesuchte Information höchstwahrscheinlich irgendwo im System, nur war sie schwerer zu finden.
Viel Zeit blieb dem Droiden nicht, denn in der Zwischenzeit waren mehrere Personen an ihm vorübergekommen und hatten ihn mit Sicherheit auch bemerkt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand dafür interessierte, was er hier tat. Dann war nicht nur seine Chance vertan, die Suche fortzusetzen, sondern sie flogen wahrscheinlich auch auf. Unter Zeitdruck durchforstete er die Speicher nach versteckten Dateien und fand... nichts. Dann durchforstete er sie nach Datensätzen, die von der Formatierung her den Kundenlisten ähnelten, aber woanders abgelegt waren. Das brachte ihm zwar eine Menge Treffer, aber nichts, das wirklich vielversprechend aussah. Doch dann kam ihm eine Idee. Eine ziemlich kreative, auf die vielleicht ein Astromech mit weniger Persönlichkeit nicht gekommen wäre. Asix dachte um die Ecke. Er nahm sich gezielt die Aufstellungen über die Minenausbeute vor und analysierte, wieviel Baradium-27 gefördert worden war. Das verglich er dann mit den Bestandslisten der einzelnen Lager. Und diese wiederum mit den verzeichneten Ausgängen für die Rüstungsbetriebe. Und so stellte er fest, dass gleich mehrfach Baradium-27 aus den Lagern verschwunden war. In vier Fällen in den letzten sechs Monaten waren entweder Lagerbestände geschrumpft, ohne dass es einen verzeichneten Verkauf gegeben hatte, oder es war weniger in den Lagern gelandet, als man dem Planetengestein entrissen hatte. Insgesamt war es beinahe ein Zentner an waffenfähigem Material, das einfach fehlte. Das bedeutete: Es hatte Diebstähle oder schwarze Verkäufe gegeben, und mit etwas Glück war alles oder ein Teil davon an den Attentäter vom Wheel gegangen.
Nun blieb noch die Frage, wie man dessen Identität herausfinden sollte. Und nach einigem Herumprobieren fand der Astromech auch dafür eine Lösung. Er fand (eher durch Zufall) eine Aufstellung von allen Raumfahrzeugen, die den Planeten angeflogen hatten. Sowohl konzerneigene Transporter, Patrouillenschiffe und Yachten, als auch Schiffe von Kunden und Interessenten. Zum Beispiel war ihr eigenes Schiff verzeichnet, die angebliche ›Palladium‹. Möglicherweise hatte man auch die Ankunft und Abreise derjenigen registriert, die das fehlende Baradium-27 vom Planeten geschafft hatten, und es versäumt, sie aus den Registern zu löschen. Asix lud die entsprechenden Listen herunter, um diese Theorie zu überprüfen.
Was genau den Alarm auslöste, war ihm nicht ganz klar. Womöglich hatte irgendetwas in seinem Verhalten die Sicherheitssysteme davon überzeugt, dass er nicht das Diagnoseprogramm des Computernetzwerks war. Oder jemand war auf sein Treiben hier aufmerksam geworden und hatte näher hingesehen. Was es auch war, es führte dazu, dass er von einer Tausendstelsekunde auf die andere keinen Zugriff mehr auf irgendwelche Daten hatte und zugleich ein aggressives Schadprogramm auf seine Speicher zuzugreifen versuche. Mit einem gellenden Schreckensschrei zog er seinen Datenarm aus der Anschlussdose und wich von der Wand zurück. Im gleichen Moment gingen auf dem Hauptkorridor rote Lampen an und ein eindeutiger Ton teilte den Mitarbeitern mit, dass es ein Problem gab. Sie waren aufgeflogen!
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