[Abridon System - Abdrion - Capital City - Seitenstraße neben dem Morpheus - Darist Toblakai]
Die Zeit zur Erstürmung war gekommen. Da alles um die Werkstatt herum in ihrer Hand war und Toblakais Männer sich bereits positionieren hatten, konnte im Prinzip jeder Zeit begonnen werden. Und tatsächlich war dies auch der Plan, wobei nur Darist selbst diesen kannte. Offiziell, zumindest so offiziell wie eine Geheimoperation sein konnte, würde es in zehn Minuten los gehen. Doch sie würden schon in einer beginnen. Obwohl es keine eineindeutigen Beweise für die Existenz eines Verräters gab und es noch weniger Indizien gab, die auf eine Infiltration seiner eigenen Leibwache schließen ließen, hatte Darist in den letzten drei Tagen genug Paranoia angehäuft, das er jetzt früher beginnen wollte. Darüber hinaus war er auch aufgeregt, da dies seine erste derartige Operation sein würde. Bei all dem, was er zuvor schon erlebt und in was er ausgebildet worden war, war er doch nie wirklich einer von den Spezialkräften gewesen, die ihr ganzes Leben lang nichts anderes taten als feindliche Systeme zu observieren und dann anzugreifen. Bei so was gab es meist mehr Faktoren zu bedenken, als ein Einzelner überblicken konnte und dann noch einmal eine Hand voll mehr, die einem zuvor gar nicht bekannt waren und auf die man dann spontan reagieren musste. Darist fühlte sich jedoch dank Vorlca ausreichend vorbereitet. Dessen Mitarbeit machte es jedoch auch unmöglich für den Lieutenant, sich auf ein Szenario vorzubereiten, in welchem genau dieser ISB Agent der Verräter war. War er es, dann würden sie vermutlich alle sterben. Neun Minuten früher als geplant loszuschlagen war der einzige Vorteil, den Darist besaß. Zumindest glaubte er, dass es so war. Agenten der Geheimdienste waren vieles, aber dumm nicht. War er der Verräter, er würde sicherlich sogar dies vorhersehen können. Doch dann war es eben so. Dann starben sie halt neun Minuten früher. Darist konnte eh nichts daran ändern.
Da Darist nur eine begrenzte Anzahl von Männern einsetzen konnte, nämlich nur zwölf, würde die Erstürmung auf Grund der Vielzahl an Einstiegsmöglichkeiten anders aussehen als üblich. Keine zwei oder drei pro Tür und Fenster, sondern nur einer, denn es gab dreizehn Zugänge und in alle sollten zugleich die Granaten fliegen, damit auch wirklich alles getroffen wurde. Für das Danach gab es dann weitere Schritte, die Darist nun aber nicht noch einmal gedanklich durchging. Der Riese, alleine an einer Wand hockend, seine massige Waffe auf dem Rücken und zwei Granatenbündel bereits in den Händen, schaute innerhalb seines Helms auf die angezeigte Karte der Umgebung. Alle seine Männer wurden genau dort angezeigt, wo sie sein sollten. Dank der vollständigen Kontrolle des Imperiums konnte sein Anzug mit allen nur erdenklichen Informationen versorgt werden, sodass er sogar sehen konnte, dass jeder von ihnen Granaten in den Händen hielt, weil es dafür ein spezielles Symbol gab. Darist hatte es heute zum ersten Mal gesehen und war rückblickend doch ein bisschen verärgert darüber, dass er nie zuvor so viel Informationstechnik zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Womöglich, so dachte er in einem kurzen Moment der Schwäche, war es vielleicht doch von Vorteil, wenn man mit dem Geheimdienst zusammen arbeitete.
Schließlich switchte der Timer in Darist Helm von 09:01 zu 09:00 um und alle Gedankengänge erloschen im selben Augenblick, als der Hauptmann der Leibwache den Befehl zur Erstürmung gab. Während er sich selbst aufrichtete und zugleich - dank eingebauter Technik im Anzug – um die Ecke herum kam, als wöge sein Körper im Augenblick nicht ungefähr 200 Kilogramm, blinzelte er die obere rechte Ecke der digitalen Karte in seinem Display an, woraufhin sie schrumpfte und an die selbe Ecke von diesem gelegt wurde. Es gab keine akustische Erwiderung, doch dafür sah er, dass sich alle Punkte vorwärts bewegten. Wie geplant und befohlen. Da auch zuvor festgelegt worden war, wie lange alle brauchen würden, zählte in genau dem Augenblick, an dem Darist an der Tür ankam, ein zweiter Zähler auf Drei herunter. Drei Sekunden für jeden, um die Tür, das Fenster, das Entlüftungsgitter oder die Zugänge für Wartungsdroiden zu durchbrechen und die Granaten einzuführen. Manche würden sie einfach nur hinein legen können und die Schwerkraft übernahm den Rest, andere mussten sie mit einem speziellen Granatwerfer abschießen und wieder andere, wie auch Darist, würden sie werfen. Um sich nicht darauf zu verlassen, dass alle Soldaten im exakt selben Moment ihre zeitgesteuerten Granaten los schickten, waren sie alle miteinander verknüpft und würden auf einen Befehl von Darist hin explodieren. Zuerst die Ionengranate, dann die Schockgranate, wobei letztere den Befehl im selben Augenblick wie die andere bekam, dann aber durch einen mechanischen „Zähler“ aktiviert wurde. Darist hatte das rechte Granatenbündel bereits in die linke Hand gelegt und holte nun mit der rechten Faust aus. Die „Eingangstür“ zu den Büroräumen war eine konventionelle Antidiebstahlsicherung aus Durastahl und mehr dafür gedacht einfache Einbrecher abzuhalten, bevor diese überhaupt Hand anlegten, als Profis abzuwehren. Entsprechend leicht durchschlug Darist sie, wobei die hydraulische Beschleunigung in seinem Arm ausreichte, um eine Welle aus Schmerzen durch diesen zu schicken und ihn die Zähne zusammen beißen zu lassen. Die Transparistahlscheibe dahinter explodierte gleich mit und während der Einbruchsalarm lautstark loslegte, warf Darist schon seine Granaten hindurch. Auch dies durch den Anzug beschleunigt und auch diesmal merkte der Hüne, dass ihn die eingebaute Technik zwar viel erlaubte, ihn dabei aber kaum schonte. Knurrend sprang er stehend zur Seite, was für einen zufälligen Beobachter sicherlich komisch ausgesehen hätte. Doch es brachte ihn außer Reichweite.
Sobald im Head-up-Display zu sehen war, dass alle Granaten abgeliefert worden waren und noch zu funktionieren schienen, blinzelte Darist das blutrote Zündungsfeld drei mal an, welches sich unten links weit entfernt von sonst allem befand und auch mehrfach betätigt werden musste. Sobald das Rot etwas blasser wurde und das Signal dank Geheimdienst oder einfach nur dank generell hervorragender imperialer Technik sofort übertragen worden war, explodierten auch schon die Granaten. Darist hatte kaum seine Lieder ein drittes Mal in Folge geschlossen, da hörte er auch schon einen Knall, in welchem ein hohes elektrisches Knistern und eine Art Schrei zu hören war, als hätte man eine Gewitterwolke, in dem ein Gott lebte, bombardiert. Vor-wie Nachteile der Ionengranaten war, dass ihr EMP nicht durch normale Wände ging, weshalb Darist selbst unbeschadet blieb und sofort zum eingeschlagenen Loch gehen konnte. Um nur einen Blick hinein zu werfen. Und nichts zu sehen. Keine einzige Person, keine Droiden, keine Geschütze oder Barrikaden. Einfach nur nichts.
„Meldung!“ rief er durch das Com und begab sich zu der Stelle, an der Corporal Kath eingestiegen war. Der kampfeslustige Dreckskerl hatte nur ein Fenster gehabt und war deshalb schon drin und Darist folgte ihm nun. Über die sichere Leitung kam dann auch die Meldungen herein. Keiner hatte irgendetwas gefunden. Außer Garstig. Das es auch grade Garstig sein muss, dachte der Lieutenant und lief zu der Stelle, an der der Corporal sein sollte. Auf dem Weg dorthin traf er er andere Mitglieder der Einsatztruppe, sah die hochgegangen Granaten, sah durch diese beschädigte Technik und auch ein paar zivile Droiden kleineren Typs. Mit Schritten, die man schwerlich überhören konnte, stampfte der Hauptmann der Leibwache bis zu einem Ort, der an für sich unbedeutend war, wäre er denn nicht der Vorraum zu einem Turbolift gewesen. Vor diesem Lift stand Garstig mit zwei seiner Männer. Eine Frau, die der Lieutenant nicht kannte, lag auf dem Boden und es fiel Darist nicht schwer sich vorzustellen, was kurz zuvor geschehen war. Keine zwei Meter von ihr entfernt lag eine der Schockgranaten, abgefeuerten von einem Granatwerfer, die dann durch einen der Droidenwartungsschächte bis hier her gelangt war. Sie hatte wohl das Splittern der Türen und Fenster hören müssen und sich deshalb zu den Geräuschquellen umgedreht und dann, als sie die Granate erblickt hatte, hatte sie sich umdrehen wollen. Sie hatte eine halbe Drehung geschafft und war dann getroffen und zu Boden gegangen. Blut floss ihr in dünnen Rinnsalen aus den Ohren, doch sie lebte, wie Garstig versicherte.
„Dimalya Morgon. Eine untergetauchte Sympathisantin des Widerstands.“ hallte es einen Augenblick später durch das Com. Es war Vorlca und er saß gerade vor einem großen Bildschirm mit Anbindung an die Datenbanken des Geheimdienstes. Zumindest stellte sich Darist ihn so vor.
„Kurz nach unserer Ankunft verschwunden. Gewaltbereit, gilt als intelligent, hat aber keine nennenswerten Verbindungen. Eigentlich ein kleiner Fisch.“
„Wir haben sie überrascht.“ knurrte Kath, nun auch anwesend. Er hob seinen rechten Fuß und es sah kurz so aus, als wolle er die Frau treten, doch dann schob er nur das Datapad zur Seite, welches die Frau in den Händen gehalten hatte und nun dank Ionengranaten wohl unbrauchbar war.
„Sir, Störsender aktiv.“ verkündete Sergeant Grat nur einen Augenblick später.
„Aufmachen.“ befahl Darist, deutete auf die Türen des Turbolifts und überging damit alle Meldungen. Wozu auch darauf eingehen?
Zwei von Grats Männern traten vor und nahmen dem jeweils anderen magnetische Haltegriffe vom hinteren Gürtel und drückten diese auf die Türen. Nochmals zwei normale Sturmtruppler kamen hinzu und gemeinsam wuchteten sie sie auf. Der Lift stand noch immer an Ort und Stelle. War aber natürlich ohne Energie.
„Wiederherstellen.“
„Sir. Wenn sie dort unten auf uns warten...“
„Sie haben keinen Grund sich zu ergeben. Wir würden sie sowieso hinrichten.“
Ja. Das war natürlich der Nachteil an der Null-Toleranz-Politik bei Verrätern und Feinden des Imperiums. Wozu sich ergeben, wenn man dann ohnehin nur gefoltert und ermordet wurde? Dann konnte man genau so gut mit einem Blaster in der Hand sterben.
„Immerhin scheinen sie dort unten keine Bombe zu haben. Sonst wären wir schon alle tot.“
„Oder sie haben einen Ausweg.“
„Nein. Wir haben-“
„Ruhe. Sobald der Lift wieder läuft, fahren wir ihn herunter. Garstig, Deckenluke öffnen. Alle anderen: Reservegranaten bereit machen. Wir werfen alle hinunter.“
Darist sah sich um.
„Sarlacc, besorg mir eine Kiste oder ähnliches und eine Platte. Beides muss in den Lift passen.“
Der Corporal bestätigte und nahm seinen einzigen noch freien Untergebenen mit. Kurz darauf kamen sie mit einem der kaputten Droiden und einer zerbrochenen Tischplatte wieder.
„Lieutenant. Haben sie schon mal den Film „Das dunkle-“
„Funkstille, Sergeant.“ bellte Darist und starrte Grat kurz an. Natürlich hatte er den Film gesehen. Woher sonst sollte er die Idee mit dem Lift haben? Die beiden herbeigeschafften Teile wurden nun hineingelegt, sodass eine Art 45° Rampe entstand. Als alles andere auch bereit war, stellte sich Grat, welcher sich noch am ehesten mit Turboliften auskannte, an die Konsole neben diesem und fuhr ihn manuell herunter. Da der Eingang so schmal war und der Sergeant selber schauen musste, konnte nur noch Darist selbst ebenfalls in den Schacht schauen. Er war nicht sonderlich tief. Etwa vier oder fünf Meter später war schon Schluss und Grat öffnete von seiner Konsole aus die untere Tür der Etage. In diesem Augenblick fiel dem Lieutenant ein, dass eine verspiegelte Platte womöglich noch besser gewesen wäre, doch jetzt war es eh zu spät. Auf jeden Fall wurde nicht auf die Liftkabine gefeuert.
„Los.“
Einer nach dem anderen ging zum offenen Lift und warf seine Granaten hinein. Mal stärker, mal schwächer, mal ließen sie sie einfach nur los und die letzten beiden benutzten sogar ihre Granatenwerfer. Was rückblickend betrachtet eine dumme Idee war, da die Platte dem Aufprall nicht standhielt und die Pakete deshalb in dieser steckenblieben. Nichtsdestoweniger zündete Darist erneut alle Granaten gleichzeitig und erneut gab es diese einzigartige Mischung aus bombardiertem Gewitter und kreischendem Kleinkind. Der nächste Schritt musste nicht extra befohlen werden, dann Grat wusste auch so schon, was nun zu tun war. Er nahm eine Drohne von seinem Gürtel, stellte sie dort ab, wo die Lifttüren für gewöhnlich schlossen und hob mit ihr ab. Von allen Helmen war Darist seiner der mit der meisten eingebauten Technik. Da er sich mit Drohnen und ihrer Steuerung aber nicht auskannte, musste der zweitbeste Helm bzw. sein Träger dies übernehmen. Wie bereits gestern vereinbart, flog das kleine Fluggerät nach unten und sondierte die Lage. Denn das es hier einen Lift geben würde, dass war ihnen schon bekannt gewesen.
„Sichtkontakt“ verkündete Grat ein paar Sekunden später.
„Zähle … drei … vier … …. sieben Droiden. Bewaffnet, alle ausgeschaltet.“
Es entstand eine Pause, in der Darist mit Handzeichen Anweisungen gab. Der Abstieg sollte vorbereitet werden.
„Zwei Perso- … korrigiere, zwei Personen und eine Leiche. Beide bewusstlos, Leiche nicht zu identifizieren.“
„Bewaffnet?“
„Moment... … nein. Beide unbewaffnet. Leiche war bewaffnet.“
Grats Helm wandte sich Darist zu, der wegen dieser Bewegung den indirekten Blick erwiderte.
„Der Typ hat sich wohl den Kopf weggeblasen. Seiner Kleidung nach war das Infept.“
„Abstieg.“ befahl Darist zuerst und trat dafür zur Seite, dann sah er wieder den einzigen anwesenden Sergeant an.
„Die beiden Bewusstlosen?“
„Zivile Kleidung, nichts auffälliges an ihnen. Ein Mann, eine Frau.“
„Zeigen Sie mir die Gesichter.“ mischte sich Vorlca ein, der NATÜRLICH dasselbe sah wie Grat. Der ISB Agent klang kaum aufgeregter als sonst, als wäre ihm die Auflösung dieser Operation egal, doch ob dem tatsächlich so war?
„Einen Moment.“ erbat Grat und sah dabei seinen direkten Vorgesetzten an, der nur nickte. Darist wollte es ja auch wissen. Währenddessen war der erste Corporal, Garstig, schon fast unten angekommen.
„Also?“ wollte nun auch der Lieutenant wissen, nachdem ein paar Sekunden vergangen waren.
„Hm. Sie tragen Masken.“
„Masken?“
„Na ja. Eher Helme. Für Wartungsarbeiten oder so. Ihre Kleidung sieht aber nicht nach Handwerker aus.“
„Sondern?“
„Gehoben.“
„Sie wollten wohl nicht erkannt werden.“ mutmaßte Vorlca.
„Anscheinend. Garstig. Raum sichern, Droiden unschädlich machen, dann die beiden Bewusstlosen sichern. Achtet auf Sprengfallen. Kath, zeig der Drohne die Gesichter der beiden.“
Wieder verging etwas Zeit und nun ärgerte sich Darist doch ein wenig darüber, dass er Vorlcas Vorschlag, doch ebenfalls eine Verbindung zur Drohne herzustellen, abgelehnt hatte. Ihm war zu dem Zeitpunkt nicht wohl dabei gewesen den Agenten an seinen Helm zu lassen und war es ihm eigentlich immer noch nicht. Aber dafür durfte er nun warten und rumstehen.
„Der Rest durchsucht die komplette Werkstatt. Alles was ungewöhnlich erscheint, wird gemeldet.“
„Sir.“ kam es im Chor zurück und die wenigen arbeitslosen Männer zerstreuten sich.
„Sabacc!“ verkündete Vorlca plötzlich triumphierend.
„Ja, was?“ wollte besagter Corporal leicht irritiert wissen.
„Nicht Sie, Corporal. Ich meinte … Jackpot. Wir haben ihn!“
„Ein bisschen weniger Freude, Agent, und ein paar mehr Namen.“ Darist war nicht nach Freude zu mute, denn er befürchtete immer noch, dass ihm alles entglitt.
„Borland, Lieutenant. Es ist Borland.“
Darist stutzte. Gab es mehrere Männer dieses Namens?
„Der Quartiermeister?“ fragte er deshalb nach und ihm wurde kalt in seiner Rüstung. Er war dem Typen noch gestern auf dem Gang begegnet. Das konnte nicht sein. So einer konnte unmöglich ungesehen verschwinden...
[Abridon System - Abdrion - Capital City - Werkstatt Morpheus - vor dem Turbolift - Darist Toblakai, Sergeant Grat (NPC)]