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Eines musste Kalinda schon zugeben, so dreckig, brutal und oft kurz das Leben im Tempel auch für die meisten Jünger sein mochte, es wurde zumindest nie langweilig mit ihnen. Als geschätzte Attentäterin ihres Herrn hatte die schlanke Umbaranerin schon viele hoffnungsvolle Gestalten kommen und gehen gesehen, Lebewesen aus allen Winkeln der Galaxis, die glaubten, Sith werden zu können. Die allermeisten scheiterten an diesem hochgesteckten Ziel, wurden nicht mal als Schüler in Erwägung gezogen und verbrachten eine bittere Existenz als Diener, Sklaven oder Futter für die unersättliche Maschinerie des dunklen Ordens. Nicht wenige ließen ihre Frustration darüber an den anderen Jüngern aus, ganz getreu der Devise „Nach oben buckeln, nach unten treten“. Sicher, es konnte durchaus unterhaltsam sein, Frischlinge zu drangsalieren, aber Kalinda reizte das nicht wirklich. Die junge Frau hatte sich zwar damit abgefunden, dass sie wahrscheinlich niemals einen Meister finden würde, aber das hieß noch lange nicht, dass sie sich nicht eine bessere Existenz erkämpfen konnte, indem sie ihrem Herrn diente. Wer es schaffte, sich in den Augen von Graf Sturn als nützlich zu erweisen, konnte sich einige Privilegien verdienen und ein durchaus auskömmliches Dasein genießen. Das war etwas, auf das die Attentäterin nicht verzichten wollte, und das hieß auch, dass sie den aktuellen Auftrag – so selbstmörderisch er auch war – nicht vermasseln würde. Selbst wenn das hieß, sich mit arrogantem Frischfleisch herumschlagen zu müssen, das sich selbst wohl für die Verkörperung der Dunklen Seite hielt, weil es rote Haut hatte. Rote Haut, über die nun ihr Messer strich, aber Shiqjat zeigte sich zwar zumindest ein wenig beeindruckt, aber keineswegs eingeschüchtert. War wohl wirklich sehr von sich überzeugt, dachte sich Kalinda und quittierte seien gezischte Antwort mit einem bemerkenswert hellen Lachen, bevor sie ihr Messer weg zog.
„Du hast zumindest Mumm. Oder bist einfach nur zu dumm, um Angst zu haben. Mit beidem kann ich arbeiten.“
Meinte die blasse Jüngerin trocken und überließ den Rest der Show Grin, der es sich nicht nehmen ließ, dem reinblütigen Sith seinerseits zu verdeutlichen, mit wem er es zu tun hatte. Kalinda verfolgte das Geschehen amüsiert, hauptsächlich aber neugierig, und sie trat einen kleinen Schritt zur Seite, um einen besseren Blick zu erhaschen. Schließlich war der exotische Weißhaarige durchaus ein interessanter Anblick, nicht bloß für tumbe Tentakelflittchen. Kalindas Neugier wurde prompt belohnt, als Grin tatsächlich – und mit hervorragenden dramatischen Timing – die Maske abnahm und sein Gesicht präsentierte. Seine Haut war schneeweiß und erinnerte die Jüngerin in ihrer makellosen Helle an Marmor, umso deutlicher fielen nun die roten Pupillen auf. Das breite, hungrige Grinsen, bei dem die Zähne des Menschen wie Dolche in der Nacht aufblitzten, tat ein übriges, um ihn gleichzeitig irre, gefährlich, exotisch und ansprechend aussehen zu lassen. Sicher die beabsichtigte Wirkung, daran hatte Kalinda keine Zweifel. Eine Begrüßung unter Kämpfern folgte, die in ihrer Intention der Attentäterin nicht fremd war – die Jünger, die dem Zirkel der Extinktoren dienten, besaßen ähnliche Riten. Spätestens jetzt wuchs auch der respektvolle Abstand der Jünger im Umkreis, die sich schon außer Hörweite befanden und nun bestrebt waren, diese Distanz noch zu vergrößern. Besser für sie, denn nun war das Nexu aus dem Sack. Einbruch bei den Royal Guards, eine Aussicht, die Shiqjat nicht im geringsten zu erschrecken schien, im Brustton der Überzeugung verkündete das Reinblut, dass er keine Angst hatte und bereit war, seine Hilfe als „wahrer Sith“ anzubieten. Kalinda prustete beinah los und grinste schief, dann nickte sie als Antwort auf seine nächste Frage.
„Oh ja, so einen Ort gibt es. Vielleicht führe ich dich sogar da hin. Vielleicht schneide ich dir auch hier und jetzt die Kehle durch und werf deine Leiche in die Katakomben. Kommt ganz drauf an, ob du nochmal probierst, mir Befehle zu geben. Ja, „wahrer Sith“ - ich merk das.“
Kalinda machte eine Kunstpause und lächelte eisig, dann zuckte sie mit den Schultern, sah sich einmal kurz um und hob dann eine Hand.
„Genug geredet. Kommt mit und bleibt unauffällig. Wo wir hingehen, soll uns niemand folgen.“
Gesagt, getan, mit der Umbaranerin an der Spitze setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung und durchquerte die Bibliothek, bis einen Ecken des riesigen Bereichs erreichten, in dem sie nahezu vollständig hinter hohen Regalen verborgen waren und in dem niemand sonst sich aufhielt. Dicke Staubschichten verrieten, dass hier nicht gerade Bestseller lagerten, nur selten verirrte sich jemand hier hin. Kalinda sah sich prüfend um, nahm dann eines der Bücher aus dem Regal und drückte einen schmalen, kaum sichtbaren Schalter, der darunter verborgen war, anschließend ging sie zur Wand und drückte eine der dort angebrachten Fackeln nach unten. Erst jetzt ertönte ein leises Knacken und die Mauer schob sich zur Seite, gab den Blick auf eine dunkle Treppe frei, die hinunter führte. Kalinda scheuchte die anderen hinein, prüfte noch einmal, ob die Luft rein war, und schloss die Tür hinter ihnen. Im fahlen Licht von Fackeln marschierten sie hinab in die Dunkelheit, die Luft war kühl und ein wenig feucht. Mehrere Minuten vergingen, bis die Gruppe schließlich einen großen Raum erreichte. Wände aus grauem Stein umschlossen sie und einige wenige schmucklose Tische und Stühle standen bereit.
„Willkommen. Willkommen an dem Ort, der einst das Grab von Darth Degorgian war. Fragt mich nicht, wer das war oder warum das Grab leer ist, auf jeden Fall ist es ein nützlicher Ort, um sich in Ruhe unterhalten zu können. Es gibt einige Gräber hier im Tempel, einige leer, andere noch...belegt. Ich rate euch, nie allein eins zu betreten. Schon mancher ist für immer hier unten verschwunden. Also...fangen wir an, hm?“
Die Umbaranerin setzte ein Lächeln auf, das so gar nicht zu dieser düsteren Umgebung passte, klatschte in die Hände und zog einen Stuhl heran, auf dem sie es sich bequem machte. Zeit, an die Arbeit zu gehen.
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