Bastion / Center / Arthious-Boulevard / Kath-Bürogebäude / Arbeitszimmer / Sane, Samin, Jean
Herein kam eine junge Frau. Ihr genaues Alter konnte Sane nur schwer einschätzen. Ihre braunen Haare waren ordentlich unter der Schirmmütze versteckt, ihre Statur war unter dem schweren Militärmantel nur zu erahnen. Ihr strenger Blick schien zunächst den Raum zu überprüfen, bevor sie sich die beiden Anwesenden vornahm. Sane hielt ihrem durchdringenden Blick stand. Er hatte es schon mit deutlich erfahreneren Gegenspielern zu tun gehabt. Noch dazu hatte sich diese Haren auf sein Territorium begeben. Sicherheitsapparat hin oder her: Sane wusste, welchen Einfluss sein Vater hatte und er würde im Zweifel nicht davor zurückschrecken, diesen einzusetzen. Er war hier der Herr im Haus und Haren auf seine Kooperation angewiesen. Doch noch wollte er diese Karte nicht ausspielen. Im Gegenteil. Womöglich konnte er Haren auch mit ein paar Gefälligkeiten anfüttern und so Zugang zu Informationen über die aktuelle Lage oder den Toten da draußen erlangen.
"Von einem guten Tag kann man da ja nicht sprechen, wenn mitten in Center so etwas passiert. Sane von Kath, ich bin der Sohn des Barons von Kath und vertrete ihn während seiner Abwesenheit. Das hier ist Lieutenant Samin."
Er hatte sich eher spontan für den besorgten Adeligen entschieden. Ein Gefühl sagte ihm, dass Haren ihn damit besser in eine klischeehafte Schublade stecken konnte. Damit das auch sicher funktionierte, setzte er noch einen drauf.
"Mein Vater wird davon schon bald erfahren und sich dann wahrscheinlich für das Sicherheitskonzept hier am Boulevard interessieren. Ist meine Familie und sind meine Angestellten hier denn noch sicher, Frau Haren?"
Ob die junge Frau davon eingeschüchtert sein würde? Eigentlich war es ihm gleich. Es ging um den Auftritt und darum, Haren etwas zu geben, über das sie sich aufregen konnte. Wenn sie sich über die Arroganz der Obrigkeit ärgerte bestand die Möglichkeit, dass sie abgelenkt war und Fehler machte, von denen Sane irgendwann womöglich profitieren konnte. Doch nachdem er sich in das gewünschte Licht gerückt hatte, musste er natürlich seiner Bürgerpflicht nachkommen. So gesehen war der imperiale Sicherheitsapparat kaum besser als ein wildes Tier: Unberechenbar, meistens gefährlich, vor allem, wenn man ihn in die Ecke drängte. Man konnte ihn aber auch zähmen, wenn man nur wusste, wie.
"Die Familie Kath wird natürlich alles tun, damit dieser tragische Vorfall aufgeklärt und der Täter überführt werden kann. Wenn Sie gestatten, Frau Haren, werde ich meine Assistenz anweisen, ein Dossier mit allen Mitarbeitern für sie zusammenzustellen, deren Büro sich auf dieser Seite des Gebäudes mit Blick auf den Boulevard befindet. Wenn Sie es wünschen, können wir auch gerne Räumlichkeiten für Ihre Befragung zur Verfügung stellen. Das dürfte Ihre Arbeit enorm erleichtern."
Nach dem Aufbau seiner Stellung und den ersten Salven war es nun Zeit für den ersten Angriff. Es sollte nicht der Hauptschlag sein, sondern lediglich die Verteidigung der Gegenseite abklopfen um zu schauen, wie sie darauf reagierte. Wenn dabei erste Erfolge erzielt werden konnten, würde er sich natürlich nicht beschweren.
"Was wissen wir denn bereits zu dem Vorfall? Wer ist der Tote?"
Absichtlich nutzte er diese Formulierung. "Wir", das bedeutete, dass sie alle auf einer Seite standen und gemeinsam an einem Strang zogen. Aufmerksam musterte er die junge Frau. Würde ihre Reaktion ihm etwas darüber verraten, was hier auf Bastion vorging? Wusste sie überhaupt irgendetwas? Seine erste Theorie ging eher in die Richtung, dass etwas auf den höheren Ebenen des Regierungsapparats abspielte. Sollte sich diese Theorie bewahrheiten, dann tappte auch Haren im Dunkeln.
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