Coruscant – Jedi-Tempel – Iowyns Quartier, mit Ian
Eowyn starrte Ian an. Was war das jetzt? War es das, wie er sie sah, wie er sich fühlte? Bügelte sie seine Sicht immer ab? Aber das war nicht wahr. Sie hatte gewisse Dinge akzeptiert, gelernt, erkannt. Es war nicht fair von ihm, zu sagen, dass sie alles andere immer als nicht richtig bezeichnete. Das klang, als würde jedes Gespräch mit ihr ohnehin sinnlos sein. Sah er das so, wirklich? Nein, das war absolut nicht fair. Sie hatte sich bemüht, ihm zuzuhören. Sie hatte es wirklich versucht! Aber in jedem anderen Beruf wurde man befördert, wenn man gewisse Qualifikationen mitbrachte, wenn man sich besonders auszeichnete. Vorgesetzte redeten mit einem, gaben einem Gründe. Und für die Jedi sollte das plötzlich nicht mehr gelten? Wenn sie das gleiche einforderte war sie stur?
Eowyn schluckte hart, versuchte, ihren kompletten Ärger hinunterzuschlucken. Es war spät. Auch Ians Tag war anstrengend gewesen. Wenn er so dachte, bitteschön. Sollte er. Sie hatte ohnehin keine Möglichkeit, dagegen anzugehen, denn dann würde sie ja wieder alles als nicht richtig bezeichnen, richtig?
Sie konnte nicht genau sagen, was in Ian vor sich ging, klar war aber, dass etwas da war, das ihm zu schaffen machte. Die Tatsache, dass sie akzeptierte? War das nun auch wieder falsch? Sollte sie sich etwa weiter wehren? Sie fügte sich, sie nahm die Rolle an, die man ihr zuschrieb, war es noch nicht genug, dass sie sich nicht mehr weigerte? Sollte sie alles nun auch noch mit Freuden tragen? Vielleicht tat sie ihm aber Unrecht, vielleicht ging es um etwas ganz anderes...
Sie erwiderte seinen Blick, als er ihre Hand in die seine nahm. Noch einmal darüber nachdenken? Worüber genau, über die Tatsache, dass sie eine würdige Rätin war? Vermutlich, und die nächsten Worte bestätigten es. Sie biss sich auf die innere Unterlippe, so fest, dass es weh tat. Wahrheit und Überzeugung. Er verlangte viel... gab ihr aber wenigstens die Aussicht auf seine Unterstützung. Was wiederum bedeutete, dass er jetzt eben nicht hinter ihr stand, was diese Entscheidung anging. Ob ihm dieses Detail so bewusst war? Die verdrängten Tränen traten erneut hervor, als er sein Versprechen machte. Schauspielerin? Etwas anderes? Beinahe hätte sie gelacht, vor Verzweiflung, vor Sehnsucht. Sie war nichts anderes. Sie konnte nichts anderes sein. Sie hatte es versucht... aber alleine. Alleine. Mit Ian, wäre es anders? Mit Ian, an einem ganz anderen Ort? Er Arzt, sie Schauspielerin an einem kleinen Theater, ihre drei Kinder, die zwischen den Kulissen, Kostümen und den Scheinwerfern aufwuchsen...? Er würde seine Träume nicht begraben...
Sie musste den Blick abwenden, zu stark waren die Worte, die er ihr sagte. Konnte sie Ians Träume opfern? Ihre eigenen, ja. Aber Ians? Er würde niemals glücklich werden, hier, bei den Jedi. Das wusste sie. Sie hatte es von Anfang an gewusst, aber da war immer so viel gewesen. Auch jetzt... Bastion würde ohnehin vielleicht das Ende bedeuten. Machte es überhaupt Sinn, über Dinge zu reden, sich den Kopf zu zerbrechen, wenn es gar nicht so weit kommen würde? Aber was, wenn eben doch? Ian, weiterhin hier eingesperrt, auf Coruscant, einem Planeten, den er verachtete, in einem Gebäude, das er womöglich sogar hasste, umgeben von Leuten, die anders waren als er? Sie konnte ihm das nicht antun. Er hatte schon so vieles für sie fallen gelassen, war so viele Risiken eingegangen. Am Ende... am Ende war diese Diskussion, ob sie eine Rätin sein sollte, ohnehin wertlos, aber aus völlig anderen Gründen...
Es würde sich nichts ändern, wenn sie darüber nachdachte, wenn sie Ians Wunsch nachging, da war sich Eowyn beinahe sicher. Aber... wenigstens das sollte sie ihm geben. Erst einmal.
Sie nickte, den Blick noch immer abgewandt; eine kleine Bewegung, aber dennoch nicht zu übersehen. Sie war mit ihrem Shyriiwook am Ende. Gesetzt den Fall, sie beide würden lebendig von Bastion wiederkommen... wie sollte es weitergehen? Wie? Wäre es nicht sogar einfacher, im Laufe der Mission einfach zu verschwinden, wenn ihre Aufgabe erledigt war? Niemand würde sie suchen, wenn man dachte, sie seien tot, niemand, nicht einmal Duval... Das war ihr Plan gewesen, bevor sie Ian die Wahrheit gesagt hatte. Konnte er wieder ins Spiel treten, nur unter anderen Gesichtspunkten? Sie konnte keine Rätin sein. Alles in ihr sträubte sich dagegen, jede Zelle ihres Körpers wehrte sich gegen diese Vorstellung. Darüber nachdenken, ob alle anderen Recht hatten... Sie musste die Zeit dafür finden. Möglichst nicht zwischen dem Aufstehen und dem Morgenkaf, sie hatte es Ian mit dem Nicken versprochen, obgleich sie die Vorstellung absurd fand, obgleich alles in ihr kämpfte. Der Geisterfahrer... aber wenn sie der Geisterfahrer war...
Sie schüttelte langsam den Kopf, entzog Ian ihre Hand und legte sich wieder hin. Gerne hätte sie Ian den Rücken zugewandt, sich klein gemacht, aber er würde es womöglich falsch verstehen, also blieb sie auf dem Rücken liegen, zog die Bettdecke bis zum Kinn. Sie würde sich drehen können, wenn er schlief. Vermutlich schlief sie heute Nacht ohnehin nicht.
Lass uns schlafen, bat sie Ian leise. Bitte. Sein Geburtstag... er hatte ihre Enschuldigung komplett ignoriert. Aber sie konnte nicht noch weiter darauf eingehen, selbst, wenn er nun tatsächlich traurig deshalb war. Es war zu viel in ihrem Kopf - sein Geburtstag, das Flimsi an der Wand, Riuens Geschenk, die Sache mit Jo und Sarid, all das würde bis morgen nach der Beförderung warten müssen.
Coruscant – Jedi-Tempel – Iowyns Quartier, mit Ian