Wolfenstein II - The New Colossus
USK: ab 18 freigegeben
Schwierigkeitsgrad: "Alles oder nichts!" (3 von 6)
Dauer: 27 Stunden
Eine Inhaltsangabe kommt hier von mir ganz bewusst nicht, weil dieser Titel in seiner Gänze einfach filmreif ist, nur so viel sei gesagt: Das Spiel fängt da an, wo "Wolfenstein - The New Order" aufgehört hat. Den vorhergehenden Teil (sowie auch dessen Prequel "Wolfenstein - The Old Blood") sollte man beide gespielt haben, bevor man sich an "The New Colossus" heranwagt. W2-TNC ist in jeder Hinsicht eine Fortsetzung und auch noch mal eine deutliche Steigerung. Es ist schlicht und einfach der dritte Teil eines Handlungsbogens und ein direkter Einstieg macht daher auch null Sinn. Man erfährt viel über die Hauptfigur und auch die Nebencharaktere sind mit klar erkennbarer Sorgfalt entwickelt worden. Das führte dazu, dass ich regelmäßig Abscheu, Ekel, Mitleid und Depression in Verbindung mit den Auftritten der Antagonisten verspürt habe. Dafür Gibt es aber auch ein Kontrastprogramm, welches wechselweise mal derbe, zotig, humorvoll, albern, entspannt oder auch romantisch daherkommt. Das Spiel ist wirklich sehr facettenreich.
Zur Lokalisierung: Ich kann es nach wie vor verschmerzen. Synchronisation und Übersetzungen sind astrein. Die typische Nazisymbolik und -rhetorik hat es gut in diese Fassung hinüber geschafft und zu keinem Zeitpunkt kam bei mir Zweifel ob der Intention des Ganzen auf.
Ist es albern, dass Kunst im Film und im Computerspiel vom deutschen Gesetzgeber immer noch unterschiedlich gehandhabt werden? Angesichts der sehr überzeugenden Präsentation von "Wolfenstein II - The New Colossus" muss ich das durchaus bejahen. Aber wenn bestimmte Strichführungen auf Texturen, Gesichtsbehaarung und einige wenige NS-Vokabeln die einzig transportierte Charakterisierung der Gegner darstellen würden, dann wäre diese Kritik hier gar nicht tragfähig, denn ich muss nämlich ebenso deutlich betonen, dass dieser Titel für sich selbst derartig stark und überzeugend daher kommt, so dass er auf alle Hakenkreuze, NS-Symbolik und sogar auf Hitlers Oberlippenbart souverän verzichten kann. Gleichzeitig kann man das alles durchaus auch als (unfreiwilliges) Lehrstück betrachten, denn ein totalitäres System zeichnet sich nun mal nicht durch bestimmte bildliche oder verbale Oberflächlichkeiten aus, sondern durch seine tiefsitzende und nicht verschleierbare Unmenschlichkeit. Dieses groteske Wesen des Nationalsozialismus hat übrigens auch schon Charlie Chaplin in "Der große Diktator" vor vielen Jahrzehnten auf sehr ähnliche Weise sehr treffend zum Ausdruck bringen können.
Fazit: Wahnsinn. Man bekommt eine ziemliche Achterbahnfahrt geboten. Die Stimmung des Spiels reißt einen von Anfang an mit und die Spielmechanik geht damit auch sehr passend einher. Wo Doom im letzten Jahr "nur" mit einer superben neuen Engine, großartiger Grafik und Performance und brachialer Action plus Soundtrack punkten konnte, so wird hier auch der Narrativ auf ein neues Level gehievt. Für mich der Titel dieses Jahres.
Wertung: 10 / 10.