Interessante Idee (und deine Interpretation der Prophezeiung im letzten Absatz ist mir sympathisch), aber ich glaube nicht, dass Luke wissentlich oder auch nur unbewusst Sith-Lehren übernommen hat. Ich würde dir insofern zustimmen, dass Veränderungen in der Ausrichtung von Lukes Orden in den besonderen Umständen seiner Entstehung begründet liegen. Nämlich:
- Sein (Neu-)Gründer ist erst als Erwachsener (und nicht als einfach beeinflussbares Kleinkind) persönlich ausgebildet worden.
- Die "Ausbildung" war eher ein Crash-Kurs.
- Zweck der Ausbildung war es, Luke in eine Waffe gegen Vader und den Kaiser zu schmieden.
- Die wie auch immer geartete Weiterbildung Lukes erfolgte nur sporadisch (Artefakte) bzw. autodidaktisch.
- Auch in den Jahren nach dem Tod des Kaisers kamen immer wieder Situationen auf, in denen die Jedi zum Intervenieren aufgefordert wurden.
- Keine von Lukes Schülern sind in Friedenszeiten aufgewachsen bzw. ausgebildet worden. Es gab immer was zu tun, und das muss natürlich auch in die Lehre und in Entwicklungen der Persönlichkeit mit eingeflossen sein.
Das alles trägt dazu bei, dass die Skywalker-Jedi um einiges forscher und mit mehr Selbstbewusstsein in Kampfhandlungen eintreten, als die Jedi unter Yoda und Mace Windu. Man kann wohl argumentieren, dass diese Entwicklung der Intervention der Sith geschuldet ist, da die Alte Republik und die PT-Jedi ohne Palpatine noch existieren würden.
Man könnte aber auch argumentieren (und das mache ich jetzt mal eben), dass der Yoda-Orden die eigentliche Anomalie ist. 1000 Jahre verhältnismäßiger Frieden hatten dazu geführt, dass die Jedi das Kriegführen verlernt haben. Das war nicht immer so. Wenn wir uns die ganz alten Jedi anschauen, aus der TotJ/KotOR/Bane-Zeit, dann sehe ich da viele Gemeinsamkeiten mit Lukes Orden. Auch das sind Jedi, die galaxisweite Kriege gewöhnt sind (entweder gegen Sith oder gegen Mandos), sie wenden sehr eindrucksvolle Machttechniken an (z.B. Kampfmeditation) und haben weniger restriktive Regeln.
Sind die Yoda-Jedi deiner Meinung nach dann Vertreter einer reineren und positiveren Jedi-Lehre als die Jedi um Lord Hoth oder Arca Jeth? Ich will dir gerne zugestehen, dass es auch in diesen Epochen eine Häufung an gefallenen oder zumindest Grauen Jedi gibt. Allerdings würde ich nicht sagen, dass es sich hier um direkten Sith-Einfluss handelt. Stattdessen ist es eben die Natur von Kriegen, dass hehre Ideale (wie Pazifismus) durch die Realität kompromittiert werden. In der hypothetischen Situation, dass statt Palpatine und seinem Kriegskabuki, gegen das die Jedi keine Chance hatten, irgendeine andere Gefahr die Jedi in einen langwierigen Ausnahmezustand gezogen hätte, hätten wahrscheinlich auch Yoda und Mace Windu (oder mindestens andere, jüngere Jedi, so wie die Revanchisten in der KotOR-Zeit) Schritte Richtung Kriegerpriester gemacht.
Das ist richtig, aber Lukes Schüler haben natürlich auch viel weniger Möglichkeiten sich irgendwo Wissen zu besorgen. Eine große Bibliothek gab es ebensowenig wie Exkursionen zu alten Jedi- oder Sith-Tempeln (mal von Yavin 4 abgesehen, und das hätte Luke beinahe das Leben gekostet). Im Ausgangsbeitrag ging es ja darum, was an Jacen so besonders ist, wenn doch auch Luke sich neues Wissen angeeignet hat. Ja: aber Lukes Blick war nur auf die Jedi gerichtet, nicht auf die anderen Macht-"Konfessionen", die es sonst noch so gibt. Das ist der Unterschied zu Jacen.
Der PT-Orden ist auch in anderen Dingen restriktiv. Initiativen zum Einschreiten in Krisengebieten (kriegerisch und humanitär) kommen von der Politik und nicht von den Jedi selber. Liebesbeziehungen sind verboten. Zugang zu Wissen, das über das vom Rat erwünschte hinausgeht, ist stark eingeschränkt. Lebensbedingungen sind asketisch. Von PR haben die Jedi noch nie etwas gehört. Kontakt zum einfachen Volk ist vielleicht nicht verpönt, wird aber auch nicht vorangetrieben. Dogmatische Hörigkeit auf die Autoritäten des Ordens ist eine Tugend.
Das ist für mich auch nicht der Idealzustand. Du magst recht haben, dass Lukes Jedi etwas ungestüm sind und sich vielleicht zu sehr mit der weltlichen Sphäre beschäftigen. Yodas Jedi finde ich aber zu passiv, und – zumindest ihrer Selbstdarstellung nach – zu sehr in der geistlichen Sphäre verhangen. Die PT-Jedi sitzen im metaphorischen Elfenbeinturm und trauen sich nicht raus, weil ihre Auseinandersetzung mit der Dunklen Seite sich in Dogmen und Verboten erschöpft.
Eine Synthese finde ich daher sehr wünschenswert: Jedi, die sich ihrer Verantwortung als Hüter von Demokratie und demokratischen Werten bewusst sind, die sich aber trotzdem auch weiterhin als mystischen Orden verstehen, mit philosophischen Aufgaben wie der Formulierung von ebensolchen schützenswerten Werten, und spirituellen Aufgaben wie der Erforschung der Macht. Das kann in neuen, sinnvollen (und manchmal auch gefährlichen) Machttechniken münden, aber das sollte gar nicht der Fokus sein. In der GFFA ist Machtsensitivität der Schlüssel zu Gott (bzw. für die elementaren Kräfte des Universums, die nicht unbedingt göttlichen Ursprungs sein müssen). Und weil die Macht spürbar existiert, ist eine Auseinandersetzung damit keine Märchen- oder Ratestunde, sondern ein Weg zu göttlicher Erkenntnis. Und davon gibt es in der GFFA eben mehrere.
Praxis und Theorie sind, bei fast allen Jedi, die wir kennen, zwei völlig getrennte Bereiche, aber das sollten sie nicht sein. Sie sollen sich gegenseitig befruchten, und dazu ist es notwendig, dass ein Jedi-Orden ideologisch breit aufgestellt ist. Der PT-Orden hat zu lange eine inzestuöse Nabelschau betrieben und ist dabei so ineffektiv geworden, dass er Palpatines Zerreibungsstrategie nicht nur militärisch, sondern auch spirituell nichts entgegenzusetzen hatte. Lukes Orden hat genau das gleiche Problem am anderen Ende der Skala. Da kann es doch kein Fehler sein, sich bei anderen Gruppierungen umzuhören, wie sie die Macht sehen, und welche Schlüsse sie daraus für ihr Handeln ziehen. Es hätte dem Post-NJO-Luke nicht geschadet, sich mal näher mit dem Fallanassi-Pazifismus auseinanderzusetzen. Und genau das lobe ich an Jacen (mit der Unterstellung, dass es ihm nicht primär um neue Machttechniken ging, sondern um neue philosophische Perspektiven).
Ich widerspreche. Autobiographische Selbstfindungserzählungen sind in der Regel öde Studien in Narzissmus. Fiktive Selbstfindungserzählungen können sehr spannend sein. 'Traitor' ist z.B. eine. Ich will mir gar nicht vorstellen, was so ein Nachfolgeroman über Jacen alles hätte beinhalten und thematisieren können, da werd ich bloß depressiv über die tatsächliche Entwicklung.
Ich bin kein großer Fan der Haupthandlung der Black-Fleet-Crisis-Trilogie, umso interessanter finde ich die beiden Nebenstränge um Lando und Luke. Die Umsetzung ist nicht ideal, aber so in der Art hätte ich mir das öfter gewünscht. Nicht in jedem Roman eine neue, mysteriöse, Machtnutzergruppe, das würde ja irgendwann genauso langweilig und vorhersehbar werden wie die nächste Sith- oder Dunkeljedi-Bedrohung hinter jeder Ecke. Aber ab und an ein bisschen Exotik wäre fein, schon allein um den Eindruck zu vermitteln, dass sich auf so einer großen Spielwiese noch andere Personen tummeln als bloß die Republik/Jedi- und Imperium/Sith-Kindergartengruppen.
Es wäre zumindest möglich gewesen, die Gruppierungen, die bereits eingeführt wurden, auch in Zukunft sinnvoll zu nutzen. Bei den Hexen von Dathomir hat man das einigermaßen gemacht, aber von den anderen, die ich genannt habe, hat man kaum wieder etwas gehört. Wir wissen z.B., dass Jensaarai auf Yavin 4 waren, und das wäre doch eine Nebengeschichte wert: wie lernt es sich so unter Über-Jedi Luke Skywalker, wenn die vorherige Ausbildung eine Synthese aus Sith- und Jedi-Dogmen war? Im besten Fall käme da eine einzigartige neue Figur raus, die kein austauschbarer Statistenjedi ist, sondern die man auch mal eine Hauptrolle in einem Nebenstrang spielen lassen kann. Wäre mal was neues, von der Sorte gibt es nämlich nicht viele.