[ Kelada | Entlang des Nordpolarkreises | in einem 93-B-Gleiter ]
Faith, Darth Kerbal, Tha'Klen
Faith umklammerte das Steuer fest, während sie den Gleiter über die endlos scheinende weiße Weite lenkte. Ihre Finger fühlten sich eiskalt an, doch das lag nicht nur an der Temperatur draußen. Die Anspannung der letzten Tage - und akut der letzten Stunden - lag ihr in den Knochen. Zwar bemühte sie sich, nicht daran zu denken, doch die Worte Arlens hallten in ihrem Kopf nach. Weniger knapp, als es sich für sie angefühlt hatte? Das war schwer zu glauben. Aber es war vorbei. Zumindest für den Moment.
Der Gleiter brach kurz am Heck aus, als die Hand der Padawan zusammenzuckte. Geheimdienstagentin? Mariam! Faith konnte das metaphorische Klicken in ihrem Kopf beinahe hören, als sich die Verbindung bildete. Das ergab Sinn. Von wegen Krankenschwester - Folterknechtin traf es wohl eher! Ungläubig schüttelte sie den Kopf.
“Jetzt schalten sich die Imps schon gegenseitig aus.”
Ein ironisches Schnauben folgte.
“Mir soll’s Recht sein.”
Es war bezeichnend für diese Galaxie, dass die Netze aus Lügen und politischen Spielchen sogar in der Keladanischen Pampa gewoben und ausgeworfen wurden. Nichts geschah je ohne Hintergedanken und niemand tat etwas, ohne dabei mehrere Ebenen im Blick zu haben. Der Gedanke fühlte sich unangenehm an und beim Aufflackern von Mariams Gesicht vor ihrem inneren Auge, stellten sich die Nackenhaare auf. Mariam, Angelus, Antares. Ihretwegen konnten sich diese Monster ruhig gegenseitig an die Gurgel gehen.
Auf Arlens Nachfrage spürte sie das Pochen in ihren Beinen wieder. Doch sie ignorierte es und verdrängte den Gedanken an ihre brennenden Muskeln. Faith würde nicht das schwache Glied der Kette darstellen. Sie war dazu in der Lage, weil sie es musste. Punkt.
“Geht!”, antwortete sie knapp und resoluter, als sie beabsichtigt hatte. Immerhin würde sie damit jedoch klargemacht haben, dass das Thema sich für sie erledigt hatte. Irgendwo in ihrem Hinterkopf hatte sie dennoch die Hoffnung, dass Tha’klen sich, sobald hen die verdiente Mütze Schlaf bekommen hatte, an diese mechanische Bein-Unterstützung machen würde. Es konnte zumindest nicht schaden.
Während die Dunkelheit um sie herum das Gefährt in Beschlag genommen hatte, antwortete Arlen auf das eigentliche Ziel ihrer Reise. Er hatte die Informationen über den Tempel also auf Lianna gefunden und hier auf Kelada dann Hinweise entdeckt, die seinen Verdacht stützten. Faith nickte immer wieder an den wesentlichen Punkten, während der Jedi-Ritter erklärte. Sie musste sich ein trockenes Schnauben verkneifen, als er davon sprach, dass sie in eine alte Bibliothek eingebrochen waren. Beinahe hätte sie gefragt, was sie sich unter diesem Einbruch vorstellen musste, ließ es jedoch unkommentiert. Für sie war nur wichtig zu wissen, dass sie jetzt zu dem Standort fuhren, der am weitesten entfernt lag und dass sie - falls sie ohne große Unterbrechungen weiterfuhren - womöglich am Abend ankommen könnten.
“Dann fahren wir durch”, kommentierte sie, während sie unpassenderweise den Schub ihres Vehikels kurzzeitig reduzieren musste, um nicht aus Versehen über einen Abhang hinauszuschießen, der sich vor ihnen auftat.
Eine müde Stille machte sich eine Zeit lang breit, nur unterbrochen vom Summen des Antriebs und dem monotonen Rauschen des Windes an den Kuppelscheiben. Sie schaute gerade auf das Chronometer, als Arlen sich wieder zu Wort meldete. Er meinte, dass ihre Tarnung vorhin gut gewesen war.
Das Kompliment kam in diesem Moment aus dem Nichts, also wusste sie nicht genau, wie sie darauf reagieren sollte. Zunächst murmelte sie ein leises “Danke”, ehe sie anfügte: “Mir wär' es lieber, wenn wir uns in Zukunft nicht darauf verlassen müssten.” Sie erinnerte sich an das Gefühl, als ihre Aura die von Darth Angelus berührte. "Ich hätte schwören können, dass Darth Angelus mich spüren konnte. Zum Glück für uns wohl doch nicht."
Wobei sie gleich beim Thema waren. Ihre Machtfähigkeiten. Ja. Der Griff der Padawan um das Steuer des 93-B wurde unbewusst fester. Es war kein Thema, über das sie gerne sprach. Vielleicht, weil es sich immer wie eine Prüfung anfühlte. Oder vielleicht, weil sie wusste, dass sie nicht dort war, wo sie sein sollte. Ihr ehemaliger Mitschüler war Ritter. Sie selbst hatte derzeit nicht einmal mehr einen Meister. Seit sie Rat Janson gebeten hatte, ihre Ausbildung unterbrechen und eine Zeit beim Militär der Neuen Republik einlegen zu dürfen, hatte sie nichts mehr von Chesara gehört. Ob es daran lag, dass sie zu beschäftigt war - schließlich kursierte immer noch dieses Virus auf Coruscant - oder aber, weil sie vollständig mit Faith abgeschlossen hatte - sie wusste es nicht. Wobei Faith, zugegebener Maßen, die letzten Monate auch nicht in der Position war, sich für einen kurzen Plausch zu melden. Im Endeffekt war sie weiter in Ausbildung, nur nicht mehr bei Chesara, die ihr freigestellt hatte, sich einen neuen Meister oder eine neue Meisterin zu suchen.
Im Grunde hatte sie keine Lust, Arlen auf diese Frage zu antworten, daher zögerte sie einen Moment. Aber sie konnte ihn nicht ignorieren.
Dass sie einigermaßen potent heilen konnte, wusste er. Das war eine Sache, auf die sie sich verlassen konnte. Ging es darum Schmerzen zu lindern oder Wunden zu verschließen - darin war sie auch während ihres Militärdienstes nie aus der Übung gekommen. Irgendein Wehweh gab es immer. Mal kleiner, mal größer. Sie konnte niemanden von den Toten zurückholen, aber im richtigen Moment würde sie vielleicht Leben retten können.
“Levitation … geht klar”, begann sie daher nachdenklich. “Solange es nichts Großes ist, klappt das auch ohne viel Konzentration.”
Sie war kein Telekinese-Ass, aber hatte immerhin genug Übung, um sie einzusetzen. Stoßen, Greifen - alles in derselben Kategorie.
“Sinne …” Sie schloss für ein paar Sekunden die Augen und demonstrierte, dass sie den Hindernissen vor ihnen dennoch ausweichen konnte. “ … funktionieren noch.”
Die junge Frau verzog ihre Lippen, während sie weiter nachdachte.
“Springen, Körperbeherrschung … nicht beeindruckend, aber hat mir schon den ein oder anderen Vorteil beim Grav-Ball verschafft.” Ein Glucksen folgte, als sie darüber nachdachte, wie sie mit ihren Kameraden auf Duro fast täglich in die Halle gegangen war, um sich bei der galaxisweit beliebten Sportart auszutoben.
“Ich glaube, meine Tiefschlaftrance hat mir das Leben gerettet. Als …” Sie stockte kurz.
“Naja, als ich nach Kelada verschleppt wurde.” Ihr Kopf machte eine kreisende Bewegung in ihrem Nacken. “Mich hatte eine Granate erwischt. Ziemlich übel.”
Sie warf einen Blick zu Arlen, der es sich inzwischen auf seinem Sitz gemütlich gemacht hatte, und lächelte keck.
“Ohne wäre ich sicher noch ein viel größeres Wrack, als sowieso schon. Alles in allem komm’ ich klar, bin aber noch weit weg davon, geprüft werden zu können, Herr Jedi-Ritter. Und das, was ich kann, ist definitiv eingerostet."
Sie zwinkerte ihm zu.
Der Wind draußen wurde unterdessen stärker und fegte glitzernde Kristalle über das Eis, die im Farbenspiel einer aufgehenden Sonne erstrahlten. Sie warf einen Blick auf das Navigationsinstrument.
“Ist der Kurs noch in Ordnung?”
Sie fuhren eine ganze Weile weiter. Gegen Mittag stießen sie auf einen kleinen Canyon, der nicht in den Karten verzeichnet war. Zum Glück verloren sie dennoch nicht allzu viel Zeit. Ein Stück weiter nördlich war er lediglich zwei Meter breit, sodass ihr Gefährt sie mit genügend Geschwindigkeit und Anlaufstrecke problemlos über die Kluft trug.
“Tha’klen”, begann sie etwas später unvermittelt. “Wie seid ihr euch begegnet? Ist hen mit dir nach Kelada gekommen?”
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Faith, Darth Kerbal, Tha'Klen