[Outer Rim | Calamari-System | Dac | Corla City | Hauptquartier des Geheimdienstes der Republik, Großraumbüro | Agent des NRGD Leland Fontaine, Dienstnummer 01-5589]
Leland war den ganzen Tag schon übel und phasenweise lief es ihm eiskalt den Rücken herunter. Außerdem schlief er schlecht und nur recht unregelmäßig. Es war nun schon eine gewisse Zeit nach den Ereignissen in den unteren Ebenen, doch sie wollten den Agenten nicht loslassen, weder am Tag noch in der Nacht. Er fühlte sich wie ein Soldat, der aus einem traumatisierenden Krieg heimgekehrt ist. Und er hatte genauso wie mancher Soldat Dinge getan, die er bereute und für die er sich selbst verabscheute. Dinge, die moralisch verwerflich waren und die er sich selbst nie zugetraut hätte. Und das gegen unschuldige Bürger der Republik, die nicht in einem Kriegsgebiet waren, sondern lediglich in einem Quarantänebereich. Bürger die auf seine Hilfe gehofft hatten. Doch stattdessen hatte man ihnen die Schädel weggeblasen. Er war gespannt, welche Konsequenzen auf ihn zukommen würden. Denn diese waren ihm sicher. Seinen Bericht hatte er vor drei Tagen eingereicht und er rechnete jeden Tag mit einer Reaktion seiner Vorgesetzten. Er hatte den Auftrag gehabt, lediglich einen Professor bei der Erforschung des Virus zu begleiten und ihm zu assistieren. Das ein Massaker an Unschuldigen Kranken dabei herausgekommen war, war mehr als verwerflich und ging sowas von an den Missionszielen vorbei, da der Professor im fraglichen Moment noch nicht einmal anwesend war.
Mit zittriger Hand tippte er weiter eines seiner unzähligen Dossiers über irgendeinen Bericht eines Informanten im Outer Rim. Er überflog den Inhalt nur, fasste ihn zusammen, doch merkte ihn sich nicht wirklich. Stattdessen glitten seine Gedanken immer wieder ab. Nach Coruscant, in den Kern der Galaxie. Plötzlich schüttelte er den Kopf er hatte etwas unverständliches in seiner Abwesenheit zu Protokoll gebracht, dass er natürlich sofort löschen musste und es durch die richtige Phrase ersetzte. Es war eine langweilige und langwierige Arbeit, die er sein Eigen nannte, aber er machte sie gut und er konnte ihr früher immer etwas abgewinnen. Mittlerweile nicht mehr. Es war eher zu einer Randnotiz seiner Tage verkommen. Auch wenn sie einen Großteil seiner Zeit beanspruchte. Er fühlte sich einerseits nicht genug gefordert und sehnte sich wieder nach einem Außeneinsatz, andererseits war er fast schon panisch, wenn er daran dachte, wieder Grundsatzentscheidungen im Feld treffen zu müssen. Es schien ihm, als wäre er im falschen Berufsfeld. Doch wie konnte man als Agent das Berufsfeld werden? Als Kassierer in einem Schnellrestaurant war er wohl deutlich überqualifiziert. Und wer hatte Verwendung für Informationsanalysten? Er hätte die Wahl zum Imperium überzulaufen, doch dort würde er vermutlich das selbe wie bei der Republik auch tun. Das waren also alles keine gangbaren Wege für ihn.
Tief in seinem Inneren hoffte er tatsächlich, dass jemand kommen würde, und ihm einen Weg vorgeben würde. Und wenn dies in Form einer Disziplinarstrafe war, dann würde das eben so sein. Es wäre das Beste und vielleicht würde es auch dabei helfen, sein Gewissen zu beruhigen. Irgendwann musste es ja jemand interessieren, dass er einfach so ein paar Leute ohne eindeutigen Bedrohungsgrund hingerichtet hat. Er musste raus. Leland stand von seinem Schreibtisch auf und ging hinunter an die frische Luft. Er zündete sich eine Zigarette an. Auch etwas, was er nicht von sich kannte. Rauchen. Zweifellos waren das gerade nicht die Sternstunden seines Lebens. Er nickte einem Mon Calamari zu, der ein paar Schritte entfernt von ihm ebenfalls eine rauchte und kam nicht umhin, zu erkennen, dass es sich bei ihm um einen Feldagenten handeln musste. Jedenfalls trug er eine militärisch anmutende Uniform, allerdings ohne ersichtliche Rangabzeichen. Leland war allerdings nicht nach reden zu mute. Stumm blies er den Rauch in die feuchte Meeresluft, die so typisch für Dac war.
Achtlos war er die noch nicht einmal halb gerauchte Zigarette bei Seite. Er konnte nicht genau sagen wieso, aber jetzt trieb es ihn wieder zurück ins Innere. Arbeit hatten sie sowieso genug. Auf vielen Planeten standen Wahlen an und das bedeutete immer noch mehr Informationen die zu bearbeiten waren. Es war sein einziger Anker momentan, die Arbeit zu haben, auch wenn er sich nicht sicher darüber war, ob er hier hin gehörte. Er kehrte also in seine kleines, durch Glasscheiben vom Großraum abgegrenztes Büro zurück und setzte sich wieder an den Schreibtisch. War der Haufen an unbearbeiteten Datapads größer geworden oder bildete er sich das nur ein?
Er schüttelte mit dem Kopf. Es wurden nie weniger. Täglich begrüßten ihn bereits zu Beginn seiner Arbeit die meist einigermaßen sauber aufgereihten Datapads auf seinem Schreibtisch. Es hatte etwas repetitives, aber nichts schlechtes. Es waren viele Informationen darin. Teilweise nur über die aktuelle Geliebte eines Senators - zugegeben solche Dossiers waren viel zu häufig darunter - bis hin zu Flottenbewegungen des Imperiums. Alles kam hier mal zusammen. Es gab lediglich ein paar Abteilungen, die auf spezielle Bereiche der Informationen zugeschnitten waren. Beispielsweise eine Abteilung die sich nur mit der Analyse von Berichten imperialer Werftplaneten beschäftigte oder eine Abteilung, selbstverständlich recht groß, die sich nur mit Informationen aus den höchsten Kreisen des Imperiums auf Bastion befasste. Und dann gab es noch Abteilungen, wie die der Leland vorstand: Sie schrieben bevorzugt die Dossiers, die weniger Dringlichkeit besaßen, und gleichzeitig wurde erwartet, dass sie sie trotzdem priorisierten. Seufzend machte er sich daran das nächste Dossier zu lesen.
Ein Bericht aus einer kriminellen Raumstation. Irgendwelche Gangs bekämpften sich untereinander. Der Erstellende Agent hatte vermerkt, dass man die Lage beobachten sollte. Aber tat er das nicht, indem er Dossiers darüber verfasste? Leland seufzte erneut. Manchmal dachten selbst die besten Agenten etwas zu kurz. Er fasste das Dossier mit einem Satz zusammen und merkte lediglich an, dass die Kontaktperson weiterhin aktiv bleiben sollte. Nachdem er nun ein Datapad abgearbeitet hatte, legte er es zu den anderen, die er an diesem Tag bereits abgearbeitet hatte. Man wird sie in der Nacht abholen, ihre Speicher löschen und sie dann wieder mit neuen Informationen füllen.
Er fand, er hatte sich einen Kaffee für diese präzise Zusammenfassung redlich verdient. Er griff zu seiner, ungewöhnlich leichten, Tasse und musste mit einem enttäuschenden Blick feststellen, dass darin nur noch ein kalter, brauner Tümpel am Boden zu sehen war. Erneut seufzte er. Irgendwie war das nicht sein Tag. Er stand auf, die Leere Tasse, auf der das Logo des Geheimdienstes für die große PR in Szene gesetzt prangte, in seiner linken Hand und trat zurück in den Lärm des Großraumbüros. Es war wie eine Lärmwand, die er durchtrat. Sicherlich, es war nicht ungemütlich laut, aber im Gegensatz zum monotonen Summen seiner Belüftung, war die Geräuschkulisse hier eine unangenehmere, auch wenn Leland sie so lange gewohnt war, so hatte er sich scheinbar schnell an die Ruhe seines eigenen kleinen Büros gewöhnt.
Er sollte mal erörtern, ob er nicht einen eigenen kleinen Kaffeeautomat in sein Büro bekommen könnte. Das war doch sicher im Budget drinnen? Vorerst musste er sich damit begnügen, zu einem der Automaten zu gehen, die auf der gesamten Ebene verteilt waren. Zugegeben, auch das war kein zu langer Weg, doch er nervte und er brachte den ohnehin momentan recht dünnhäutigen Lianner leicht aus der Fassung. Das wurde hoffentlich nicht zum Normalzustand.
"He Leland, lange nicht mehr gesehen", mit diesen Worten spürte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter. Schnell und ungestüm fuhr er herum. Es konnte wirken, als würde er sich wehren wollen. Doch hinter ihm stand nur ein Nautolaner, mit dem er früher gelegentlich zusammen gearbeitet hatte. Leland erinnerte sich nicht sofort an seinen Namen und so entstand ein kurzer Moment komischer Stille zwischen den beiden. "Ceran", kam ihm nun endlich der Name über die Lippen. "Ja, auch schön dich zu sehen. Ist schon etwas her, das stimmt."
Leland war anzumerken, dass er nicht ganz bei sich war, doch das schien der Nautolaner entweder nicht wahrzunehmen oder zu ignorieren. "Habe gehört, du warst auf Coruscant, Außeneinsatz und so, mit eigenem Kommando", sprudelte es aus dem Ichtyoiden heraus.
Er nickte langsam. "Ja das war ich in der Tat, lief aber nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber naja, ich habe noch keine Rückmeldung zu meinem Bericht erhalten", fasste er knapp seine Sicht auf die Mission und ihren unrühmlichen und abrupten Ausgang zusammen.
Ceran klopfte ihm noch einmal auf die Schulter. "Also soweit ich gehört habe, ist die Mission ein Erfolg gewesen. Zumindest habe ich nichts negatives gehört", meinte der Nautolaner immer noch belustigt. Das irritierte ihn dann doch ein wenig. Hatte er den Bericht etwas zweideutig verfasst? Oder wurden die schmutzigen Details außen vor gelassen.
"Wie meinen?", fragte er, als er merkte, dass Ceran weiter mit ihm redete. "Tut mir leid, ist heute nicht mein Tag..."
"Schon gut man, aber es scheint, als will man dich wieder in Coruscant haben, wenn auch für irgendeine andere Aufgabe", meinte sein Gegenüber verheißungsvoll orakelnd.
"Das kann ich mir nun nicht vorstellen", meinte Leland nur knapp aber wahrheitsgemäß. Viel mehr konnte er dazu nicht sagen, da er sich gedanklich noch mit dieser simplen Aussage auseinandersetzen musste. Während er so nachdachte, hörte er noch, wie sich der Mann wieder verabschiedete.
Leland nickte nur und verabschiedete sich ebenfalls zum Kaffeeautomaten, allerdings war er in Gedanken ganz woanders.
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