[Roche-Asteroidengürtel | Innerer Randbereich | Dorn Xesh 17 | Sortieranlage] Sliff Quori
Arbeitstag Nummer Sieben. Eine ganze Woche war nun schon vorbei. Als er sich das bewusst machte, wunderte sich Sliff Quori darüber, wie rasch die Zeit verflog, obwohl er eigentlich nichts anderes zu tun hatte, als Müll zu sortieren. Eine bessere Arbeit hatte man ihm nicht gegeben, doch er war zufrieden. Sicherlich: An einem Fließband zu hocken und mit Dingen zu hantieren, die andere weggeworfen hatten, war kein Traumjob. Es war auch nichts, was er jahrelang machen wollte. Aber er hatte erst einmal ein Auskommen. Sein Überleben war gesichert; weit weg vom Orden der Sith und hoffentlich außerhalb deren Sichtfeld. Es war eine Arbeit, bei der ihn seine Behinderung nicht beeinträchtigte, da er nur die Hände brauchte. Da er geschickte Finger und einen scharfen Blick hatte, lieferte er Ergebnisse ab, mit denen seine Vorarbeiter zufrieden waren, und das tat seinem Selbstbewusstsein gut. Jede noch so kleine Anerkennung half ihm dabei, mit den Rückschlägen der jüngeren Vergangenheit fertigzuwerden und sich eine neue Identität aufzubauen. Er fühlte sich wieder nützlich, wenngleich er im Grunde Droidenarbeit verrichtete. Er hatte den Ehrgeiz, gut darin zu sein, vielleicht besser als andere. Dann würde er hoffentlich auch bald eine bessere, vertrauensvollere Aufgabe bekommen. Nach dem was er hörte, schien es jedenfalls, als wäre seine aktuelle Position keine Sackgasse. In diesem Unternehmen gab es auch Aufstiegschancen, sofern man sich als nützlich genug erwies. Und offenbar, sofern man bereit war, der Black Sun die Treue zu schwören.
Bisher hatte die Tatsache, dass diese dubiose Unterweltorganisation die Anlage betrieb, noch keine Auswirkungen auf Sliffs Alltag. Die Unternehmensführung war weit weg, so dass es für ihn als einfachen Arbeiter nicht weiter von Bedeutung war, um wen es sich dabei handelte. Bisher war noch niemand auf ihn zugekommen, um ihm Eide oder besondere Verpflichtungen aufzuerlegen; in seiner niedrigen Position war das wohl nicht notwendig. Trotzdem hörte er natürlich dies und das und machte sich seine Gedanken darüber. Schon früher hatte er von der Black Sun gehört und wusste, dass es sich bei ihr um eine nicht zu unterschätzende Macht in der Galaxie handelte. Aber er wusste wenig darüber, wie sie organisiert war und welchen Prinzipien sie folgte. Da war es schwer, sich zu entscheiden, ob er ihr gegenüber loyal sein könnte. Doch die Antwort auf die Frage, ob er einen Eid schwören würde, wenn man ihn dazu aufforderte, war einfach: Natürlich würde er! Sofern es sein Auskommen auf Dorn Xesh 17 sicherte und er damit die Chance auf einen Aufstieg erhielt, würde er nicht zögern. Denn unter den Sith hatte er gelernt, niemals eine günstige Gelegenheit verstreichen zu lassen. Er hatte keinen Moralcodex, der es ihm unmöglich machte, ein gegebenes Wort oder einen Schwur zu brechen. Und er hatte auch kein Problem damit, sein Fähnchen nach dem Wind zu hängen, wenn es ihm einen Vorteil brachte. Es mochte sein, dass er eine Zeit lang der Black Sun dienen würde, solange es seinen eigenen Zwecken dienlich war, und würde dennoch nicht ausgeschlossen sein, dasser auch ihnen eines Tages den Rücken kehrte, so wie er es mit den Sith getan hatte.
Aber vorerst war der Kobok ohnehin nur ein einfacher Schrottsortierer, der sich um nichts anderes kümmern musste als um das Fließband, vor dem er hockte. Darauf konzentrierte er sich, auch an Tag Nummer Sieben, als er pünktlich zu Schichtbeginn an seinen Arbeitsplatz kam.
»Morgen, Traumtänzer!« grüßten ihn seine Kollegen. Nachdem er gleich am ersten Tag den Hangararbeitern geistesabwesend im Weg gestanden hatte, mit einem anderen im Korridor zusammengestoßen war und den Anschluss an seine Gruppe verloren hatte, durfte er sich nicht wundern, dass sich dieser Spitzname durchgesetzt hatte. Auch in den Tagen danach hatte es noch Momente gegeben, in denen er durch Unwissenheit oder Ungeschick Gelächter verursacht hatte, und die Arbeiter redeten untereinander - viel Spannendes passierte ja nicht auf Dorn Xesh 17, so dass es nicht viel brauchte, um zum Tagesgespräch zu werden. Mittlerweile kannte ihn jeder unter dem Namen und die meisten wollten gar nicht wissen, wie er wirklich hieß. Andere nach ihrer Vergangenheit zu fragen, war ein Tabu, was dem Kobok nur recht sein konnte. Und viele zogen es wohl vor, sich und anderen neue Namen zu geben, anstatt die weiter zu verwenden, die sie früher getragen hatten. Natürlich war ›Traumtänzer‹ nicht sehr schmeichelhaft, aber da er ohnehin nichts dagegen tun konnte, akzeptierte Sliff, dass er den Spitznamen so schnell nicht loswerden würde. Dann war er eben der Traumtänzer. Es hätte schlimmer kommen können.
»Morgen Billy«, grüßte er. »Hallo Dor'esh. Hey, Bolt.« So folgten noch ein paar Namen. Die Hälfte der Genannten kam gerade, um ihren Dienst anzutreten, die andere Hälfte würde ihre Arbeitsplätze gleich an sie übergeben.
Auf Sliffs Stuhl hockte ein alter, grauhaariger Kaamasi, der von den anderen nur ›Pa‹ genannt wurde. Er war ein meist gut gelaunter Kerl, mit dem der Kobok bisher gut auskam. Zwar hatte er schon Andeutungen gehört, dass Pa weit mehr auf dem Kerbholz hatte, als man ihm zutrauen würde, aber er hakte nicht nach sondern machte sich lieber sein eigenes Bild. Der Kaamasi war schon länger in dieser Abteilung als jeder andere, schien aber keine Ambitionen zu haben, einen anderen Posten zu bekommen. Er schien mit sich und seiner Rolle als Sortierer absolut im Reinen zu sein.
»Irgendwas Besonderes los diese Nacht, Pa?« fragte Quori, als der alte seinen Platz an ihn übergab.
»Nicht wirklich. Nur haben die Typen, die die letzte Anlieferung abgefertigt haben, mal wieder nicht die Strahlenwerte gecheckt. Ein Teil von dem Zeug, das heute hier durchkommt, ist leicht radioaktiv. Behalte einfach die Messgeräte im Auge und wirf die kontaminierten Teile auf den Wagen da. Ansonsten so wie immer. Schöne Schicht wünsch' ich!«
»Klar, wird schon. Gute Erholung.«
Sliff setzte sich und lehnte die Krücken in Griffweite an ein Maschinengehäuse. Dann machte er sich sofort an sein eintöniges Werk.
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