[Serenno-System | All in der Nähe von Serenno | MC80b „Rusty Reaver“ | Brücke | Etara, Leyla, Besatzung (NSC)
Angesichts des massiven Feuers, das aus den Geschützen der „Rusty Reaver“ auf das imperiale Kriegsschiff einprasselte, schmolzen dessen Schilde dahin wie Butter unter den Zwillingssonnen von Tatooine. Mit steigender Zufriedenheit betrachtete Etara die taktischen Anzeigen und warf ab und an einen Blick aus dem Brückensichtfenster, um das Spektakel zu verfolgen und – zu einem gewissen Grad – auch genießen zu können. Es hatte etwas ungemein befriedigendes, über so gewaltige Feuerkraft und damit Macht zu verfügen, jede Salve fühlte sich an wie Applaus zu ihren Ehren. Die junge Chiss war durchaus eine stolze Person, die es mochte, die Kontrolle zu haben und zu zeigen, dass sie etwas besser konnte als andere, und somit kam ihr die Situation durchaus gelegen. Das war ihre Chance, sich einen Namen in der Black Sun und darüber hinaus zu machen, und Chancen zu ergreifen war etwas, das man auf dem Schmugglermond entweder schnell oder nie lernte. Ein oder mehrere zerstörte oder gekaperte imperiale Schiffe waren ein Ausrufezeichen in der galaktischen Unterwelt und eine Empfehlung für höhere Weihen, etwas, das in Etaras Kopf ausgesprochen gut klang. Würde die feindliche Kommandantin ihr den Gefallen tun und die Stellung halten oder sich lieber doch zurückziehen? Imps waren in der Regel arrogant und eitel, aber es gab keine Regel ohne Ausnahme, in den olivgrauen Uniformen steckten auch Feiglinge, Pragmatiker und Opportunisten. Persönlich bevorzugte die hübsche Frau den anpassungsfähigen Typ, korrupte Zollbeamte insbesondere, mit denen konnte man geschäftlich und privat viel anstellen. Die Marine war allerdings ein anderes Kaliber, das waren nicht bloß ein paar kleine Leuchten mit kleinen Schiffen, sondern Kommandanten, die über echte Stärke verfügten. Solche Personen waren mit Vorsicht zu genießen und als Schmugglerin hielt man vorzugsweise großen Abstand zu ihnen. Aber heute, und bei diesem Gedanken blitzten die weißen Zähne der Chiss auf, war sie keine Schmugglerin. Sie war eine Piratin und hatte fette Beute im Visier. Und passenderweise beschleunigte die „Rusty Reaver“ wie ein hungriges Raubtier, das ein verletztes Opfer vor sich hatte, als das Kriegsschiff sich auf Etaras Befehl der „Invincible“ näherte. Zufrieden verschränkte Etara die Arme hinter dem Rücken, als das feindliche Schiff im Sichtfenster größer wurde.
„Status der Jägerkämpfe?“
Erkundigte sie sich mit glatter, kühler Stimme und das zufriedene Lächeln des verantwortlichen Flugleitoffiziers fand seine Entsprechung auf ihrem Gesicht, als der uniformierte Mann antwortete. Ein appetitlicher Zeitgenosse, der sie angenehm an Sabar Muraenus erinnerte, groß und kräftig, aber Etaras Konzentration war nur für einen kurzen Moment abgelenkt, bevor sie wieder aufmerksam zuhörte.
„Die imperialen Maschinen von der „Invincible“ haben schwere Verluste erlitten, die wenigen Überlebenden ziehen sich zu ihrem Mutterschiff zurück. Der Staffelführer bittet um Erlaubnis, sie zu verfolgen.“
Einen Moment hielt Etara inne und wägte ab. Die beiden Staffeln des feindlichen ESD waren stark dezimiert worden und keine wirkliche Bedrohung mehr, und für einen Augenblick war sie geneigt, dem Jagdeifer des Staffelführers freien Lauf zu lassen. Aber ein rascher Blick auf das taktische Holo erinnerte sie daran, dass da noch ein Strike-Kreuzer in Kürze in Reichweite kommen, und seine Staffeln waren frisch und vollzählig. Also schüttelte die blauhäutige Nichtmenschin den Kopf.
„Bedaure, Erlaubnis verweigert. Die StarViper sollen sich bei uns neu formieren und auf den Kampf mit den Staffeln des Strike-Kreuzers vorbereiten. Ich brauche dafür alle Maschinen, die ich habe.“
Gehorsam nickte der Flugleitoffizier und gab den Befehl weiter, Etara konnte sich die Frustration des Staffelführers bildlich vorstellen, aber für persönliche Ambitionen war nun mal kein Platz. Etaras Instinkt erwies sich als der richtige, der Strike-Kreuzer hatte Jäger ausgeschleust und diese näherten sich mit hoher Geschwindigkeit der „Rusty Reaver“. Ein warnendes Piepen meldete, dass die feindlichen Maschinen im Angriffstempo flogen und ihr Ziel in Kürze erreichen würde. Angesichts des fragenden Blicks des Flugleitoffiziers genügte ein Nicken, der menschliche Offizier erteilte Anweisungen und die Staffel StarViper der Black Sun beschleunigte, um die imperialen Maschinen zu stören und wenn möglich abzufangen. Laserfeuer und mit Buzz-Droiden bestückte Raketen wurden abgefeuert und erhellten die Schwärze des Alls, aber die Imperialen waren nah, verdammt nah.
„Schilde in dem bedrohten Bereich verstärken, sofort! Auf Einschläge vorbereiten – unsere Piloten sind gut, aber etwas kommt da sicher durch.“
Befahl die angehende Piratin und war froh über die Tatsache, dass MonCal-Schiffe über so hervorragende Schilde verfügten. Die Fischköpfe mochten nicht sonderlich hübsch sein, aber sie wussten, wie man Schiffe so konstruierte, dass sie einstecken konnten. Wer hingegen nicht mehr viel einstecken konnte war die „Invincible“, wie die Anzeigen und eine hörbar zufriedene Sensoroffizierin meldeten, standen die Schilde des imperialen Schiffs unmittelbar vor dem Kollaps. Mehr und mehr Bereiche des blauen Felds flackerten und verschwanden, Lücken in der Verteidigung, und erste Treffer erwischten die Hülle des Kreuzers, fraßen sich wie hungrige Raupen in die Panzerung und schlugen Wunden. Turbolaserfeuer schuf Explosionen, während Ionenkanonen dafür sorgten, dass Lichter erloschen und Geschützbatterien verstummten. Während die „Rusty Reaver“ und die „Invincible“ einander näher und näher kamen – offenbar suchte die imperiale Kommandatin ihr Heil in dem Versuch, an dem Schlachtschiff vorbei zu manövrieren – schossen die Geschütze des MonCals aus allen Rohren und auf kürzeste Distanz. Es dauerte nicht lange, bis die Schilde des imperialen Schiffs in einem letzten funkensprühenden Flackern endgültig versagten. Etara gestattete sich ein zufriedenes Lächeln, einer der Generatoren des ESD musste den Geist aufgegeben haben. Blutgier mischte sich in die Stimme der Chiss, als sie noch einmal die Anzeigen prüfte und dann ihre nächsten Befehle gab.
„Die Nahverteidigung der „Invincible“ bricht gerade zusammen, ihre Schilde sind unten und wir sind in Schlagweite. Angriffserlaubnis für das Enterkommando, ich will dieses Schiff entweder zerstört oder erobert haben. Starten auf mein Kommando...jetzt!“
Als sich die beiden kapitalen Schiffe beinah parallel zu einander befanden und jenen Punkt erreichten, an dem die Entfernung zwischen ihnen sehr kurz war, bahnte sich ein Schwarm von Landungsbooten, Shuttles und Transportkapseln seinen Weg aus den Hangars der „Rusty Reaver“ und hielt direkt auf die „Invincible“ zu. Im Stillen wünschte Etara Spectre eine ebenso blutige wie gute Jagd, ihre Abneigung gegen das Imperium, das ihr die Kindheit gestohlen und sie versklavt hatte, würde dort sicher reichlich Ziele finden, an denen sie sich austoben konnte. Der Gedanke machte allerdings anderen Überlegungen Platz, denn erneut ertönte das warnende Piepen – die imperialen Maschinen, die es geschafft hatten, intakt nah genug heran zu kommen, feuerten ihre Raketen ab. Jetzt würde sich zeigen, wie gut die Schilde des MonCal-Schlachtschiffs wirklich waren.
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