Nur durch einen Austausch persönlicher Meinungen ist ein Diskurs doch überhaupt erst möglich. Das siehst du doch am Flüchtlingsthema, jeder, der darüber diskutiert, hat eine Meinung dazu und entsprechend wird sich darüber ausgetauscht. Wenn wir Fakten hätten, wie könnte man dann noch diskutieren? Wir wüssten dann all die Antworten auf all diese Fragen ja tatsächlich, die in der Diskussion von Bedeutung sind. Fragen, zu denen jeder seine Sicht hat und diese Sichtweisen werden miteinander verglichen und begründet ausgetauscht - Diskurs. Wüssten wir ganz objektiv und faktisch die Antworten auf diese Fragen, gäbe es ja zum Diskutieren keinen Anlass.
Sollte man vielleicht wirklich nicht. Eben weil man nicht wissen kann, wie viel Wahrheit und wie viel Unwahrheit dahinter steckt. Aber man kann sich sein eigenes Bild auf der Grundlage eigener Erfahrungen machen, indem man nicht alles in sich aufsaugt, was in den Nachrichten erzählt wird, sondern indem man sich persönlich mit dem Thema, hier eben diesen Menschen befasst. Ich zum Beispiel habe das schon getan, hatte schon persönliche und direkte Erfahrungen mit Muslimen und anhand dieser Erfahrungen habe ich für mich einige der gängigen Vorurteile falsifizieren können - das bedeutet natürlich noch nicht, dass es keine Individuen gibt, auf die diese Vorurteile nicht zutreffen. Ich verallgemeinere ja in diesem Sinne auch nicht positiv, indem ich einräume, dass mir bewusst ist, dass es natürlich negativ auffallende Menschen innerhalb dieser Gruppe gibt, auf die die Vorurteile zutreffend sind. Umgekehrt sollte man aber auch nicht negativ verallgemeinern, wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat. Ich denke jedenfalls, wenn man sich mit Menschen in der Realität beschäftigt und befasst, so wird man genügend positive und auch negative Erfahrungen machen, anhand derer man erkennen kann, dass es einfach überall solche und solche gibt - und das oftmals eben in den Medien vorgestellte Bild von Schwarz oder Weiß eben nicht haltbar ist, sondern es die Zwischenstufen sind, auf die es ankommt.
Ich wollte damit aber auch nicht sagen, dass alle Medienberichte erfunden oder zum Teil falsch sind, das natürlich nicht. Ich sehe das Problem halt einfach kurzum darin, dass man sich im Grunde nie wirklich sicher sein kann. Wenn ich eine Berichterstattung lese, dann kann es schon sein, dass sie stimmt und zutreffend ist und den Sachverhalt korrekt widergibt, aber es kann genau so gut auch sein, dass sie zwar vielleicht nicht komplett aus den Fingern gesaugt ist, aber doch Bestandteile des großen Ganzen außen vor lässt oder bestimmte Sachverhalte eben anders darstellt als tatsächlich abgelaufen.