[Teth-System || nahe Teth || LTK „Massive“ || Brücke || Captain Navara Ven, Commander Bru-Th Agoch und Brückenbesatzung]
Trotz seines betagten Alters war ein Victory-Sternzerstörer wie die „Wachtor“ ein schwerer Brocken – jedenfalls für einen einzelnen Liberator Transportkreuzer wie die „Massive“. Denn in diesem Fall besaß das imperiale Modell einfach eine weitaus schlagkräftigere Standardbewaffnung als der breite Träger der Neuen Republik. Im direkten Duell – Schiff gegen Schiff – rechnete Navara deshalb der „Prometheus“, seinem eigenen Kommando, mehr Chancen zu als dem Kriegsschiff, an Bord dessen er sich just in diesem Moment im Teth-System befand. Zum Glück war die „Massive“ aber in dieser tödlichen Situation nicht allein. Vier Staffeln hochmoderner Sternjäger konnte der Transportkreuzer in das Gefecht führen. An sich zwei Einheiten weniger als eigentlich für dieses Modell üblich, aber gegen eine Staffel TIE-Fighter sahen ihre Erfolgschancen äußerst vielversprechend aus. Außerdem signalisierte die hiesige Systemverteidigung ihre Unterstützung im Kampf gegen den gegnerischen Sternzerstörer. Die „Massive“ war also nicht ganz allein.
In der Luft lag eine elektrisierende Spannung. Man musste kein Jedi sein, um diese zu spüren. Nach Navaras Meinung reichten da ein paar Dienstjahre auf einem Kriegsschiff aus. Konzentriert blickten sämtliche Mitglieder der Brückenbesatzung auf den Bildschirm ihrer brummenden Konsolen. Ganz sorgfältig gaben die Offiziere die Befehle ihres Kommandanten an die Mannschaft weiter. Auf allen Stationen der „Massive“ bereitete man sich auf das kommende Feuergefecht mit der „Wachtor“ vor, da ein kämpferischer Kontakt unausweichlich war, wollte man dem Teth-System sowie den vielen Frachtern im Kampf gegen ihren Aggressor helfen. Aufmerksam ruhte der Blick des Twi'lek auf der holografischen Projektion der Situation, während Commander Agoch weitere Anweisungen an seine Mannschaft – sowie die achtundvierzig Piloten, die in ihren Maschinen da draußen waren – gab.
Obwohl die „Prometheus“ als Mon Calamari-Sternkreuzer der Neunziger Klasse über sechs Staffeln Sternjägern verfügte, gehörte der taktische Einsatz dieser Maschinen in der Schlacht nicht wirklich zu den Stärken des nichtmenschlichen Captain. Denon und Corellia hatten ihn in dieser Sache zwar einige Kniffe lernen lassen, aber seine bisherige Vergangenheit als Kommandant eines leichten Mon Calamari-Sternkreuzers der Vierziger Klasse mit einer Sternjägereinheit sowie davor als einfacher Brückenoffizier für die Waffensektionen auf weitaus kleineren Kriegsschiffen hatten ihn in diesem Punkt nicht gerade gefördert. Somit musste er sich insgeheim mehr auf das Urteil des Jedi verlassen als ihm eigentlich lieb war. Hätten Twi'lek nicht von der Natur aus spitze Zähne bekommen, hätte er in diesem Moment wohl grimmig mit den Zähnen geknirscht oder auf die Unterlippe gebissen. So musste er sich jedoch mit einem kurzen, emotionalen Ausbruch seiner Lekku zufrieden geben.
Der uniformierte Cathar meldete plötzlich: „Bugbewaffnung hat den Victory ins Visier genommen.“
Und missgelaunt kommentierte Navara diese Information in Gedanken mit: 'Und nun dürfte sich der Jedi wünschen, seine Turbolaser wären richtig kalibriert.' Kurz glitt sein Blick zu dem Commander, der in seinem Kommandosessel saß und ebenso das projizierte Hologramm studierte. Jedoch schien Bru-Th Agoch seinen Blick fehl zu interpretieren, da er auf einmal den Twi'lek aufforderte ihn über die „Wachtor“ aufzuklären. Er sei kein Militärhistoriker. Stress? War das Stress? Verlor der Jedi nun im Angesicht eines Kampfes die Nerven? Unwillkürlich funkelten die Augen des Captain. Doch war er sich in diesem heiklen Moment nicht sicher, ob er, wäre er der Kommandant der „Massive“, nicht genauso angespannt wäre. In dieser Sache konnte er dem Jedi also nichts übel nehmen – obwohl er es gerne, sehr gerne getan hätte. Stattdessen räusperte sich Navara, richtete seinen Körper noch ein bisschen mehr auf und legte sich eine Antwort zu recht.
„Niemand verlangt von einem Militär, dass er sämtliche Kriegsschiffe, die einst für die Streitkräfte der Neuen Republik tätig war, kennen müsse“, erwiderte der Captain mit kühler, fast eisiger Stimme und fixierte den dunkelblonden Corellianer dabei noch mehr. „Die 'Wachtor' gehört zu den Schiffen, die gemeinsam mit dem ehemaligen Rear Admiral Jart Ga'lor desertierten. In diesen Sachen kenne ich mich selbst nicht genug aus, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Ex-Imperiale den Victory sogar von seinem vorherigen Dienstherrn mitgenommen hatte...“
Deserteure mochte Navara noch weniger als Jedi. Hatten sich der Orden der Jedi lange Zeit aus den alltäglichen Dingen der Republik – insbesondere dem Krieg – herausgehalten, so konnte man über die nun wenigstens sagen, dass sie bei der erfolgreichen Befreiung des corellianischen Systems eine Rolle als tragende Säule der Operation eingenommen hatten. Im Gegensatz dazu schadeten jegliche Deserteure aktiv der Schlagkraft der Demokratie. Ihr äußerst schändliches Handeln konnte man also ganz und gar nicht mit der „pazifistischen“ Haltung vergleichen, die die Jedi über einen sehr langen Zeitraum für sich beansprucht hatten. Selbst gegenüber War Blade, dem einstigen Kommandeur der „Forces of Hope“ und nun völlig rehabilitierten Admiral in der Flotte, hatte der Captain noch immer seine Ressentiments. Doch Blade hatte zurück in die Arme der Republik gefunden, indem er bei der Schlacht um Corellia äußerst selbstlos die Reste seiner „Abtrünnigen“ gegen die Imperialen geführt hatte. War Ga'lor zu ähnlichem fähig? Nein, der Twi'lek mochte zu tief im Verrat stecken.
„Halten Sie sich nicht zu sehr mit der Herkunft der 'Wachtor' auf, Commander“, fuhr Navara schon kurz darauf fort. „Wer weiß, ob das Schiff überhaupt noch unter der Kontrolle des Kommandanten steht, der es einst beim Desertieren befehligt hatte.“ Unruhig umrundete der grünhäutige Twi'lek die holografische Darstellung. „Haben Sie schon einen Plan? Selbst mit der Systemflotte könnte das am Ende eine knappe Entscheidung werden. Bis auf einfaches Piratenpack dürften diese Kerle von der richtigen Kriegsführung kaum Ahnung haben – im Gegensatz zur 'Wachtor'.“
Der Captain schluckte, obwohl sich Hals und Rachen staubtrocken anfühlten. Wie konnte man den betagten Sternzerstörer effektiv schlagen? Diese Frage kreiste ungelöst um seinen Geist. Sein Blick sog die Projektion förmlich auf, brachte aber kaum neue Erkenntnisse. Zaghaft hielten sich die vier Staffeln der „Massive“ noch in der Nähe des Liberator Transportkreuzers. Bisher hatten sie die TIE-Fighter noch nicht in Dogfights gelockt, obwohl sie – insbesondere die flinken A-Wings – hier und da förmlich nach dem Kampf lechzten. Saris hatte anscheinend Navaras Vorschlag, man könne die Frachter kontaktieren, aufgegriffen. Doch im Gegensatz zu dem Twi'lek ging es ihr augenscheinlich mehr um das Chaos, das womöglich auf den zivilen Schiffen herrschte. Sollte er seinen Vorschlag auch noch mal wiederholen? Sollte er den Jedi tatsächlich dazu ermutigen die Captains der Frachter ebenfalls in den Kampf zu führen? Erneut schluckte Navara. Konnte man sich auf einfache Händler und Schmuggler verlassen? Vielleicht agierte unter den etlichen Frachtern sogar ein einzelnes Schiff als getarntes Raubtier dieser kriminellen Bande. Jedoch hatte der Nichtmensch bisher noch keinerlei auffälliges Verhalten ausmachen können. Jedes Schiff schien unter Schock zu stehen.
Der Kommunikationsoffizier meldet sich zu Wort: „Eine Nachricht von der 'Lucky Lou'. Der Captain des TL-Eintausendzweihundert schlägt vor, dass man ihn und seine Kollegen einfach aus dem Orbit boxt und dann schnellstmöglich in Sicherheit springe.“ Kurz hielt der Offizier inne. „Sir, es folgen weitere eingehende Nachrichten...“
Bevor der Kommunikationsoffizier den nächsten Vorschlag mit eigenen Worten – und sehr verkürzt – wiedergab, schaltete sich der haarige Lieutenant von der Waffenkontrolle ein: „T-Minus Zwei bis Feuerreichweite, Commander.“
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