[Polith-System | Thyferra | Xozhizi | Raumhafen | Landefeld] Vilnok Moor (alias Vigo Zula), Horatio Kraym, Aviendha Cain, republikanische und imperiale Delegationen
Als die Delegation sich von Horatio Kraym abwandte und den Raumhafen verließ, wirkte Vilnok Moor äußerlich ernst und professionell. Innerlich jedoch war er höchst zufrieden mit sich. Er hatte es geschafft, einen starken Auftritt hinzulegen. Den Governor hatte er für einen Moment in die Defensive gedrängt und mit dem geschickt gewählten Präsent hatte er ihm wohl auch zu denken aufgegeben. Egal wie er während des weiteren Aufenthalts auftreten würde, Kraym würde sich daran erinnern und es würde ihn vielleicht ermahnen, den Senator von Vinsoth nicht zu unterschätzen. Eigentlich hatte dieser gar nichts in der Hand. Von dem Menschen hing ab, wie die Verhandlungen verliefen. Wenn er wollte, konnte er die Republikaner am ausgestreckten Arm verhungern und schlussendlich gedemütigt und ohne jedes vorzeigbare Ergebnis wieder nach hause fliegen lassen. Aber Moor konnte sich nicht vorstellen, dass das in seinem Interesse war. Nach allem was er über Kraym wusste, war dieser ein Mann, dem es nicht an Ehrgeiz mangelte und der sicherlich eine eigene Agenda verfolgte. Er war damit betraut, diese Veranstaltung erfolgreich durchzuführen, wodurch es seiner Reputation und damit auch seinen Plänen für die Zukunft schaden würde, wenn sie an einem ärgerlichen Hindernis wie einem starrsinnigen Chevin scheiterte. Nach diesem Schuss vor den Bug, der nichts anderes besagte als ›du brauchst unsere Kooperation, wenn die Show hier hübsch aussehen soll‹, rechnete der Senator nicht mehr mit großen Problemen. Abgesehen natürlich von den Hemmnissen, die bei so einer Veranstaltung ganz normal waren, und den Besonderheiten, die sich durch den ungewöhnlichen Austragungsort ergaben. Thyferra war wirklich keine Welt wie jede andere - nicht nur auf das Klima bezogen.
Das Old Imperia, das als Unterkunft für die Delegierten ausgewählt und vorbereitet worden war, stellte sich jedoch schnell als erstklassiges Haus heraus. Vermutlich war es das beste Hotel auf diesem Planeten, und in diesen Tagen schien es allein auf das Wohl der Fremdweltler ausgerichtet zu sein. Schon die gut einstudierte Begrüßung unter Berücksichtigung der jeweiligen kulturellen Gepflogenheiten und der zuvorkommende Service auf allen Stationen von der Limousine bis in die Suite hinein kündeten davon, dass hier echte Fachleute am Werk waren. Zwar nutzte Vilnok Moor gerne Gelegenheiten, sich bescheiden und volksnah zu geben, doch eigentlich entsprach das hier eher seinem bevorzugten Lebensstil und er war froh darüber, dass mit dem Ende des Flugs auf der Democracy nicht auch der extravagante Lebensstil sein Ende fand. Seine Suite bot ihm alles, was das Herz begehrte. Die Einrichtung war auf seine Körpermaße zugeschnitten - nur in den Sanitäranlagen, wo man natürlich nicht alle Installationen komplett hatte er neuern können, musste er Kompromisse machen. Wenn man zugrunde legte, dass diese Welt unter anderen Umständen eigentlich nur den Bedürfnissen von Menschen und Vratix genügen musste, war seine Unterbringung war wirklich vorzüglich. Ob man wirklich bereit war, den Gästen jeden Wunsch zu erfüllen, stellte er auf die Probe, indem er darum bat, die Rauchmelder zu deaktivieren, damit er eine Zigarre rauchen konnte. Im ersten Moment wirkte der Butler ein wenig irritiert, doch er eilte sofort los, um der ungewöhnlichen Anforderung gerecht zu werden, und kam kurz darauf nicht nur mit der Nachricht wieder, das die Brandanlage nun nicht auf Zigarrenrauch reagieren würde, sondern sogar mit einem Humidor samt Rauchwaren und Feuerzeug. Ja, so ließ es sich leben!
Bevor er jedoch versuchen konnte, sich in diesen Räumlichkeiten wohlzufühlen, gab es noch eine wichtige Maßnahme durchzuführen. In Moors Gepäck befand sich ein Gerät, das er ›Diskretionseinheit‹ nannte. Es handelte sich um einen effizienten Störsender, der quasi jede Art von Abhörgerät im Umkreis einiger Meter lahmlegte, indem er ihre Funkverbindung zu einem Empfänger unterbrach, ihre Messungen mit störenden Signalen überlagerte oder direkt ihre Elektronik angriff. Ein hervorragendes stück vinsothscher Technik, das ihm schon viele Male gute Dienste geleistet hatte. Denn der Senator vertraute nicht darauf, dass die Imperialen sich wirklich an die Absprachen hielten, die zuvor mit dem republikanischen Außenministerium getroffen worden waren: Dass man den Delegierten ihre Privatsphäre gewähren und auf eine Überwachung verzichten würde, konnte er sich nicht vorstellen. So aber konnte er ein wenig freier reden. Deshalb bestand er auch darauf, dass die anderen Mitglieder seiner Gesandtschaft sich mit ihm in seiner Suite trafen und nicht in der Lobby, wie Shisan Dheeb gefordert hatte.
Die Ishi Tib war auch die erste, die das Wort ergriff, als sie alle auf den lederbezogenen Sesseln Platz genommen hatten:
»Sie haben Kraym herausgefordert, Senator. Halten Sie das für klug?«
»Klug oder nicht, der Erfolg gibt mir recht, nicht wahr? Oder hätten Sie etwa vor ihm zu kreuze kriechen wollen?«
»Ganz sicher nicht! Aber Ihr kleines Spielchen hätte auch nach hinten losgehen können.«
»Das ist es aber nicht. Ich verspreche Ihnen, dass der Governor von jetzt an ein sehr zuvorkommender Gastgeber sein und weitere diplomatische Pannen vermeiden wird.«
»Sie glauben doch nicht, dass Horatio Kraym Ihnen wegen dieser kleinen wohlplazierten Unverfrorenheit nun aus der Hand frisst?« fragte Mirco Cadian sarkastisch.
»Der wird sich hüten. Das Imperium wird natürlich versuchen, als Gewinner aus den Verhandlungen hervorzugehen, und der Governor hat auch nichts zu verschenken. Und deshalb war es wichtig, von Anfang an klarzustellen, dass man uns ernster nehmen muss als ihr thyferranisches Marionettenparlament.«
»Es war zu radikal. Ich wünschte, Sie hätten uns vorher eingeweiht!« beharrte die Senatorin von Tibrin ein weiteres Mal.
»Also, mir hat es gefallen«, erwiderte Sorlas Brent lächelnd. »Aber wir sitzen doch nicht hier, um über längst gefallenen Regen zu diskutieren. Wir wollen unsere Pläne für das Bankett heute abend machen. Ich jedenfalls bin der Meinung, der geschätzte Senator Moor sollte weiterhin das Wort für die Republik führen.«
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