[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Nobelbezirk am Rande der Hauptstadt | Villa | Obergeschoss :||: Horatio Kraym mit Premier Dimodan; im Hintergrund: Valet Odan :]
Dass Llewas Dimodan gerade ziemlich aufgewühlt war, konnte man ihm wirklich ansehen. Unruhig ging er in dem Raum auf und ab, ließ den grübelnden Blick immer wieder zu seinem schweigsamen Gesprächspartner wandern und schüttele von Zeit zu Zeit wortlos den Kopf. Offensichtlich haderte er. Doch obwohl man ihm die Ablehnung ansehen konnte und ihm zweifellos von Zeit zu Zeit etwas auf der Zunge zu liegen schien, schien ihm in diesem Augenblick tatsächlich kein einziger Gedanke reif genug zu sein. Ungeachtet der Tatsache, dass er im Parlament die Opposition problemlos in ihre Schranken reden konnte, ließ er hier fürwahr die Sekunden ungenutzt verstreichen. Und so dauerte es eine Weile bis seine markante Stimme endlich die Stille durchbrach, die sich in der Zwischenzeit in den Raum aufgebaut hatte.
Eine gehörige Portion Unglaube schwang mit als er auf einmal sagte: „Kraym, Ihre Idee klingt nicht nur äußerst verrückt. Nein, sie IST es auch! Denn worum Sie mich hiermit bitten, bringt alle unsere Unterstützer mit einem Schlag gegen uns auf.“
Horatio, der währenddessen seelenruhig in einem Rasierstuhl saß und die Augen geschlossen hatte, reagierte nicht sofort auf diese Behauptung, sondern wartete noch geduldig den Moment ab als sein behänder Valet ein letztes Mal mit dem Rasiermesser die Kontur abgefahren war. Danach öffnete er die Augen, richtete sich in dem ledernen Stuhl auf und ließ zu guter Letzt seinen musternden Blick auf den thyferrianischen Lokalpolitiker fallen. Damals, vor etwa zwei Standardjahren als es um die zügige Zerschlagung des Bacta-Kartells ging, hatte er in der Tat einen manipulierbaren, opportunen Kandidaten für seine Pläne gesucht. Zum damaligen Zeitpunkt war ihm Dimodan zweifelsohne als die richtige Wahl erschienen. Nun aber, da sich die Lage in kürzester Zeit drastisch zugespitzt hatte, zog er hin und wieder diese Entscheidung in Frage. War der Premier am Ende vielleicht doch nicht die Art Vasall, die er benötigte? Oder hatten sich inzwischen bloß seine Anforderungen geändert?
Thyferras Premierminister, der von diesen Gedanken nichts wusste, schien sich mittlerweile wieder gefangen zu haben. Sogar den Drink, den man ihn zuvor angeboten hatte, hatte er inzwischen in der Hand und nippte daran. „Ich war immer für Sie da, Kraym. Indem ich Sie mit den richtigen Leuten in Kontakt brachte, konnten wir zusammen diese Welt nach unseren Vorstellungen formen.“ Mit der rechten Hand zeichnete er – gleich einem Werbetexter - in der Luft einen Bogen nach. „'Das Bacta-Kartell ist ist die Vergangenheit; 'Imperial Bacta' steht für die Zukunft.' – Das war unsere Devise. … Und nun wollen Sie all das Erreichte einfach so fortwerfen, indem Sie mir sagen, meine Regierung solle mit den Vratix ins Bett steigen?“
Säuerlich verzog der Lokalpolitiker das Gesicht. Ja, er zeigte schonungslos seine Abscheu bezüglich der ohne sein Wissen begonnen Pläne. Über etliche Jahrhunderte hinweg hatten die (vermögenden) Nachfahren der Kolonisten das Gros ihre Privilegien gegen allerhand Revolten der Vratix behaupten können, weshalb man es in Thyferras elitären Gesellschaftskreisen längst als eine Art „Naturgesetz“ ansah, dass über Vertreter der heimischen Spezies wie über Leibeigene zu verfügen. Und um weiter gewährleisten zu können, dass das Bacta ungestört fließt, hatte bis hin zu diesem Tage kein einziger Repräsentant der Galaktischen Republik oder gar deren Nachfolgerin, dem Galaktischen Imperium, jemals etwas an dieser Sichtweise moniert. Doch nun, da mit Manaan offenkundig ein Mitbewerber auf den Markt drängte, schien sich die bisherige Haltung der planetaren Verwaltung langsam, aber sicher zu ändern – sehr zum Missfallen des Premierministers.
Da sein Gegenüber noch immer abwartend auf dem Stuhl saß und sich nicht regte, ergriff der füllige Thyferrianer abermals das Wort. „Ich scherze nicht, Kraym. Sie haben doch die hiesigen Hardliner selbst erlebt! Männern wie Laek Ravine hat es schon nicht gefallen, dass Sie irgendwelche Viecher in den Palais geladen hatten, um mit denen über die Verteilung unseres Bactas zu sprechen. Hinter Ihrem Rücken hat man diesbezüglich schlecht über Sie geredet – Das wissen Sie sicherlich.“ Keine Regung seitens des adligen Verwalters. Er musterte weiterhin kühl Dimodan. „Reichen wir nun den Vratix die Hand, wird man – politisch und gesellschaftlich – über uns herfallen!“
„Haben Sie heute schon Nachrichten gesehen, Premier?“, fragte Horatio plötzlich und beendete so den sich echauffierenden Untergebenen. Während die eigene Abscheu den Politiker allmählich hatte hitzig werden lassen, wirkte der Governor noch immer gelassen. „Erst vor wenigen Stunden haben Unbekannte – aus einer gesicherten Wohnanlage – Thion Calfans Familie entführt. Niemand hat sie aufgehalten. Keine planetaren Sicherheitskräfte. Keine Imperiale Armee. Keine Sturmtruppen. Und auch keine CompForce-Soldaten.“ Er erhob sich. „Sollten wir nicht schon bald einen anderen Weg einschlagen, werden die 'Ashern' siegreich auf unseren Gräbern tanzen. Wollen Sie das, Dimodan? Und viel wichtiger: Wollen das Ihre Unterstützer?“
Obgleich der neuste Schlag dieser insektoiden Terroristen auch ihn völlig überrascht hatte, hatte er den Grundtenor dieser „Ansprache“ schon länger im stillen Kämmerlein geübt. Spätestens seitdem das Sektorkommando mit einer der angespannten Situation angemessenen Deutlichkeit Interesse am Mitwirken bekundet hatte, hatte er sich auf dieses Gespräch vorbereitet. Schließlich fehlte ihm nun nur noch die Unterstützung im thyferrianischen Parlament, um nach der geplanten Vernichtung der „Ashern“ rasch Ruhe auf Thyferra einkehren zu lassen. Er war wahrlich kein Verfechter der Rechte für Nichtmenschen, aber seiner Meinung nach konnte man dieses Ziel nur erreichen, indem man all jene Vratix, die Teil der Konterrevolution sind, an der Farce beteiligte, die sich im Imperium „lokale Demokratie“ schimpfte. Horatio ging langsam auf den ihm unterstellten Premier zu.
„Spricht man den Vratix beispielsweise das Wahlrecht zu, so mag das erst einmal natürlich wie eine Abwertung der eigenen Privilegien wirken“, sprach der adlige Imperiale weiter. „Jedoch müssen Sie sich in solch einem Augenblick eine ganz bestimmte Frage stellen. Und zwar: Welchen Preis müsste ich zahlen, wenn ich mich für die andere Variante entscheiden würde?“ Zwei, drei Schritte wich der Thyferrianer unwillkürlich zurück. „Ihren Freunden ist es mit Sicherheit lieber einen Vratix in der Kabine nebenan zu haben, dafür aber weiterhin vermögend zu sein. … Selbstredend möchte ich es niemanden wünschen, sich mit einem Mal in Prefect Calfans Situation wiederzufinden. Aber meiner Meinung nach wird es früher oder später so kommen, wenn wir JETZT nicht handeln.“
Erneut verzog die kleinwüchsige Gestalt säuerlich das Gesicht. Weil Llewas Dimodan nicht nur ein kluger Kopf war, sondern ebenso als begnadeter Redner galt, ging Thyferras amtierender Verwalter nach diesem knappen Wortschwall selbstverständlich davon aus, dass just in diesem Augenblick bei dem Lokalpolitiker ein gründliches Abwägen stattfand. Zwar tigerte er dieses Mal nicht durch den Raum, aber das Grübeln sah man ihm dennoch an. Womöglich lotete er in seinen Gedanken gerade aus wem er (vorübergehend) die Treue schwören würde. Welcher Weg war nun aussichtsreicher für einen Karrieristen? Horatio ließ dem Premier ein wenig Freiraum, indem er in der Zwischenzeit zur Hausbar ging, um sich einen Drink einzuschenken. Über einen Spiegel, der oberhalb des klobigen Möbelstücks angebracht war, behielt er seinen Gast jedoch die ganze Zeit im Auge.
Bevor Dimodan irgendetwas zu dem adligen Verwalter sagte, fasste er sich nachdenklich ans Kinn. „Die jüngste Entführung ist natürlich ein interessanter Punkt in Ihrer Argumentation, Kraym. Zwar haben schon die Anschläge auf 'Imperial Bacta' für ordentlich Unruhe gesorgt, aber seit heute dürfte wohl jedem klar sein, dass wir alle angreifbar sind. Mit Xucphra Citys Statthalter mag es begonnen haben, aber aufhören wird es wohl erst, wenn Barnip tot an einem Ast hängt.“ Dieses Mal taktierte der Lokalpolitiker allzu offensichtlich. Deshalb hielt sich Horatio mit einer Erwiderung zurück. „Es soll hier selbstverständlich nicht der Eindruck entstehen, meine Meinung habe sich nun schlagartig um einhundertachtzig Grad geändert, aber meine Zweifel am bisherigen Vorgehen möchte ich trotz allem zur Sprache bringen. Entgegen der Interessen einiger unserer Unterstützer könnte ich mir also schon vorstellen, im Parlament für Ihre Reform zu werben. … Doch selbst wenn ich Ihr Argument anbringen würde, man würde auf diese Weise das eigene Vermögen sichern, wird es für mich wohl oder übel zu keiner Wiederwahl kommen. Die Wahrheit schmeckt dem Wähler nicht...“
„Nun, treuen Diener erweist sich Seine Majestät stets erkenntlich“, entgegnete der adlige Governor, nachdem er sich seinem Gegenüber wieder zugewandt hatte. „Sagen Sie mir, Llewas, wie sich das Imperium revanchieren kann … und ich werde es in die Wege leiten.“
Die Augen des Lokalpolitikers funkelten aufgeregt. Er witterte seine Chance. Rasch benetzte er sich die fleischigen Lippen. Dann sagte er in einem eitlen Tonfall: „Verschaffen Sie mir nach dieser Legislaturperiode einen Platz als Legate in Ihrer Verwaltung … und diese Insekten werden das nächste Mal wählen dürfen.“
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