[Weltraum (Neue Republik) | Leerer Raum irgendwo zwischen Lianna und Ruusan | Cethra Jaynes Schiff | Maschinenraum] Nen-Axa, Cethra Jayne, Tzun Suz, Meredith Clay
Zuerst wollte Nen-Axa Merediths Angebot ausschlagen. Er hatte nicht das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt war, um seine Hand behandeln zu lassen. Immerhin befanden sie alle sich in einer unbekannten Gefahr - es war von äußerster Wichtigkeit, das Schiff möglichst schnell wieder in Gang zu bringen. Er glaubte, dass nach der Reparatur noch genug Zeit wäre, sich um seine Blessur zu kümmern. Doch schon beim Öffnen einer Abdeckung des beschädigten Generators spürte er überdeutlich, dass diese Entscheidung unvernünftig wäre. Sein angeknackster Finger schmerzte sehr und würde bei der Reparatur ein großes Handicap darstellen. Also hielt er inne und reichte der Padawan die verletzte linke Hand.
»Der mittlere Finger«, sagte er. »Verstaucht oder vielleicht gebrochen. Versuche, ihn so einzuwickeln, dass er nicht bewegt werden kann. Wir brauchen die Hand dringend, wenn ich das hier reparieren soll.«
Schon nach kurzer Zeit hatte er allen Grund, sich bei der Halb-Diathim für die Hilfe und die gute Arbeit zu bedanken. Sie hatte seinen Finger natürlich nicht kurieren können, doch war er nun dick verbunden. Er konnte ihn nicht regen und leichte Berührungen schmerzten nicht so sehr. Auch das war eine Behinderung bei der Arbeit, aber wenigstens würde der Schmerz ihn nicht so sehr ablenken und die Gefahr, dass er den angerichteten Schaden durch einen Fehlgriff verschlimmerte, war ebenfalls geringer. Also frisch ans Werk. Cethra hatte bereits damit begonnen, die Elektronik des Schiffes auszumessen und nach den Fehlern zu suchen. Sie ging dabei recht routiniert vor - wie jemand, für den ein Sternenschiff eine vertraute Umgebung darstellte und für den Wartung und Reparatur zum normalen Leben dazu gehörten. Das galt für Nen-Axa nicht, seine technische Erfahrung war anderer, geringerer Natur. Aber natürlich würde er trotzdem sein Bestes geben.
Er öffnete weitere Abdeckungen und schraubte ein großes Gehäuseteil des Generators los, um an das Innenleben heranzukommen. Arbeitshandschuhe für seine dreifingrigen, krallenbewehrten Hände gab es nicht, aber seine Haut war so dick und zäh, dass er kleine Schnitte und Verbrennungen nicht fürchten musste. Schon die Fehlersuche dauerte ein Weilchen, doch dann machte er einen Defekt aus. Ein Schlauch war der Länge nach aufgeplatzt und hatte auf diese Weise zwei Probleme verursacht. Erstens war dadurch kein Schmiermittel mehr in bewegliche Maschinenteile gelangt, was zu einem Ausfall geführt hatte. Eine mechanische Beschädigung konnte er nicht feststellen - offenbar hatten Schutzmechanismen eine Notabschaltung herbeigeführt, bevor es zu Schlimmerem gekommen war. Ein Hoch auf die calamarischen Ingenieure, die an eine solche Maßnahme gedacht hatten. Zweitens war die ölige Substanz beim Kontakt mit heißen Oberflächen in Brand geraten. Das Feuer war gelöscht, doch er musste auch untersuchen, ob andere Bauteile des Generators dadurch Schaden erlitten hatten. Der Arcona wischte eine dicke Schicht aus Ruß und Löschmittel beiseite und fand darunter Kabel mit verschmorten Isolierungen. Das war zum Glück nicht weiter schlimm, denn Isoliermittel waren vorhanden. Er fand Klebeband und eine Sprühdose, die einen schnell härtenden, nichtleitenden Schaum beinhaltete; damit hatte er die Kabel schnell wieder abgesichert. Nun war der Schlauch dran, und das war problematischer, denn der ließ sich nicht einfach abdichten. Da es kein Original-Ersatzteil gab, musste Nen-Axa etwas suchen, das einen ähnlichen Zweck erfüllen würde. Er wurde schließlich in einer Kiste fündig, in der Cethra Jayne offenbar übriggebliebene oder sonstwie nützlich erscheinende Teile sammelte: Kabel, Schellen, Stecker, Lämpchen, elektronische Kleinteile und zum Glück auch ein paar Schläuche. Einer davon hatte einen passenden Durchmesser; zwar war fraglich, ob er auch stabil genug war, um dem Druck und den möglicherweise aggressiven Chemikalien standzuhalten, aber da die Auswahl nicht groß war, musste es damit gehen.
Er begann gerade mit dem Einbau des Ersatzteils, als seine Padawan ihren Teil der Arbeit verrichtet hatte und Erfolg vermelden konnte. Zumindest ein paar der wichtigsten Systeme hatte sie wieder in Betrieb nehmen können. Sie wollte nun ins Cockpit zurückkehren, um sich um die Steuerung des Schiffes zu kümmern, während Nen-Axa sich weiter um den Generator kümmern sollte.
»Wir werden uns bemühen«, rief er, ohne seinen ambossförmigen Kopf und die ölverschmeirten Hände aus dem Maschinengehäuse herauszuziehen. »Möge die Macht mit dir sein. Mit uns allen.«
Der letzte Satz klang vielleicht etwas düsterer, als er es beabsichtigt hatte.
Auch Meredith hatte den Maschinenraum verlassen, um sich um die Verletzung ihres Meisters zu kümmern, also blieb der Arcona allein zurück. Er schnitt den Schlauch auf eine passende Länge zurecht und versuchte, ihn mit Schellen und Spangen an der passenden Stelle zu fixieren. Für die nötige Dichtheit sollte dann abermals der Isolierschaum sorgen. Ihm war klar, dass er keine professionelle Arbeit ablieferte, aber als Provisorium mochte es fürs Erste taugen, hoffte er.
Während des Arbeitens rückte eine Frage stärker in sein Bewusstsein: Was war eigentlich genau passiert? Zuerst hatte er sich diese Frage gar nicht gestellt sondern nur getan, was getan werden musste, um den Schaden zu begrenzen. Nun erst machte er sich Gedanken darüber, was eigentlich geschehen war. Sie waren entweder von einem künstlichen oder natürlichen Schwerkraftfeld aus dem Hyperraum gerissen worden oder sie hatten das Ziel ihres Sprungs erreicht und Cethra hatte das Schiff in den Normalraum zurückkehren lassen. Dort waren sie dann scheinbar auf eine Mine aufgelaufen, hatte die Miraluka gesagt. Sie mussten wirklich von Glück reden, dass sie dabei so glimpflich weggekommen waren: Manche Minen waren zerstörerisch genug, um einen Kreuzer in Stücke zu reißen. Das der Frachter keine Hüllenschäden davongetragen hatte, war eigentlich eine sehr gute Nachricht. Aber er machte sich keine Illusionen darüber, dass die Gefahr noch nicht ausgestanden war. Mitten im All zu stranden war eine schreckliche Angelegenheit, aber darüber, wie sie ihre Reise fortsetzen konnten, mussten sie sich später Gedanken machen. Im Moment war das größte Problem, dass da draußen weitere Sprengfallen lauern konnten. Oder diejenigen, die sie gelegt hatten. Piraten, Sklavenfänger, feindliches Militär, vielleicht sogar befreundete Einheiten, die diese Falle für jemand ganz anderen gelegt hatten... es gab mehrere denkbare Parteien, die dafür verantwortlich sein könnten. Und noch mehr Motive für eine solche Tat. Allerdings waren die meisten davon sehr gute Gründe, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden und sich entweder in der Nähe zu verstecken oder möglichst viel Raum zwischen sich und das Minenfeld zu bringen. Dass sie sich den Weg freikämpfen mussten, war leider nicht unrealistisch. Und Nen-Axa hatte nur eine Möglichkeit, etwas dazu beizutragen, dass sie hier wegkamen: Er musste diesen Generator richten.
Während er sich mit den widerspenstigen Schlauchschellen und nicht für seine Anatomie geschaffenen Werkzeugen abmühte, beneidete er diejenigen Jedi, zu deren Machtfähigkeiten ein instinktiver Zugang zu allen Arten von Technologie gehörte. Doch schließlich hatte er es auch ohne ein solches Talent geschafft. Der Schlauch hielt und konnte wieder Schmiermittel transportieren. Obwohl einiges ausgelaufen war (und jetzt an seiner Haut und Kleidung haftete), schien noch genug vorhanden zu sein, um die Maschine wieder in Betrieb zu nehmen. Er kroch aus dem Gehäuse heraus, schloss die Abdeckungen und drehte den Schalter, der den Generator aktivieren sollte. Doch nichts geschah - nur ein oranges Lämpchen leuchtete auf. Das Zeichen darauf konnte er mit seinen schlechten Augen nicht erkennen, aber die Farbe sowie die Tatsache, dass das Gerät keinen Mucks von sich gab, legten nahe, dass es eine Störung anzeigte. Seufzend kniete Nen-Axa nieder und öffnete das Gehäuse erneut.
Mehrere Minuten benötigte er, um einen weiteren - und nun hoffentlich den letzten - Fehler zu finden. Durch die schweren Erschütterungen hatten sich auf der schwer zugänglichen Rückseite des Generators mehrere Steckverbindungen gelöst. Er wischte sie mit einem Lappen sauber (wobei er sich einen leichten, glücklicherweise ungefährlichen Stromschlag zuzog), drückte sie in ihre ursprüngliche Position zurück und hoffte dann das Beste. Wieder drehte er den Schalter... und der Generator sprang an. Er klang zwar unruhiger und lauter, als es für diese Mon-Calamari-Apparaturen üblich war, aber immerhin lieferte er wieder Energie.
»So weit, so gut...«
Einigermaßen zufrieden mit seiner Arbeit kehrte der Jediritter dem Maschinenraum den Rücken und ging in Bugrichtung. Er hatte eine ganze Weile für die Reparatur gebraucht - die anderen befanden sich schon ein paar Minuten im Cockpit und hatten wohl schon ohne ihn die nächsten Schritte beschlossen. Dass das Schiff sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, konnte er spüren. Wohin, das würde er sicherlich gleich erfahren.
»Der Generator läuft wieder, zumindest im Moment«, meldete er, als er ankam. Er blieb in der Tür des Cockpits stehen, da dieses mit drei Personen schon ziemlich voll war. »Wie steht es hier vorne? Wohin fliegen wir?«
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