So, heute ist es soweit. Mein erster Rollenspielbericht ist nun fertig. Vielen Dank an
@Minza für Vorbereitung und Lektorat.
Gespielt wurde ein kleines bäuerliches Abenteuer in der Welt von Andrzej Sapkowsks "Hexer"-Saga um Geralt von Riva. Spieler waren
@Minza,
@Dyesce und
@lain, geleitet durch mich.
Angehängt sind dann noch meine dazu entstandenen Zeichnung, welche aber auch schon hier im Forum zu sehen waren.
Ich hoffe alle Interessierten werden ihren Spaß haben und vielleicht wird die Geschichte mal weitergeführt.
Alles Verloren
Ein Rollenspielabenteuer in der Welt von „Der Hexer“
Von Minza und Conquistador
nach einer Idee von Conquistador
Disclaimer: Dieser Rollenspielbericht dient der Unterhaltung und ist ohne jedes finanzielle Interesse geschrieben und veröffentlicht worden. Verantwortung und Copyright für den Inhalt der Geschichte verbleiben beim jeweiligen Autor. Eine Verletzung von Urheberrechten ist nicht beabsichtigt.
Des Weiteren erhebt der Autor keinen Anspruch auf korrekte zeitliche oder örtliche Wiedergabe von Ereignissen, Personen oder Lore im Allgemeinen zu der Fiktion. Dies ist der Versuch eines Fans ein kleines Rollenspielabenteuer in eine bereits breit ausgearbeitete Fiktion zu integrieren.
Mein Dank als Spielleiter und Teil des Chronistenteams gilt in erster Linie meinen Spielern, da diese mit der Fiktion nicht vertraut sind und doch einer kleinen Runde Rollenspiel darin zugestimmt haben, außerdem CD Projekt RED und natürlich dem Autor und Schöpfer dieser Welt Andrzej Sapkowski.
- Conquistador Februar 2018
***
1267. Es war der Spätsommer in die Grafschaft Ralberg im nördlichen Verden eingekehrt. Seit Wochen machten bereits die Gerüchte um die brutale Vorgehensweise nilfgaardischer Heermeister mit königlicher Duldung die Runde in dem kleinen Dorf Miesing am Krötenmoor. Man fragte sich, wie sich der Graf verhalten mag und so mancher junger Bursche verschwand in der Nacht, um sich im patriotischen Eifer den Rebellen des Prinzen Kistrin anzuschließen.
An einem doch recht kühlen Vormittag befand sich die Dorfgemeinschaft Miesings versammelt auf dem großen freien Platz zwischen Schmiede und dem Haus des Kräuterweibs. Entsetzten stand ihnen ins Gesicht geschrieben, einige Frauen schluchzten, andere hielten ihren Kindern die Hand vor die Augen. Auf dem nebelfeuchten Boden breitete sich langsam eine Blutlache aus.
„Dies passiert wenn man sein Land verrät, den Norden und die Götter!“ bellte der hochgewachsene Soldat in der gelb-schwarze karierten Rüstung.
„Der König hat all dies getan, so Euer Graf und so auch dieser Hundedreck, den Ihr Euren Dorfältesten nanntet!“ Er deutete mit der Schwertspitze auf den kopf- und leblosen Körper der vor ihm im Blut lag. Eine Vettel heulte auf. Im Rücken des Gerüsteten stand eine Formation von Soldaten mit einer verdischen Standarte, sowie ein kleiner Trupp Männer in blau. Auf ihren Schilden prangten stilisierte Lilien in Weiß. Ein Militärschreiber trat aus der Formation, stellte sich mit einem Räuspern neben den Kommandanten und rief:
„Gute Leute, hiermit wird im Namen Prinz Kistrin und der freiheitlichen Armee von Verden, Euer Besitz annektiert und den kämpfenden Truppen zur Verfügung gestellt. Jedweder Widerstand wird …“
„Nichts hat er uns je gebracht, außer Schwierigkeiten …“ meinte die alte Witwe Rutwik zu den Umstehenden und nickte zur Leiche. „Erinnert Ihr Euch noch an die Sache mit …“
„Hat noch jemand das Bedürfnis, Verrat am Vaterland und dem Norden zu begehen?“ unterbrach der Kommandant seinen Herold laut. Grimmig blickte er mit dem vernarbten Gesicht in die Menge. Einer der Bauer, Anbort von der Teeweide begann zu murmeln; „Wenn ich meinen Hof und die Viecher behalten kann?“, der stämmige Mann neben ihm grunzte zustimmend, andere Dörfler nickten.
„Es gibt eine Frage?“ kläffte der Soldat und ein Raunen ging durch die Menschenmenge, unsichere Blicke wurden ausgetauscht. Die alte Rutwik trat aus dieser hervor, hob den Zeigefinger und begann mit ihrer zitternden Stimme zu sprechen:
„Werter Kommandant, wie sollen wir so weiter leben, wenn wir nichts mehr haben. Ohne das können wir niemanden dienen, auch nicht Euch.“ Das Raunen der Umstehenden wurde lauter.
Am Rande der Dörfler stand eine junge Frau, unter ihrem Häubchen quollen wilde feuerrote Haare hervor. Iranna hatte die ganze Zeit das Ereignis stumm verfolgt. Dann näherte sie sich vorsichtig einem Unteroffizier, in ihrer Nähe an und fragte leise:
„Herr, mich als reisende Händlerin betrifft diese Annektierung doch nicht.“ Der Soldat verzog nun sein Gesicht zu einem gehässigen Grinsen. „Alles auf diesem Boden gehört nun Prinz Kistrin.“
„Aber mein Wagen ist mobil, er könnte nun genauso gut in Cidaris oder Kerack stehen.“ Doch der Soldat schüttelte nur zähnefletschend den Kopf.
Anbort beobachteten derweil die Situation mit dem Kommandanten. „Wir sind nicht die hellsten Köpfe hier, doch auch buckeln wir nicht vor jedem.“ dachte er mit leicht abfälligen Blick auf den Soldaten. Die alte Witwe begann so dann wieder zu sprechen während hinter ihr die Menge ernst blickend nickte und raunte:
„Die letzten Winter waren hart, und wir sind nicht weit der Küste. Wir hatten die letzten Jahre arg Glück, dass uns diese Seeteufel von Skelliger nicht heimgesucht haben. Ich erinnere mich da noch an Zeiten … aber was ist Eurer Plan für unser Dorf?“
„Wollt Ihr uns zu Leibeigenen machen?“ rief Anbort laut in Richtung der Soldaten. Der Befehlshaber ging auf ihn zu, der Kopf schon vor Wut gerötet.
„Wollt Ihr lieber die Leibeigenen eines treulosen Königs sein, eines Verräters?“ Er blickte den Bauern dunkel an.
„Ich will kein Leibeigener sein und Niemandem gehören ... nicht Nilfgaard und auch nicht Euch.“ erwiderte dieser hämisch. Rutwik kniff die Augen zusammen und sah den Soldaten an, wie es nur eine Vettel kann, die ein Balg züchtigen will.
Entsetzen machte sich im Gesicht des Kommandanten breit. „Wie könnt Ihr es wagen?“ Auch die umstehenden Bauern warfen den Soldaten nun giftige Blicke zu. Diese sahen nur unsicher Ihren Anführer an und klammerten sich an ihre Gleven und Hellerbarden.
„Bande von Halsabschneidern!“ kam es aus dem Stämmigen mit erhobener Faust. Es war Hinrich der Schmiedegeselle des Dorfes. „Räuber in Uniform!“ schrie Anbort ihnen entgegen. Das Gemurmel der Bauernschar wurde lauter, Iranna sah unsicher die Parteien wechselnd an und kreuzte kurz den verachtungsvollen, schwenkenden Blick des Herolds. Dieser räusperte sich abermals, trat an seinen Befehlshaber und meinte:
„Ähm, Herr Kommandant?“ Dieser verstand, wandte seinen Rücken zu den Dörflern und ging zwei Schritte in Richtung der Soldaten.
„Ihr wisst, was zu tun ist. Alles wird beschlagnahmt!“ brüllte er. Die Truppe nahm eine stramme Haltung an, umfassten ihre Stangenwaffen nun kräftig entschlossen.
Schmatzend drehte sich Rutwik um und begann in die Richtung Ihres kleinen reisiggedeckten Hauses zu humpeln. Ihre alten Glieder machten ihr schon lange das Gehen etwas schwerer. Anbort stand derweil noch entschlossen den Bewaffneten gegenüber und meinte nur, dass ihm ihre Farben egal seien. Dann machte auch er eine Kehrtwende und schritt in Richtung seines Hofes. Die Soldaten lösten so den Rest an Bauern und Handwerkern auf, und die junge Händlerin ging des Weges zum Dorfrand, wo sie ihren Wagen mit der gefleckten Stute abgestellt hatte.
Der Schmiedegeselle trat noch an den Leichnam des Dorfvorstehers hin und unter dem kritischen Blick eines Unteroffiziers schulterte er den Toten und schliff diesen zu dessen Witwe.
***
Es vergingen mehrere Minuten und eine der vielen aufgezogenen dunklen Wolken schob sich bedrohlich vor die Sonne, wodurch Miesing in eine fast abendliche Lichtstimmung getaucht wurde.
Als die Witwe Rutwik ihr Häuschen erreichte, nahm sie einen langen Holzstab und scheuchte damit ihre Tier aus deren Bestallungen. Die Tauben flatterten in den Himmel und die Kaninchen der alten Frau hoppelten recht zielgerichtet auf eine Wiese, wo sie Gefallen am Löwenzahn fanden. In der engen Stube trat sie an die Feuerstelle, warf etwas trockenes Geäst und Reisig hinein und humpelte dann zur Schlafstatt. Die Wolldecke und ein kratziges Leinentuch, welches als Laken diente, zog sie leicht zitternd vom Bett und legte beides in die Flammen. Einige Augenblicke später hatte beides Feuer gefangen. Rutwik fasste nach einem der Eckzipfel und mit Schwung warf sie die Decken auf das nun blanke Stroh im Bettkasten. Danach griff sie in eine Ecke und nahm ein längliches Lederbündel hervor. Die Vettel riss das dickere Ende auf und zog das sichtlich alte aber gepflegte Schwert aus der Scheide. Es hatte ihrem Mann Hamka, genannt Ohneland, gehört und diesem schon öfters das Leben verlängert.
Zum Stich auf Kopfhöhe bereit, stellte sie sich hinter der Haustür auf. Der Rauch biss in ihren Augen, doch sie dachte an die Erfahrung von vor langen Jahren, als sie in einer Höhle mit einem zwar netten aber doch sehr streng riechenden Troll gewesen war.
Anbort, der auch an seinem kleinen Gehöft ankam, tat es der Witwe instinktiv gleich. Zusammen mit seinem treuen Hund Czarny, einem großen zotteligem Tier, trieb er erst die Hühner aus dem Gatter, dann die Kühe, welche sich zuerst von der Situation überfordert etwas zierten. Seiner Frau Mariella, die nicht bei der Versammlung im Dorf zugegen gewesen war, drückte er seine Axt zum Holz hacken in die Hand und sprach:
„Wir haben wieder Krieg. Es sind Soldaten hierher auf den Weg und werden den Hof brandschatzen und plündern, wie sie es immer tun. Nimm das und schlag damit auf jeden dieser Räuber ein, der sich Dir nähert. Wenn sie Dich schänden oder auch nur ein schlechtes Wort zu Dir sagen, dann bist Du selbst dafür verantwortlich.“
Sie sah ihn nur verwundert an, doch hätte sie solch eine Ansprache nicht überraschen sollen, es war schließlich eine Zweckehe. Mehr nicht. Er griff sich seine Heugabel.
An ihrem Wagen angekommen, tat auch Iranna alles, damit möglichst wenig für die Soldaten zu holen war. Ihre Wertsachen waren sowieso nicht dort, denn aus Erfahrung hatte sie diese bereits einen halben Tagesritt außerhalb unter einer jungen Birke vergraben. Sie spannte das Pferd aus und mit einem Klapps auf dem Hintern schickte auch sie ihr Tier möglichst weit weg. Im Wagen kramte sie ein kleines Notfallbündel hervor und gurtete sich ihre zwei Dolche um.
„Wenn die Soldaten sich gerne mit dem Plunder abgeben wollen, dann gerne.“ dachte sie mit einem Blick auf die im Wagen befindlichen schäbigen Töpfe und alten Kleidern. Dann verließ sie den Karren und wanderte vorsichtig in einem Bogen zwischen Dorf und dem Moor, um sich das Treiben abwartend anzusehen.
Mit festem Tritt näherten sich zwei schwere Stiefelpaare der Eingangstür zu Rutwiks Haus. Weiterhin brannten der Rauch in den Augen und das Bett in der Ecke. Das Atmen fiel ihr immer schwerer. Mit einem Schwung wurde die Tür aufgetreten und blitzschnell stach die Alte mit dem Schwert in Richtung des Eindringenden. Sie traf den Soldaten, einen schlaksigen Gesellen mit Beckenhaube und blondem Bart an dessen Brust und drückte den Harnisch dort mit genug Kraft ein, dass er zurück fiel und keuchte. Sein Begleiter, ein junger Kerl keine siebzehn Jahre alt, schmiss aus Reflex der Witwe seine Fackel entgegen, doch verfehlte er und das Stück Holz landete im brennenden Bett. Mit dem furienhaften Verhalten eines Wasserweibs begann sie zu schimpfen und mit dem Schwert die Angreifer zu verdreschen:
„Wie könnt Ihr Halunken es wagen, eine alte Frau überfallen zu wollen! Schämt Euch, Ihr Bande von Strauchdieben!“
„Verrückte Vettel!“ schrie der Junge panisch, während er seinem Kameraden auf die Beine half und beide drohend das Weite suchten. Sie spuckte ihnen nach, wandte sich dem Moor zu und humpelte in diese Richtung, den quakenden Fröschen entgegen. Sie wurde dabei aus der Ferne von Iranna beobachtet, welche dann bedacht der Alten folgte.
Zur gleichen Zeit stand Bauer Anbort, die Heugabel fest umgriffen, auf dem Platz vor seinem Hof und dachte noch kurz darüber nach, seine Milchvorräte, die er eigentlich am nächsten Markttag verkaufen wollte, zu verschütten. Da kam ein Quartett aus den blau uniformierten Soldaten ihm mit grimmigem Blick entgegen. Czarny knurrte aggressiv neben seinem Herrn und dieser erhob entschlossen seine Stimme;
„Verlasst meinen Hof, ich bitte Euch.“ sprach Anbort in einem sehr unfreundlichen Ton, wobei er das „meinen“ besonders stark betonte. Lachend und unbeeindruckt kamen die Gerüsteten näher und hoben drohend ihre Waffen. Dann ging alles ganz schnell.
„Fass!“ brüllte Anbort, und Czarny rannte den Soldaten entgegen, verbiss sich im Unterarm eines Bogenschützen, welcher schmerzhaft aufschrie. Im selben Moment stieß der Bauer seine Gabel ins Gesicht des Kämpfers, der ihm am Nächsten war und traf diesen zwischen Eisenhut und Halsberge. Daraus hervor drangen einige Spritzer Blut und ein unappetitliches Gurgeln. Der Mann begann zusammenzusacken.
„Mein Hof bleit mein!“ rief Anbort. Mit einem flinken Hieb durchtrennte ein anderer Soldat die Heugabel die noch im Kopf seines Kameraden steckte und stieß einen Kampfschrei aus. Anbort wandte den Kopf zum Haus und schrie: „Mariella, die Milch...!“ Doch stand in der Tür nur ein weiterer Kämpfer mit blutiger Schwertschneide. Der Bauer ächzte und wich noch einem Fausthieb aus, wurde aber dann umgestoßen und zu Boden gerungen.
„Ihr habt Eurem Herrn keinen Gefallen getan.“ knurrte Anbort, „Ein Hof ohne Bauer ist wertlos...“
Doch der Soldat grinste nur und schlug ihm mit dem gepanzerten Handschuh ins Gesicht. Alles verschwamm und verdunkelte sich und eine warme Flüssigkeit sammelte sich in Anborts Mund. Für einen Moment sah er noch, wie sich die Soldaten an Czarny abmühten, dann wurde ihm komplett schwarz vor Augen und er hörte auch nichts mehr.
Rutwik stolperte weiter in Moor hinein, die Glieder schmerzten, das Rheuma machte ihr zu schaffen, als plötzlich ein scharfer Pfiff aus ihrem Rücken sie aufhorchen ließ. Aus ihrer Denkung heraus winkte Iranna kurz und verschwand wieder im Versteck. Die Alte kniff kurz die Augen zusammen, dann folgte sie dieser Aufforderung. Miesing brannte und entsetzliche Schreie kamen aus dem Dorf. Der graue Himmel wurde durch die schwarzen Rauchschwaden immer dunkler. Zwischen Brombeerbüschen und einem alten moosüberwachsenen Baumstumpf setzten sie sich zusammen.
„Iranna, mein Schatz, was sollen wir machen? Vielleicht unser Glück im Moor suchen?“ fragte Rutwik.
„Die Soldaten werden wohl das Dorf niederbrennen, denn mit solchem Widerstand habe sie nicht gerechnet.“ Meinte die Händlerin mit Blick in Richtung der Häuser. „Doch im Moor leben Ertrunkene und Wasserweiber, nachts ist es dort besonders gefährlich. Warten wir lieber ab.“ Rutwik begann zwischen Mückenschwärmen etwas zu dösen, während Iranna immer wieder aus dem Versteck lugte. Auf den Mittag folgten der Nachmittag und der frühe Abend.
***
Ein ruckartige Erschütterung und lautes Poltern ließen Anbort wieder zu sich kommen. Er konnte Arme und Beine nicht bewegen, sein rechtes Auge war geschwollen, wodurch er mit diesem nicht richtig zu sehen vermochte. Über ihm glitten Äste und Zweige hinweg, die Abendsonne blendete ihn, als er den Kopf drehte. An den großen Flicken an der Plane, die an der hölzerne Wand sah, erkannte er, dass es wohl der Karren des benachbarten Bauern Piotr war, auf dem er sich befand. Er legte den Kopf in den Nacken, um einen Blick auf den Kutschbock zu erhaschen. Dort sah er zwei uniformierte Rücken, die leise etwas vor sich hin murmelten. Zu seiner linken machte ein bekanntes Grunzen ihn auf die Mitgefangenschaft von Hinrich dem Schmiedegesellen aufmerksam.
„Wo sind wir?“ fragte Anbort leise und presste das Kinn auf die Brust, um zu sehen, welchen Weg sie hinter sich gelassen hatten. Hinter dem Wagen trotten drei weitere Soldaten her.
„Wir haben das Dorf vor einiger Zeit schon verlassen, müssten aber noch in unserem Wald sein.“ flüsterte der Hüne ihm zu.
„Ruhe da hinten.“ fauchte einer der Soldaten auf dem Kutschbock. Er begann wieder mit seinem Beifahrer zu reden und Anbort spitze die Ohren.
„Jedenfalls hat sich Cedric schon etwas blamiert, sich von Bauern so etwas gefallen zu lassen.“
„Naja, das Dorf steht nicht mehr, aber den Prinzen wird das nicht beeindrucken.“ lachte der Soldat. „Sind ziemliche Bastarde, diese Dörfler, aber in ihrer Dummheit dann doch recht mutig gewesen.“
Die Vögel zwitscherten und ein Kuckuck rief. Kurz darauf ein weiterer Kuckuck und ein dritter. „Seltsam.“ dachte Anbort, da hörte er zweimal, dreimal ein scharfes Surren. Reflexartig blickte er zum Kutschbock und sah, wie ein Pfeil im Hals des Fahrers steckte. Der Beifahrer schrie und sprang vom Wagen, das Pferd wieherte auf. Es begann ein Tumult in dem kleinen Tross.
„Hinterhalt!“ rief eine Stimme. Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung. Aber zu schnell. Es gab wohl keinen Lenker mehr und das Pferd war durchgegangen. Anbort setze sich auf, um die Situation zu überblicken, doch mit einem Krachen fiel der Wagen auf die Seite.
Er fiel ächzend auf seinen rechten Arm. Die Soldaten liefen wie eine Hühnerschar herum, wurden einer nach dem anderen Opfer des Pfeilbeschusses. Der letzter der Uniformierten, soviel sah Anbort aus dem Augenwinkel, wurde von einer untersetzten Gestalt mit langem Bart mit einer großen Axt in den Rücken getroffen und ging auch zu Boden.
Nachdem der Trupp am Boden war, tot oder noch wimmernd herum kriechend, huschten weitere, größere Silhouetten aus den Büschen auf die Straße. Der Bauer blieb ruhig am Boden liegen, ebenso wie der Schmiedegeselle und sie sahen, wie die elfischen Krieger in dunkelgrüner Kleidung die letzten überlebenden Soldaten mit präzisen Dolchstößen töteten.
„Elfen? Hier bei uns?“ flüsterte Hinrich.
„Ist das der Tross?“ fragte einer der Elfen den Zwerg, der seine Axt aus dem Rücken des Gefallenen zog.
„Dit wees ick ned.“ erwiderte dieser schulterzuckend.
„Entschuldigt, werte Herren.“ begann Anbort „können Sie uns denn nicht vielleicht losschneiden?“ Er sprach besonders höflich.
Der Elf trabte mit gezücktem Dolch zu ihnen. Beim Losschneiden bemerkte der Bauer zwei aufgenähte kleine Wappen auf dem Wams des Elfen. Das eine zeigte drei weiße Blitze, das andere eine goldene Sonne. Beide auf schwarzem Grund. „Sollen das Nilfgaarder sein?“ fragt sich Anbort.
Hinrich grunzte und fragte „Wie geht es Dir, Anbort?“
„Wie ’nem Sack Kartoffeln.“ erwiderte dieser.
„Irenn!“ rief ein weiterer Elf den Losschneidenden zu. „Das war der falsche Zug!“
„Dammt nomma“ kam es aus dem Zwerg „denn werma dit …“ Die Elfen würgten seinen Satz mit bösen Blicken ab.
Anbort setzte sich auf, rieb sich die Handgelenke, „Ich weiß, nicht ob ich noch etwas besitze. Ich kann Euch aus Dank leider nichts geben“.
Der Zwerg trat an den Sitzenden heran, blickte kurz zu dem Elfen, dann sprach er „Bauer, weeste watt? Ihr habd uns nie jesehen.“ Anbort nickte zustimmend und das Letzte, was er in diesem Moment sah, war wieder eine geballte Faust, die auf sein Gesicht zukam.
Es war dunkel geworden und Iranna und Rutwik kamen aus ihrem Versteck zwischen den Brombeerbüschen und dem Baumstumpf am Rande des Moors hervor. Vorsichtig wanderten sie zu den ersten abgebrannten Häusern Miesings. Keine Menschenseele war zu sehen, der Gestank von allerlei Verbrannten lag schwer in der Luft: Fleisch, Holz, ein einfachen Leben. Die Soldaten waren wohl wieder abgezogen, tiefe Muster von Stiefelabdrücken zeugten davon. Zwischen einem Bauernhaus und einem kleinen Hühnerstall kam ein Wimmern hervor. Rutwik erkannte die dort kauernde Gestalt, es war der Knecht des Hofs, der nun noch leicht kokelnd da stand.
„Oh Melitele, Muttergöttin, warum?“ weinte der junge Mann leise vor sich her.
„Wo sind all die anderen?“ fragte Rutwik, doch sah sie nur in ein verrußtes verweintes Gesicht mit leeren Augen.
„Warum?“ flüsterte der Junge wieder vor sich hin.
Rutwik sah sich um und entdeckte nur eines ihrer Kaninchen, welches sich an einem umgefallenen Korb an den dortigen Rübenresten verköstigte.
Iranna blickte derweil die Straße entlang. Die Marschspuren der Soldaten führten in Richtung der nächsten größeren Siedlung, eine kleinere Kolonne samt Wagen war wohl in die entgegengesetzte abmarschiert.
„Wir sollten gehen.“ sagte sie zur Alten, „Am besten den Wagenspuren nach, durch den Wald.“ Rutwik nickte nur und wandte sich dem Knecht zu.
„Komm mit uns, hier wirst Du nur verhungern.“ doch keine Reaktion. Sie tätschelte vorsichtig seinen Kopf. „Armer.“ dachte sie.
„Warte hier, ich schaue ob ich mein Pferd finde.“ sagte Iranna.
Die Händlerin sah nach den Spuren, die ihre Stute hinterlassen hatte. Sie führten auch in den Wald, allerdings ins Dickicht. Iranna folgte ihnen eine Weile. Sie trat auf eine kleine Lichtung, vom Halbmond schon ins Blaue getaucht. Die Erde war aufgewühlt, wie bei einem Maulwurf, oder besser gesagt, einer Herde großer Maulwürfe. „Verdammt.“ dachte sie und zog einen Dolch. Nun ging sie der durchwühlten Erde nach, vorsichtig und mit leichtem Tritt. Ein beißender Geruch bestätigte ihre Sorge. In einem Moosbett fand sie das Pferd. Ausgeweidet, angefressen und mit langen Krallen verunstaltet.
Enttäuscht wandte sie sich ab. Als der Mond schon hoch stand kam sie an die Stelle, an der sie zuvor ihr Bündel vergraben hatte. Mit diesem über der Schulter wandte sie sich wieder zum Dorf. Es graute ,als sie wieder auf Rutwik stieß, die im Schutt der Ruinen wühlte.
Iranna, schüttelte den Kopf. „Kein Pferd... ein Rudel Nekker hat es sich geholt.“ „Böse Kreaturen.“ erwiderte die Witwe und spuckte auf den Boden. Zusammen zogen sie den Wagenspuren nun nach, die Morgenröte im Rücken. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren.
Cnq.