@Solide Kuh Ich denke, dass das mit dem, was du schreibst, deswegen alleine da stehst, weil du zwar auf der einen Seite Kritik übst, auf der anderen aber nicht schreibst, was du glaubst, was anders laufen sollte bzw. in dem Fall, wie man der Ukraine helfen könnte.
Ich hatte ein ähnliches Gespräch mit Freunden und Kolleg:innen und ich habe, weitaus weniger emotional gesagt, dass ich Waffenlieferungen schwierig finde und denke, das man schon vorher hätte etwas tun müssen.
Ja, hätte man vielleicht. Aber vorher ist vorher. Und meine Gegenüber fragten mich: Aber was sollen wir
jetzt tun?
Wie willst du mit einem Diktator sprechen und deeskalieren? Und jetzt sieh das nicht als Strohmann Argumente, es sind bedeutsame Fragen und am Ende wäre ein "Weiß ich auch nicht", nämlich einfach nicht weiterführend und auf seine Art auch sehr anstrengend.
Ich finde es auch schwierig, dass Aufrüsten jetzt wieder ein großes Thema wird uns gleichzeitig glaube ich, dass wir einander helfen müssen - auch sich zu verteidigen. Und so sehr ich Gespräche und Diplomatie auch liebe, ein Krieg ist kein Kampf, bei dem ein Ringrichter "Stop" ruft und dann aufgehört wird.
Edit: und wenn du bei dem Beispiel mit Pädagogik bleibst, muss ich dir leider sagen, dass auch sie ihre Grenzen hat und pädagogische Gespräche auch nicht in allen Situationen zum gewünschten Ziel führen. Nicht umsonst gibt's es Dutzende Ratgeber zur Erziehung. Was bei A klappt, klappt vielleicht auch bei B, aber überhaupt nicht bei C.
Pazifismus bedeutet nicht immer vollkommen Gewaltlosigkeit.
Es bedarf keiner siebzigseitig ausgearbeiteten Alternativkonzepte, um sich als Pazifist (der seinen Pazifismus auch ernst nimmt; ist heute selten geworden, ich weiß) gegen die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete auszusprechen. Diese "Wenn du keinen besseren Vorschlag hast, dann halt die Fresse"-Attitüde geht mir gehörig auf den Geist und ist absolut nonproduktiv und kindisch.
Davon abgesehen finde ich jegliche humanitäre Hilfe in der Ukraine, z.B. durchs DRK oder Spendenaktionen, absolut unterstützenswert und richtig. Nur bei den Waffen hört es halt auf.
Ich bin übrigens ein Gegner
jeglicher Waffenlieferungen, da ist der Ukrainekrieg keine Ausnahme. Meiner Ansicht nach sollte Deutschland an niemanden Mordmaschinerie verkaufen. Dass das utopisch ist, ist mir bewusst, weil wir in Deutschland eben eine unglaublich große Waffenlobby und -industrie haben, die Geld verdienen möchte und auch in der Politik bestens vernetzt ist, wie man an Strack-Zimmermann und Hofreiter wunderbar erkennen kann. Aber das ist ja alles nur
"verschwörungstheoretisches Geraune über den 'militärisch-industriellen Komplex'". Frag mal
@Janus Sturn, der kann dir das erklären.
Dann gibt es da noch so etwas, dass sich "Diplomatie" nennt, damit kennen sich die Menschen, die uns regieren, in der Regel allerdings nicht so aus, wie sie gerade wieder einmal glorreich unter Beweis stellen. Wie man diplomatisch vorgehen könnte, habe ich in einem meiner vorherigen Posts bereits angedeutet. Auch wenn man weiß, dass beide Seiten zu Verhandlungen in keinster Weise bereit sind, sollte man als außenstehender Dritter trotzdem alles dafür tun, um einen Dialog wieder möglich zu machen. Da bringt es nichts, in Stahlhelm und Tarnjacke die Front zu besuchen, sich in den Europarat zu setzen und vom "Krieg gegen Russland" zu schwadronieren oder einmal in sechs Monaten mit Putin zu telefonieren, da muss mehr kommen. Aber ich sehe seitens der Ampel keine Bereitschaft dazu, ganz im Gegenteil: Es wird zum Krieg getrommelt, auf allen Kanälen, und Politikerinnen und Politiker schwelgen bereits in Tagträumen von Putins Sturz und Russlands absoluter Totalkapitulation. Der Irrsinn macht Schule.
Wir sind nicht die Schutzherren der Ukraine, spielen uns aber zu diesen auf. Die Diskussion hat sich viel zu sehr emotionalisiert. Dass man wegen diesem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wütend ist, ist verständlich. Aber man darf diese Wut nicht zum Hauptfaktor seiner Reaktion darauf machen, sondern müsste besonnen und mit Vorsicht vorgehen.
1. Vereinnahmung der Opferrolle. Nicht die Ukrainer, die ermordet, vertrieben, vergewaltigt und ausgeplündert werden und ihrer Heimat beraubt werden sollen, sind das "wahre" Opfer des völlig ungerechtfertigten russischen Eroberungskrieges, sondern Pazifisten und "Pazifisten" im sicheren Deutschland, die voller Weltschmerz auf das Geschehen blicken. Diese leiden gar ungeheuer, weil sie sich nun tatsächlich Kritik und Gegenargumente anhören müssen und vor Augen geführt bekommen, dass Gewaltlosigkeit im Angesicht des Bösen nicht das Gute beschützt, sondern dem Bösen den Sieg ermöglicht.
2. Verschwörungstheoretische Geraune über den "militärisch-industriellen Komplex", der angeblich im Hintergrund die Fäden zieht. Angesichts der Art und Weise, wie gerade die Bundesregierung mit solchen Themen umgeht, kann ich darüber nur müde lächeln. Rheinmetall, KMW, Heckler & Koch und Co. träumen nachts davon, auch nur ansatzweise so viel Einfluss und Lobby wie die Autoindustrie zu haben. Ihre Produkte verkauft die Rüstungsindustrie auch ganz ohne "Kriegstreiberei" und die Entscheidung zum Krieg fiel in Moskau und nur dort.
3. Leere Phrasen über das Verhandeln um des Verhandelns willen. Erstens wird ohnehin ständig kommuniziert und nach Möglichkeiten zur Beendigung des Konflikts gesucht, zweitens lässt sich mit der Russischen Föderation, die jedes Abkommen mit der Ukraine gebrochen hat und keinerlei Anstalten macht, ein verlässlicher Vertragspartner zu sein, nicht verhandeln. Gerade kürzlich hat Lawrow wieder verkündet, dass selbst die Existenz einer neutralen Ukraine für Moskau nicht akzeptabel ist. Der Staat soll zerschlagen und in ein von Moskau kontrolliertes "Kleinrussland" verwandelt werden, nichts weniger.
4. Völlige Verkennung der Tatsache, dass die Ukraine sich mit militärischen Mitteln schon seit 2014 erfolgreich dagegen verteidigt, vernichtet zu werden, und mit ausreichender Unterstützung sehr wohl in der Lage ist und sein wird, die russische Fähigkeit und Willen zur Kriegsführung zu brechen und damit weitere Angriffe auf sich abzuwenden.
5. Hysterische Warnungen vor einem angeblichen "Militarismus". Wenn dieser daran besteht, dass die deutsche Gesellschaft darüber nachdenkt, dass man sich und seine Verbündeten und Partner gegen Angriffe verteidigen sollte und dafür die Mittel notwendig sind und bereitgestellt werden müssen, ist das so weit von Militarismus entfernt wie Putin von einem netten Kerl. Der Wunsch, sich verteidigen zu können, ist kein Militarismus - es ist infam, so etwas zu unterstellen. Respekt und Anerkennung für die Bundeswehr ist ebenfalls kein Militarismus. Ich gebe Dir eine kurze Definitionshilfe: Militarismus bedeutet das Primat des militärischen gegenüber der Politik und die Ausrichtung der ganzen Gesellschaft auf Krieg. Klingelt da was? Ja, genau, einfach mal Richtung Moskau schauen.
6. Arrogante Aufforderungen an von Vernichtung bedrohte Menschen, sich doch gefälligst brav und unterwürfig in ihr "Schicksal" zu fügen und sich umbringen und unterdrücken zu lassen, damit "Frieden" werde. Hau solche Sätze mal gegenüber Polen oder Überlebenden der Shoa heraus - nein, lass das lieber, dann hättest Du zumindest ein bisschen Anstand.
7. Diffamierung der deutschen Sicherheitspolitik, die nach internationalem und nationalem Recht (unter anderem Urteile des Bundesverfassungsgerichts) legal und moralisch gerechtfertigt ist. Im Chaos des zerfallenden Jugoslawiens wurde noch mehr Völkermord als er ohnehin schon stattgefunden hatte verhindert und in Afghanistan mit einem Mandat der UN auf einen brutalen Angriff auf einen Verbündeten reagiert.
8. Ganz ehrlich, mich widert dieses moralinsaure Anbiedern gegenüber dem Diktator und Kriegsverbrecher Putin einfach nur an. Ich teile pazifistische Positionen nicht, respektiere sie aber, wenn sie genuin sind und beachten, wer tatsächlich für Krieg und Leiden verantwortlich ist.
Bei dem, was die Kanonenfreunde hier so schreiben, sollte man sich mal ernsthaft fragen, wer hier eigentlich "moralinsaures" Gesabbel verbreitet. Dass hier zum Krieg getrommelt wird und es alle toll finden, weil sie vom Tagesschau-, FAZ- und Spiegel-Sprech (
Link) bereits so gehirngewaschen sind, dass ihnen das autonome Nachdenken ganz offenkundig schwerfällt, das widert mich an. Dass man nichtmal mehr auf der Hand liegende Tatsachen ansprechen und sich gegen die Lieferung deutscher Waffen aussprechen kann, ohne als "Putinversteher" oder "Russlandanbiederer" zu gelten, das widert mich an. Dass man keine Diskussion mehr normal führen kann, ohne direkt abgestempelt zu werden von irgendwelchen dahergelaufenen Moral- und Sittenwächtern, die es auf Anhieb natürlich immer besser wissen, das widert mich an. Dass man von morgens bis abends nur noch über die Schuldfrage(n) diskutiert, mit'm Finger andauernd auf andere zeigt (sowohl in der Innen- und Außenpolitik als auch im gesellschaftlichen Diskurs) und an konstruktiven Lösungsvorschlägen fernab von Panzer-Transporten nicht mehr interessiert ist, das widert mich an. Dass einfach nachgeplappert wird, was die Mächtigen dazu sagen, das widert mich an. Kurzum: Ihr ekelt mich alle ziemlich an, mit euren erhobenen Zeigefingern und eurem hohlen, bellizistischen, aus "moralinsauren" Worthülsen bestehenden Geblubber. Genießt euer wohlfeiles Spiel mit dem Feuer und freut euch über die in euren Köpfen zurechtgelegte ethische Überlegenheit, solange ihr noch könnt, denn bald wird nämlich auch hier mobilgemacht, wenn das so weiter geht. Aber das ist ja nur hysterisches Verschwörungsgelaber!

Oder? Sogar die Baerbock hat ja jetzt im Europarat verkündet, dass wir einen "Krieg gegen Russland führen" (
Link). Dürfte den meisten von euch hier ja mächtig gefallen, diese indirekte Kriegserklärung. Beifall, bitte!! Wie sagte Padmé Amidala doch so schön: "... with thunderous applause".
Wir leben offensichtlich in Zeiten paradigmatischer Verwechslungen. "Krieg führen" heißt mittlerweile "auf Frieden hinarbeiten" und "schwere Waffen liefern" bedeutet mittlerweile "Deeskalation". Da unter solchen semantischen Voraussetzungen eine zielführende Diskussion absolut unmöglich wird, und der Diskurs übers Thema mittlerweile sowieso dermaßen emotionalisiert ist, dass eine sachliche Debatte darüber fast zum Unding geworden ist, klinke ich mich hier aus; das ist mir zu anstrengend, mir hier von Waffenlieferungsbefürwortern und Bundeswehrfetischisten den vermeintlichen moralischen Bankrott diagnostizieren zu lassen. Deshalb will ich euch bei eurer Kontemplation über eure moralis(tis)chen Überlegenheit und eurem "Wir sind die guten"-Circle-Jerk auf Realschul-Ethikunterrichts-Niveau wirklich nicht länger im Wege stehen. Erzählt euch weiter gegenseitig, wie unglaublich toll, wichtig und richtig das ist, schweres Gerüst gegene eine Weltmacht in Kriegsgebiete zu liefern, die direkt nebenan liegen. So kann man sich mal wieder richtig solidarisch fühlen, ohne selbst einen Finger krumm machen zu müssen. Das liegt in Deutschland ja gerade voll im Trend, neben der wieder salonfähig gewordenen, teilweise sogar wieder ins Ethnologische driftenden Russophobie (
Link).
Zum Abschluss nur
nochmal 'n Link zu 'nem Interview mit dem Ex-Militärberater Angela Merkels in der Zeitschrift EMMA (eine der wenigen deutschen Großpublikationen, die noch Vernunft in Sachen Ukrainekrieg wahren), das meines Erachtens nach absolut lesenwert ist und zu einem Großteil meine Meinung widerspiegelt. Vielleicht gibts hier ja doch den ein oder anderen, dem die Kriegstreiber-Suppe à la Strack-Zimmermann (
Link) auch schon aus den Ohren herauskommt und der noch einigermaßen klar denken kann und interessiert ist.
Und zum allerletzten Schluss: Stempelt mich von mir aus, wie ihr wollt, nennt mich 'nen "Neurechten", 'nen "Putinapologeten", 'nen "Lumpenpazifisten" oder rotzt sonst irgendeine hanebüchene, an den Haaren herbeigezogene und völlig unfundierte Definition über mich ins Internet, wie's euch lustig ist, aber seht bitte davon ab, mir PNs zu schicken, ich antworte euch sowieso nicht und werde zukünftig auch nicht mehr mit Kriegslustigen diskutieren. Dafür ist mir meine Zeit einfach zu schade. Wollte nur mal auschecken, ob es hier auf'm Board noch Leute gibt, die meine Meinung teilen, aber wen wundert es, dass es nicht so ist? Es heißt ja immerhin immer noch "Star Wars" und nicht "Star Peace"...