[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring | Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe | VEN „Vensenor“ | Besprechungsraum „Aurek Fünf“ | Pilot Officer Myra Juran, Major Aiden Thiuro, verbliebene „Wolves“-Mitglieder, weitere Besprechungsteilnehmer (darunter Wing Commander Foster und Captain Reed sowie „Guards" und „Ruffians“)
Die Luft in Besprechungsraum Aurek Fünf war kühl und hatte den leicht metallischen Geschmack, der für imperiale Kriegsschiffe so typisch war und von den zahlreichen Filtersystemen verursacht wurde, die in den Lüftungsschächten installiert waren. Für viele unerfahrene Soldaten, die die Atmosphären ihrer Heimatwelten oder Ausbildungsorte gewohnt waren, war das der prägende Sinneseindruck während der ersten Stunden und Tage an Bord eines Schiffes und manchen fiel es schwer, sich daran zu gewöhnen, weshalb sie Blumen oder ähnliches in ihren bescheidenen Quartieren aufstellten. Myras Lippen kräuselten sich kurz verächtlich, die junge Pilotin, die zur Staffel mit dem Namen „Guards“ gehörte und deren Kennung die 8 war, hatte für solch sentimentales Verhalten nur Geringschätzung übrig. Sie mochte diese Luft, sie roch nach Ordnung und Sauberkeit und war frei von Emotionen, ganz so, wie es auf einem imperialen Kriegsschiff sein sollte. Kurz strich sich die schlanke menschliche Frau durch ihr teilweise von ihrer Schirmmütze verdecktes hellblondes Haar, eine Strähne hatte sich aus ihrer strengen, zu einem Haarknoten geformten Frisur gelöst und drohte für einige Momente, ihr Erscheinungsbild zu verändern, etwas, das sie auf keinen Fall wollte. Wie man sich äußerlich präsentierte, verriet anderen viel über die eigene Persönlichkeit, und das einzige, was Pilot Officer Myra Juran anderen von sich preis geben wollte, war ihre Einsatzbereitschaft und Disziplin. Prüfend sahen sie sich mit ihren kühlen grauen Augen in dem Besprechungsraum um, ihr Gesichtsausdruck ruhig und unbewegt, wie eine Maske trug sie ihre glatten Gesichtszüge zur Schau. Die imperiale Pilotin trug ihre olivgraue Uniform, die in ähnlich vorzeigbarem Zustand war wie die Person, die sie ausfüllte, und im Gegensatz zu einigen ihrer Kameraden, die es sich in auf den Plätzen bequem gemacht hatten, saß sie kerzengerade und widerstand auch der Versuchung, ihre langen Beine etwas zu strecken. Geduldig wartete sie auf den Beginn der Besprechung, bereit, die neuen Informationen und Befehle aufzunehmen und in die Tat umzusetzen.
Einige der anderen Piloten unterhielten sich leise und spekulierten über den Sinn der Besprechung, es lag in der Natur der Sache, dass man nach den heftigen und verlustreichen Kämpfen bei Iridonia auf eine kurze Ruhepause hoffte. Myra vermied sich, sich an diesem Gespräch zu beteiligen, sie saß ein wenig abseits, allerdings hörte die blonde Pilotin dennoch mit einem Ohr zu. Für ihre Staffelkameraden empfand sie wenig bis nichts, und entsprechend hielt sich ihre Trauer über die Toten in Grenzen. Sie hatten Fehler gemacht und waren gestorben, was gab es da noch mehr zu sagen? Es war sinnlos, darüber nachzugrübeln, den Toten war es ohnehin egal, viel wichtiger war es, die richtigen Lehren daraus zu ziehen und selbst nicht abgeschossen zu werden.
„Vielleicht haben wir Glück und erhalten endlich einige neue Maschine und Ersatzteile. So wie es jetzt ist, kann es nicht mehr lange gut gehen, ich sage es euch. Das müssen auch die da oben wissen.“
Es war Myras Flügelfrau, die diese Hoffnung aussprach. Pilot Officer Paly Kasim, Guard 9, war bekannt für ihre optimistische Einstellung, eine Eigenschaft, mit der sie Myra dezent auf die Nerven ging. Es war schlimm genug, dass sie und die Frau mit dem burschikos kurzem braunem Haar ein Quartier teilen mussten, aber die andere Pilotin schien auch noch bestrebt zu sein, mit ihrem quirligem Wesen andere zu infizieren. Myra hatte zwar jeden Versuch, eine Art Freundschaft aufzubauen, klar abgeblockt, aber das schien ihre Kameradin nicht davon abzuhalten, es weiterhin zu versuchen. Sie erntete mit ihrer Aussage zustimmendes Gemurmel und einer der Piloten klopfte beschwörend auf das Pult vor ihm, als ob er damit den dringend benötigten Nachschub herbeizwingen konnte. Myra war versucht, ihnen zu erklären, dass sie wohl kaum ganz oben auf der Prioritätenliste standen, verzichtete aber schlussendlich darauf und seufzte lediglich leise. Offenbar nicht leise genug, denn prompt starrte Kasim sie an.
„Sag bloß, du teilst meinen Optimismus nicht. Wir haben doch dich, Princess. Musst nur bei deinem alten Herrn ein gutes Wort für uns einlegen und...“
Bei der Erwähnung ihres Spitznamens und ihres Vaters warf Myra ihrer Kameradin einen eisigen Blick zu und die andere Frau verstummte prompt. Beides war für die blonde Pilotin ein rotes Tuch. Es stimmte, sie kam aus einer wohlhabenden und einflussreichen Familie, anders als viele andere hier, die man wohl direkt von Feuchtfarmen rekrutiert hatte, und besaß entsprechend Würde und Manieren und versuchte nicht, jeden kumpelhaft zu umarmen. Wenn man sie also als Prinzessin bezeichnen wollte, bitte sehr, aber sie hatte sich ihren Platz in dieser Staffel verdient. Sie war eine gute Pilotin, sogar eine sehr gute, und es waren nicht die Kontakte ihres Vaters zu Sienar Fleet Systems und dem Militär gewesen, die ihr diese Stellung beschert hatten. Er hatte hohe Erwartungen an sie, und die würde sie erfüllen, aus eigener Kraft und ohne sich dabei an jene anzubiedern, die gesellschaftlich wie auch sonst unter ihrer Würde waren. Die Botschaft war angekommen und so unterhielten sich ihre Kameraden etwas leiser und ließen sie ihn Ruhe, einige dösten vor sich hin. Sie alle hatten heftige Kämpfe hinter sich und nur wenig Erholung erhalten, doch Myra ließ sich davon nichts anmerken. Das Gemurmel verstummte, als sich zischend die Tür zum Besprechungsraum öffnete und eine Gruppe Piloten betrat den Raum. Keine gewöhnlichen Piloten, sondern die Mitglieder des berühmten Wolve Squad, der Eliteeinheit des Sternjägerkorps. Angeführt wurden sie von dem schneidigen Major Aiden Thiuro, einem gut aussehenden, groß gewachsenem Mann, der trotz der Tatsache, dass wohl auch er erschöpft war, noch immer große Autorität ausstrahlte.
Myra unterließ es, den Einmarsch der Wolves allzu offenkundig zu verfolgen, sah aber dennoch hin. Die Wolves waren lebende Legenden und auch der breiten Öffentlichkeit bekannt, nicht wenige träumten davon, eines Tages Teil der Elitestaffel sein zu dürfen. Die grimmige Realität des Krieges war allerdings auch an ihnen nicht spurlos vorbei gegangen, die blonde Pilotin zählte lediglich sieben Personen in der entsprechenden Uniform mit den blutroten Streifen. Da waren der Major an der Spitze, hinter ihm sein Stellvertreter (Drask), ein Chiss mit der unverwechselbaren blauen Haut und den roten Augen dieser Spezies, auch ein Givin und eine weitere Chiss (Samin) gehörten zu der Gruppe. Myras graue Augen nahmen einen herablassenden Ausdruck an. Elitepilot oder nicht, dass man einem Nichtmenschen gestattete, diese Uniform zu tragen, gefiel ihr nicht. Es war die Aufgabe des Imperiums, Ordnung und Stabilität in die Galaxis zu tragen, und diese Aufgabe konnte nur von Menschen erfüllt werden, die anderen Völkern kulturell überlegen waren. Glücklicherweise bestand der Rest der Staffel aus Menschen, darunter eine Frau (Sakura). Myra musterte alle unauffällig und stellte verwundert fest, dass der zweiten Chiss die typischen roten Augen dieser Spezies fehlten. Ein Mischling vielleicht? Die Pilotin fragte sich, ob das überhaupt möglich war, sicher, die blauhäutige Frau war rein optisch betrachtet sicherlich attraktiv, aber Menschen und Nichtmenschen, die miteinander Kinder hatten? Sie hatte immer gedacht, dass die Produkte einer solcher Liaison innerlich wie äußerlich korrumpiert waren, jedenfalls warnte die KOMENOR mit entsprechenden Bildern vor der Vermischung. Vermutlich war die Frau bloß äußerlich schön und innerlich vollkommen zerrissen zwischen der überlegenen menschlichen Natur und den Chiss-Genen, was sich in ihrer Psyche und ihren Fähigkeiten zeigte. Dass man jemanden wie sie bei den Wolves akzeptierte, warf Fragen auf, fast noch mehr Fragen wie die Präsenz eines reinblütigen Chiss. Myra schob den Gedanken vorerst beiseite, denn Colonel Nijaru begann das Briefing.
Yaga Minor, noch heute? Das war eine Ankündigung mit Tragweite. Stammte nicht Wing Commander Foster, der Kommandant der Guards und ehemaliger Alphawolf, von dieser Welt? Ohne Pause fuhr der Geschwaderkommandant fort und erklärte, dass ihre Aufgabe die Überstellung zweier hochrangiger Gefangener war, nämlich der ehemaligen Präsident des „Eisernen Bundes“ und den Mandalorianer, der seine Krieger bei Iridonia befehligt hatte. Myra fragte sich, warum man sich für diese beiden Verräter und Kriegsverbrecher überhaupt die Mühe machte, sicherlich hätte man sie auch hier vor ein Schnellgericht stellen und exekutieren können. Vermutlich wollten die Führung des Imperiums an beiden ein Exempel statuieren und sie möglichst öffentlichkeitswirksam verurteilen. Neugierig lehnte sich die schlanke Frau etwas nach vorne, als der Colonel sich an Major Thiuro wandte und die Wolves als Eskorte einteilte. Das war nicht unbedingt eine prestigeträchtige Aufgabe für eine solche Elitestaffel, vielleicht steckten dahinter politische Erwägungen oder man wollte einfach auf Nummer sicher gehen, da es sich um zwei so wichtige Gefangene handelte. Nijaru fuhr fort und aktivierte das holographische Abbild eines Gefangentransporters, der hauptsächlich vom imperialen Justizministerium verwendet wurde. Der AIAT/i war kein sonderlich schönes Schiff, aber solange es seine Aufgabe erfüllte, spielte das keine Rolle.
An dieser Stelle ergriff Major Thiuro das Wort, der dunkelhaarige Offizier schlug vor, dass drei Mitglieder seiner Staffel einen Teil der Besatzung für den Transporter stellen sollten. Drask, Samin, Mitsumo, das waren die Namen, die fielen, und Myra versuchte sie mit ihrem Wissen über die Wolves aus den Holoberichten und den Informationen zuzuordnen. Der Erste war der männliche Chiss, der stellvertretende Kommandant der Wolves, bei der zweiten musste es sich um die weibliche Nichtmenschin handeln, und Mitsumo...sie war die andere Frau. Der Major verwies darauf, dass er nur noch fünf einsatzfähige Maschinen hatte, dann sprach er den drei Piloten sein vollstes Vertrauen aus, sie hätten sich in vergangenen Einsätzen bewährt. Skeptisch wölbte Myra eine Augenbraue. Die Nichtmenschen, vertrauenswürdig? Die Pilotin fragte sich, ob er das wirklich so meinte. Vielleicht hatte man politischen Druck auf ihn ausgeübt, diese beiden Blauhäuter aufzunehmen, damit das Verhältnis zum Chiss-Reich verbessert wurde. In diesem Fall empfand sie fast ein wenig Bedauern für den Major. Colonel Nijaru beendete anschließend das Briefing und erklärte, dass die Operation in drei Standardstunden beginnen würde. Die Anwesenden erhoben sich und Myra warf den abziehenden Wolves einen kurzen Blick zu.
Was nun folgte, war reine Routine. Die Piloten kehrten in ihre Quartiere zurück und bereiteten sich jeder auf seine Weise mental auf die bevorstehende Operation vor, Myra las zu diesem Zweck nochmal einen der Einsatzberichte und verfasste eine kurze Nachricht an ihren Vater. Sie wusste nicht, ob er sich über dieses Lebenszeichen freuen würde, vermutlich würde er es einfach nur zur Kenntnis nehmen. Solange sie bloß lebte, aber keine Erfolge erzielte, war sie für die Familie nicht von Nutzen, und wer nicht von Nutzen war, der verdiente auch keine besondere Anerkennung. Die junge Frau hatte sich an diese Einstellung gewöhnt. Unglücklicherweise ging ihr Kasim weiter auf den Geist und löcherte sie mit Fragen, was sie denn von den Wolves hielt.
„Ich wette, die bekommen eher Nachschub als wir. Wir sind denen da oben einfach nicht wichtig genug.“
Klagte ihre Kameradin, woraufhin Myra geräuschvoll ihr Datenpad auf den Tisch legte, sich umdrehte und die andere Frau kühl ansah, ihre Stimme war kalt.
„Genau, das sind wir nicht. Weil wir noch nicht gut genug sind, und solange wir nicht gut genug sind, wird sich auch unsere Lage nicht bessern. Ich schlage also vor, dass Sie endlich leise sind und sich auf die Mission konzentrieren.“
Ohne eine Reaktion abzuwarten drehte sich Myra wieder um und widmete sich wieder dem Datenpad. Tatsächlich schwieg ihre Kameradin nun und Myra erhielt Gelegenheit, sich etwas zu entspannen. Nachdem die Zeit verstrichen war, wurden die Piloten zum Einsatz beordert, legten ihre schwarze Pilotenkluft an und überprüften deren Zustand. Als sie im Hangar ankamen, sah sie noch, wie die zwei Gefangenen an Bord des Transporters gebracht wurden und wie dieser startete. Myra atmete tief ein, dann setzte sie den Helm auf, unter dem alle Individualität verschwand, dann kletterte sie in ihren wartenden Jäger. Der TIE-Avenger war ein hervorragender Raumüberlegenheitsjäger, schnell, wendig und gut bewaffnet, zudem mit Schilden und Hyperraumantrieb ausgerüstet. Die Meinungen gingen auseinander, ob er dem TIE-Defender gleich kam oder leicht unterlegen war, aber gegen republikanische Modelle konnte er sich sehr gut behaupten. Allzu geräumig war auch dieser Jäger nicht, doch das war kein Problem. Rasch nahm Myra im Cockpit Platz und aktivierte die Kontrollkonsole, Lichter leuchteten auf, als sie die Schiffssysteme anhand einer vorbereiten Checkliste abarbeite. Triebwerk, Schilde, Bewaffnung, Zielerfassung, Steuerung, alles Systeme waren grün.
„Guard 1 an alle, Statusmeldung.“
Erklang die leicht verzerrte Stimme des Staffelführers und nach und nach meldeten die Piloten ihren Zustand. Schließlich war Myra dran.
„Guard 8 hier, alle Systeme grün, bereit für den Start.“
Der Staffelführer bestätigte die emotionslose Meldung und die TIEs wurden in Position für den Startvorgang gebracht. Myra aktivierte die Triebwerke, die den Hangar mit ihrem unverwechselbarem Geräusch erfüllten, der Jäger vibrierte leicht. Als das Startsignal durchgeben wurde, sorgte die Pilotin für Beschleunigung, der TIE wurde schneller, flog geradeaus durch den Hangar und hinaus ins All. Vorsichtig lenkte sie mit dem Steuerknüppel ihren Jäger in eine leichte Kurve nach links, um den Weg frei zu geben, und nachdem sich alle Jäger der Guards im All befanden, formierten sie sich um ihren Staffel- und die Rottenführer. Die Mission konnte beginnen, und die Guards, obwohl dezimiert, würden dabei ihr Bestes geben.
[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring | Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe | Weltall in der Nähe der VEN „Vensenor“ | Tie/ad Guard 8, in Formation mit den übrigen Guards | Pilot Officer Myra Juran