This is Lolli-Fiction!
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"Hey, du Frischhaltefolie! Verschwinde aus meiner Trageschlaufe!" schimpfte die kleine Karstadt-Tüte. "Hab dich nicht so, im Gelben Sack sind alle gleich," gab ein Joghurtbecher zurück. Sie waren zusammen mit vielen anderen Wertstoffsäcken in einen Container geworfen worden und sehr durchgeschüttelt. Erst war die Karstadt-Tüte eingeschnappt, aber dem diplomatisch begabten Joghurtbecher gelang es, sie zu beruhigen. "Erzähl uns doch, was du gemacht hast. Wir sind schon eine Weile hier und hören gern Geschichten von draußen," baten zwei Gummiringe. Das ließ sich die Karstadt-Tüte nicht zweimal sagen. "Ich habe etwas Wunderbares erlebt, das könnt ihr mir glauben! Und zwar kurz bevor ich hier gelandet bin." Die anderen Wertstoffe sperrten ihre Ohren auf und rückten etwas näher. Dann begann die Karstadt-Tüte zu erzählen: "Es war einmal - das ist aber kein Märchen, sondern wirklich passiert - vor wenigen Tagen in einem Karstadt-Kaufhaus in Stuttgart. Zusammen mit meinen Kameraden lag ich in einem Fach rum. Nach und nach wurden wir herausgezogen, und dann war ich an der Reihe. Was genau die Verkäuferin da in mich reingepackt hat, konnte ich nicht sehen, aber ich hab noch schnell den Kassenbon gelesen. Das stand was von Star Wa 9,99 ? drauf, und dann noch was mit Batterien. Die Käuferin hat mich dann weggetragen, mal um die Regale, mal die Rolltreppe runter, mal hier um eine Ecke, mal da. Hat wohl nichts Bestimmtes mehr gesucht. Dann hörte ich zum einzigen Mal in meinem Leben eine Kaufhaus-Durchsage, irgendwas mit PSW. Das hab ich nicht mit dem Kassenbon in Verbindung gebracht, aber die Käuferin ging daraufhin wieder nach unten und raus aus dem Karstadt." Die Tüte machte eine künstlerische Pause, bevor sie fortfuhr. "Draußen war enorm viel los, soweit ich sehen konnte. Auf jeden Fall waren da noch Kollegen von mir, aber außer Rufweite. In einer Menschengruppe ging die Käuferin dann weiter durch viele Straßen." "Woher weißt du, dass es eine Käuferin war?" wollte die Frischhaltefolie wissen. "Frag nicht so doof, ich erkenne doch ein Mädchen, wenn ich eins sehe! Am Ende ging die Menschengruppe in ein Gebäude, kurz nachdem ich für ein paar Momente einem anderen Menschen zärtlich in die Hand gedrückt worden war." Ein irrtümlich in den Gelben Sack geworfener Kronkorken stellte überschwänglich "Eine Liebesgeschichte" fest und quetschte sich näher an die Karstadt-Tüte. "Das auch. Aber jetzt hört zu. In dem Gebäude wurde ich auf einem Parkettboden abgestellt und erst mal ne Weile nicht mehr beachtet. Zu sehen gab es nix, aber zu hören! Leise oder laute Unterhaltungen, leidenschaftlich, freundschaftlich und sehr intensiv. Über was die Menschen sprachen, konnte ich nicht verstehen, weil ein Rucksack auf meinem linke Ohr lag. Aber den Tonfall konnte ich hören und der klang begeistert. Zwischendurch fiel immer wieder ein Lachen oder ein "Jaja" in ein längeres Schweigen. Irgendwann wurde ich dann hervorgeholt und meine Käuferin nahm den Inhalt aus meinem Inneren. Da sah ich, was ich beherbergt hatte, und fiel glatt vom Glauben ab." Die Spannung in dem Gelben Sack hätte nicht größer sein können. "Was denn???" klang es aus allen Richtungen. Die Karstadt-Tüte nahm einen Schluck Wasser, räusperte sich, holte tief Luft und sprach dann weiter: "Ihr werdet es nicht glauben: R2-D2!" Ein Kreischen ging durch den ganzen Sack und die Gummiringe zerrissen fast vor Begeisterung. Wie voller Termiten summte es in dem Behälter, und erst nach einigen Minuten kehrte Ruhe ein. Ungestört fuhr die Karstadt-Tüte fort. "Gebannt schaute ich auf die grazile Schönheit, also R2, und konnte mein Glück kaum fassen. Wenn eine Tüte zu einem Zweck gemacht wird, dann doch wohl, um solche Schätze zu bewahren! Selig döste ich vor mich hin, bis die Käuferin mich wieder um R2-D2 wickelte und uns abstellte. Ich traute mich nicht, ihn anzusprechen, aber allein in seiner Nähe zu sein, dem größten Helden aller Zeiten so nahe zu sein, war die Erfüllung meiner Wünsche." Seufzer erfüllten die leeren Räume in dem Gelben Sack, und alle fühlten mit der Karstadt-Tüte. "Was geschah dann?" fragte der Joghurtbecher. "Nicht mehr viel. Ich erinnere mich an den Aufbruch und an weiteres Gelatsche durch die Straßen, plötzlich war ich dann irgendwo eingeschlossen, dann war wieder Licht und irgendwann wurde R2 mir nochmal entrissen, für einige Momente. Aber dann blieben wir tagelang zusammen in einem lichtlosen Schrank und ich war glücklich. Meine Bestimmung war erfüllt." Der Kronkorken rückte näher an den Joghurtbecher und flüsterte ihm zu: "Da haben wir ja eine Berühmtheit unter uns." Der Joghurtbecher nickte, legte dann der Karstadt-Tüte eine Hand auf den Rücken und meinte:"Deine Geschichte ist wundervoll. Ich bin froh, dich getroffen zu haben." "Ganz meinerseits," antwortete die Karstadt-Tüte und bekam feuchte Augen. "Fast hätte ich das alles für einen Traum gehalten. Aber jetzt - R2-D2 hat mich bewohnt, ich bin gesegnet!" Behandschuhte Hände griffen nach dem Gelben Sack, schlitzten ihn mit einem Messer auf, das auch die Gummiringe und die Karstadt-Tüte erwischte. Der Inhalt des Sacks wurde ausgeleert, die Gruppe Wertstoffe auseinandergerissen und verstreut.
Und die Moral: Reden wir über Star Wars, solange wir noch zusammen sind!
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"Hey, du Frischhaltefolie! Verschwinde aus meiner Trageschlaufe!" schimpfte die kleine Karstadt-Tüte. "Hab dich nicht so, im Gelben Sack sind alle gleich," gab ein Joghurtbecher zurück. Sie waren zusammen mit vielen anderen Wertstoffsäcken in einen Container geworfen worden und sehr durchgeschüttelt. Erst war die Karstadt-Tüte eingeschnappt, aber dem diplomatisch begabten Joghurtbecher gelang es, sie zu beruhigen. "Erzähl uns doch, was du gemacht hast. Wir sind schon eine Weile hier und hören gern Geschichten von draußen," baten zwei Gummiringe. Das ließ sich die Karstadt-Tüte nicht zweimal sagen. "Ich habe etwas Wunderbares erlebt, das könnt ihr mir glauben! Und zwar kurz bevor ich hier gelandet bin." Die anderen Wertstoffe sperrten ihre Ohren auf und rückten etwas näher. Dann begann die Karstadt-Tüte zu erzählen: "Es war einmal - das ist aber kein Märchen, sondern wirklich passiert - vor wenigen Tagen in einem Karstadt-Kaufhaus in Stuttgart. Zusammen mit meinen Kameraden lag ich in einem Fach rum. Nach und nach wurden wir herausgezogen, und dann war ich an der Reihe. Was genau die Verkäuferin da in mich reingepackt hat, konnte ich nicht sehen, aber ich hab noch schnell den Kassenbon gelesen. Das stand was von Star Wa 9,99 ? drauf, und dann noch was mit Batterien. Die Käuferin hat mich dann weggetragen, mal um die Regale, mal die Rolltreppe runter, mal hier um eine Ecke, mal da. Hat wohl nichts Bestimmtes mehr gesucht. Dann hörte ich zum einzigen Mal in meinem Leben eine Kaufhaus-Durchsage, irgendwas mit PSW. Das hab ich nicht mit dem Kassenbon in Verbindung gebracht, aber die Käuferin ging daraufhin wieder nach unten und raus aus dem Karstadt." Die Tüte machte eine künstlerische Pause, bevor sie fortfuhr. "Draußen war enorm viel los, soweit ich sehen konnte. Auf jeden Fall waren da noch Kollegen von mir, aber außer Rufweite. In einer Menschengruppe ging die Käuferin dann weiter durch viele Straßen." "Woher weißt du, dass es eine Käuferin war?" wollte die Frischhaltefolie wissen. "Frag nicht so doof, ich erkenne doch ein Mädchen, wenn ich eins sehe! Am Ende ging die Menschengruppe in ein Gebäude, kurz nachdem ich für ein paar Momente einem anderen Menschen zärtlich in die Hand gedrückt worden war." Ein irrtümlich in den Gelben Sack geworfener Kronkorken stellte überschwänglich "Eine Liebesgeschichte" fest und quetschte sich näher an die Karstadt-Tüte. "Das auch. Aber jetzt hört zu. In dem Gebäude wurde ich auf einem Parkettboden abgestellt und erst mal ne Weile nicht mehr beachtet. Zu sehen gab es nix, aber zu hören! Leise oder laute Unterhaltungen, leidenschaftlich, freundschaftlich und sehr intensiv. Über was die Menschen sprachen, konnte ich nicht verstehen, weil ein Rucksack auf meinem linke Ohr lag. Aber den Tonfall konnte ich hören und der klang begeistert. Zwischendurch fiel immer wieder ein Lachen oder ein "Jaja" in ein längeres Schweigen. Irgendwann wurde ich dann hervorgeholt und meine Käuferin nahm den Inhalt aus meinem Inneren. Da sah ich, was ich beherbergt hatte, und fiel glatt vom Glauben ab." Die Spannung in dem Gelben Sack hätte nicht größer sein können. "Was denn???" klang es aus allen Richtungen. Die Karstadt-Tüte nahm einen Schluck Wasser, räusperte sich, holte tief Luft und sprach dann weiter: "Ihr werdet es nicht glauben: R2-D2!" Ein Kreischen ging durch den ganzen Sack und die Gummiringe zerrissen fast vor Begeisterung. Wie voller Termiten summte es in dem Behälter, und erst nach einigen Minuten kehrte Ruhe ein. Ungestört fuhr die Karstadt-Tüte fort. "Gebannt schaute ich auf die grazile Schönheit, also R2, und konnte mein Glück kaum fassen. Wenn eine Tüte zu einem Zweck gemacht wird, dann doch wohl, um solche Schätze zu bewahren! Selig döste ich vor mich hin, bis die Käuferin mich wieder um R2-D2 wickelte und uns abstellte. Ich traute mich nicht, ihn anzusprechen, aber allein in seiner Nähe zu sein, dem größten Helden aller Zeiten so nahe zu sein, war die Erfüllung meiner Wünsche." Seufzer erfüllten die leeren Räume in dem Gelben Sack, und alle fühlten mit der Karstadt-Tüte. "Was geschah dann?" fragte der Joghurtbecher. "Nicht mehr viel. Ich erinnere mich an den Aufbruch und an weiteres Gelatsche durch die Straßen, plötzlich war ich dann irgendwo eingeschlossen, dann war wieder Licht und irgendwann wurde R2 mir nochmal entrissen, für einige Momente. Aber dann blieben wir tagelang zusammen in einem lichtlosen Schrank und ich war glücklich. Meine Bestimmung war erfüllt." Der Kronkorken rückte näher an den Joghurtbecher und flüsterte ihm zu: "Da haben wir ja eine Berühmtheit unter uns." Der Joghurtbecher nickte, legte dann der Karstadt-Tüte eine Hand auf den Rücken und meinte:"Deine Geschichte ist wundervoll. Ich bin froh, dich getroffen zu haben." "Ganz meinerseits," antwortete die Karstadt-Tüte und bekam feuchte Augen. "Fast hätte ich das alles für einen Traum gehalten. Aber jetzt - R2-D2 hat mich bewohnt, ich bin gesegnet!" Behandschuhte Hände griffen nach dem Gelben Sack, schlitzten ihn mit einem Messer auf, das auch die Gummiringe und die Karstadt-Tüte erwischte. Der Inhalt des Sacks wurde ausgeleert, die Gruppe Wertstoffe auseinandergerissen und verstreut.
Und die Moral: Reden wir über Star Wars, solange wir noch zusammen sind!