[Hyperraum nach Bastion, ISD II Accuser, Brücke]- Nereus, Perioma, Tane, Dalby, Besatzung
Es gab wohl keinen Mann auf der Brücke, keinen Unteroffizier, keinen Offizier und keinen bloßen Mannschaftsdienstgrad, der nicht auf irgendeine Art Notiz von der Ankunft der weißuniformierten Gestalt nahm, deren künstlicher Arm im Licht der Brückenbeleuchtung unnatürlich glänzte. Unter dem Starren der rotglühenden Augen legte Nereus eine perfekte Ehrenbezeichnung hin, noch ehe der Sith zu sprechen begann. Wahrscheinlich erkannte Menari die Furcht, die sich des Vizeadmirals bemächtigt hatte – Furcht vor den Konsequenzen der Flucht zahlreicher Jedi aus einer sicher geglaubten Falle.
Doch er würde angenehm überrascht, sodass Nereus einen Augenblick benötigte, sich zu einer Reaktion durchzuringen.
“Ich... ich danke Ihnen, mein Lord.“ Unwillkürlich hatte er sich bei Menaris Worten gestrafft. “Die Imperiale Flotte wird stets ihr bestes tun, den Feind zu zerschmettern. Wir verschaffen Ihnen und Ihren Ordensbrüdern die nächste Chance, Jedi zu töten. Verlassen Sie sich darauf!“
Dann, mit ihrer Ankunft im Orbit der imperialen Zentralwelt Bastion, welche sie das erste Mal seit langem über das rückeroberte Muunilinst hatten antreten dürfen, verließ Menari die Brücke, um sich von seinem Shuttle zum Ordensgebäude der Sith bringen zu lassen. Nereus indes hatte nunmehr ein neues Ziel, da der Oberkommandierende ihm die bedeutende Ehre hatte angedeihen lassen, die Nachricht vom Sieg an die Ohren der Galaxis zu tragen.
“Bereiten Sie mein Shuttle vor, Captain...“, befahl er dem respektvoll auf Abstand stehenden Perioma. “Ich werde zum Flottenhauptquartier fliegen...“
Perioma nickte knapp.
„Sofort, Sir.“
Federnden Schrittes verließ Nereus die Brücke, doch sein Ziel war noch nicht der Hangar. Vielmehr waren es die Türen der Admiralssuite, welche sich wenige Augenblicke später vor ihm öffneten. Ein imperialer Admiral, der vor die Öffentlichkeit trat, musste makellos wirken – Zeit also für seine so gut wie niemals verwendete Galauniform, welche sich im Grunde nur marginal von den übrigen unterschied. Dennoch, als er diese angelegt hatte, fühlte er sich für seine Aufgabe gewappnet.
Im Hangar wartete wie befohlen seine persönliche Fähre mitsamt einer angetretenen Eskorte aus Sturmtrupplern, die hier über Bastion jedoch lediglich leichte Kampfausrüstung trugen. Das linderte allerdings nicht die Schneidigkeit ihres Salutierens, als sie ihren Admiral begrüßten.
Ohne Umwege brachte die Fähre Nereus zum eindrucksvollen, über Bastions Hauptstadt aufragenden imperialen Komplex und dort auf eine der höher gelegenen Landeflächen, wo er indes aus mysteriösen Gründen bereits erwartet wurde. Kaum war der Vizeadmiral unter die Ehrenreihe Soldaten getreten, begrüßte ihn ein aufrichtig lächelnder Offizier im Range eines Commodore.
„Vizeadmiral Kratas? Ich wurde informiert, dass Sie in Kürze einige Worte an die Öffentlichkeit richten werden... folgen Sie mir.“
Misstrauisch tat Nereus, wie ihm geheißen. Bei dem vor ihm her stolzierenden Offizier handelte es sich zweifellos um einen Angehörigen der Propagandaabteilung, jener Institution also, die dafür zu sorgen hatte, dass Siege zu glorreichen Siegen und Niederlagen zu unbedeutenden Rückschlägen in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wurden. Nereus grinste finster. Dieses Mal konnte er ihnen einen echten Sieg geben...
Der Commodore führte Nereus durch eine Reihe Korridore, bis sie ein regelrechtes Aufnahmestudio erreicht hatten. Zentrum war ein graues Rednerpult, selbstverständlich verziert mit dem imperialen Wappen, welches ebenfalls kunstvoll und ohne aufdringlich zu wirken in die Wand hinter dem Redner graviert worden war. Der gesamte Raum strahlte eine Atmosphäre wohlkalkulierter Würde und Überlegenheit aus, wie sie zum Imperium zweifelsohne gehörte. Rasch winkte der Commodore Nereus zum Pult.
„Man hat mir verraten, dass Sie bei solcherlei Aufgaben keinerlei Assistenz durch einen unserer Redakteure benötigen. Bereit, wenn Sie es sind, Sir.“
Tief durchatmend trat Nereus in das Aufnahmefeld mehrerer Holokameras hinter dem Pult. Nachdem er sich vom korrekten Sitz seiner Ranginsignien sowie deren tadellosen Zustand überzeugt hatte, wappnete der Vizeadmiral sich und nickte dem Commodore und seinen ebenfalls anwesenden Technikern zu. Plötzlich flammten überall rote Lämpchen auf, welche den Aufnahmevorgang signalisierten.
“Bürger des Imperiums, Völker dieser Galaxis!
Heute ist ein Tag, auf den das Imperium noch lange Zeit voller Stolz zurückblicken wird. Heute ist ein Tag, an dem die Rückkehr von Frieden, Ordnung und Stabilität in unser aller Heimat einen gewaltigen Schritt nach vorne getan hat!
Vor wenigen Stunden unternahmen die Streitkräfte der Rebellen einen massiven Angriff auf den unter imperialem Schutz stehenden Planeten Yag’Dhul. Was sie dort suchten, war nicht etwa ein militärisch legitimiertes Ziel, noch irgendein anderes, welches ihren gesetzlosen Aktivitäten zumindest den Anschein einer Rechtfertigung verleihen würde. Nein, worauf es die Rebellen abgesehen hatten, war das Bacta, welches auf Yag’Dhul zwischengelagert wurde. Bacta, welches zu einem beträchtlichen Anteil an die zivilen Kliniken des gesamten Imperiums geliefert werden sollte, um dort die Leiden imperialer Bürger zu lindern oder ihnen gar das Leben zu retten. Bacta, welches auch dazu diente, unsere tapferen Soldaten von Verwundungen zu heilen, welche ihnen der immerwährende Kampf gegen Chaos und Niedergang zugefügt hatte. Mit dieser ruchlosen Tat beabsichtigten die Rebellen, die überlegene imperiale Moral zu Boden zu schmettern, der eisernen Bastion Risse zuzufügen, welche ihren Wellen des Terrorismus nach wie vor standhaft trotzt!
Doch womit die Rebellen niemals gerechnet hätten, war die Entschlossenheit, mit der die Streitkräfte des Imperiums sich weigerten, die Zukunft ihrer Familien, ihrer Freunde der Vernichtung preiszugeben. Zentimeter um Zentimeter trieben unsere Aufopferungsvollen Bodentruppen die Invasoren zurück, während ihre Rebellenflotte im Orbit des Planeten den gerechten Zorn des Imperiums zu spüren bekam, unsere Botschaft, die wir ihnen bereits auf Esseles, Muuninlist und Belgaroth entgegenbrüllten! Die Botschaft, dass kein übelwollender Rebell, kein schlachtender Jedi jemals wieder unbestraft imperiales Territorium betreten würde! Diese Botschaft nahmen die Überlebenden des Feindes mit nach Hause, als sie sich geschlagen zurückzogen und die Jedi um ihres eigenen Überlebenswillen rücksichtslos eigene Soldaten in den Tod gehen ließen, welche sie zuvor unter fadenscheinigen Lügen in den Krieg gezwungen hatten.
Dieser Tag erinnert mich an die Verpflichtungen des Imperiums, nämlich jene zu bestrafen, die friedlebende Völker in Chaos und Anarchie stürzten und dazu missbrauchten, ihre perfiden Eroberungspläne gegen das Imperium in die Tat umzusetzen. Wir werden sie nicht gewähren lassen! Wir werden den Kampf fortsetzen, der sich von heute an in entgegengesetzter Richtung fortsetzen wird! Kein Unterstützer dieser illegitimen Rebellion wird jemals Gnade erfahren dürfen, denn auch der Feind kennt keine Ehre auf dem Schlachtfeld.“
Hatte er sich zuvor fast in Rage geredet, berauscht vom Bewusstsein der gierig auf ihn gerichteten Kameras, so wurde Nereus’ Stimme nun leiser.
“So lasst uns auch, bevor wir nach Vergeltung trachten, derer Gedenken, die auf Yag’Dhul ihr Leben ließen, ob durch einen sauberen Schuss oder das grausame Lichtschwert eines tollwütigen Jedi. Unser Trost sei bei den Familien dieser tapferen Soldaten, die, wenn auch sonst alles verloren ist, zumindest die Gewissheit haben, dass sie nicht vergeblich ihre Söhne, ihre Väter verloren. Das Andenken dieser ehrwürdigen Soldaten gilt es zu achten! Im Schatten dieser Bürde wird es kein Pardon geben für die Horden der Gesetzlosigkeit, die Krankheit, deren einzige Medizin ihre vollkommene Vernichtung ist. Jeder Planet dieser Galaxis möge ein zweites Esseles, ein zweites Yag’Dhul, ein zweites Muuninlist werden! Das ist es, wofür die imperialen Streitkräfte tagtäglich ihre Kräfte bündeln, wofür Soldaten tagtäglich ihr Leben riskieren, getrieben von der Gewissheit des Unvermeidlichen, mit der ich Sie alle beruhigt in die Zukunft schauen lassen möchte: Wir werden siegen!“
Der Vizeadmiral nickte entschlossen, woraufhin die Holokameras erloschen. Der Commodore grinste breit.
„Sehr schön, Vizeadmiral. Wir werden uns hiermit in Kürze in sämtliche Holonetkanäle einschalten, die wir ohne weiteres belegen können – die Galaxis wird wissen, dass das Imperium bereit ist.“
Nereus nickte abwesend. Er fühlte sich berauscht, doch gleichzeitig wie betäubt – vorsichtig schüttelte er den Kopf, ehe er das Studio mit einem Nicken zum Commodore verließ. Seine regulären Pflichten erwarteten ihn.
[Bastion, Flottenhauptquartier, Gang]- Nereus