Marishka
Ravenous
:|: Braxant Sektor :|: Sartinaynian System :|: Bastion :|: Center :|: Zivile-Sicherheitsstation :|: Zellentrakt :|: Marishka & Wachdroide
Stunden waren vergangen. Mehrere. Genug, das draußen, da wo sie eigentlich sein sollte, normaler Weise sein würde, die Sonne sich ihren Weg Richtung Zenit erkämpfte. Doch statt irgendwo zerzaust und mit viel zu wenig Schlaf und einer gehörigen Portion Restalkohol aufzuwachen, saß Marishka seit Stunden hier. Saß fest. Stand unter Verdacht. War gefangen. Gefängnis. Untersuchungshaft. Die schwarzhaarige Bastionerin ertappte sich dabei, wie sie auf ihrer Unterlippe kaute und unterband den Vorgang sofort. Gefangen. Viel mehr beschäftigte sie allerdings das warum und wieso. Mord. Angeblich hatte sie einen Menschen vor einen Speeder gestoßen. Kansi, hatte er geheißen. Irgendein vage bekanntes Gesicht aus ihrem Studiengang. Ihr Studium? Was würde aus dem jetzt werden? Das Problem war... sie hatte ihn gestoßen. Hatte es sogar gewollt. Aber... wenn es nach Plan gegangen wäre, dann wäre er nicht fast drei Meter auf die Straße befördert worden. Aber sie hatte ihn kaum berührt! Es hatte nur ein facher, lass mich verdammt nochmal in Ruhe und such dir eine andere zum angraben Stoß werden sollen. Und nicht einer der sein Leben so brachial und brutal beendete.
Ihr Blick wanderte auf ihre linke Hand. Die, die ihn gestoßen hatte. Und mehr. Sie hatte aufgeschnappt was einige der Passanten und Zeugen miteinander geredet hatten. Die Macht. Marishka lebte nicht unter einem Fels irgendwo in der Wildnis, daher kannte sie durchaus auch die Geschichten. Doch gerade diesen Teil der Erzählungen über Sith und Jedi hatte sie immer als Aberglauben abgetan. Nichts weiter als eine Religion deren Anhänger sich viel zu ernst nahmen. Und doch... Langsam hob sie ihre Linke, drehte sie und starrte in die Handinnenfläche, ehe sie sie zur Faust ballte und hart auf die Kante jener Pritsche hämmerte, auf deren Rand sie gerade saß.
16 Schritte lang, knapp acht breit. Schoss es wie aus der Blastermündung durch ihre Gedanken. Marishka hatte die Zelle schon bestimmt zehn Mal vermessen. Gut. Vermessen klang viel zu professionell. Sie war immer wieder rastlos geworden, aufgesprungen und auf und ab marschiert. Hinter dem Energiefeld das sie gefangen hielt, hatte der Droide der über sie wachte, nicht reagiert. Und nach dem ersten, sehr, sehr kurzen Kontakt mit dem definitiv schmerzhaften Energiefeld, hatte sie den Versuch und das Verlangen mit jemandem da draußen Kontakt aufnehmen zu wollen aufgegeben.
Dieses Mal zuckte der Schmerz weiter ihren Arm hinauf. Vermutlich hätte sie nach dem letzten oder vorletzten Schlag schon aufhören sollen. Murrten ihre Gedanken, während die Finger samt Knöchel dumpf pulsierten. Sie konnte die leichte Schwellung fühlen. Sie hatte versucht die Kraft, oder... was auch immer, wieder herauf zu beschwören. Hatte versucht sie irgendwie zu manifestieren. Aber jedes Mal... Nichts. Keine Reaktion. Keine Anzeichen für irgendetwas. Auch als sie deswegen wütend geworden war, hatte sich nichts geändert. Also hatte sie auch das aufgegeben und war wieder auf und ab getigert. Hin und her. Bohrte mürrische Blicke in den breiten und bedrohlich wirkenden Rücken des Sicherheitsdroiden, die doch wieder aufweichten, weil sie einfach keine Ahnung hatte, was ihr wirklich drohte.
Nur eines war wirklich sicher. Eins konnte sie mit absoluter Sicherheit sagen. Ihr Vater würde hier erscheinen. Ohne jeden Zweifel. Und das schüchterte die junge Frau sogar noch mehr ein, als alle möglichen Folgen ihrer Tat. Oder nicht Tat. Marishkas Gedanken waren ein unsortiertes hin und her aus Schuld und Ablehnung. Sie war nicht verantwortlich für das was sie getan hatte. Unmöglich. Aber sie hatte es doch getan. Ohne jeden Zweifel. Ihre kurze Berührung, angestachelt und angefüllt mit Kraft aus einem so tiefen Reservoir der Ablehnung und der Wut hatte einen ihrer Kommilitonen das Leben gekostet. Sie war eine Mörderin. Nein! Man konnte ihr unmöglich die Schuld daran zu schieben. Oder? Wie konnte sie an etwas die Schuld tragen, das außerhalb ihrer Kontrolle stand? Unmöglich. Außerdem musste es irgendwo jemanden geben, der ihr überhaupt erklären musste, was da passiert war.
Schwungvoll stand sie auf und hatte auch gleich den ersten Schritt hinter sich gebracht, bevor sie sich überhaupt fragen konnte, wieso sie schon wieder so unruhig wurde. Doch der Grund offenbarte sich schnell. Denn hinter dem Energiefeld tat sich etwas. Plötzlich bewegte sich der Droide, entfernte sich. Das konnte nur eines bedeuten, dachte sie und verschränkte die Arme. Weil sie nicht wollte, was da auf sie zu kam. Nicht mit ihm konfrontiert werden wollte. Eine mürrische Note lag in der Geste. Aber auch zum Schutz. Weil ihr sonst keine andere Wahl blieb. Hier konnte sie nicht flüchten. Konnte ihm nicht entkommen. Und das war beinahe schlimmer, als der ganze Rest.
Und dann war da noch jemand. Und noch jemand. Der Droide führte zwei Männer zur Zelle, tippte auf seinem wuchtigen Unterarm herum und ein Drittel des Energiefeldes erstarb um den Blick auf einen der ranghöheren Offiziere der Station freizugeben und das wütende, aber doch noch gefasste Gesicht ihres Vaters. Begann er da gerade zu grinsen? War das Hohn, den sie ihm an den Augen ablesen konnte? Marishkas Unbehagen, begann unter dem stärker werdenden Feuer ihrer Wut langsam dahin zu schmelzen. Noch kaum spürbar. Nur insofern, das sie merkte, das ihr Magen weniger flau war und neuer Fokus ihren Geist durchströmte. Er genoss das. Wie konnte er das hier genießen?
„Ich wusste schon immer, das mit dir etwas nicht stimmt, Marishka.“
Ein Satz den sie so und auf andere Art und Weise schon oft von ihm gehört hatte. Doch jetzt. Hier. Nachdem was geschehen war, trafen sie die Worte auf eine ganze andere Art und Weise. War sie anders? Etwas abnormales? Furcht regte sich in ihr. Wie ein Drache, der in seinem Hort erwacht. Noch nicht vollkommen, doch seine Starre war vorbei. Er witterte Beute. Opfer. Neuen Reichtum. Wie konnte er das hier genießen? So hier auftreten? Sie biss die Zähne aufeinander, schluckte den erstbesten Kommentar der ihr einfiel herunter. Jetzt gerade konnte sie sich eigentlich nicht wieder in solch einen Streit ziehen lassen. Wenn er sie reizen wollte bitte... aber sie würde ihm nicht die Genugtuung geben einzuknicken. „Was ist mit Ma? Was geschieht als nächstes, wie gehen wir vor?“ Es kostete sie Mühe. Kraft. Richtige Anstrengung gefasst zu bleiben. Und für einen Moment glaubte sie ernsthaft Anerkennung im Gesicht ihres Vaters zu erkennen.
Doch als er zu lachen begann... wurde die Furcht in ihrem Magen zu einem harten Knoten. Zog sich zusammen. Was war hier los? Was wurde hier gespielt? War das das unschöne Ende ihres noch nicht einmal richtig begonnenen Lebens?
„Wir? Deine Mutter hat keine Ahnung. Noch nicht, aber ich werde ihr schon beibringen was du verbrochen hast. Aber wenn das geschieht, wirst du schon lange deinem neuen Schicksal anheim gefallen sein. Ich wusste es einfach schon immer... das sie ihre Krallen in dich geschlagen haben. Das du anders bist. Keine von uns.“
Verwirrung zeichnete ihr Gesicht. Was bei allen corellianischen Höllen faselte er da? 'Keine von uns'? Was wurde hier gespielt? Furcht wich Wut. Was dem Drachen in seinem Hort einerlei war. Ein Ziel war ein Ziel. Ob er sich vor diesem nun schützen musste, oder es durch eine präventive Attacke beseitigte... „Was verkrifft faselst du da vor dich hin, alter Mann? Hast du dir den Verstand weggesoffen oder was? Keine von euch? Ich war und bin noch immer ein Teil der Familie?!“ Zischte sie ihn an. Erst als alle Worte aus ihrem Mund gepresst waren, bemerkte Marishka das sie zwei Schritte auf ihn zu getreten war, was den Droiden auf den Plan gerufen hatte, der sich mit erhobener Hand, auch direkt eine Waffe gezogen, in ihre Richtung positionierte.
„Die Gefangene wird zurücktreten! Sicherheitsabstand einhalten, dies ist die letzte Warnung bevor es zum Einsatz lähmender Gewalt kommt!“
Marishka wollte etwas sagen. Wenigstens etwas. Irgendwas! Doch nichts viel ihr ein und als sie das lachende Gesicht ihres Vaters sah, klappte sie, wieder niedergeschlagener, den Mund zu und trat zurück.
„Nein, nein, nein. Du magst zur Familie gehören, aber du bist in Wahrheit eine von ihnen! Und das wird dir jetzt zum Verhängnis, liebste Tochter. Oh ja... und ich werde es mit Freuden beobachten. Wenn sie kommen und dich holen.“ Und dann, leiser, sodass sie es kaum hören konnte, fügte er noch an: „Und dann bin ich endlich frei.“
Wie vom Blitz getroffen und regungslos verwirrt, blickte sie ihn nur mit kraus gezogener Stirn an. Sie würden kommen und sie holen? Hatte er am Ende dafür gesorgt das sie direkt für dieses Nicht-Verbrechen verurteilt werden würde? Hatte er welchen Einfluss auch immer genutzt um sie schneller in eine richtige Haftanstalt verlegen zu lassen? Was geschah hier? Was war mit ihrer Kaution? Gab es überhaupt eine? Verwirrung und Panik kreisten durch ihre Gedanken. Und Wut. Wut auf ihren Vater. Nicht das sie erwartet hätte in dieser Situation gerade von ihm Verständnis entgegengebracht zu bekommen, aber das? Er benahm sich wie ein Verrückter! Sagte Dinge die nicht den geringsten Sinn ergaben. Und... Gerade da sie alles als absolut absurd abtun wollte, kam ihr für einen kurzen Moment der Gedanke... das vielleicht doch die Wahrheit in dem lag, das sie als Geschichten und Aberglauben abgetan hatte. Konnte das sein? Nein. Nein. Das konnte einfach nicht sein. Und wie sollte ER es gewusst haben, aber sie nicht? Hatte es andere Anzeichen gegeben? Welche? War sie wirklich anders? Abnormal?
Nicht wissend was sie empfinden und fühlen sollte, ballten sich Marishkas Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervortraten und ihre Nägel im Handinneren Schmerz verursachten. Noch etwas mehr, nur noch ein kleines bisschen mehr und es würde Blut fließen.
„Es wird nicht mehr lange dauern. Und dann werden sie hier sein. Sie sind dann für dich verantwortlich. Ich bin nur hier um mich zu vergewissern, dass auch alles so kommt. Deine Mutter wird es schon verstehen. Aber wieso sollte sie auch nicht... wer hat dich schon jemals gemocht.“
Wut. Verzweiflung. Verwirrung. Trauer. Entsetzen. Panik. Das war alles zu viel. Stimmen. Erinnerungen erwachten in ihrem Kopf zu donnerndem Leben und sorgten dafür, dass Marishka ihre eigenen Gedanken weder verstehen, noch auch nur ansatzweise sortieren konnte. Chaos. Emotionales, pures Chaos. „Du...“ Zischte sie, durch zusammen gepresste Zähne. Eine Hand erhob sich, anklagend auf ihren Vater zeigend.
„Die Gefangen wird ihr feindseliges Verhalten einstellen, oder es kommt zum Einsatz lähmender Gewalt!“
Und mit diesen Worten versiegten alle Worte. Was konnte sie ihm an den Kopf werfen, das ausdrückte was gerade in ihr vorging? Was er ihr antat? Nein. Er WUSSTE was er ihr antat! Das war das schlimmste. Er wusste es. Wusste genau was kommen würde, weil er selbst es eingeleitet hatte. Wut. Verzweiflung. Hass. Trauer. Furcht. Panik. Entsetzen. Was würde aus ihr werden? Was kam auf sie zu? Wen hatte er informiert? Wer würde sie holen? Was war mit ihrer Mutter? Ihre Mutter würde sie holen? Ihre Mutter würde nicht zulassen was er hier tat! Sie konnte nicht! Durfte nicht!. Aber... ihre Mutter war nicht hier. War nicht mal auf Bastion. Da war nur er! Er! Immer. Nur. Er!
Mit einem Gefühl als würde etwas reißen. Brechen. Bersten. Irgendwo gab etwas nach. Ein Damm. Ein Wall. Eine Mauer, die vorher so massiv gewesen war, das selbst Marishka sie niemals bemerkt hatte. Auch dann nicht, wenn es zuvor immer wieder einmal über sie hinweg ausgebrochen, oder durch einen feinen, feinen Riss ausgetreten war... Die Macht WAR in ihr. Immer. Und jetzt spürte sie, wie eine Woge in ihr aufbegehrte. Finster. Unaufhaltsam. Mächtig. Furchteinflößend. Was war diese Kraft? Was passiert mit ihr? Egal. Rache. Zorn. Hass. Er! Er sollte leiden! Er sollte an ihrer Stelle stehen... er war Schuld!
Und mit diesem Gedanken entlud sich all die angestaute Emotion. Brach erneut aus ihr hervor und schleuderte ihren Vater vom Eingang der Zelle fort. Und kaum das sein Körper wie von Geisterhand in Bewegung geriet, war alle Kraft aus Marishka entwichen. War wie weggefegt. Sie war leer. Entkräftet. Nur das leiseste Flüstern. Der winzigste Rückstand, den man gut und gerne übersehen konnte. Den sie fast übersah... weil da einfach noch immer alles andere war. Verwirrung und Verzweiflung. Entsetzen und Wut. Alles und nichts. Er verdammte sie! Er stieß sie fort. Aus der Familie, weg von allem was sie kannte!
Verwirrt, doch dann zorniger werdend, richtete sich ihr Vater wieder auf. Der Wachdroide hatte offensichtlich keine Ahnung was hier geschehen war. Blickte von ihrem Vater zu Marishka und wieder zurück. Hin und her. Ehe er zu einem offensichtlichen Schluss kam...
„Die Gefangene wird zurück treten. Der Besucher wird zurücktreten. Dieser Besuch ist vorbei. Dies ist die letzte Warnung, oder es wird lähmende Gewalt eingesetzt werden!“
Ihr Vater blickte den Droiden an. Fast schien es als wolle er Einspruch erheben. Doch er riss nur anklagend einen Zeigefinger in die Höhe und ließ sich zu einem letzten Satz verleiten, bevor das Energiefeld der Zelle lautstark summend wieder vollständig zum Leben erwachte.
„Alles was kommt, hast du dir selbst zuzuschreiben, Monster was du bist. Für mich bist du endgültig gestorben. Du warst nie mein Kind! Nie!“
Und dann, war da nur noch die Zelle. Verschwommen und unklar konnte sie erkennen, wie der Droide ihren Vater aus dem Zellenbereich eskortierte. Zwar konnte sie hören das er irgendetwas sagte, doch das dröhnende Brummen des Energiefeldes verzerrte alle Worte. Sie verstand nichts. Und selbst wenn, hätte sie wohl doch nichts gehört. Zu sehr stand sie unter Schock. Rührte sich nicht und starrte nur auf den Boden, kurz hinter dem Energiefeld. Was war hier gerade geschehen? Noch immer rasten Panik und Entsetzen in ihr umher. Aber auch Wut. Er hatte sie aufgegeben. Verstoßen. Warum? Was wusste er? Was konnte er wissen? Stimmten all die Geschichten? War es das? Aber wenn die Geschichten stimmten, welchem Schicksal hatte er sie dann überantwortet, das er sie so sehr verachtete? Was würde mit ihr geschehen?! Verzweiflung übermannte die schwarzhaarige Frau, die dann doch endlich zusammen sackte. Zar begannen ihre Augen schnell sich mit Tränen zu füllen... doch bis das erste Schluchzen über ihre Lippen kam, dauerte es... Und für einen langen Moment, war da nichts anderes. Nur pure Verzweiflung und Angst. Doch noch während sie in sich zusammen gesackt am Boden der Zelle, halb an die Pritsche gelehnt in ihrer Verzweiflung versank, kam das brennen zurück. Die Wut. Der Zorn. Wollte sich nicht geschlagen geben. Nicht einfach hinnehmen was man ihr antat. Doch wie könnte sie sich wehren? Wie?
Und mit einem neuerlichen Schrei, verzerrt vor Verzweiflung, aber allem voran Wut, krachte ihre Hand erneut auf die Kante der Pritsche herab. Dieses Mal jedoch spürte Marishka fast nichts. Auch nicht das die Haut leicht aufplatzte. Das schmerzhafte Pochen ging unter in dem Chaos ihrer Emotionen. Genauso wie sie den leichten Abdruck einer Faust nicht bemerkte, den sie hinterlassen hatte...
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Stunden waren vergangen. Mehrere. Genug, das draußen, da wo sie eigentlich sein sollte, normaler Weise sein würde, die Sonne sich ihren Weg Richtung Zenit erkämpfte. Doch statt irgendwo zerzaust und mit viel zu wenig Schlaf und einer gehörigen Portion Restalkohol aufzuwachen, saß Marishka seit Stunden hier. Saß fest. Stand unter Verdacht. War gefangen. Gefängnis. Untersuchungshaft. Die schwarzhaarige Bastionerin ertappte sich dabei, wie sie auf ihrer Unterlippe kaute und unterband den Vorgang sofort. Gefangen. Viel mehr beschäftigte sie allerdings das warum und wieso. Mord. Angeblich hatte sie einen Menschen vor einen Speeder gestoßen. Kansi, hatte er geheißen. Irgendein vage bekanntes Gesicht aus ihrem Studiengang. Ihr Studium? Was würde aus dem jetzt werden? Das Problem war... sie hatte ihn gestoßen. Hatte es sogar gewollt. Aber... wenn es nach Plan gegangen wäre, dann wäre er nicht fast drei Meter auf die Straße befördert worden. Aber sie hatte ihn kaum berührt! Es hatte nur ein facher, lass mich verdammt nochmal in Ruhe und such dir eine andere zum angraben Stoß werden sollen. Und nicht einer der sein Leben so brachial und brutal beendete.
Ihr Blick wanderte auf ihre linke Hand. Die, die ihn gestoßen hatte. Und mehr. Sie hatte aufgeschnappt was einige der Passanten und Zeugen miteinander geredet hatten. Die Macht. Marishka lebte nicht unter einem Fels irgendwo in der Wildnis, daher kannte sie durchaus auch die Geschichten. Doch gerade diesen Teil der Erzählungen über Sith und Jedi hatte sie immer als Aberglauben abgetan. Nichts weiter als eine Religion deren Anhänger sich viel zu ernst nahmen. Und doch... Langsam hob sie ihre Linke, drehte sie und starrte in die Handinnenfläche, ehe sie sie zur Faust ballte und hart auf die Kante jener Pritsche hämmerte, auf deren Rand sie gerade saß.
16 Schritte lang, knapp acht breit. Schoss es wie aus der Blastermündung durch ihre Gedanken. Marishka hatte die Zelle schon bestimmt zehn Mal vermessen. Gut. Vermessen klang viel zu professionell. Sie war immer wieder rastlos geworden, aufgesprungen und auf und ab marschiert. Hinter dem Energiefeld das sie gefangen hielt, hatte der Droide der über sie wachte, nicht reagiert. Und nach dem ersten, sehr, sehr kurzen Kontakt mit dem definitiv schmerzhaften Energiefeld, hatte sie den Versuch und das Verlangen mit jemandem da draußen Kontakt aufnehmen zu wollen aufgegeben.
Dieses Mal zuckte der Schmerz weiter ihren Arm hinauf. Vermutlich hätte sie nach dem letzten oder vorletzten Schlag schon aufhören sollen. Murrten ihre Gedanken, während die Finger samt Knöchel dumpf pulsierten. Sie konnte die leichte Schwellung fühlen. Sie hatte versucht die Kraft, oder... was auch immer, wieder herauf zu beschwören. Hatte versucht sie irgendwie zu manifestieren. Aber jedes Mal... Nichts. Keine Reaktion. Keine Anzeichen für irgendetwas. Auch als sie deswegen wütend geworden war, hatte sich nichts geändert. Also hatte sie auch das aufgegeben und war wieder auf und ab getigert. Hin und her. Bohrte mürrische Blicke in den breiten und bedrohlich wirkenden Rücken des Sicherheitsdroiden, die doch wieder aufweichten, weil sie einfach keine Ahnung hatte, was ihr wirklich drohte.
Nur eines war wirklich sicher. Eins konnte sie mit absoluter Sicherheit sagen. Ihr Vater würde hier erscheinen. Ohne jeden Zweifel. Und das schüchterte die junge Frau sogar noch mehr ein, als alle möglichen Folgen ihrer Tat. Oder nicht Tat. Marishkas Gedanken waren ein unsortiertes hin und her aus Schuld und Ablehnung. Sie war nicht verantwortlich für das was sie getan hatte. Unmöglich. Aber sie hatte es doch getan. Ohne jeden Zweifel. Ihre kurze Berührung, angestachelt und angefüllt mit Kraft aus einem so tiefen Reservoir der Ablehnung und der Wut hatte einen ihrer Kommilitonen das Leben gekostet. Sie war eine Mörderin. Nein! Man konnte ihr unmöglich die Schuld daran zu schieben. Oder? Wie konnte sie an etwas die Schuld tragen, das außerhalb ihrer Kontrolle stand? Unmöglich. Außerdem musste es irgendwo jemanden geben, der ihr überhaupt erklären musste, was da passiert war.
Schwungvoll stand sie auf und hatte auch gleich den ersten Schritt hinter sich gebracht, bevor sie sich überhaupt fragen konnte, wieso sie schon wieder so unruhig wurde. Doch der Grund offenbarte sich schnell. Denn hinter dem Energiefeld tat sich etwas. Plötzlich bewegte sich der Droide, entfernte sich. Das konnte nur eines bedeuten, dachte sie und verschränkte die Arme. Weil sie nicht wollte, was da auf sie zu kam. Nicht mit ihm konfrontiert werden wollte. Eine mürrische Note lag in der Geste. Aber auch zum Schutz. Weil ihr sonst keine andere Wahl blieb. Hier konnte sie nicht flüchten. Konnte ihm nicht entkommen. Und das war beinahe schlimmer, als der ganze Rest.
Und dann war da noch jemand. Und noch jemand. Der Droide führte zwei Männer zur Zelle, tippte auf seinem wuchtigen Unterarm herum und ein Drittel des Energiefeldes erstarb um den Blick auf einen der ranghöheren Offiziere der Station freizugeben und das wütende, aber doch noch gefasste Gesicht ihres Vaters. Begann er da gerade zu grinsen? War das Hohn, den sie ihm an den Augen ablesen konnte? Marishkas Unbehagen, begann unter dem stärker werdenden Feuer ihrer Wut langsam dahin zu schmelzen. Noch kaum spürbar. Nur insofern, das sie merkte, das ihr Magen weniger flau war und neuer Fokus ihren Geist durchströmte. Er genoss das. Wie konnte er das hier genießen?
„Ich wusste schon immer, das mit dir etwas nicht stimmt, Marishka.“
Ein Satz den sie so und auf andere Art und Weise schon oft von ihm gehört hatte. Doch jetzt. Hier. Nachdem was geschehen war, trafen sie die Worte auf eine ganze andere Art und Weise. War sie anders? Etwas abnormales? Furcht regte sich in ihr. Wie ein Drache, der in seinem Hort erwacht. Noch nicht vollkommen, doch seine Starre war vorbei. Er witterte Beute. Opfer. Neuen Reichtum. Wie konnte er das hier genießen? So hier auftreten? Sie biss die Zähne aufeinander, schluckte den erstbesten Kommentar der ihr einfiel herunter. Jetzt gerade konnte sie sich eigentlich nicht wieder in solch einen Streit ziehen lassen. Wenn er sie reizen wollte bitte... aber sie würde ihm nicht die Genugtuung geben einzuknicken. „Was ist mit Ma? Was geschieht als nächstes, wie gehen wir vor?“ Es kostete sie Mühe. Kraft. Richtige Anstrengung gefasst zu bleiben. Und für einen Moment glaubte sie ernsthaft Anerkennung im Gesicht ihres Vaters zu erkennen.
Doch als er zu lachen begann... wurde die Furcht in ihrem Magen zu einem harten Knoten. Zog sich zusammen. Was war hier los? Was wurde hier gespielt? War das das unschöne Ende ihres noch nicht einmal richtig begonnenen Lebens?
„Wir? Deine Mutter hat keine Ahnung. Noch nicht, aber ich werde ihr schon beibringen was du verbrochen hast. Aber wenn das geschieht, wirst du schon lange deinem neuen Schicksal anheim gefallen sein. Ich wusste es einfach schon immer... das sie ihre Krallen in dich geschlagen haben. Das du anders bist. Keine von uns.“
Verwirrung zeichnete ihr Gesicht. Was bei allen corellianischen Höllen faselte er da? 'Keine von uns'? Was wurde hier gespielt? Furcht wich Wut. Was dem Drachen in seinem Hort einerlei war. Ein Ziel war ein Ziel. Ob er sich vor diesem nun schützen musste, oder es durch eine präventive Attacke beseitigte... „Was verkrifft faselst du da vor dich hin, alter Mann? Hast du dir den Verstand weggesoffen oder was? Keine von euch? Ich war und bin noch immer ein Teil der Familie?!“ Zischte sie ihn an. Erst als alle Worte aus ihrem Mund gepresst waren, bemerkte Marishka das sie zwei Schritte auf ihn zu getreten war, was den Droiden auf den Plan gerufen hatte, der sich mit erhobener Hand, auch direkt eine Waffe gezogen, in ihre Richtung positionierte.
„Die Gefangene wird zurücktreten! Sicherheitsabstand einhalten, dies ist die letzte Warnung bevor es zum Einsatz lähmender Gewalt kommt!“
Marishka wollte etwas sagen. Wenigstens etwas. Irgendwas! Doch nichts viel ihr ein und als sie das lachende Gesicht ihres Vaters sah, klappte sie, wieder niedergeschlagener, den Mund zu und trat zurück.
„Nein, nein, nein. Du magst zur Familie gehören, aber du bist in Wahrheit eine von ihnen! Und das wird dir jetzt zum Verhängnis, liebste Tochter. Oh ja... und ich werde es mit Freuden beobachten. Wenn sie kommen und dich holen.“ Und dann, leiser, sodass sie es kaum hören konnte, fügte er noch an: „Und dann bin ich endlich frei.“
Wie vom Blitz getroffen und regungslos verwirrt, blickte sie ihn nur mit kraus gezogener Stirn an. Sie würden kommen und sie holen? Hatte er am Ende dafür gesorgt das sie direkt für dieses Nicht-Verbrechen verurteilt werden würde? Hatte er welchen Einfluss auch immer genutzt um sie schneller in eine richtige Haftanstalt verlegen zu lassen? Was geschah hier? Was war mit ihrer Kaution? Gab es überhaupt eine? Verwirrung und Panik kreisten durch ihre Gedanken. Und Wut. Wut auf ihren Vater. Nicht das sie erwartet hätte in dieser Situation gerade von ihm Verständnis entgegengebracht zu bekommen, aber das? Er benahm sich wie ein Verrückter! Sagte Dinge die nicht den geringsten Sinn ergaben. Und... Gerade da sie alles als absolut absurd abtun wollte, kam ihr für einen kurzen Moment der Gedanke... das vielleicht doch die Wahrheit in dem lag, das sie als Geschichten und Aberglauben abgetan hatte. Konnte das sein? Nein. Nein. Das konnte einfach nicht sein. Und wie sollte ER es gewusst haben, aber sie nicht? Hatte es andere Anzeichen gegeben? Welche? War sie wirklich anders? Abnormal?
Nicht wissend was sie empfinden und fühlen sollte, ballten sich Marishkas Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervortraten und ihre Nägel im Handinneren Schmerz verursachten. Noch etwas mehr, nur noch ein kleines bisschen mehr und es würde Blut fließen.
„Es wird nicht mehr lange dauern. Und dann werden sie hier sein. Sie sind dann für dich verantwortlich. Ich bin nur hier um mich zu vergewissern, dass auch alles so kommt. Deine Mutter wird es schon verstehen. Aber wieso sollte sie auch nicht... wer hat dich schon jemals gemocht.“
Wut. Verzweiflung. Verwirrung. Trauer. Entsetzen. Panik. Das war alles zu viel. Stimmen. Erinnerungen erwachten in ihrem Kopf zu donnerndem Leben und sorgten dafür, dass Marishka ihre eigenen Gedanken weder verstehen, noch auch nur ansatzweise sortieren konnte. Chaos. Emotionales, pures Chaos. „Du...“ Zischte sie, durch zusammen gepresste Zähne. Eine Hand erhob sich, anklagend auf ihren Vater zeigend.
„Die Gefangen wird ihr feindseliges Verhalten einstellen, oder es kommt zum Einsatz lähmender Gewalt!“
Und mit diesen Worten versiegten alle Worte. Was konnte sie ihm an den Kopf werfen, das ausdrückte was gerade in ihr vorging? Was er ihr antat? Nein. Er WUSSTE was er ihr antat! Das war das schlimmste. Er wusste es. Wusste genau was kommen würde, weil er selbst es eingeleitet hatte. Wut. Verzweiflung. Hass. Trauer. Furcht. Panik. Entsetzen. Was würde aus ihr werden? Was kam auf sie zu? Wen hatte er informiert? Wer würde sie holen? Was war mit ihrer Mutter? Ihre Mutter würde sie holen? Ihre Mutter würde nicht zulassen was er hier tat! Sie konnte nicht! Durfte nicht!. Aber... ihre Mutter war nicht hier. War nicht mal auf Bastion. Da war nur er! Er! Immer. Nur. Er!
Mit einem Gefühl als würde etwas reißen. Brechen. Bersten. Irgendwo gab etwas nach. Ein Damm. Ein Wall. Eine Mauer, die vorher so massiv gewesen war, das selbst Marishka sie niemals bemerkt hatte. Auch dann nicht, wenn es zuvor immer wieder einmal über sie hinweg ausgebrochen, oder durch einen feinen, feinen Riss ausgetreten war... Die Macht WAR in ihr. Immer. Und jetzt spürte sie, wie eine Woge in ihr aufbegehrte. Finster. Unaufhaltsam. Mächtig. Furchteinflößend. Was war diese Kraft? Was passiert mit ihr? Egal. Rache. Zorn. Hass. Er! Er sollte leiden! Er sollte an ihrer Stelle stehen... er war Schuld!
Und mit diesem Gedanken entlud sich all die angestaute Emotion. Brach erneut aus ihr hervor und schleuderte ihren Vater vom Eingang der Zelle fort. Und kaum das sein Körper wie von Geisterhand in Bewegung geriet, war alle Kraft aus Marishka entwichen. War wie weggefegt. Sie war leer. Entkräftet. Nur das leiseste Flüstern. Der winzigste Rückstand, den man gut und gerne übersehen konnte. Den sie fast übersah... weil da einfach noch immer alles andere war. Verwirrung und Verzweiflung. Entsetzen und Wut. Alles und nichts. Er verdammte sie! Er stieß sie fort. Aus der Familie, weg von allem was sie kannte!
Verwirrt, doch dann zorniger werdend, richtete sich ihr Vater wieder auf. Der Wachdroide hatte offensichtlich keine Ahnung was hier geschehen war. Blickte von ihrem Vater zu Marishka und wieder zurück. Hin und her. Ehe er zu einem offensichtlichen Schluss kam...
„Die Gefangene wird zurück treten. Der Besucher wird zurücktreten. Dieser Besuch ist vorbei. Dies ist die letzte Warnung, oder es wird lähmende Gewalt eingesetzt werden!“
Ihr Vater blickte den Droiden an. Fast schien es als wolle er Einspruch erheben. Doch er riss nur anklagend einen Zeigefinger in die Höhe und ließ sich zu einem letzten Satz verleiten, bevor das Energiefeld der Zelle lautstark summend wieder vollständig zum Leben erwachte.
„Alles was kommt, hast du dir selbst zuzuschreiben, Monster was du bist. Für mich bist du endgültig gestorben. Du warst nie mein Kind! Nie!“
Und dann, war da nur noch die Zelle. Verschwommen und unklar konnte sie erkennen, wie der Droide ihren Vater aus dem Zellenbereich eskortierte. Zwar konnte sie hören das er irgendetwas sagte, doch das dröhnende Brummen des Energiefeldes verzerrte alle Worte. Sie verstand nichts. Und selbst wenn, hätte sie wohl doch nichts gehört. Zu sehr stand sie unter Schock. Rührte sich nicht und starrte nur auf den Boden, kurz hinter dem Energiefeld. Was war hier gerade geschehen? Noch immer rasten Panik und Entsetzen in ihr umher. Aber auch Wut. Er hatte sie aufgegeben. Verstoßen. Warum? Was wusste er? Was konnte er wissen? Stimmten all die Geschichten? War es das? Aber wenn die Geschichten stimmten, welchem Schicksal hatte er sie dann überantwortet, das er sie so sehr verachtete? Was würde mit ihr geschehen?! Verzweiflung übermannte die schwarzhaarige Frau, die dann doch endlich zusammen sackte. Zar begannen ihre Augen schnell sich mit Tränen zu füllen... doch bis das erste Schluchzen über ihre Lippen kam, dauerte es... Und für einen langen Moment, war da nichts anderes. Nur pure Verzweiflung und Angst. Doch noch während sie in sich zusammen gesackt am Boden der Zelle, halb an die Pritsche gelehnt in ihrer Verzweiflung versank, kam das brennen zurück. Die Wut. Der Zorn. Wollte sich nicht geschlagen geben. Nicht einfach hinnehmen was man ihr antat. Doch wie könnte sie sich wehren? Wie?
Und mit einem neuerlichen Schrei, verzerrt vor Verzweiflung, aber allem voran Wut, krachte ihre Hand erneut auf die Kante der Pritsche herab. Dieses Mal jedoch spürte Marishka fast nichts. Auch nicht das die Haut leicht aufplatzte. Das schmerzhafte Pochen ging unter in dem Chaos ihrer Emotionen. Genauso wie sie den leichten Abdruck einer Faust nicht bemerkte, den sie hinterlassen hatte...
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