- Cloud City - Landeplattform - Queen Of Blades - Akemis Quartier -
Das einzige, was sich in der Weite des Universums in keinem Belangen nach der Zeit richtet, ist die Zeit selbst. Still folgt sie ihrer eigenen Philosophie und nichts, ob menschlich oder überirdisch, kann sie dazu veranlassen, ihre Reise zu unterbrechen.
In jenen Stunden war Akemi dankbar für eben diese Tatsache, denn je weiter die Zeit voran schritt, desto mehr entfernte sie sich von jenen Geschehnissen, die sie in einen melancholischen Schwebezustand versetzt hatten, der sie glauben machte, die Galaxis stünde kurz vor dem Untergang. Akemi schlief, sie wachte, sie schilef, sie wachte. Sie umkreiste ihr Bett in Gedanken, sie umkreiste ihr Bett in leibhaftiger Realität. Sie schlief, sie wachte. Sie dachte. Aber jeder einzelne Gedanke schmerzte in ihrem Herzen, so als habe sie eine tiefe Wunde erlitten. Vorsichtig tastete sie über ihre Brust, doch die war kalt und glatt und ihre Finger waren nicht in Blut getränkt, als sie sie zurück zog. Während sie immer wieder kurz geschlafen hatte, hatte sie viel geträumt. Wirre Dinge, einige die ihr klar erschienen. Und mit jedem neuen Traum und war er noch so undurchsichtig gewesen, hatte sie ein Stück mehr begonnen zu akzeptieren, was zwischen Nathaniel und ihr gewesen war und was davon nur noch sein würde. Die Traurigkeit aber blieb.
In einem ihrer Träume war sie mit ihm an einem Strand entlang sparzieren gewesen. Riesige Wellen hatten sich in ihren Rücken erhoben und auf dem Wasser gebrochen. Manchmal sogar hatten sie geglaubt, von ihnen fortgespült zu werden. Trotzdem war es am Ende immer gut gegangen.
Ein anderes Mal hatten sie einen ganzen Abend lang getanzt. Akemi hatte ein schwarzes Kleid mit einem weiten Rock getragen und ihre Haut war so weiß gewesen, dass sie wie eine Prozellanpuppe ausgesehen hatte. Aber Nathaniel hatte ihr ins Ohr geflüstert, wie lieblich sie war.
Dann hatten sie sich gestritten, über irgendetwas, das für den Traum nicht wichtig war. Sie hatten beiden geschrien, beide geweint und am Ende war Nathaniel fort gelaufen und Akemi hatte sich auf den Boden gelegt und die Augen geschlossen.
Sie hatten gepicknickt und in kniehohem Gras auf einer rotkarierten Decke gesessen. Um sie herum waren Blumen gewesen, nichts als Blumen. Sie hatten Eis gegessen, aus einer großen Kühlbox und Akemi hatte es in der Mitte für sie geteilt, damit es gerecht war und jeder eine gleich große Hälfte bekam.
Aus diesem letzten Traum war Akemi schweißnass aufgewacht, aber es war kalter Schweiß und sie fühlte sich eklig unter der schweren Bettdecke, während sie gleichzeitig fror und schwitzte. Sie schob die Decke bei Seite und setzte sich auf. Hatte sie das gerade wirklich geträumt? Das konnte doch kein Zufall sein. Sie schluckte, rieb sich das Gesicht und band ihre Haare im Nacken zusammen. Sie war mit Cris picknicken gewesen, kurz bevor er damals Naboo verlassen hatte... da hatten sie sich erst wenige Tage gekannt. Es war in einem Blumenpark gewesen, sie hatten auf einer Decke gesessen... und Eis gegessen. Es war fast genauso gewesen wie in ihrem Traum, doch dort war es Nathaniel gewesen. Verdammt, der Mistkerl hatte ein komplettes Chaos in ihrem Kopf hinterlassen! Schnaubend stand Akemi auf, griff spontan nach ihrem Kopfkissen und warf es mit aller Kraft gegen die Wand! Nein, sie fühlte sich kein bisschen besser. Aber eines war klar: dass sie jetzt so verwirrt war und unsinnige Sachen träumte, war allein Nathaniels Schuld. Er hatte ihr einreden wollen, dass sie Gefühle für Cris hatte. Zum ersten Mal gelang es Akemi, diesen Gedanken ohne Umschweife zu denken und zu ihrer eigenen Verwunderung tat es nicht einmal weh. Dennoch, es war Unfug, das wusste sie schließlich. Was sie nicht wusste war, warum Nathaniel auf dieser Schiene gefahren war. Hatte er den wahren Grund, der ihn dazu bewog, ihre Beziehung noch bevor sie begonnen hatte zu beenden, verschweigen wollen? Akemi nickte stumm vor sich hin. Ja, so musste es sein. Genau das war es. Was sonst? Sie versuchte mit dieser Erklärung zufrieden zu sein, doch es zermürbte sie noch immer. Und zu allem Überfluss stand sie auch noch nackt, verschwitzt und frierend mitten ihrem Zimmer herum! Es war zum verrückt werden! Sie suchte irgendetwas, was sie zerschlagen oder sonstwie zerstören konnte, doch als ihr Blick auf das Kissen fiel, das traurig in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes lag, erinnerte sie sich daran, dass dies zu nichts führte und gab seufzend auf. Vielleicht sollte sie es lieber mit einer heißen Dusche versuchen, um sich selbst wieder zum Leben zu erwecken und den Rausch der Gefühle abzuwaschen. Wenig später stand Akemi unter einem lauwarmen Wasserstrahl, das Gesicht nach oben gerichtet und genoss das reinigende Gefühl. Gleichzeitig zogen wohlduftende Gerüche mit dem Wasserdampf nach oben. Das Waschgel hatte Akemi in der Duschkabine gefunden, es stammte wohl noch aus Mad'Ines Zeiten und viel war in der Flasche auch nicht mehr drin, aber immerhin roch es gut. Anschließend wickelte sie sich in ihren Bademantel, platzierte ein Handtuch, zu einem riesigen Turban aufgeschlungen, auf ihrem Kopf und kehrte in den Schlafraum zurück, um die Bettdecke auszuschlagen und in ihrem Gepäck nach Süßigkeiten zu suchen. Sie brauchte irgendetwas, das ihre Seele tröstete. Dass Schokolade dafür noch immer geeignet war, wusste doch jeder. Genau genommen war ihr Zimmer schon vorher ein Schlachtfeld gewesen und es war kaum möglich erschienen es noch mehr zu verwüsten, doch nachdem Akemi ihre Taschen und Koffer geplündert hatte und diese nun vollständig leer waren, sah man kaum noch etwas anderes außer Kleidern, Hosen, Röcken und Mänteln. Genüsslich lutschte sie an einem Schokoriegel, den sie irgendwo aufgetan hatte und machte es sich wieder auf ihrem Bett bequem. In der anderen Hand hielt sie ein kleines Paket, irgendetwas, das in buntes Papier gewickelt und mit einer Schleife zugeschnürt war. Akemi hatte es in einer Seitentasche ihres Koffers gefunden und obwohl sie es sehr lange Zeit vergessen und überhaupt nicht mehr daran gedacht hatte, wusste sie sofort wieder, was es war - oder besser gesagt, von wem es war. Damals, auf Naboo, als sie noch eine erfolgreiche Schauspielerin gewesen war und Cris noch längst nicht gekannt hatte, war sie öfter auf Partys von Freunden und Bekannten gewesen. Auf diesen Treffen war es üblich gewesen, dass die Gäste Geschenke und andere kleine Nettigkeiten erhielten. Dieses Paket, das Akemi nun in den Händen hielt, war von Farlone. Sie hatte es damals bekommen, aber irgendwie nie geöffnet, irgendwo hin gelegt und dann nicht mehr daran gedacht. Aber jetzt hatte sie es wieder und konnte es mehr gebrauchen denn je. Vorsichtig zog Akemi die Schleife auf. Es war ein reiner Mädelsabend gewesen, damals auf Naboo. Sie hatten winzige Diät-Kuchen gegessen, Quellwasser getrunken, herzzerreißende Liebeslieder gehört, einen kitschigen Liebesfilm gesehen und sich alle miteinander die Augen ausgeheult. Am Ende hatte Farlone jeder ihrer Freundinnen das Paket überreicht mit den Worten. "Ich könnte ja gar nicht ohne einen Kerl an meiner Seite und mich hat auch noch nie einer sitzen gelassen, aber trotzdem sollte eine Frau gerüstet sein und immer ihr Notfallpaket bei sich tragen."
Achtlos hatte Akemi den Schokoriegel neben sich aufs Bett gelegt, neugierig auf den Inhalt des Pakets. Sie riss das Papier auseinander und eine kleine Pappschachtel kam zum Vorschein, deren Deckel sie problemlos öffnen konnte. Der Inhalt war bunt gestreut und tatsächlich glitt ein flüchtiges Lächeln über Akemis Gesicht. Farlone hatte immer behauptet, noch nie Liebeskummer gehabt zu haben, trotzdem hatte sie den richtigen Riecher gehabt, was man in einer solchen Situation am nötigsten brauchte. Oder vielleicht war dies alles ja auch einfach nur ein Klischee. "Seid mutig, Mädels." stand in gerader Handschrift auf einem nach Rosenblättern dufteten Zettel.
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