[Corellia, Hauptquartier des Geheimdienstes, Gang]- Cris
Im Nachhinein musste Cris wohl froh sein, dass die Intervention der Jedi sowie ihres Schülers ihm weitere unangenehme Fragen bezüglich der Vorfälle auf Esseles erspart hatte. Dennoch beunruhigte auch ihn das offensichtliche Ausmaß des imperialen Komplotts ebenso wie die Effektivität, mit der die republikanischen Einheiten in die Falle und somit ins Verderben gelockt wurden waren. Auch wenn er es für weiser hielt, dies vor Majere nicht zu erwähnen- fast befürchtete der Lieutenant, die Mission, von der Majere, die Jedi und Lieutenant Souls gesprochen hatten, würde ebenfalls ein Schlag ins Wasser werden, womöglich mit verheerenden Folgen, wenngleich die momentane Situation des Geheimdienstes kaum eine schlimmere sein konnte. Und dann waren da auch noch Tsu, sein virtuell-verzerrtes Spiegelbild Nemesis und der jedweder Willkür schutzlos ausgelieferte Planet Duros... dort, bei den unschuldigen Leben, die es vor dem Zorn einer verderbten Kreation des Imperialen Geheimdienstes zu schützen galt, sollte eigentlich Cris’ Sorgen liegen. Stattdessen hatte er dem wiedererstarkten Imperium gestattet, Zweifel in ihm zu säen. Und Zweifel, das wusste er, erwiesen sich nur zu oft als tödlich...
Das schrille Piepsen seines Comlinks war es schließlich, was endgültig festlegte, worauf der ehemalige Sturmtruppler sich zu konzentrieren hatte. Ihm blieben knapp zehn Stunden, Akemi zu finden, sich zu vergewissern, dass ihr kleiner Bummel im Herzen Coronets ihr geholfen hatte, und sich auf eine Mission möglicherweise ungeahnter Tragweite vorzubereiten.
Cris’ zögerliche Schrittfolge kam schließlich mitten im Gang vollends zum Erliegen, als ihm einfiel, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, wo genau Akemi sich in Coronet befinden würde. Die Stadt bot, fast wie Coruscant, Aberdutzende Gelegenheiten, Geld auszugeben, zu verprassen, zu investieren- und Akemi war, bedingt durch ihre Vergangenheit, wahrscheinlich vertraut mit dieser Welt der Reichen, der Schönen und der Geschäftsleute. Cris war es nicht.
Nachdenklich starrte er auf das in seiner Hand liegende Comlink, von dessen kleinem Bildschirm er soeben noch Tsus Nachricht abgelesen hatte. Natürlich, es war ein Weg, Akemi zu kontaktieren... doch wie würde sie sich dabei fühlen, aus heiterem Himmel von einer gänzlich unpersönlichen Nachricht ins Hauptquartier zurückbeordert zu werden? Die Vorschriften mochten diese Vorgehensweise festlegen- auf diese Weise hatte Colonel Tsu Cris kontaktiert, also war dieser in der Pflicht, ähnlich mit seinen „Untergebenen“ zu verfahren. Einziges Faktum, welches diese kühle Logik störte, war, dass er Akemi noch immer nicht als Untergebene ansah- und es wahrscheinlich niemals tun würde, was ihn, unter Umständen, eines Tages in Schwierigkeiten bringen würde. Doch heute nicht. Immerhin hatte er noch elf Stunden...
Seufzend schlug der Lieutenant eine andere Richtung ein, verließ gleichsam die Ebene der Administrationseinrichtungen, Büros und Quartiere, um sich einem weitaus empfindlicheren Bereich des Hauptquartiers zu näheren- dem Überwachungszentrum. Der Geheimdienst wäre nicht der Geheimdienst, hätte er nicht zumindest hier, im Herzen der Republik, Gerätschaften installiert- manchmal vorbei an jedweder demokratischer Legitimation -, die seine Agenten über jeden einzelnen Aspekt des öffentlichen Lebens in der Hauptstadt informierten. Ein unwichtigerer Teil, und somit zugänglich auch für relativ rangniedrige Offiziere wie Cris, war die Verbindung des Geheimdienstes zum Überwachungskameranetz der Polizei Coronets.
Einhellige Meinung war, dass es sich bei der Überwachung und Auswertung dieses Materials um einen lausigen Job handelte- er war monoton, zeitaufwendig und zog bei etwaigen Fehlern fatale Folgen für den Verantwortlichen nach sich, sollte seine Aufmerksamkeit unter diesen Negativfaktoren gelitten haben. Natürlich wussten die zuständigen Agenten all dies, weswegen sich der Wortschatz des Diensthabenden, der Cris zu einer Reihe Monitore in einem lichtlosen, nach verbrauchter Elektronik riechenden Raum führte, auf das Notwendigste beschränkte.
Etwas beklommen rief Cris aus dem gewaltigen Erinnerungsspeicher der Aufzeichnungskopien jene Bilder auf, die er voraussichtlich benötigen würde. Er fühlte sich nicht wohl dabei, Akemi gewissermaßen zu bespitzeln und so ihr vertrauen zu missbrauchen, doch es erschien ihm nach seinen vorhergehenden Überlegungen der einzig logische Weg, fortzufahren.
Schnell wurde er fündig. Die junge Agentin hatte den Komplex durch einen der üblichen Ausgänge verlassen und es war einfach, ihrem hell leuchtenden Haar durch die Menge zu folgen, obschon sie in selbiger ansonsten vollkommen zu verschwinden schien. Cris ignorierte die hochgezogenen Augenbrauen und beobachtete, wie Akemi- dem Zeitindex nach eine Stunde zuvor –ein öffentliches Kommunikationszentrum betrat.
„Wir hätten auch im Inneren des Gebäudes eine Kamera, Lieutenant...“, warf der Agent neben Cris leicht ätzend ein. Er erhielt lediglich einen steinernen Blick als Antwort. Was auch immer Akemi in diesem Gebäude getan hatte, blieb ihre Sache- auch wenn es nicht viele Möglichkeiten gab und diese wenigen eine leichte Traurigkeit im ehemaligen Sturmtruppler heraufbeschworen, eine Gemütsregung jedoch, auf die er sich nicht einzugehen gestattete. Stattdessen folgte er Akemis Weg weiter, bis dieser die junge Schauspielerin schließlich zu einer Art Café an einer belebten Flaniermeile der Stadt führte, wo die archivierten Bilder vom Computer automatisch durch eine Echtzeitübertragung ersetzt wurden. Cris mochte einiges an Zeit verschwendet haben, doch er wusste nun zumindest, wo er seinen Schützling finden würde. Somit hielt ihn nichts weiter an diesem klaustrophobische Zwänge erweckenden Ort.
„Immer wieder gerne, Sir...“, murrte der diensthabende Agent ihm noch hinterher, dann hatte Cris diesen Hort der Bespitzelung hinter sich gelassen, zwar seines Zieles gewiss, doch sich mitnichten gut fühlend. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, Akemi mithilfe der tausend Augen des Geheimdienstes nachzustellen. Sie war es gewesen, die alleine aufgebrochen war und so einen Schildwall um ihre Privatsphäre errichtet hatte, in die Cris zuvor recht wüst eingedrungen war, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein.
Während er in einen der bereitgestellten Gleiter im Fuhrpark des Hauptquartiers stieg, wurde ihm diese Tatsache schlagartig bewusst. Vielleicht war das der Grund, warum er das Schwebefahrzeug ausgesprochen langsam durch den Verkehr der Hauptstadt lenkte, sich dennoch unaufhaltsam seinem Ziel nähernd...
[Corellia, Coronet, Gleiter]- Cris