Ich habe hier auch zwei Leute beim Namen genannt, die ich für eine Zierde ihres Berufs halte, die ihren Kopf zu benutzen imstande sind und in einer würdigen Art und Weise mit dieser Pandemie umzugehen wissen. Und ganz ehrlich: Schneider und Böhmermann SIND eine Ausnahme in der deutschen Medienlandschaft. Oliver Kalkofe möchte ich hier ebenfalls lobend erwähnen, aber der hat zu DIESEM Thema bislang noch nix beitragen können.
Ich halte eine Differenzierung der Berufsgruppen innerhalb der Medienlandschaft für erforderlich.
Die drei von Dir genannten mögen auch mal in Filmen oder Serien mitspielen, aber zentral sind sie Komiker / Satiriker / Kabarettisten / schwer definierbare Unikate (Schneider). Bei ihnen gehört es zur Berufsdefinition, dass sie sich zum einen mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen, zum anderen, dass sie ihre eigenen Autoren sind bzw. zumindest im Entstehungsprozess so involviert sind, dass am Ende ihre eigene Meinung zum Ausdruck kommt. Von ihnen kann man dementsprechend zum einen eine Positionierung, zum anderen aber auch eine entsprechende eigenständige künstlerische Aufbereitung tatsächlich
erwarten.
Schauspieler*innen dagegen stellen per Berufsdefinition Personen nach einem Skript dar, die oft überhaupt nichts mit ihnen selbst zu tun haben. (Natürlich gibt es auch welche, die darüber hinausgehen, auch Autoren, Regisseure usw. sind, aber bleiben wir der Einfachheit halber mal bei der "reinen Lehre".) Sie können sich natürlich
als Mensch ebenfalls positionieren (und manch eine/r hat das auch getan, und zwar nicht jammernderweise im Eigeninteresse, sondern für den Schutz von Schwachen, zur Unterstützung von Pflege- und Medizinpersonal, um auf die Situation von Geflüchteten aufmerksam zu machen etc.), das ist aber nicht etwas, das man erwarten kann oder gar ein Muss. Und man kann dann zwar mit der geäußerten Meinung übereinstimmen oder auch nicht, an die
Form ist allerdings genausowenig ein künstlerischer Anspruch zu stellen, wie wenn sich eine Sportlerin, ein Mathelehrer oder Lieschen Müller äußert. Möglicherweise war es genau einer der entscheidenden Fehler bei der allesdichtmachen-Aktion, dass man sich diesbezüglich in Grenzgängerei versucht hat...
Aber jedenfalls, wenn Du Schneider, Böhmermann und Kalkofe nennst, dann stelle diesen bitte nicht Liefers, Makatsch, M'Barek oder Tschirner (die beide allesdichtmachen kritisiert haben) und auch nicht Matthes (sagt den meisten wahrscheinlich erstmal nix, nein, nicht Eva

, gleich mehr zu ihm) gegenüber, sonden z. B. Welke, Ehring, von Wagner, Uthoff, Sieber, Mann (die ich alle für weitere sehr gute Beispiele halte) und (um noch ein eher suboptimales Beispiel zu nennen

) die Nuhr-Truppe.
Es wird sicherlich auch irgendwann die Zeit kommen, in der die Pandemie mit allem, was damit zusammenhängt, in einer Art und Weise aufgearbeitet wird, dass auch Schauspieler*innen ihre Fähigkeiten und Stärken nutzen können, um ihren professionellen Beitrag zu leisten, aber dafür ist es im Moment noch viel zu früh. (Und das mag dann eine Spanne umfassen vom knalligen RTL-Eventmehrteiler

bis hin zum sensiblen Arthouse-Drama über eine Familie in prekären Verhältnissen, deren Leben durch das Virus noch viel schwieriger wird.)
Um nun nochmal wie angekündigt auf Ulrich Matthes zurückzukommen, er ist Präsident der Deutschen Filmakademie (u. a. zuständig für die Vergabe der Lolas) und hat am Freitag in der 3sat-"kulturzeit" ein IMHO sehr intelligentes und sensibles Interview zum Thema gegeben. Das ist natürlich kein "knüppelhartes Statement", das er "abgelassen hat", auch wenn durchaus emotionale Momente dabei waren. Aber dennoch ein wichtiger und wertvoller, klarer und konsequenter Beitrag und Konter als Mensch und als Vertreter seines Berufsstandes. (Man wird ja dann ggf. an einer Wiederwahl sehen, ob der Großteil der Kolleg*innen hinter ihm steht oder nicht.

)
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/ulrich-matthes-ueber-protest-aktion-schauspieler-100.html
Abgeschnitten ist dort übrigens leider die Info zum Schluss, dass "kulturzeit" auch ein Dutzend der allesdichtmachenden angefragt hat und keiner bereit war für ein Interview...
Also bitte nicht so tun, als würde ich hier gänzlich undifferenziert und ganz gemein über eine ganze Branche herziehen
Sprach's und holte zu einem erneuten Rundumschlag aus...
weil ich buchstäblich nix mit den allermeisten Erzeugnissen anfangen kann und dieses ganze #allesdichtmachen-Gesabber zum großen Teil für die selbe schlecht gespielte Sülze, wie den Tatort, Rosamunde Pilcher, Unser Charly oder Cobra 11 halte.
Edit: Ich habe natürlich den Spitzenfilm "Far Cry" von Uwe Boll mit Til Schweiger in der Hauptrolle ganz vergessen.
Ne wirklich jetzt: halbwegs ernstzunehmen war IMO eigentlich nur "Das Boot", "Die Unendliche Geschichte" (allerdings auch nur Teil 1, der dem Buchautor Michael Ende übrigens sehr missfallen hat) und die "Resident Evil"-Filme (übrigens mit Heike Makatsch, hrhr und Teil 2 mit Tom Gerhardt als Zombie hrhr²).
Was Du als schlecht gespielte Sülze bezeichnest, schaue ich mir in der Tat auch nicht (bzw. was den Tatort betrifft, nur in seltenen Einzelfällen) an. Zum Teil, weil ich es ebenfalls für schlecht gespielte Sülze halte, im Fall des Tatorts aber schlicht und einfach, weil mich das Genre im Allgemeinen nicht interessiert. Ich halte ihn allerdings deswegen nicht pauschal für schlecht - da spielen zumindest teilweise einfach zu gute Leute mit und er greift hin und wieder auch schwierige Themen auf, die so Otto Normalfernsehkonsument nahegebracht werden.
Ansonsten habe ich den Eindruck, dass Du den Großteil dessen, was in Deutschland an fiktionalem Bewegtbild produziert wird, entweder nicht kennst oder bewusst nicht einbeziehst, weil er unter einer ziemlich hoch angesetzten Popularitäts- und Erfolgsschwelle liegt.
Da gibt es allerdings noch sehr,
sehr viel mehr unter der Sonne als Pilcher und Petersen, oft aber eben auch unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit. Es ist Dein gutes Recht, zu sagen, dass Dich diese Sachen nicht interessieren oder dass sie für Dich mangels Reichweite nicht relevant sind. Nicht in Ordnung ist es allerdings, sie deswegen in einen Topf zu werfen mit der schlecht gespielten Sülze und daraus abzuleiten, dass bis auf dreieinhalb Filme alles Schrott ist.
Ich bin mir ziemlich sicher, wenn man auf Basis von objektiven Kriterien (soweit das bei Kunst - bitte im weitesten Sinne verstehen! - möglich ist) eine statistische Auswertung von sämtlichen deutschen wie auch internationalen / englischsprachigen Produktionen machen würde, käme man auf sehr ähnliche Anteile von Schrott und Hochwertigem. Der meiste Schrott aus den USA kommt bei uns aber höchstwahrscheinlich gar nicht erst an...
PS: "Die unendliche Geschichte 1", nun ja, als Fantasy-Spektakel ist sie für die damalige Zeit sicher ein Meilenstein (und die neunjährige Micah war überglücklich, dass es einen Film zu ihrem Lieblingsbuch gab, und verknallt in Noah Hathaway), als Verfilmung des Buches ist allerdings bereits der erste Teil kläglich gescheitert - Michael Ende hat er nicht nur missfallen, sondern er hat ihm mitten in der Produktion ausdrücklich die Unterstützung entzogen. Von den noch nicht mal als Fantasy-Spektakel gelungenen weiteren Teilen müssen wir gar nicht erst reden, die haben allerdings glaube ich nun wirklich gar nichts mehr mit deutschen Produktionen zu tun. (Nebenbei bemerkt, es gibt ja höchst unterschiedliche Definitionen, aber für mich machen ein deutscher Regisseur / Produzent / Geldgeber und/oder auch einzelne deutsche Schauspieler noch keinen deutschen Film. Eine ganz klare Grenzziehung ist schwierig, weil es einfach viele Übergänge gibt, aber das entscheidende Kriterium wäre für mich, dass er überwiegend in deutscher Sprache gedreht ist bzw., und da wird's auch schon kompliziert, deutsche Realitäten in hier ebenfalls gesprochenen Sprachen wiederspiegelt.)
PPS: Von "Far Cry" habe ich noch nie was gehört. Sollte ich das?
