Cygnus B (Cygnus-System)

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„Dann zweifel ich nicht an Ihren Qualifikationen“, stellte der Jüngere fest und Brennan widerstand dem Drang mit den Augen zu rollen. Wäre es denn anders gewesen, hätte er zuvor einen anderen Beruf ausgeübt? Und hatte der Typ tatsächlich an der Entscheidung seiner Vorgesetzten gezweifelt, indem er darüber nachdachte, ob Brennan fähig genug für diesen Einsatz war? Der GDler wandte den Blick ab, um sich die Umgebung näher anzusehen. Sie würden nicht lange auf dem Planeten verweilen. Zu seinem Glück, denn die Kälte schmeckte ihm nicht. Ganz und gar nicht. Die Finger in den Manteltaschen wurden bereits kalt. Jedes gesprochene Wort hinterließ kleine Wölkchen in der kalten Luft. Auf einem Schiff im Weltall war es zwar auch kälter, als auf einem dicht gedrängten Planeten wie Coruscant, aber zumindest musste man sich nicht in dicke Mäntel und Felle hüllen und das war schon einmal ein kleiner Vorteil für die Bewegungsfreiheit, die Brennan sehr gerne zu jeder Tages und Nachtzeit behielt. „Einen handverlesenen Trupp werden Sie so sicherlich mit Erfolg führen können. Fraglich ist da nur, welche Rolle ich dabei einnehmen soll...“, setzte der andere seine Gedankengänge fort und er blieb dabei, diese laut auszusprechen, anstatt sie für sich zu behalten. Na das konnte ja ein Spaß werden...

"Die Frage kann ich Ihnen sicher nicht beantworten."

, entgegnete er. Der Kerl musste sich erst einmal beweisen, denn der erste Eindruck, den Brennan von ihm gewonnen hatte, war nicht der allerbeste. Jung, unsicher, Kompetenz fragwürdig und unglaublich redselig. So sah er wohl aus, der Stempel, den ihm Brennan aufdrückte. Die ersten 3 Sekunden waren entscheidend, wenn es darum ging, sich ein erstes Bild von jemandem zu verschaffen. DREI Sekunden! Es war erstaunlich, aber meistens war der erste Eindruck auch der richtige. Nur selten konnte man diesen aus dem Weg räumen und jemanden eines Besseren belehren. Auch Noak hatte sich einen ersten Eindruck von Brennan gebildet und der Lorrdianer hatte kein Interesse daran herauszufinden, wie dieser aussah. Fremyn schnippte den Glimmstengel weg. Auch das wertete Brennan als Fehler. Keine Spuren hinterlassen, galt es schon in der Grundausbildung des Geheimdienstes zu lernen und Diar'mon hatte das in vielen Jahren verinnerlicht.
„Ich kann nicht einschätzen, was Sie auf Coruscant erlebt haben, Sergeant“ ... Na prima, jetzt nannte er ihn auch noch bei einem Rang, der für die Mission unnichtig war. Irrungen und Wirrungen. Perfekt.
Der Lockenkopf begann Brennan offensichtlich einen guten Rat geben zu wollen, was der Lorrdianer als weiteren Grund dafür auffasste, sich nicht näher mit dem Mann zu befassen. Er sah ihn nur als einen Befehlsbefolger, wollte ihm näher bringen, dass man da draußen auf keine Befehle mehr hoffen konnte und seinen eigenen Kopf anstrengen müsse, um schnelle Entscheidungen zu treffen. Er achtete auf Äußerlichkeiten, sah nicht hinter die Fassade eines Menschen, sonst hätte er nicht so engstirnig über Brennan gedacht. Das konnte aber nun einmal nicht jeder, was er ihm nicht weiter ankreiden sollte. Brennan setzte ein Lächeln auf, das seine Augen nicht erreichte. Er spielte seine Rolle.

"Ich versuche mein Bestes, Lieutenant."

, antwortete er in falscher Freundlichkeit und prompt verschwand das Lächeln wieder. Es war wie weggewischt. Wenigstens in einer Hinsicht stimmten die beiden Männer überein. Es war ungemütlich hier draußen. Kalt und hässlich. Brennan verneinte, als Fremyn vorschlug wieder hinein zu gehen. Er wäre zwar gerne sofort mitgegangen, konnte diesesm Wunsch aber noch nicht nachgeben.

"Ich bleibe noch kurz. Wir sehen uns später wieder, Sir."

Diar'mon ging ein paar Schritte, um anzudeuten, sich noch etwas die Beine vertreten zu wollen. Die Landeplattform war groß genug für ein derartiges Vorhaben. Außerdem konnte man davon ausgehen, dass ihm die frische Luft eine willkommene Abwechslung war. Er ließ mehrere Minuten verstreichen. Dabei ließ er einen bestimmten Fleck nicht aus den Augen. Als er sich sicher sein konnte, dass ihn niemand mehr beobachtete, trat er dort hinüber, holte ein Flimsitütchen hervor und ging damit in die Hocke, um den Zigarettenstummel des Lieutenants aufzusammeln. Seine Pupillen weiteten sich kurz, aufgrund der Errungenschaft vieler nützlicher Informationen. DNA, Fingerabdrücke, wenigstens von Zeigefinger und Daumen ... Man wusste nie, wofür man so etwas noch gebrauchen konnte.
Schließlich ließ er das Tütchen in der Manteltasche verschwinden. Er lief noch eine Runde und ging dann erst wieder ins Innere des Gebäudes. Auf seinem Weg den Korridor entlang, holte er die kleine Pillendose aus der Tasche, nahm sich eine der Schmerztabletten und schluckte sie. Er war schon gespannt auf die Leute, die man ihm zur Auswahl stellte.



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[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Innenstadt | Café „Le Havre“ || Lieutenant Noak Fremyn und weitere Gäste]

Nachdem sich Brennan Diar'mon letztendlich als wenig ergiebiger Gesprächspartner für den jungen Bakuraner herausgestellt hatte und man (vorerst) wieder getrennte Wege gegangen war, hatte er die Imperiale Botschaft im Herzen von Kaprala verlassen und stattdessen das nah gelegene „Le Havre“ aufgesucht. Innerhalb kürzeste Zeit hatte sich das einst äußerst beschauliche Lokal zum inoffiziellen „Officer's Club“ der im Cygnus-System stationierten Dritten Gefechtsflotte gemausert. Zu fast jeder Tageszeit – bis zum Zapfenstreich – konnte man hier mindestens eine Handvoll Angehörige der Imperialen Streitkräfte unterschiedlichster Dienstgrade antreffen. Manche saßen hier an den runden Tischen zusammen und plauderten miteinander, während andere sich einen der wenigen Plätzen vor dem Bartresen gesichert hatten und an ihren bestellten Drinks nippten. Im Hintergrund lief meistens irgendeine harmonische, unaufdringliche Musik aus mehreren Lautsprechern. Flinke Kellnerdroiden bedienten außerdem seit dem imperialen „Ansturm“ das Gros der Gäste.

Derweil ein Trupp lauter Flottensoldaten ihren Landgang mit einer gehörigen Menge an Ale begoss, saß Noak ganz allein am Nachbartisch, nippte beiläufig an einem Glas dampfenden Punsch, zog an einer Zigarette und las den letzten Brief seiner Mutter. Weil sich die Alièstra in den letzten sechs Monaten überwiegend nahe der huttischen Grenze aufgehalten hatte – und diese für mehrere Tage zum Auswerfen von Spionagesonden sogar überschritten hatte –, hatte er in dieser Zeit nichts aus der weit entfernten Heimat gehört. Unwillkürlich umspielte ein fröhliches Lächeln seine Lippen als er sich beim Lesen die sanfte, warme Stimme seiner Mutter einbildete. Nur allzu gern wäre er jetzt lieber auf Bakura statt hier auf Cygnus. Nur allzu gern würde er jetzt seine Mutter umarmen. Doch aus irgendeinem Grund hatte man ihn erst mit einem Mal nach Rendili geschickt, wo er der Silver Bullet unter Lieutenant Commander Gordon Aaronsons Befehl zugeteilt worden war, und dann kurz darauf das Kanonenboot – als Begleitung für Manius Selgorias' Gladius – in den Esaga-Sektor entsandt.

Eine Stimme riss ihn plötzlich aus seinen Gedanken.
„Nach Ihrem recht zurückhaltenden Auftritt in meinen Amtsräumen hätte ich Ihnen nicht zugetraut, dass Sie auch ein 'Lächeln' beherrschen.“ Der junge Lieutenant sah mit einem Mal auf – und blickte so in das hämisch schmunzelnde Gesicht des imperialen Botschafters. Von Milaris, der einen schweren, teuren Pelzmantel trug, ließ seinen Blick kurz durch den Schankraum schweifen, rümpfte sichtlich die Nase und fuhr dann fort: „Nun. Man erwartet uns in der cygnischen Admiralität. Packen Sie also rasch Ihre Sachen zusammen, Fremyn, und folgen Sie mir dann auf der Stelle zu meinem Gleiter. Unpünktlichkeit missfällt Lord Karsteen über alle Maßen.“

Die Propaganda der Neuen Ordnung, die unter anderem auch auf Obrigkeitshörigkeit setzte, begann im Galaktischen Imperium schon in frühster Kindheit zu wirken. Wenngleich das im Äußeren Rand gelegene Bakura von der Thronwelt – erst Coruscant, dann Byss und zum Schluss Bastion – in der Tat ewig weit entfernt war, war der ideologische Einfluss dort nicht minder groß als auf den Welten, die deutlich näher zum politischen Mittelpunkt des Regimes lagen. So war Noak beispielsweise in seinen Kinder- und Jugendjahren – so wie zahlreiche andere imperiale Bürger in seinem Alter auch – Mitglied einer lokalen Sub-Adult-Gruppe gewesen, hatte sich bei den alljährlichen Militärparaden in die erste Reihe der Zuschauer gestellt und hatte Persönlichkeiten wie Arnor Jeretai und Honore Moresby voller Inbrunst verehrt. Obwohl der schlanke Bakuraner den adligen Botschafter des Galaktischen Imperiums nicht mochte, steckte er nun aus genau diesem Grund sein Datapad weg, erhob sich von seinem Stuhl und warf sich den schlichten Wollmantel über die Schultern. Von Milaris nickte ihm daraufhin zu und schritt anschließend voran in Richtung Ausgang.

Im Gehen setzte der Botschafter kurzerhand die begonnene Unterhaltung fort:
„Bei dem Treffen mit Karsteen sollten Sie mir das Reden überlassen, Fremyn. Ich bin mir bewusst, dass Sie mich bislang nicht als Stratege wahrgenommen haben mochten, aber bevor der Thron mich hierher, nach Cygnus, entsandte, durfte ich ein paar Wochen lang eine Weiterbildung in der Zitadelle zu Anaxes genießen. Für das Briefing dürften die dort erworbenen Kenntnisse sicherlich mehr als ausreichend sein.“

Ein eisiger Wind – garniert mit großen, weißen Schneeflocken – schlug den beiden Imperialen ins Gesicht als sie das „Le Havre“ verließen. Der breite Kanal, an dem die Lokalität lag und der in den heißen Sommermonaten zum gemütlichen Spazieren an dessen Promenade einlud, besaß eine ganz leichte Eisschicht. Momentan hielten sich nur wenige Leute an dessen Ufer auf. Unwillkürlich zog der Bakuraner den Wollmantel fester um seinen schlanken Leib. Obwohl er sich nun schon ein paar Stunden auf Cygnus B aufhielt, hatte er sich an die frostige Kälte noch nicht gewöhnt. Selbst im All – an Bord eines Raumschiffs – fröstelte er nicht so sehr wie hier draußen. Leise knirschte der schon am Boden liegende Schnee als Noak gemeinsam mit dem imperialen Botschafter zu dessen Gleiter stapfte. Der Chauffeur war inzwischen aus dem gepanzerten Vehikel gestiegen und hielt mit ernster Miene die Tür zur Rückbank auf. Ohne ein Wort des Dankes an den Untergebenen zu richten, stieg von Milaris ein – und der Lieutenant folgte ihm schweigend.

Sobald sich das Fahrzeug anschließend in Bewegung gesetzt hatte, richtete der Repräsentant erneut das Wort an Noak:
„Sofern ich mich richtig erinnere, Fremyn, sind Sie Ivar Karsteen schon einmal bei dem Empfang begegnet, der Ihnen ein Duell mit Major Roice, dem Count der 'Silbernen Seen'.“ Von Milaris schmunzelte ein weiteres Mal herablassend. „Captain Jolene Mirtan, die Ihnen ebenfalls vom Empfang bekannt sein dürfte, wird an diesem Treffen auch teilnehmen – und höchstwahrscheinlich von cygnischer Seite aus das militärische Kommando über die kommende Mission inne haben.“

Überrascht hob Noak eine Augenbraue. Denn in der Tat erinnerte er sich an die Blondine. Sie hatte ihm beim Empfang nicht nur darüber aufgeklärt, dass man in der High Society Portwein verpönte, sondern hatte ihm auch beim ersten Aufeinandertreffen mit Aden Roice zur Seite gestanden. Genau in diesem Moment juckten plötzlich jene Narben, die er sich in dem Duell mit dem adligen Cygnier zugezogen hatte. Zum Glück hatten sich ihre Wege seit jenem Tage nicht noch einmal gekreuzt. Der imperiale Lieutenant kratzte sich grübelnd am Hinterkopf, während der Botschafter, der neben ihm saß, im eitlen Tonfall weitere Bemerkungen zur anstehenden Besprechung machte. Allem Anschein nach würde die Runde, die sich in der cygnischen Admiralität einfinden sollte, größer sein als man im ersten Augenblick meinen würde. Da er aber nur mit einem Ohr zuhörte, bekam Noak auf dieser Fahrt nicht besonders viel mit. Seine Aufmerksamkeit wanderte stattdessen zum Fenster.

Der im Herzen von Kaprala gelegene Königliche Distrikt – mit dem Königlichen Palast als dessen Mittelpunkt – hatte einen ganz eigenen Charme. Verglichen mit von allerhand Wolkenkratzern und klobigen Gebäudekomplexen dominierten Downtown, dem wirtschaftlichen Zentrum der planetaren Hauptstadt, oder dem überwiegend von Künstlern, Freigeistern und Mäzenen bewohnten „Quartier l'Art“, das durch seine farbenfrohen Fassaden und der teilweise ungewöhnlichen Architektur auffiel, erschien dieser zentrale Stadtbezirk jedem Besucher als ziemlich schlicht, aber auf besondere Weise geschichtsträchtig. Das Viertel stand somit im starken Kontrast zum Rest der Metropole. Ein ganzer Zug Königlicher Leibgardisten exerzierte auf dem Platz „Verteidiger von Tol Amn“ äußerst feierlich den Wachwechsel als sich der Gleiter gerade näherte. Nicht allzu weit von diesen Gardisten entfernt – direkt vor der cygnischen Admiralität wie Noak kurz darauf feststellen sollte – hatte sich darüber hinaus noch eine Reitereinheit auf ihren stolzen Keffis versammelt.

Als der Gleiter plötzlich stoppte und der Chauffeur sogleich das gepanzerte Vehikel verließ, um den auf der Rückbank sitzenden Baron erneut die Tür zu öffnen, wandte sich von Milaris an den jungen Bakuraner:
„Es ist soweit, Fremyn. Steigen Sie aus. Karsteen erwartet uns.“

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | „Verteidiger von Tol Amn“-Platz|| gepanzerte Gleiterlimousine | Rückbank || Lieutenant Noak Fremyn und Botschafter von Milaris]
 
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Chief Renning hatte bereits auf ihn gewartet, als er wieder ins Gebäude gegangen war.

"Kalt draußen, was?"

"Ich bin nicht lange genug hier, um mich daran gewöhnen zu müssen."

, antwortete der Operative kühl, als sie ihm mit einem Lächeln begegnete. Sie wusste über ihn Bescheid, dessen war er sich bewusst. Renning war die hiesige Geheimdienstchefin und natürlich wusste sie, dass er ebenfalls zum Geheimdienst gehörte. Vielleicht war sogar sie es gewesen, die jemanden wie ihn angefordert hatte. Darüber konnte er nur spekulieren.

"Na dann... Stellen wir Ihr Team zusammen."

Brennan nickte und Renning präsentierte ihm den richtigen Weg mit einem Handzeichen, ehe sie nebeneinander hergingen. Das Ziel war ein Konferenzraum mit Kontrollcomputer und einem ITler des GDs, der gerade daran saß. Zu allererst wurde Brennan die Identität als Second Lieutenant Diar'mon verpasst. Er bekam eine ID Karte und einen Datenstick, der ihm gesonderte Privilegien erteilte. Außerdem war ein Dechiffrierungsprogramm darauf gespielt, sodass er sich so ziemlich überall Zugang verschaffen konnte, wenn es nötig wurde. Renning erklärte ihm, was seine genauen Aufgaben sein würden. Er erhielt nähere Informationen, zumindest das was ihnen bisher bekannt war, zu der Ressource von der gesprochen worden war. Es fielen erneut Namen wie Argai, ein Planet, welcher sich im Tionne Cluster befand. Sah Gosta, eine Siedlung auf Argai und dann erst wurde es interessant. Die Ressource war eine verschollene Schatzflotte. Zwei Schiffe der lange verloren geglaubten Flotte waren auf Argai gestrandet, soweit er das richtig verstand. Seine Aufgabe war nun, sich dort genauer umzusehen und eine Spur zum Rest der Schatzflotte aufzunehmen. Es handelte sich also um eine Schatzsuche. Er sollte Pirat spielen. Brennan saß mittlerweile auf einem Stuhl, die Hand am Mund, hinter der er ein Lächeln verbarg. Eine Schatzsuche! War er hier im falschen Film?

"Sie denken also wirklich, dass man auf den beiden Wracks irgendwelche Hinweise darauf finden kann, wo letztendlich die anderen Schiffe abgeblieben sind?"

"Genau so ist es!"

Er nahm die Hand zurück auf die Stuhllehne und hob den Blick, stirnrunzelnd.

"Was bringt Sie zu der Annahme?"

"Die Fakten, Second Lieutenant!"

Sie sprach ihn absichtlich mit seinem neu aufgesetzten Rang an, um ihm die Wichtigkeit seiner Rolle zu verdeutlichen.

"25. Tausend. Jahre."

Und jedes Wort wurde einzeln ausgesprochen und dadurch in Szene gesetzt.

"Und die beiden Schiffe wurden erst jetzt gefunden und es sind noch viel mehr irgendwo da draußen! Haben Sie eine Vorstellung davon, wieviele Reichtümer sie an Bord tragen?"

"Wenn sie nicht bereits von anderen Parteien geplündert wurden. Die Black Sun ist sehr geschäftig seit einigen Jahren..."

, gab der Lorrdianer zu bedenken, ohne eine Miene zu verziehen.

"Ach seinen Sie kein Spielverderber!"

, erwiderte die Rothaarige und winkte ab. Er hatte sowieso keine andere Wahl und eine eigene Meinung sollte er schon gar nicht haben, schließlich wurde er nicht darum gebeten, diese Mission auszuführen. Es war ein Befehl! Also nickte Brennan. Natürlich musste er einverstanden sein. Es war seine Verpflichtung, sein Job.

"Dann sehen wir uns mal die Leute an, von denen Sie gesprochen hatten..."

Und damit ging die Fleischbeschau los. Brennan sah sich dutzende von Akten durch, während die Männer und Frauen ihm nacheinander vorgestellt wurden. Sie traten alle einzeln ein, wurden kurz befragt und wieder hinaus geschickt....



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[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | Cygnische Admiralität | Empfangshalle || Lieutenant Noak Fremyn und Botschafter von Milaris]

Begleitet von einem dumpfen Knall schlossen sich die prächtig verzierten Flügeltüren. Derweil sich noch Noak ganz verwundert in der äußerst pompösen Empfangshalle umschaute und versuchte sich schnell zu orientieren, schritt der adlige Botschafter des Galaktischen Imperiums schon auf den sehr langen Anmeldetresen zu. Ein minzgrüner Protokolldroide der Firma Cybot Galactica kam auf die beiden Imperialen zu, um sie – selbstverständlich entsprechend ihrer diplomatischen Stellung – zu begrüßen. Baron von Milaris, der offenkundig den Umgang mit solchen mechanischen Handlangern gewohnt war, erläuterte knapp, aber mit recht gestelzten Worten sein Begehren. Einen Moment lang flackerten die Photorezeptoren des Droiden, dann deutete er eine leichte Verbeugung an und bat die beiden Imperialen ihm zu folgen.

Der Protokolldroide führe den imperialen Botschafter und Noak aus der Empfangshalle heraus, über das zentrale Treppenhaus in die höchste Etage. Zur Überraschung des jungen Lieutenant hatten hier Mitglieder der Königlichen Garde in voller Kampfmontur Posten bezogen. Bei diesem Anblick hob er unwillkürlich eine Augenbraue. Bislang hatte er nämlich angenommen, dass allein die königliche Familie das Privileg genoss unter dem Schutz dieser besonders ausgebildeten Einheit zu stehen. Ihm schloss sich deshalb sogleich die Frage an, warum Ivar Karsteen solch ein Sonderrecht genoss. War er für den cygnischen König ein so enger Vertrauter? Derweil er dem imperialen Botschafter sowie dem plappernden Protokolldroiden weiterhin auf dem Fuß folgte, ließ er seine Gedanken mehr und mehr kreisen.

Bis zu seiner überraschenden Entsendung auf die havarierte Confidence war der junge Lieutenant innerhalb der Dritten Gefechtsflotte bloß ein kleines, sehr kleines Licht gewesen. Und noch immer konnte er nicht einmal erahnen, weshalb Captain Manius Selgorias (oder vielleicht Konsularagentin Jahanna Tebelon) ausgerechnet ihn auf die sterbende Fregatte geschickt hatten, um der cygnischen Kronprinzessin Gesellschaft zu leisten, während man mit deren Stab in einem benachbarten Raum eilig das weitere Vorgehen besprach. Bedingt durch seine damalige Stellung als Zweiter Offizier der Silver Bullet war das Briefing über die herrschende Samick-Dynastie sowie deren Vertraute recht spärlich ausgefallen. Solche Dinge waren eher der Mannschaft der Gladius vorbehalten gewesen, die von Admiral Nerethin das Kommando über die Eingreifgruppe übertragen bekommen hatte.

Kurz bevor die Gruppe eine von breitschultrigen Gardisten bewachte Flügeltür erreichte, drehte sich der Protokolldroide zu den beiden Imperialen um. Seine Photorezeptoren flackerten ein wenig als er ihnen mitteilte:
[Monsieurs, der Besprechungsraum ist fast erreicht. Lord-grand-amiral Karsteen ist über Ihr Erscheinen informiert und wird in wenigen Minuten in Begleitung seines ganzen Stabes zu Ihnen stoßen.] Die Türen schwangen wie von Geisterhand auf und man trat – unter den grimmigen Blicken der Elitesoldaten – ein. [Bitte übergeben Sie mir Ihre Mäntel und nehmen Sie schon einmal am Tisch Platz. Darf ich Ihnen eine kleine Erfrischung servieren lassen? Wasser, Wein, cygnischer Cognac gegen die Kälte?]

Baron von Milaris, der seinen schweren Mantel aus dichtem, dunklem Gherlian-Fell binnen weniger Sekunden ausgezogen hatte, schüttelte ablehnend den Kopf, suchte sich zielstrebig einen Stuhl aus und ließ sich darauf nieder. Erst in diesem Moment fiel Noak auf, dass sie anscheinend die einzigen Imperialen waren, die an dieser Einsatzbesprechung teilnehmen würden. Weder Admiral Nerethins Stabschef, Captain Marlar, noch deren Vertraute, Rear Admiral Kratas, würden allem Anschein nach zugegen sein. Unwillkürlich schluckte der Bakuraner als ihm zeitgleich ein eiskalter Schauder über den gesamten Rücken lief. Seit wann war er allein dem hiesigen Botschafter unterstellt? Hatte man ihn darüber nicht in Kenntnis gesetzt? Oder agierte der überaus exzentrische Adlige etwa außerhalb seiner Befugnisse? Ein dumpfes Unwohlsein, das aus der Magengegend heraus strahlte, machte sich bei Noak breit. Nur mit allerhand Mühe widerstand er dem Impuls das Weite zu suchen.

Und kaum eine Sekunde später wurde ihm auch jede Möglichkeit der Flucht genommen. Denn just in diesem Augenblick ging auf einmal eine andere prachtvolle Flügeltür auf und Ivar Karsteen – in Begleitung des cygnischen Königs – trat ein. Der Kommandeur der cygnischen Heimatflotte, ein hochgewachsener Offizier mit altmodisch langen Kotletten, ließ schon in seinem selbstbewussten Auftreten keinen Zweifel daran, dass er in seinem Leben schon die eine oder andere Schlacht gegen die Hutten oder irgendwelche größeren Piratenbanden – aber stets zum Wohle seines Vaterlandes – geschlagen hatte. Da der ranghohe Admiral die beiden Imperialen sogleich mit einem sehr strengen Blick musterte, ließ Noak sein Augenmerk lieber auf den König fallen. Obwohl Aguro Samick mit fast fünfzig Standardjahren kein Jungspund mehr war, hatte sein Äußeres eine gewisse Jugend trotz allem behalten können. Das goldblonde Haar, das er auf dem Haupt trug, war lang und noch relativ voll. Im Gegensatz zu dem Lord Admiral trug der Herrscher über das Cygnische Sternenimperium einen gestutzten Vollbart. Dass Illriana Arana II. dessen leibliche Tochter war, konnte man auf den ersten Blick erkennen.

Mit einer ungewohnten Milde in der Stimme sprach der König die beiden Imperialen auf einmal an:
„Baron de Milaris, Lieutenant Fremyn. Seien Sie mir gegrüßt zu dieser petite Entrevue. Sicherlich muss ich Ihnen Amiral Karsteen nicht vorstellen. Meine Amirauté und Ihre Ambassade haben in den letzten Wochen ja allerhand Kontakt gehabt.“ Beiläufig nickte der Herrscher dem Oberbefehlshaber der cygnischen Heimatflotte zu. „Capitane Mirtan, Karsteens CEM, und Capitane Froud, derzeitige Kommandantin der 'Aliéstra', dürften Ihnen ebenso bekannt sein.“ Nun machte Aguro Samick einen kleinen Schritt zur Seite und offenbarte zwei weitere Anwesende. „Des Weiteren möchte ich Ihnen Barret Mulran, den Duc de Tichinde, vorstellen. Ein Noble wie er im Buche steht – und zudem ein überaus versierter Diplomat.“ Die schlanke Gestalt, die eine der größten Ländereien auf Cygnus B ihr eigen nennen durfte, neigte nur leicht den Kopf. „Und zu guter Letzt möchte ich Ihnen natürlich nicht den letzten Namen vorenthalten: Lieutenant Enric Crobb, Amiral Karsteens Secrétaire.“

„Die Freude ist ganz auf unserer Seite, Eure Majestät“
, entgegnete der imperiale Botschafter auf der Stelle mit einer naturgegebenen Souveränität in der Stimme, die Noak insgeheim schon ein bisschen beneidete, und deutete darüber hinaus sogar im Sitzen eine höfliche Verneigung an. „Jedoch möchte ich nicht Eure kostbare Zeit mit irgendwelchen Begrüßungsfloskeln verschwenden. Konzentrieren wir uns lieber darauf wie wir mit der Suche nach einem legendären Schatz Eure Kassen noch etwas mehr füllen können...“

Bei diesen Worten verzog Lord Admiral Ivar Karsteen säuerlich das Gesicht. Er beließ es aber bloß bei einem grimmigen Brummen, während er – ganz dem Beispiel seines Königs folgend – sich auf einen der freien Stühle setzte. Der Baron zeigte derweil sein falsches Lächeln. Irgendwie fühlte sich Noak, der aus einer bakuranischen Landarbeiterfamilie stammte, in dieser Runde ziemlich fehl am Platze. Bloß einen Rückzieher konnte er nicht mehr machen. Dafür war es längst zu spät. Um nicht dem Ansehen der vor Ort stationierten Imperialen Streitkräfte zu schaden, musste er dieses Briefing professionell über sich ergehen lassen. Er raffte sich deshalb innerlich. Dabei wurde seine Haltung sogleich kerzengerade. Den aufmerksamen Blick auf König Aguro Samick gerichtet, wartete er den eigentlichen Beginn dieser Unterredung ab.

Selbstverständlich richtete der cygnische König nach der knappen Begrüßung nicht selbst das Wort an die beiden imperialen Vertreter, sondern überließ den Part, die ganze Mission kurz zu umreißen, seinen ranghohen Untertanen. Karsteen und Mulran tauschten flüchtig einen Blick aus, dann zupfte der ergraute Diplomat seine Kleidung kurz zurecht und aktivierte mit einem raschen Fingerstreich das Datapad, das vor ihm lag. Offensichtlich würde der Adlige, dem immerhin Cygnus' zweitgrößte Länderei gehörte, anstelle des Kommandeurs der cygnischen Heimatflotte sprechen. Der Bakuraner nahm den älteren Menschen mit den langen, ziemlich altmodischen Koteletten daraufhin ein wenig genauer in Augenschein, obwohl er bei Weitem nicht über jene Menschenkenntnis verfügte, die man imperialen Militärgrößen wie Lorth Needa oder Nereus Kratas nachsagte.

Barret Mulran, der Duke von Tichinde, erhob sich. Seine Stimme, ein weicher Bass, klang überaus melodisch als er sagte:
„Madames et Monsieurs, auf der interstellaren Bühne hat die Meldung zwar noch für keine besonders großen Reaktionen gesorgt – vor allem da erst vor wenigen Monaten die Existenz der 'Subjugator' bewiesen worden ist –, aber für unser Sternenreich bietet diese Nachricht eine einmalige Gelegenheit: Tionesische Stellararchäologen haben erst vor Kurzem in einem noch namenlosen Sternensystem Großteile eines kleineren Frachters bergen können, der vermutlich einst zu Xims berüchtigter Schatzflotte gehörte.“ Der Adlige machte eine kurze Pause, um die Bedeutung dieser Meldung sacken zu lassen. Dabei sah er bedächtigen Blickes in die Runde. Da sich aber nicht die Reaktion einstellte, die er sich offenbar erhofft hatte, fuhr er fort: „Der Dispot Xim, der vor etwa fünfundzwanzigtausend Jahren in dieser Gegend ein Sternreich besaß, ließ nach jeder neuen Eroberung unvorstellbare Reichtümer von den jeweils unterjochten Planeten nicht nur zu seinem Palast bringen, sondern überschüttete auch seine Geburtswelt Argai mit allerhand Schätzen. Seine Schatzflotte – so vermutet man – umfasste hunderte oder gar tausende Schiffe. Und wäre der entdeckte Frachter noch intakt gewesen, wären die Tionesen nun ein ganzes Stück reicher...“

„Diesen Wissensstand haben wir bereits, Mylord“
, warf Caspar von Milaris unhöflich ein, bevor sich der Cygnier weiter mit allerhand heißer Luft umgab. „Ihre Admiralität gab meiner Botschaft schon vor Tagen einen Kurzabriss der Nachricht. Kürzen wir diesen Punkt also ruhig ein bisschen ab: Im Sinne Seiner Majestät, Imperator Allegious, würde mich eher interessieren, woran Sie festmachen, dass dieser Frachter kein Einzelfund ist.“

Kurz tauschten der Diplomat und der König Blicke aus. Dann antwortete Mulran: „Die Universität zu Sah Gosta hat inzwischen aus dem Frachter eine intakte Black Box bergen können. Laut unserem Geheimdienst, der vor Ort Informanten hat anwerben können, befindet man sich zwar noch ganz am Anfang der Auswertung – die Verschlüsselung macht den Tionesen wohl Probleme –, aber bis dato konnte man schon feststellen, dass der Frachter zu Capitaine Badoeurs Verband gehören muss.“

Badoeur?“, fragte der Baron nach.

Nun erhob sich Captain Mirtan und bevor der greise Adlige zur Antwort ansetzen konnte, übernahm sie das Erklären:
„Jene Zivilgesellschaft, die sich vor knapp fünfundzwanzigtausend Standardjahren von einer Person wie Xim, den Despoten regieren ließ, war insbesondere von Piraterie geprägt. Die Spitze dieser Gesellschaft bildeten daher Piratenkapitäne, die sich über all die Jahre Xims Vertrauen erarbeitet und dessen Reichtum durch eigenständige Raubzüge in benachbarten Regionen gemehrt hatten. Obgleich sie stets in Xims Schatten standen, konnten sie trotz allem mit der Zeit allerhand Ruhm anhäufen. Genau aus diesem Grund beruft sich die Aristokratie im Cronese-Mandat noch heute auf eine Abstammung zu diesen Kapitänen … sofern man nicht die Eitelkeit besitzt sich gleich auf das Erbe Daritha Xims zu berufen.“ Ihre schlanken Finger huschten rasch über eine Konsole, derweil sie den Blick zeitgleich weiter auf den Imperialen ruhen ließ.Toma Badoeur, Kapitän der 'Pourriture', war in jenen Tagen ein Vertrauter des Despoten und stammte ebenfalls von Argai. Laut den Überlieferungen führten ihn seine zahlreichen Raubzüge vorwiegend in den Si'Klaata-Sternenhaufen, nach Kegan und Fomos. Einige Male soll er sich sogar bis nach Moralan – also tief ins Herz des huttischen Imperiums – vorgewagt haben.“

„Klingt nach einem kühnen Korsaren“
, spottete von Milaris. Sein schiefes Grinsen unterstrich seine Geisteshaltung dabei ungemein. „Und nach all dem Gehörten vage ich zu behaupten, dass Badoeur aufgrund seines Erfolges stets einen großen Verband kommandierte.“

Die Blondine nickte. Grimmig musterte sie den Botschafter. „Richtig. Selbst der Pirate Admiral der Black Sun dürfte – gemessen an den früheren Verhältnissen – wohl blass vor Neid werden, hätte er als modernes Äquivalent ein ähnliches Arsenal für Plünderfahrten zur freien Verfügung.“ Es folgte daraufhin eine kurze Pause. „In den letzten Monaten, bevor Badoeur spurlos verschwand, soll es zu einem Bruch zwischen ihm und den Despoten gekommen sein – zeitgenössische Aufzeichnungen sprechen jedenfalls davon. Jedoch war Xims Hofstaat allgemein von Neid und Missgunst geprägt.“

Und warum hat man erst jetzt einen Hinweis auf den Verbleib bergen können?“, fragte Noak plötzlich nach. „Die Tionesen dürften ja schon länger danach suchen...“

Mirtan schmunzelte. „Eine gute Frage, Lieutenant Fremyn. Xim soll wohl über Jahre hinweg nach dem verloren gegangenen Verbandes gesucht haben – genauso wie etliche Generationen nach ihm. Doch da man erst jetzt eine intakte Black Box hat bergen können, scheint sich Badoeur wohl nicht auf normalem Wege abgesetzt haben. Die Stellararchäologen der Universität zu Sah Gosta glauben, dass ein verfehlter Sprung der Grund sein könnte... und deshalb ist die Beschaffung der Black Box so wichtig.“

„Und damit kommen wir endlich zum Kern dieses Briefings“, merkte der Baron an. „Lord Admiral Karsteen, Ihr Haus hat meine Botschaft grob über die Operation informiert. Können Sie dazu noch einmal ins Detail gehen?“

Brummend reckte der Kommandeur der cygnischen Heimatflotte das recht breite Kinn. Dass er den adligen Imperialen nicht besonders leiden konnte, merkte man ihm auch in diesem Moment deutlich an. Schon beim königlichen Empfang, der dem drahtigen Lieutenant letztendlich ein Duell mit dem blaublütigen Cygnier Aden Roice eingehandelt hatte, war der ranghohe Militär dem Repräsentanten Bastions sehr distanziert aufgetreten. Während das dumpfe Gefühl in seiner Magengegend langsam, aber trotz allem beständig präsenter wurde, ließ Noak seine Aufmerksamkeit auf dem Lord Admiral ruhen. Ivar Karsteen, der eigentlich erst Mitte vierzig war, wirkte nicht nur durch seinen Backenbart deutlich älter, sondern ebenso durch seinen mürrischen Gesichtsausdruck. Fraglich war nun bloß, ob der frostige Backenbartträger dem imperialen Baron selbst antworten würde.

Gerade als Jolene Mirtan sichtlich zu einer Antwort ansetzten wollte, erhob der Lord Admiral recht gebieterisch die Hand, um ihr Einhalt zu gebieten. Er ließ seinen Blick auf Baron von Miralis ruhen als er sagte:
„Um alle Anwesenden noch einmal auf einen einheitlichen Stand zu bringen, kann ich natürlich ein paar Worte zu der Operation sagen, Botschafter.“ Karsteens Basic – genau wie das der blonden Captain – war tadellos. Die Einschläge, die sonst bei den Cygniern üblich waren, waren bei ihm nicht zu hören. „Die Operation wird allein unter cygnischer Flagge unter Führung der 'Aliéstra' – mit imperialer Unterstützung, keine Frage – erfolgen. Auf dieser Mission wird die Admiralität ihr zwei Korvetten der neuen Carrion-Klasse zur Seite stellen. Die Führung über diese Eingreifgruppe wird dabei Captain Mirtan inne haben.“ Ein zustimmendes Nicken von Seiten des Königs war kurz zu sehen. „Dieser Teilverband wird nach Argai reisen, um die Black Box zu beschaffen, sie rasch zu entschlüsseln und danach den Verbleib der Verlust gegangenen Schatzflotte ausfindig zu machen.“

Die Militärausbildung im Cygnischen Sternenimperium schien eine ähnliche Qualität zu haben wie Noak – der Absolvent der Sektorakademie von Bakura – es beim Galaktischen Imperium vor Jahren selbst erlebt hat. Denn der Lord Admiral baute diesen Teil der Besprechung nun genauso auf wie es der Lieutenant von Vorgesetzten wie Gordon Aaronson, Manius Selgorias, Alynn Kratas oder Elysa Nerethin gewohnt war. Obgleich man innerhalb der Imperialen Flotte – insbesondere in den zwölf Gefechtsflotten – gerne seine Vorbehalte gegenüber lokalen Sicherheitskräften pflegte, schien Ivar Karsteen nun erfolgreich den Gegenbeweis anzutreten. Mit abgeklärter Stimme breitete er nach und nach den Plan aus, den sich die ihm unterstellte Institution ausgearbeitet hatte. Die Fallstricke waren zahlreich – Das fiel selbst den unerfahrenen Bakuraner auf.

Im Groben sah der von Karsteen schon angerissene Plan zudem noch folgendes vor: Um den Erfolg der (in der Breite nicht abschätzbaren) Geheimmission zu sichern, wird die Cygnische Heimatflotte einen größeren Kampfverband unter dem Kommando von Rear Admiral Gaven Hollter ein Manöver außerhalb des interstellaren Hoheitsgebiets abhalten lassen. Denn in dessen Tross will man mehrere Frachter mitfliegen lassen, die später die geborgenen Schätze – selbstverständlich unter dem Schutz der Eingreifgruppe – aufnehmen sollten. Des Weiteren wollte der Lord Admiral die Übertragung zur fernen, heimischen Admiralität über einen vertrauten Offizier möglichst kurz halten. Jolene Mirtan und Jessa Froud, die führenden Köpfe dieser Mission, schienen mit diesem Arrangement jedenfalls kein Problem zu haben. Vereinzelt nickten sie bei den Ausführungen des Kommandeurs oder warfen kurz die eine oder andere Sache unterstützend ein. Sowohl Caspar von Milaris als auch Noak hörten sich die fundierten Darlegungen geduldig an. Doch am Ende stand für den jungen Lieutenant noch eine Frage im Raum.


Und wie begründen wir die Fahrt der 'Aliéstra'?“, fragte er und sah neugierig in die Runde.

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | Cygnische Admiralität | Besprechungsraum || Lieutenant Noak Fremyn, Botschafter von Milaris, König Samick, Lord Admiral Karsteen, Captain Mirtan, Captain Froud, Barret Mulran und Ensign Crobb]

[OP: CEM = Chef d'état-major = (militärischer) Stabschef]
 
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[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | Cygnische Admiralität | Besprechungsraum || Lieutenant Noak Fremyn, Botschafter von Milaris, König Samick, Lord Admiral Karsteen, Captain Mirtan, Captain Froud, Barret Mulran und Ensign Crobb]

Einen Augenblick lang stand Noaks Frage, womit man die Fahrt der Aliéstra offiziell begründet, unbeantwortet in Raum. Denn obwohl das Cygnische Sternenimperium nicht direkt unter imperialer Kontrolle stand, war dessen (in erster Linie wirtschaftliche) Nähe zu dem autokratischen Regime in allen zivilisierten Teilen der weitläufigen Galaxie bekannt. Ungeachtet der Tatsache, dass nun schon seit einigen Monaten tatsächlich Frieden zwischen Bastion und Mon Calamari herrschte, dürften der Neuen Republik Truppenbewegungen – insbesondere in der Größe einer vollzähligen Gefechtsflotte – nicht entgangen sein. Demnach wusste man im Tionesischen Sternhaufen von der gegenwärtigen Position der Dritten Gefechtsflotte des Galaktischen Imperiums. Neugierig ließ der junge Bakuraner seinen aufmerksamen Blick von Gesicht zu Gesicht wandern. Irgendjemand musste sich doch über diesen Punkt im Vorfeld schon Gedanken gemacht haben!

Die ranghöchsten Cygnier, die den beiden Imperialen an dem langen Tisch gegenüber saßen und mit dem König höchstpersönlich sowie dem Kommandeur der Heimatflotte prominent vertreten waren, tauschten kurz vielsagende Blicke aus. Offensichtlich war man sich an dieser Stelle uneins, ob man den Verbündeten über die eigenen Pläne informieren wollte. Zu diesem Schluss kam jedenfalls der Lieutenant als er den hoch dekorierten Lord Admiral beobachtete. Soweit er, der subalterne Offizier, es beurteilen konnte, war ihm Ivar Karsteen bislang als eine überaus integre Person erschienen. Ihm konnte man – seiner äußerst bescheidenen Meinung nach – vertrauen, obwohl es sich um jemanden handelte, der keinen Treueeid auf Imperator Allegious I. geschworen hatte. Letztendlich schien sich der Befehlshaber der cygnischen Raumstreitkräfte gegen den Diplomaten durchzusetzen.

Nachdem Mulran sich – begleitet von einem leisen Seufzen – geschlagen gegeben hatte, musterte er die beiden Imperialen und antwortete danach:
„Für das Entsenden der 'Aliéstra' gibt es aus Sicht der Krone zwei überzeugende Hauptgründe.“ Ein kurzer, nach Zustimmung erheischender Blick zu dem König folgte. Da Aguro Samick sein Tun mit einem einfachen, wortlosen Nicken billigte, fuhr der ergraute Mensch bloß einen flüchtigen Wimpernschlag später fort: „Votre Altesse royale, femme prince du héritier Illriana Anara II. Samick, ist mit fast zwanzig Standardjahren nach den Maßstäben unserer Gesellschaft im heiratsfähigen Alter. Und obwohl ihre beliebte Namenspatin, reine Illriana Anara I. Samick, dereinst vor mehr als einem Jahrhundert allein den Thron bestiegen hatte, wünscht sich sa Majesté nun für seine Tochter einen geeigneten Kandidaten. Nach Meinung vieler cygnischer Adliger mag Argais Aristokratie zwar bloß aus Nachfahren räuberischer Piraten bestehen – und nur mit allerhand Widerwille zählt man diese Personen zu seinesgleichen –, aber als Vorwand für diese Mission dürfte es trotzdem als Erklärung ausreichen...“

Dem Luftschloss, die blaublütige, blonde Schönheit könne ihn erwählen, hatte sich Noak höchstens in seinen Träumen hingegeben. Obwohl seine Heimatwelt Bakura keinerlei Adel kannte, war er sich des „Standesunterschieds“ nur allzu bewusst. Allenfalls die seltene Ehre, auf Bastion vom Imperator zu einem Imperialen Baron ernannt zu werden, mochte ihn auf einen Schlag in ähnliche Sphären zu katapultieren. Doch das war für den Lieutenant, der nur auf einem Nebenkriegsschauplatz tätig war, mindestens genauso illusorisch wie eine ihn liebende Kronprinzessin. Nichtsdestotrotz verkrampfte sich sein Herz für einen flüchtigen Augenblick. Noch einmal – bloß deutlich intensiver – ließ er den Augenblick ihrer allerersten Begegnung in Gedanken Revue passieren. Ganz deutlich erinnerte sich Noak dabei an ihren sanftmütigen Blick, den betörenden Duft (trotz ausgefallener Lufttauscher) und ihre statuenhafte Gestalt im roten Licht. Wie gerne hätte er sich in diesem Moment nur ein bisschen mehr getraut! Wie gerne wäre er – in bester Holodramen-Manier – etwas forscher aufgetreten!

„Ein vortrefflicher Grund“, merkte Caspar von Milaris an. Eine leichte Süffisanz schwang dabei unterschwellig mit. „Der Tionesische Cluster wird sich geehrt fühlen.“

Mulran schien die giftige Spitze des imperialen Botschafters zu ignorieren. Gleichmütig entgegnete er: „Innerhalb der Cronesischen Mandate zehrt Argai seit Jahrtausenden vom alten Glanz und kann nur äußerst schwer die einstige Führerrolle behaupten. Längst sind Welten wie Barancar im Begriff Xims frühere Thronwelt zu überflügeln. Für das Galaktische Imperium, das den Adel weitestgehend nach seiner Proklamation entmachtet hat, mag so eine Hochzeit demzufolge keine allzu große Sache sein. Doch die Tionesen haben sich ihre Traditionen über eine Vielzahl Millennia hinweg bewahrt – und daran gilt es anzuknüpfen. Nachfahren von Piraten hin oder her...“ Der Diplomat räusperte sich. Dann fuhr er fort: „Unabhängig von unseren eigentlichen Absichten wird die Kampfeinheit, die um die 'Aliéstra' gebildet wird, dieses Ziel im besten Fall nach Erfüllen der hier besprochenen Mission weiter verfolgt.“

„Ich verstehe Sie, Mylord“
, sagte der Botschafter und hob beschwichtigen die Hände. „Unter diesen Umständen ist nachvollziehbar, dass Argai die dargebotene Hand dankend annehmen wird.“ Kurz umspielte ein schiefes Schmunzeln das adlige Gesicht. „Doch Ihr, Duke Mulran, spracht zu Beginn von zwei Hauptgründen. Was ist der zweite Grund?“

Erneut tauschten die ranghöchsten Cygnier bedächtige Blicke aus. Diesbezüglich rückten sie in der Tat nur äußerst ungern mit der Sprache heraus. Obgleich der Lieutenant den Baron bloß – aus dem Augenwinkel heraus – von der Seite betrachten konnte, bemerkte er dessen allmählich zunehmende Zerknirschtheit. Imperiale Vertreter waren es offenbar nach nicht gewohnt, dass kleinere Fraktionen sie in ihren Plänen außen vor ließen. Ungeduldig, herausfordernd tippte Caspar von Miralis mit dem Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand auf die Tischoberfläche. Nur der streng dreinblickende Lord Admiral hielt dessen säuerlichen Blick stand, während Mulran und Samick kurz miteinander tuschelten. Der cygnische König war es schlussendlich, der dem imperialen Botschafter die Antwort geben würde. Dabei richtete sich Aguro Samick ein wenig in dem thronartigen Stuhl auf, auf dem er zu Beginn der Besprechung Platz genommen hatte.

Mit seinem angenehmen Bariton antwortete der Monarch:
„Monsineur Ambassadeur, seit mehreren Standardwochen stehen wir mit diversen Nachbarn in diplomatischen Kontakt. Dabei hören wir von beinah überall, dass die Hutten über die Grenzen ihres Territoriums hinaus immer mehr Druck oder gar Kontrolle auf angrenzende Regionen versuchen auszuüben. Zuletzt war zum Beispiel von einem Zwischenfall auf Chalacta zu hören, bei dem ein Senator (Ulo Sammandi) starb. Die Piratenbande, die Notre Fille entführen wollten, agierten zweifellos ebenfalls in deren Auftrag, um Notre Empire zu destabilisieren. Nous lassen dies nicht zu. Seit die Samick-Dynastie Einzug im Königlichen Palast zu Kaprala gehalten hat, lautet das Wahlmotto schließlich: L'État c'est moi.“ Beim Familiencredo hatte sich der cygnische König etwas nach vorn gebeugt und von Milaris mit grimmigem Blick betrachtet. „Um die Bedrohung durch diese Hutten einzugrenzen, sind Verbündete dementsprechend unerlässlich.“

„Eure Majestät, Ihr habt doch das Galaktische Imperium an Eurer Seite“, entgegnete der Baron. „Es gibt keinen größeren Verbündeten in dieser Galaxie – Das versichere ich Euch.“

Genau in diesem Augenblick schaltete sich Barret Mulran vorwurfsvoll ein. „Bastion unterhält doch selbst 'gute' Beziehungen zu den Hutten, indem auf Nal Hutta höchstselbst seit Jahren eine eigene Ambassade unterhalten wird!“ Da Noak solche Unterhaltungen schlicht nicht gewohnt war, zuckte er überrascht zusammen als solche Misstöne plötzlich angeschlagen wurden. Von Milaris hingegen verzog nur säuerlich das Gesicht. „Außerdem solltet Ihr, Monsineur Ambassadeur, nicht vergessen, dass Eurer Imperator Allegious I. bis auf das unbedeutende Honoghr keine Welt nahe der huttischen Einflussspähre besitzt. … Und glaubt man so manchem Gerüchten in diplomatischen Kreisen, gibt Bastion nicht besonders viel auf diese grüne Kugel.“

Der Botschafter sog scharf die Luft ein. In seiner bisherigen Karriere hatte mit Sicherheit noch kein Repräsentant eines „Protektorats“ so mit ihm gesprochen. Noak, der sich kurzerhand einen längeren Blick erlaubte, musterte den blaublütigen Imperialen ganz genau. Warum hatte man nicht einfach Captain Selgorias oder wenigstens Lieutenant Commander Devila an seiner statt an diesem Briefing zu beteiligen. Sicherlich wären beide Offiziere – ohne zu zögern – dem imperialen Vertreter vor Ort zur Seite gesprungen, um Bastions höhere Politik zu verteidigen. Doch an diesem Tisch saß nur der bakuranische Bauernjunge. Und im Gegensatz zu einem Absolventen der Zitadelle von Anaxes war sein diplomatisches Geschick eher kümmerlicher Natur. Derweil sich die beiden Vertreter weiterhin giftige Blicke zuwarfen und dabei insgeheim auf einen emotionalen Ausbruch des jeweils anderen hofften, quittierte der Lord Admiral das ihm dargebotene Schauspiel mit einem Lächeln.

Karsteen brach letztendlich sein Schweigen, indem er sagte:
„Die Entscheidung ist längst gefallen, Baron. Das Sternenimperium und die Krone sind Bastion in der Tat zu allerhand Dank verpflichtet, aber in Fragen der Verteidigung müssen wir unsere Interessen vorne anstellen. Ihr könnt Eurer Veto somit gerne einlegen, am Verlauf dieser Mission wird sich nichts ändern.“

„Und wer soll sich dieser Aufgabe in Ihrer Delegation annehmen?“, hakte der Baron von Milaris auf der Stelle ganz wissbegierig nach. „Nehmt es mir bitte nicht übel, Duke Mulran, aber abseits Eurer diplomatischen Expertise traue ich Euch nur wenig militärische Fachkenntnis zu.“

Bevor der ergraute Gesandte sich lautstark empören konnte, antwortete an dessen Stelle der Lord Admiral. „Captain Mirtan, die sich mehrmals unter meinem Befehl – direkt wie indirekt – bewiesen hat, wird dem Duc de Tichinde unter anderem auf Chalacta beratend zur Seite stehen. Und sollte diese Operation unter einem wahrlich günstigen Stern fahren, könnte am Ende sogar Ihr Lieutenant davon mehr als genug profitieren.“ Er schmunzelte. „In den Kreisen des cygnischen Adels hat er sich ja schon bewähren dürfen.“

Caspar von Milaris beließ es bei einem kurzen, entrüstetem Schnauben. Wenngleich ein Botschafter des Galaktischen Imperiums eine gewaltige Machtfülle besaß, schien er trotzdem nicht „allmächtig“ zu sein. Ziemlich gekonnt hatten König Samick, Lord Admiral Karsteen und der Duke von Tichinde den imperialen Repräsentanten ausmanövriert. Dementsprechend blieb dem Baron letztendlich bloß offiziell seine Zustimmung zu geben. Selbstverständlich wurde er dabei nicht müde zu drohen, dass Bastion mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sein würde. Gewiss – so versicherte er – würde Seine Majestät, Imperator Allegious I., den cygnischen Botschafter einbestellen und persönlich für diesen diplomatischen Affront abmahnen. Der anwesende Monarch, der den Herrscher des riesigen Reiches zuletzt bei dessen Inthronisierung (nach dem lästigen Sith-Bruderkrieg) besucht hatte, ließ diese Drohung eiskalt an sich abprallen und beendete mit höflichen Worten das Briefing. Offenbar gab es aus seiner Sicht nichts mehr mit dem imperialen Vertreter zu besprechen.

Begleitet von leisem Murren erhob sich der Baron von seinem Platz, verabschiedete den cygnischen König mit der nötigen Höflichkeit und ließ sich danach sogleich den Mantel bringen. Noak, der sich in diesem Augenblick als kleines Licht, das er zweifellos war, noch unbedeutender als sonst fühlte, folgte natürlich von Milaris' Beispiel. Im Gegensatz zu dem adligen Botschafter, der im Luxus lebte und somit einen Mantel aus echtem Fell besaß, schlüpfte der bakuranische Offizier aber bloß in ein Kleidungsstück aus schlichter, dicker Wolle. Mehr konnte er sich von seinem Sold nicht leisten. Just in der Sekunde, als die Imperialen zur Tür hinausgehen wollten, trat auf einmal Captain Mirtan in Begleitung von Ensign Crobb zu ihnen. Obwohl beide Seiten in den letzten Minuten mit (für diplomatische Verhältnisse) harten Bandagen gekämpft hatten, hatte sie ein unerwartet freundliches Lächeln aufgesetzt. Dem Bakuraner erschien sie in diesem Moment genauso sympathisch wie bei ihrer ersten Begegnung auf dem Königlichen Empfang als sie seinen „Portwein“-Fauxpax gelassen auswetzte.


„Botschafter, Lieutenant, bevor Sie beide gehen, möchte ich die Gelegenheit noch kurz nutzen, um ein Angebot des Lord Admirals zu unterbreiten, sprach die blonde Cygnerin sie an. Dann wandte sie sich beiläufig an Karsteens Sekretär. „Lieutenant Crobb, teilen Sie Lieutenant Fremyn bitte mit, was die Amirauté unter Amiral Karsteen ausgearbeitet hat.“

Die gertenschlanke Gestalt mit dem Abzeichen eines cygnischen Ensign an der Brust, die bisher nur geschwiegen hatte, räusperte sich kurz. Beim Sprechen hörte man Enric Crobb an, dass er ursprünglich nicht von Cygnus B stammte, sondern seine Herkunft irgendwo in den Kernwelten lag. „Die Amirauté – in Zusammenarbeit mit dem Renseignement de l'armée – hat eine eigens auf Lieutenant Noak Fremyn zugeschnittene Tarnidentität erstellt.“ Schlagartig bekam der Bakuraner große Augen. Vielleicht stand sogar dessen Mund kurzzeitig fassungslos offen. „Auf Amiral Karsteens ausdrücklichen Wunsch hin, soll besagter Lieutenant für die Dauer der Mission in die Rolle von Ivar Karsteens Neffe (nichtehelicher Herkunft) schlüpfen: Capitaine de Corvette (Lieutenant Commander) Rowan Karsteen. Um der Familie aber keine Schande zu bereiten, wird selbstverständlich erwartet, dass besagter Lieutenant sich in den nächsten Tagen bis zum geplanten Auslaufen der 'Aliéstra' gesonderten Lehrstunden auf dem nahen Landsitz der Familie unterzieht.“

„Durch Ihr Duell mit Comte Roice sind Sie aufgefallen, Lieutenant“, warf Jolene Mirtan nun ohne Umschweife ein. „Ich weiß nicht, was Ihre Botschaft für Sie vorbereitet hat. Da Sie in nächster Zeit aber weiter auf einem Kriegsschiff unter cygnischer Flagge dienen werden, werden Sie durch dieses Angebot am Besten auf Ihre künftige Rolle vorbereitet werden.“

Unschlüssig sah Noak zu dem imperialen Botschafter. Dieser erwiderte kurz dessen Blick, musterte dann die blonde Offizierin und erwiderte dann beinah frostig: „Captain, Fremyn gehört Ihnen.“

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | Cygnische Admiralität | Besprechungsraum || Lieutenant Noak Fremyn, Botschafter von Milaris, Captain Mirtan und Ensign Crobb]
 
[Mid Rim | Esaga-Sektor | Auf dem Weg ins Cygnus-System | Hyperraum | VGL Thor, Brücke | Lieutenant-Commander Tej Darran, Brückenbesatzung]


Seine Rückbeorderung nach Cygnus B kam für Tej etwas überraschend. Natürlich war er mit seinem neuen Kommando, der Vigil-Klasse Thor noch immer der 3. Flotte zugeordnet, allerdings hatten sie die letzten Monate mit Aufklärungstätigkeiten nahe des Hutt-Raumes verbracht, also durchaus etwas Abseits der Heimatwelt des Sternenimperiums. Dennoch operierte die ‚Thor‘ natürlich immer noch nahe der 3. Flotte. Bis auf ein paar Geplänkel mit allzu mutigen Piraten und Briganten war auch nichts wirklich Aufregendes passiert. Immerhin war ihm gelungen, sich zumindest ein wenig mehr Respekt bei seiner Mannschaft zu verschaffen, durchaus ein Erfolg, wenn man den schweren Start, den er mit der Crew der Korvette gehabt hatte bedachte. Aber seine Erfolge gegen die Gesetzlosen und sein allgemeines, Ehrfurcht gebietendes Auftreten hatten ihr übriges getan. Dass keiner der Imperialen Flottensoldaten ihm beim Nahkampf-Sparring das Wasser reichen konnte, unterstrich dies nur noch. Der Farghul hatte sich ebenfalls an den relativen Komfort der Thor gewöhnt. Seine Kajüte bot ihm mehr als genügend Freiraum und sie füllte sich nun ebenfalls mit einigen persönlichen Details, welche sie nur wohnlicher machten. Natürlich hielten sich diese „Extras“ im Rahmen der imperialen Dienstvorschriften.

Was wohl seine neuen Befehle sein würden? Tej saß auf dem Kommandantenstuhl der Brücke und war in seine eigenen Gedanken versunken. Auch wenn einiges an erlebten dazwischen lag, so waren ihm doch die Ereignisse auf dem Duellplatz noch lebhaft in Erinnerung. Dem jungen Lieutenant, Fremyn war sein Name, soweit er sich entsinnen konnte, musste er seinen Respekt zollen. Er hatte ein fulminantes Duell hingelegt und dieses natürlich auch gewonnen, ein wirklich würdiger Offizier, wie Tej nun fand, auch wenn es anfangs ganz und gar nicht danach aussah. Vermutlich war er sogar, in Standardjahren gesehen, älter als er selbst. Wie es ihm wohl ergangen war. Tej glaubte sich zu erinnern, dass es für ihn zum Zeitpunkt, an dem er selbst Cygnus verlassen hatte um sein neues Kommando anzutreten, noch keinen Marschbefehl gegeben hatte. Kurz glitten seine Gedanken in Mutmaßungen ab, die den jungen Menschen bereits als Lieutenant-Commander und Ersten Offizier eines nagelneuen Imperialen Schiffes sahen. Oder hatte man seine Taten auf Cygnus gar nicht in dem Maße gewürdigt, wie es ihm eigentlich zugestanden hätte? Tej konnte sich dies in seiner Weltanschauung des Imperiums nicht vorstellen. Wenngleich er selbst nicht selten arrogant und selbstsüchtig war, so ging ihm doch die Pflichterfüllung über alles und dieser Lieutenant hatte seine, zweifellos unfreiwillig aufgebürdete, Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt. Und der Farghul hatte dabei einen guten Kampf bekommen, etwas das ihn mit Genugtuung erfüllte. Er hatte sich nicht geirrt, dass diese Cygnischen Blaublüter nichts weiter als aufgeblassene Blender waren. Vielleicht mochten sie ihre Orden, ihren Adel und ihre Etikette haben, aber das ganze hatte auf Tej den Eindruck, dass es an Substanz mangelte. Natürlich hatte er nur wenig Zeit in den Reihen der Bewohner des Cygnischen Sternenimperiums verbringen können, aber für ihn hatte es gereicht um sich in seinen Augen eine klare, stereotypische Meinung zu bilden. Ob diese bestehen konnte, wenn er sich länger Zeit mit diesem Volk auseinandersetzen musste, würde sich – vermutlich bald – zeigen.


„Normalraumeintritt in fünf Minuten, Sir“, vermeldete die Stimme des Navigations-Matrosen. Es schwang der gewöhnliche Respekt in der Stimme des Mannes mit, ebenso wie, wie Tej leicht feststellen konnte, eine gewisse Angst. Natürlich war es nicht Tejs Absicht, sich allein aufgrund von Angst Respekt zu verschaffen, aber wenn es keine andere Möglichkeit gab, so war ihm auch diese Mittel zum Zweck. Er hatte sich nicht durch die Schikanen der Akademie gekämpft und allen Widrigkeiten seiner Herkunft und Rasse zum Trotz ein Offizierspatent und das Kommando über ein eigenes Schiff erarbeitet, nur damit ihm jetzt nicht der nötige Respekt, der einem Kommandanten und Offizier zustand, auch entgegengebracht wurde.


Zufrieden nickte er.

„Fordern sie unsere Halteposition an und gehen sie auf Empfang für Kommunikation. Ich nehme an, es wird nicht lange dauern, bis wir unsere neuen Befehle von der Avenger erhalten.“

Tej antwortete knapp, aber befehlsmäßig. Seine Mannschaft war erfahren genug, dass sie selbst wussten, was in so einem Fall zu tun war. Da jedoch sein Erster Offizier aktuell mit einer leichten Grippe im Bett lag, oblag es Tej nun selbst, die Aufgaben zu übernehmen, die er eigentlich an ihn delegierte.

Die Thor glitt elegant aus dem Hyperraum, etwa 5.000 Kilometer von der Hauptmacht der Flotte entfernt. Sofort stellte sich auf der Brücke größere Betriebsamkeit ein. Das Cygnus-System war relativ dicht frequentiert, wenngleich man der Flotte eine etwas abseitigere Position zugewiesen hatte, damit sie den allgemeinen Zivilverkehr nicht störte. Dennoch herrschte auch zwischen der Flotte und dem Planeten ein reger Verkehr. Und in der Flotte gab es auch regen Verkehr zwischen den einzelnen Schiffen. Von ihren Subraum-Antrieben getragen, glitt die Korvette auf eine Versorgungsstation zu. Die Konzentration des Kommandanten wurde hierbei voll von dem Manöver des Andockens eingenommen. Zwar hatten sie bereits in ihrer Zeit auf Patrouille bereits einige Male Nachschub erhalten, dies war allerdings meist durch Versorgungsschiffe erfolgt und nicht durch eine Große Versorgungsstation, an die gerade mehrere Schiffe bereits angedockt waren und von deren Hangars aus auch weitere Schiffe, über Shuttles und Transporter, mit allem was benötigt wurde versorgt wurden.

Zufrieden konnte Tej beobachten, dass seine Mannschaft tadellos arbeitete und es dauerte nicht lange, bis ein dumpfer Schlag das erfolgreiche andocken an die Station signalisierte. Die Antriebe fuhren herunter und die Geschäftigkeit der Brücke nahm ab. Bei so einem kleinen Schiff mussten die meisten Besatzungsmitglieder beim Bunkern mit anpacken und so verblieb auch auf der Brücke nur noch eine minimale Wache, bestehend aus einem Unteroffizier und zwei Midshipmen. Tej selbst hielt sich auch noch eine Weile hier auf. Er stand vor einem der zum Bug hin gewandten Transparitstahlfenster und ließ seinen Blick über Cygnus B schweifen, welches nun ruhig schimmernd vor der Thor lag. Das Sternenimperium hielt doch mehr Abenteuer bereit als er für möglich gehalten hatte.

Kurz darauf zeigte ein blaues Blinken an der Kommunikations-Konsole ebenso wie an der zentralen Kommandostation, das eintreffen einer Befehls-Depesche aus dem Stab der 3. Flotte ein. Zufrieden nahm Tej ein Datapad und speicherte die Nachricht, nachdem sie vollständig eingegangen war, darauf.

„Ich bin in meiner Kabine, wenn…“, setzte er an, doch das erneute blinken seiner eigenen Konsole ließ ihn stutzen. Diesmal leuchtete die Lampe gelb, was bedeutete hier kam eine verschlüsselte Nachricht herein, die ebenfalls an ihn und diesmal nur an ihn adressiert worden war.


Tej wartete kurz, etwas verdutzt auf die Konsole starrend, bevor er ein zweites Datapad zur Hand nahm und diese Nachricht ebenfalls an sich nahm, doch diese löschte er danach aus der Konsole, dem Protokoll entsprechend.

„Ich bin in meiner Kabine und wünsche nicht gestört zu werden, außer es ist dringend“, meinte er knapp an den Unteroffizier gewandt und diesmal ohne unliebsame Unterbrechung bevor er die Brücke, ohne eine Antwort abzuwarten, verließ und mit dem Turbolift zwei Stockwerke tiefer in seine Unterkunft fuhr.


In gewisser Weise hatte er in diesem Gang seine Ruhe. Seiner Kabine benachbart lagen lediglich die Kabine seines Ersten Offiziers Thomas Wayland, zwei Kabinen für Passagiere und ein großzügiger Konferenzraum, an den ein kleines, Abhörsicheres Besprechungszimmer angeschlossen war.

Tej zog es jedoch, selbstverständlich in seine eigene Kabine. Er schloss die Tür hinter sich und setzte sich an seinen Schreibtisch.


Zuerst nahm er sich die normale Depesche vor. Sie war nicht zusätzlich verschlüsselt, sondern nur mit der normalen Flottenverschlüsselung versehen. Theoretisch konnte jedes Mitglied der Flotte sie mit einem entsprechenden personalisierten Code öffnen, in diesem Fall traf dies jedoch nur auf Offiziere der Thor zu. Tej tippte seinen persönlichen Code ein und die Schlüsselmaske löste sich.




~~~

***Einsatzbefehl: Esaga_Sektor, Dritte_Gefechtsflotte/ADM Nerethin, Elysa <ISD AVENGER>

***CPT Marler_Lance <ISD AVENGER>
***LCDR Darran_Tej <VGL Thor>


Betreff:

_Neue Einsatzbefehle, Einsatzcode GAMMA_7-9-2-1-2-4_ZULU-------------------------------

_Begleitung und Überwachung Cygnische Expeditionsflotte in TION-CLUSTER-------------------

_Flaggschiff des Verbundes >ALIÉSTRA> CO: CPT FROUD, XO: LT FREMYN NOAK----------------


_CYGN-CO Weißungsbefugt, keine eigenständigen Kampfhandlungen freigegeben!---------------

_Verteidigung und eigenständiges manövrieren im Rahmen gestattet----------------------------

_Nicht direkt unter Kommando von CYGN-CO--------------------------------------------------

_Treffen mit CYGN-GRP um 17-22, POS 4224-C-687-O-----------------------------------------

_Weiterflug in Chalacta-System… Suche nach legendärer Schatzflotte---------------------------


-------------------------------------------Ende----------------------------------------------


~~~


Tej las sich die Nachricht direkt ein zweites Mal durch. Er sollte sich also mit einem Cygnischen Expeditionsverbund treffen, welcher auf dem Weg in den Tion-Cluster war um dort eine Schatzflotte zu suchen? Das allein klang schon nach einem schlechten Scherz. Und das alles sollte unter Der Aliéstra erfolgen? Natürlich war auch ihm dieses besondere, eigentlich technisch veraltete Schiff der königlich-cygnischen Flotte ein Begriff. Und er sollte mit der Thor daran teilnehmen und die Mission Beobachten? Das war ziemlich gefährlich, vor allem wenn man bedachte, wie nah sie das an den Raum der Neuen Republik heranbrachte. Tej wollte nicht derjenige sein, der aus Versehen eine Grenzverletzung provozierte und den Vertrag von Umbara brach. Die Cygnier konnten sich das erlauben, sie waren ein neutrales Sternenreich, welches zwar enge Beziehungen zum Imperium pflegte, aber mehr auch nicht. Dennoch, Befehl war Befehl. Doch warum dann der zweite, gesondert verschlüsselte Befehl, der nur auf seinen Namen lautete. Tej kratze sich nachdenklich an seinem felligen Kinn. Es half nichts, so viel war sicher und er beschloss einfach die andere Depesche gleich mit zu lesen. Bei ihrem öffnen sah er jedoch eine gänzlich andere Verschlüsselungsmaske. Diesmal stand das Feld nur ausdrücklich für seinen eigenen Code offen. Außerdem lief ein Timer herunter, vor dessen Ablauf diese Depesche nicht geöffnet werden konnte. Zu guter Letzt war sie noch mit einer Notiz versehen.




***


-------------------------------------Notfallplan GAMMA_7-9-2-1-2-4-ZULU----------------------------------------------

…Nur öffnen bei kritischem Fehlschlag von Einsatzcode GAMMA_7-9-2-1-2-4-ZULU

…Freigabe für LCDR DARRAN_TEJ, nur zu öffnen mit persönlichem ID-Schlüssel

-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


***

Der Lieutenant-Commander staunte nicht schlecht. Offenbar wussten hier seine Vorgesetzten deutlich mehr, als er selbst. Ein gesondert verschlüsselter Notfallplan war im mindesten eine Seltenheit. Und er selbst hatte das letzte Mal auf der Akademie von so etwas gehört. Normalerweise wurden solche Pläne lediglich bei äußerst heiklen, verdeckten Operationen beigelegt. Offenbar lag hier eine äußerst heikle Mission vor. Was nur verständlich war, da er so nah am Republikanischen Einfluss- und Hoheitsgebiet operieren würde. Und die Thor konnte man nicht als ein Cygnisches Schiff des Trosses tarnen. Tejs Gedanken kreisten dennoch um einige Mutmaßungen, was sich in diesem Moment bei aller Disziplin und Linientreue gar nicht vermeiden ließ. Dennoch blieb ihm der Inhalt des Planes verwehrt. Und Tej würde sich auch hüten, ihn zu öffnen, wenn nicht wirklich ein entsprechender „Kritischer Fehlschlag“ der Mission vorliegen würde. Der Vorteil eines solchen gesondert verschlüsselten Notfallplanes war natürlich, dass, wenn der Fall der Fälle nicht vorlag, niemand je wieder dessen Inhalt, egal welcher Art je wieder zu Gesicht bekommen würde. Vielleicht forderte dieser Notfallplan Hochverrat, oder ein anderes Kapitales Verbrechen. Tej würde es hoffentlich nie erfahren.


[Mid Rim | Esaga-Sektor | Orbit um Cygnus B, 3. Imperiale Gefechtsflotte, Versorgungsstation | VGL Thor, Kabine des Kommandanten, zwei Decks unter der Brücke | Lieutenant-Commander Tej Darran]
 
[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | Cygnische Admiralität | Innenhof | vor einem Obelisken || Lieutenant Noak Fremyn, Lord Admiral Karsteen und Captain Mirtan]

Unter den schweren, ledernen Offiziersstiefeln, die Noak trug, knirschte ganz leise der Schnee als er Lord Admiral Ivar Karsteen und Captain Jolene Mirtan über den Innenhof der Admiralität zu einem pechschwarzen Obelisken folgte. In das von Cygnus' äußersten Asteroidenring stammende Obsidian hatte man die Devise der ersten Protektoren in goldenen Lettern eingraviert. Doch da die Vorfahren der meisten (menschlichen) Cygniern von irgendwelchen Planeten im tionesischen Raum stammten, hatte man das Credo nicht im allseits bekannten Aurebesh verfasst, sondern in Alt-Tionese. So hatte man es jedenfalls dem jungen Bakuraner im Laufe der letzten Standardwoche beigebracht als er – in Vorbereitung auf den anstehenden Undercover-Einsatz – das im Dragon-Massif gelegene Karsteen-Anwesen besucht hatte, um künftig die Rolle von Capitaine de Corvette (Lieutenant Commander) Rowan Karsteen zu spielen.

Schweigend blieb er wenige Schritte später neben dem Kommandeur der cygnischen Heimatflotte stehen, während dessen blonde Getreue – mit einem grünen Kranz im Arm – allein auf das steinerne Gebilde zuging. Damit der Imperiale in der Tion-Hegemonie einen wirklich passablen Offizier der Königlichen Streitkräfte abgab, hatte ihn in der vergangenen Woche auf dem entlegenen Länderein der Karsteen-Familie vornehmlich die Captain verschiedenste Eigenheiten der Cygnier sowie deren Militär beigebracht. Der Lieutenant, der zuletzt vor Jahren auf seiner Heimatwelt Bakura in der für den gesamten Sektor zuständigen Akademie die Schulbank gedrückt hatte, beherrschte nun diverse Floskeln, hatte sich im Umgang mit dem Rapier ein wenig verbessert und kannte die Standardcodes der Flotte. Freizeit hatte Noak in dieser Zeit dementsprechend kaum gehabt.

Obwohl auf dem felsigen Grundbesitz der Karsteens selbst bei Tag deutlich frostigere Temperaturen herrschten und in den letzten Tagen kein neuer Schnee vom Himmel gefallen war, verspürte er unter seinem schlichten Wollmantel ein leichtes Frösteln. Unwillkürlich schlang er den dicken Stoff noch einen Ticken fester um seinen drahtigen Leib. Für einen flüchtigen Moment kam ihm sogar in den Sinn kurzerhand umzudrehen und auf der Stelle ins Warme zu flüchten. Da aber der cygnische Lord Admiral neben ihm stand – und dieses Prozedere offensichtlich zu den Traditionen der Heimatflotte gehörte –, folgte er diesem verführerischen Gedanken nicht. Nein, Noak biss die klappernden Zähne zusammen, ließ den Blick weiter auf der Captain ruhen, die sich nach der stillen Kranzniederlegung nun sogar auf die Knie begab, und ließ seine Gedanken zur Aliéstra samt der noch ausstehenden Vorbereitungen wandern.

Plötzlich legte Ivar Karsteen unvermittelt seine einer Pranke gleiche Hand auf seine rechte Schulter, drückte leicht zu und fragte ihn – ohne Jolene Mirtan aus den Augen zu lassen:
„Mon fils, weißt du, weshalb die Captaine diesen Kranz niederlegt?“ Der Lieutenant, der beinah halb so alt wie der Lord Admiral war, zuckte kurz zusammen. Bestimmt hatte man ihm von dieser Tradition erzählt. Aber im Hinblick auf die Masse an Informationen, die man mit ihm, den Imperialen, geteilt hatte, hatte er ab einem gewissen Punkt einfach aussortieren müssen. Karsteen brummte unzufrieden. „Noch mag dir die Reise bis nach Argai wie eine Ewigkeit erscheinen … und durch den Aufenthalt bei Chalacta ist sogar noch etwas Zeit gewonnen, um vorhandene Wissenslücken zu schließen, aber, mon fils, eine Tarnung ist nur so gut wie ihre größte Schwäche. Je kleiner deiner Verfehlungen sind, desto weniger Probleme wirst du auf republikanischem Territorium haben. Da kannst du dir sicher sein.“

Aye, Sir“, entgegnete der Bakuraner reflexartig.

Der blaublütige Kommandeur ging auf diesen Fauxpas nicht weiter ein. Während er eine Zigarette aus der Innentasche seines schweren Pelzmantels fischte, beantwortete er die Frage selbst:
„Gut drei Jahrhunderte lang brauchte das Sternenimperium, um aus mehreren von einem Konsortium geführte Minenkolonien samt vieler verwertender Produktionsstätten eine sich selbst tragende Monarchie zu schaffen. In dieser Zeit sorgte das Corps de Protecteurs allein für die Sicherheit sämtlicher Bürger in dieser Region – und legte so den Grundstein für das Credo der Heimatflotte.“ Beiläufig zündete sich Karsteen die Zigarette an, nachdem er in seiner Brusttasche fündig geworden war. Im kalten Wind, der durch diesen Innenhof ging, flatterte dessen dichter Backenbart ganz leicht. „Im Gegensatz zum Galaktischen Imperium, dessen Streitkräfte offensichtlich in allen Ecken der Galaxie tätig werden, lassen – über die Jahre betrachtet – nur wenige, sehr wenige Einheiten der Heimatflotte die Grenze des Sternenimperiums hinter sich. Damit die Kommandanten stets im Hinterkopf behalten, dass sie in der Fremde nicht nur Seine Majestät sowie dessen Willen vertreten, sondern auch ihr Vaterland repräsentieren, legen sie hier einen Kranz nieder und Gedenken der Maxime der Heimatflotte ...“

Demut. Loyalität. Tapferkeit. Stets im Dienste der Cygnier“, warf Noak ein. „Ich verstehe, Sir.“

Derweil er eine blaue Dunstwolke in die kalte Luft blies, schmunzelte Karsteen. „Sehr gut, mon fils. Aus dir machen wir schon noch einen 'waschechten' Cygnier.“ Die Pranke, die noch immer auf der rechten Schulter des Lieutenant lag, fasste abermals zu. Bestimmt reckte er plötzlich das breite Kinn in Richtung Obelisk. „Und nun, mon fils, leiste deiner Commandante Gesellschaft. Denn ein 'echter' Karsteen macht sich nichts aus klirrender Kälte...“

***

Böiger Wind preschte ungehindert über das weitläufige Landefeld, peitschte vereinzelt den lockeren Schnee auf, zerrte lautstark an diversen Planen und schubste außerdem all jene umher, die in diesem Moment ein bisschen zu achtlos waren. Noak, der sich inzwischen mit jeder Faser seines Seins nach den warmen, windlosen Korridoren der Nebulon B-Fregatte Aliéstra sehnte, verzog säuerlich das durch Kälte leicht gerötete Gesicht, verschränkte die Arme vor der Brust, um die Wolle mehr an den fröstelnden Leib zu drücken, und stiefelte zielstrebig auf eines der wartenden Shuttles zu. 'Bestimmt halten diese Dinger diese unerträglichen Temperaturen draußen', dachte er in diesem Moment ganz hoffnungsvoll. Doch als die ausgefahrene Rampe nur noch einen „Katzensprung“ oder weniger von ihm entfernt war, ließ ihn plötzlich eine ihm wohlbekannte Stimme inne halten.


Obwohl die Stimme einen ziemlich weichen, angenehmen Ton besaß, war trotz allem der Tadel, den die damit transportierten Worte enthielten, klar zu hören. Scharfzüngig sagte die betreffende Person: „Keine Ausreden, Maréchal. Es interessiert mich nicht, welche Vorgaben die Flotte macht. Sie sind mir gegenüber nicht weisungsberechtigt. Bringen Sie, Maréchal, diese Keffis demnach binnen einer halben Stunde an Bord dieser Schrottmühle! … Oder Sie haben die längste Zeit als Unteroffizier in meiner Compagnie gedient.“ Es folgte daraufhin eine kurze Pause. Da jeder Schritt noch immer für ein leises Knirschen sorgte, konnte Noak hören wie sich der angesprochene Unteroffizier langsam entfernte. Und genau in dem Augenblick, als der Imperiale den nächsten Schritt in Richtung Rampe tätigen wollte, rief die Person plötzlich aus: Fremyn? Lieutenant Fremyn!“

Unwillkürlich zuckte der Bakuraner zusammen. Blitzartig kamen ungute Erinnerungen an das letzte Treffen mit dieser Person in ihm hoch, während gleichzeitig der linke Oberschenkel genau an jener Stelle pochte, wo vor etlichen Monaten die scharfe Rapierklinge in das nun vernarbte Fleisch ohne Probleme eingedrungen war. Um sich keinerlei Blöße gegenüber diesem Mistkerl zu geben – und in dessen Augen möglicherweise auf Ewigkeiten als „Feigling“ zu gelten –, drehte sich Noak gut einen Herzschlag später um … und blickte tatsächlich sogleich in das aristokratisch geschnittene Gesicht von Aden Roice. Der gertenschlanke Cygnier, der nicht nur gut einen Kopf größer als der Bakuraner war, sondern darüber hinaus auch noch als „Comte“ eine adlige Abstammung besaß, diente in den Streitkräften des Sternenimperiums allen Ernstes als Befehlshaber der königlichen Kavallerie. 'Was sucht denn der hier?', fragte sich Noak, während er versuchte den süffisanten Blick des Cygniers zu ignorieren.

Roice, der anscheinend gerade keine anderweitigen Verpflichtungen zu haben schien, verschränkte die Arme vor der Brust, schüttelte dabei leicht den Kopf und sagte dann:
„Was hat sich Karsteen nur dabei gedacht, mhm? Man mag einem Unkultivierten zwar neue Kleidung, einen neuen Haarschnitt, etwas Pomade und sogar einen neuen Namen geben … aber damit täuscht man jemanden höchstens auf den ersten Blick. Ich kann mir wahrlich nicht vorstellen, dass selbst das ideologisch verblendete Imperium so dämlich ist.“ Er musterte den Bakuraner von Kopf bis Fuß. Rowan Karsteen... Was hat sich der backenbärtige, mit zu viel Edelmetall behangene Schreibtischhengst nur dabei gedacht?“ Ein gekünsteltes Lachen ließ er von sich hören. Dann wurde seine Miene wieder strenger. „Ich glaube, mon oncle tat ganz gut daran, dass er letztendlich meine Compagnie mit dessen Schutz persönlich betraute. Denn sonst würde ich mir wohl auf ewig Vorwürfe machen, würde diese Mission aufgrund der Unfähigkeit eines ungebildeten Imperialen scheitern...“

Im Angesicht dieser deftigen Provokation biss Noak die Zähne zusammen. Seine Hände ballten sich unwillkürlich zu Fäusten. Und die klirrende Kälte, die ihn gerade noch hatte frösteln lassen, spielte mit einem Mal gar keine Rolle mehr. Trotzig sah der aus ganz einfachen Verhältnissen stammende Flottenoffizier in die Augen des cygnischen Reiters, während eine brodelnde Wut plötzlich von der Magengegend aus in seinen gesamten Körper strahlte. Dass die Ehre in der cygnischen Kultur einen besonderen Stellenwert besaß – und Duelle aus diesem Grund keine Seltenheit waren –, hatte er bei Captain Mirtans Lektionen gelernt. Doch sollte er nun tatsächlich Satisfaktion einfordern? Überaus ungünstig war der Zeitpunkt. Immerhin sollte die Aliéstra schon in wenigen Stunden zusammen mit zwei Carrion-Korvetten auslaufen und gen Chalacta springen. 'Roice, dieser Sohn eines garstigen Hutten, hat das mit Sicherheit geplant!' Er brummte. Zu einer längeren Entgegnung kam er aber nicht mehr, da just in diesem Augenblick die blonde Kommandantin an seine Seite trat.

„Comte, solltet Ihr Euch nicht lieber um das Verschiffen Eurer Tierchen kümmern anstatt den Ersten der 'Aliéstra' von dessen Verpflichtungen abzuhalten?“, fragte Jolene Mirtan schnippisch.

Der Reiter grinste unverhohlen.
„Ich betreibe bloß ein wenig Konversation mit meinem Landsmann. Nicht wahr, Capitaine Karsteen?“

„Ich schätze, dieses 'Gespräch' werdet Ihr wohl auf einen späteren Zeitpunkt in der Offiziersmesse verschieben müssen, Sir“
, entgegnete die Captain kühl. Dann wandte sie sich an Noak. „Monsieur Karsteen, die Mannschaft wartet auf ihren Ersten. Lassen Sie uns also zum Dock fliegen...“

Roice lächelte die beiden Flottenoffiziere kühl an als sie sich von ihm abwandten. Ein paar Schritte ließ er sie gehen, dann rief er ihnen hörbar nach: Fremyn, sollten Sie unter Umständen abermals das Bedürfnis haben, eine Lektion wie auf dem Königlichen Friedhof zu lernen, zögern Sie nicht an mich heranzutreten! Bestimmt hat dieser rostige Kahn entsprechende Räumlichkeiten … oder wir treffen uns im Hangar.“ Der Bakuraner und die Cygnerin betraten die ausgefahrene Shuttlerampe ohne sich in Richtung des rufenden Reiters umzudrehen. „So oder so werde ich der Mannschaft zeigen, dass ein Bauernjunge nicht das Zeug dazu hat, ein Landsmann zu sein“

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Königlicher Distrikt | Landefeld der Streitkräfte || Lieutenant Noak Fremyn, Captain Mirtan und Comte Roice; im Hintergrund: einfaches Personal]
 
[Mid Rim | Esaga-Sektor | Orbit um Cygnus B, 3. Imperiale Gefechtsflotte, Versorgungsstation | VGL Thor, Brücke | Lieutenant-Commander Tej Darran]


Tej stand unbewegt und mit auf dem Rücken verschränkten Händen vor den Großen Fenstern der Brücke seines Schiffes. Es fühlte sich immer noch gut an, dass sagen zu können. Die Thor war sein Schiff. Ihm oblag es was mit ihr geschah und natürlich plante er nicht, sie leichtfertig aufs Spiel zu setzten, sondern eher sie und damit sich selbst zu weiterem Ruhm zu führen, was auch immer genau das bedeuten mochte. Sein Blick war auf den Planeten Cygnus B gerichtet. Dort herrschte gerade der Cygnische Winter. Ein deutlicher Kontrast, wie er gehört hatte, zum Sommer, als er in Kaprala mit tausenden anderen die Promenaden entlangflaniert war. Der übergroße Farghul konnte von sich nicht behaupten, kälteempfindlich zu sein, dennoch bevorzugte er es hier oben zu sein, als in diesem Schlangennest voller aufgeblasener Schnösel.

Hier konnte ihm niemand dieser Cygnier auch nur annähernd das Wasser reichen. Obgleich sie es auf dem Boden sicher auch nicht konnten. Aller nichts weiter als Schall und Rauch. Seine Motivation für die Aliéstra Babysitter zu spielen hielt sich dementsprechend dann auch in Grenzen. Denn so fasste er seine Mission auf. Er sollte aufpassen, dass das Cygnische Sternenimperium keine falschen Ränkespiele mit der Neuen Republik führte. Obwohl ihnen das natürlich offiziell gestattet war, als neutrales Reich. Aber es lag sehr wohl in ihrem Interesse, das Imperium nicht zu brüskieren. So zumindest die offizielle Version. Insgeheim, das legten die ausführlichen Geheimdienstberichte offen, sehnte sich ein großer Teil auf Cygnus nach mehr Souveränität. Und eine gute Möglichkeit hierfür war aktuell natürlich der Kniefall vor dem verhassten Sammelbecken, das sich Republik schimpfte. Unversehens knurrte der Offizier unterbewusst. Als jedoch einige Meter entfernt ein Ensign an seiner Station deshalb zusammenzuckte, wurde Tej bewusst, dass es lauter gewesen sein musste als erwartet.

Noch einige Minuten verharrte sein Blick auf dem Planeten, der von hier oben betrachtet eine simple, kalte Schönheit ausstrahlte. Dann wandte er sich an den Ensign, den er gerade so verschreckt hatte. Lediglich ein leichtes Rascheln verriet dem jungen Mann, dass sein Kommandant sich bewegt hatte. Mit dem Überraschungsmoment auf seiner Seite beugte sich der über zwei Meter Große menschliche Kater zu dem Sitzenden hinunter.

„Wie ist der Status des Beladens?“

Seine Frage kam unversehens und der Fähnrich zuckte sichtlich zusammen, was den Lieutenant-Commander in einer Mischung aus Amüsiertheit und Bosheit grinsen ließ. Es war fast wie ein Spiel für ihn. Die als ach so überlegenen Menschen zuckten vor ihm zusammen. Wie grotesk. Natürlich trieb Tej dieses Spiel nie so weit, dass es ihm irgendwelche Probleme bereitete, aber es amüsierte ihn doch auch immer wieder was ein felliger Farghul in der Uniform eines imperialen Offiziers auf die Leute für einen einschüchternden Eindruck machte. Der Ensign hatte sich hingegen schnell wieder von seinem ersten Schock erholt und antworte mit um Professionalität bemühter Stimme seinem Vorgesetzten.

„Sir, wir sollten in der nächsten Stunde auslaufbereit sein, sie müssen lediglich noch die Beladungsliste überprüfen und gegenzeichnen, das Lieutenant-Commander Weyland sich weiterhin schont.“

Tej war genervt von seinem Ersten Offizier. Zuerst ließ er ihn genau wissen, dass er hier absolut unerwünscht war und dann fiel der Mann einfach so lange aus und er durfte seinen Job quasi noch mitmachen. Es wunderte ihn nicht, dass er trotz seiner 45 Standardjahre es noch nicht einmal zum Kommandanten gebracht hatte. Aber mit so einer Einstellung waren bei den wenigsten Vorgesetzten Lorbeeren zu holen. Der Farghul war sich noch unsicher, ob er das ganze ernsthafter vermerken sollte. Es ging jetzt schon lange so. Und der Lieutenant-Commander lag einfach in seiner Kabine ohne, dass man irgendein Lebenszeichen von ihm sehen konnte. Doch Tej besaß den Anstand, nicht einfach herein zu platzen, denn Thomas Weyland war doch immer noch ein Offizier, ihm vom Rang her sogar gleich und er war lediglich aufgrund der Verwendung sein Vorgesetzter. Vielleicht hätte er die Zeit bei der Flotte nutzen können, um ihn auf die Avenger oder ein anderes Schiff mit voll ausgerüsteter Krankenstation zu schicken, damit es vielleicht ein differenzierteres Bild seiner Krankheit ergeben konnte. Aber er hatte es versäumt und das Auslaufen wollte er nicht verzögern. Ihm War es lieber, als Erster denn als letzter am Treffpunkt bei Chalacta einzutreffen.

„Ich gehe in den Laderaum, Petty Officer, sie haben die Brücke bis ich wieder hier bin.“

Tej befand sich bereits im gehen und salutierte dem Unteroffizier daher nur beiläufig, doch er sah, dass dieser den Salut erwiderte. Es war nun einmal gerade keiner seiner anderen Offiziere zu gegen. Zähneknirschend bahnte er sich seinen Weg zum Turbolift. Ein oder zwei Sub-Lieutenants mit an Bord zu haben, wäre sicherlich nicht von Nachteil bei gerade einmal fünf Brückenoffizieren.

Es dauerte, der relativen Größe der Thor zum Trotz, nicht lange, bis Tej im steuerbord Laderaum der Thor stand, der bis an die Decke mit verschiedenen Kisten gefüllt war. Er wechselte ein Paar Worte mit dem für die Ladung verantwortlichen Petty Officer und ließ sich die Ladeliste zeigen. Halbherzig überflog er sie und lauschte dabei den Ausführungen des Ladungstechnikers. Sie hatten das Maximum an Ladekapazität gebunkert. Ein Umstand der Tej stutzig machte, aber es war dennoch nachvollziehbar. Das Gebiet, dass sie durchlaufen würden, war bekannt für seine ausufernde Piratenpopulation und auch der Hutt-Raum lag nicht weit. Man konnte hier sehr leicht an jeder Ecke auf allerlei Briganten oder anderes Gesocks treffen und natürlich sollten sie die Thor nicht unvorbereitet erwischen. Am Ende der Liste stoppte er kurz. Hier galt es genauer nachzulesen. Drei Kisten waren, wie auf der Liste bestellt, unmarkiert an Bord genommen. Das war ungewöhnlich. Soweit Tej wusste, trug jede Kiste eine Kennung, welche sie klar zuordnungsbar machte. Viele Kisten konnten sogar mit personalisierten Nummern im Ladungssystem nach ihrem gesamten Inhalt durchforstet werden, was natürlich die Suche nach einem speziellen Gegenstand vereinfachte.

„Zeigen sie mir die Unmarkierten Kisten, Petty Officer.“

Die Stimme des Kommandanten hatten einen ungewohnt freundlichen Ton und es klang fast mehr nach einer Bitte, als nach einem Befehl. Der Mann kam dem natürlich sofort nach und führte Tej durch die Türme an Kisten zu drei einzelnen, nebeneinander aufgestellten, dunkelgrauen Kisten in einer Ecke. Der Farghul nahm sie kurz in Augenschein. Er hatte natürlich eine Vermutung, was es mit ihnen auf sich haben konnte, aber er wollte sehen, ob sie sich auch bestätigte. Die Kisten waren schlicht und einfarbig, ohne Schnörkel oder anderes. Lediglich ein kleines Tastenfeld, sicher für einen Entriegelungscode gedacht, unterbrach diese imperiale Einheitlichkeit. Das genügte, um seinen Verdacht zu bestätigen. Der Lieutenant-Commander nickte bestätigend und quittierte die Liste. Er gab sie dem Lademeister zurück und salutierte, nachdem er ihm die Erlaubnis erteilt hatte, wegzutreten.

Auf seinem Weg zurück auf die Brücke dachte Tej über das gerade gesehene nach. Solche Kisten kamen meist an Bord, wenn sie an einem gewissen Zeitpunkt benötigt werden würden. Und Tej vermutete, dass dieser Zeitpunkt dann sein würde, wenn er den besagten Notfallplan, den er zuvor mit seinem neuen Einsatzbefehl erhalten hatte, öffnen würde müssen. So langsam wuchsen Bedenken über diese scheinbar einfach Babysitting-Mission in ihm. Doch es gab keine Chance mehr sie kundzutun. Er musste einfach in seine Fähigkeiten und die seiner Crew vertrauen und dann würden sie diese Mission schon heil überstehen.

Zurück auf der Brücke, hatte sich diese bereits wieder gefüllt mit der Besatzung, die vorher mit der Beladung des Schiffes beschäftigt gewesen war. Alle schienen bereit zu sein, um aufzubrechen, was Tej mit Zufriedenheit erfüllte. Die letzten Monate hatte der Drill seiner Mannschaft große Fortschritte gemacht. Und der anfängliche Missmut darüber hatte sich auch früh nach den ersten erfolgreichen Gefechten in Luft aufgelöst.


„Kommunikation, Freigabe zum Auslaufen von der Flotte erbitten. Schiffstechnik, abtrennen der Verbindung vorbereiten. Und holen sie grünes Licht von der Versorgungsstation ein, dass alles erledigt ist.“


Tej hatte bereits zu sprechen begonnen, bevor er sich überhaupt in seinen Kommandostuhl gesetzt hatte. Und nur kurz danach wurde es geschäftiger auf der Brücke: Die Kommunikation sendete die Funksprüche und die Schiffssysteme wurden routinemäßig geprüft. Kurz darauf kam die Freigabe der Flotte und langsam und elegant begann sich die Thor an der Versorgungsstation vorbei zu schieben. Sie manövrierten in einen freien Korridor zwischen der Dritten Flotte und Cygnus und gingen dann auf die maximale Unterlichtgeschwindigkeit und gewannen erst etwas Abstand zur Umlaufbahn und der Geschäftigkeit von Cygnus, bevor sie ihre Überlichttriebwerke aktivieren würden. Es gab ja auch schlicht keinen Grund zu solch einer Eile, dass sie direkt von ihrer Liegeposition einen Sprung durchführen mussten.

Kurz darauf erwachte der Hyperraumantrieb der Korvette heulend zum Leben und sie beschleunigte schneller als das Licht, mit dem Ziel Chalacta.



[Mid Rim | Esaga-Sektor | Hyperraum | VGL Thor, Brücke | Lieutenant-Commander Tej Darran]
 
[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Orbit || Werftanlage | NBF „Aliéstra“ | Deck Zwei | Brücke || Lieutenant Noak Fremyn, Capitaine Mirtan, Capitaine Froud und die Brückenbesatzung der Ersten Wache]

Kurz nachdem sich die Stahltür zischend geöffnet und er den ersten Fuß in den Raum gesetzt hatte, kündigte ihn sogleich die tiefe, kräftige Stimme des Wachpostens lautstark an: „Premier Officier auf der Brücke!“

Obgleich der drahtige Bakuraner schon die letzten sechs Standardmonate (ununterbrochen) an Bord der Aliéstra verbracht hatte, sich nichts geändert hatte und die alte Nebulon B-Fregatte demnach zu einer Art Zuhause für ihn geworden war, fühlte er sich in diesem Augenblick trotzdem irgendwie fremd. Diese ungewöhnliche Wahrnehmung lag höchstwahrscheinlich in dem Umstand begründet, dass er in den nächsten Wochen nicht er selbst, Noak Fremyn, sein würde, sondern – vordergründig um die Neue Republik zu täuschen – als ein gewisser „Rowan Karsteen“ auftreten würde. Um diese Scharade in der Fremde möglichst glaubhaft erscheinen zu lassen, hatte man ihn in den letzten paar Tagen einen kurzen Crash-Kurs hinsichtlich cygnischer Gepflogenheiten gegeben, ihm einen neuen, für die Verhältnisse im Mittleren Rand überaus modernen Haarschnitt verpasst und ihn anschließend in eine minzgrüne Uniform der Heimatflotte gesteckt.

Doch nicht nur diese Dinge, an die er sich eigentlich schon gewohnt hatte, hatten ihn aus der Bahn geworfen. Etwa eine ganze Stunde bevor sich der Imperiale auf den Weg zur Brücke gemacht hatte, um dem Auslaufen der Aliéstra von der Brücke aus beizuwohnen, hatte er sein Quartier (wieder) bezogen. Nachdem er die winzige Kabine kurz, aber gründlich in Augenschein genommen hatte und seine persönliche Habe in Spind sowie Truhe verstaut war, war ihm zufällig der in die Außenwand eingelassene Waffenschrank aufgefallen. Normalerweise befanden sich darin sein Dienstblaster, drei Energiezellen als Magazine und ein leichter Brustpanzer. Aus Gründen der Sicherheit an Bord von Kriegsschiffen hatte dieser massive Schrank stets verschlossen zu sein. Schließlich sollte sich kein Unbefugter dieses sehr brisanten Inhalts einfach so bemächtigen können. Doch zu diesem Zeitpunkt war dessen Tür bloß angelehnt gewesen – und im Inneren ruhte (überraschender Weise) das ihm nur allzu bekannte Rapier der Samick-Familie.

Capitaine de Frégate Jessa Froud, die zusammen mit Capitaine Mirtan vor einer Navigationskonsole stand und augenscheinlich den angedachten Kurs diskutierte, winkte den Bakuraner zu sich, sobald sie ihn auf der kleinen, relativ überfüllten Brücke – zwischen all den besetzten Konsolen – erblickt hatte.
„Monsieur Karsteen, ich habe ein Anliegen an Sie.“ Die gestandene Offizierin, die ihr dunkles Haar streng nach hinten gebunden trug, musterte ihn aufmerksam. Wenngleich sie die letzten sechs Monate auch ziemlich gut als Kommandant und Erster Offizier miteinander ausgekommen waren, ruhte in ihrem Blick noch immer eine gewisse Strenge. „Ich habe mich dazu entschlossen, dass Sie gleich auf dem Chaise du Capitaine Platz nehmen und die 'Aliéstra' aus dem Dock führen werden.“ Bevor Noak überhaupt irgendwie auf diese Anweisung reagieren konnte, hob Capitaine Froud eine Hand abwehrend. „Ihr Onkel, der Amiral, hatte sich diesbezüglich glasklar ausgedrückt. Diese Fahrt soll Ihre Reifeprüfung zum Kommandanten sein...“

Da er im ersten Augenblick nicht wusste, ob man ihm damit nun eine Ehre erweisen wollte oder ob man ihn lediglich prüfte, schluckte Noak zögerlich. Immerhin hatte er bislang bloß auf einer äußerst ereignislosen Patrouillenfahrt – also weit entfernt von irgendeinem klobigen Werftdock – im Stuhl des Kommandanten sitzen dürfen. Sogleich stürmte eine überwältigende Vielzahl an Dingen, die er irgendwann einmal in irgendwelchen Lektionen zu diesem Thema auf der Sektormilitärakademie zu Bakura gelernt hatte, auf ihn ein. Sowohl Jessa Froud als auch Jolene Mirtan musterten den jungen, schwarzhaarigen Offizier in diesem Moment eingehend, weshalb dessen Herzschlag noch lauter als sonst war und sich die eine oder andere glänzende Schweißperle auf seiner Stirn zeigte. Doch wollte er irgendwann einmal tatsächlich strahlenden Vorbildern wie Captain Selgorias oder Commander Aaronson nacheifern, musste er auch solche Sachen ohne Zögern beherrschen.

Zu seinem Glück hielt die verwunderte Starre bloß einen flüchtigen Wimpernschlag an. Und sobald er seine Perplexität erfolgreich abgestreift hatte, begegnete er dem Blick der beiden uniformierten Damen mit dem selben Ernst, salutierte wie ein gebürtiger Cygnier und stolzierte anschließend ohne jegliches Zögern auf die Mitte der Brücke zu, wo der Stuhl des Kommandanten stand. Derweil die anwesenden Ressortoffiziere die allerletzten Vorbereitungen vornahmen und nur für die Bildschirme der stets brummenden Konsolen Augen zu haben schienen, warf ihm das eine oder andere Mitglied seiner Wache einen heimlichen Blick zu. Für den Moment blendete Noak die Brückenbesatzung der Aliéstraaus als er sich auf dem Stuhl niederließ. Schnell huschten die Finger seiner rechten Hand über das in die Armlehne eingelassene Eingabefeld und aktivierten so verschiedene Displays. Kurz schloss er seine beiden Augen, atmete tief durch, beruhigte das laut schlagende Herz in seiner Brust und sammelte seine Gedanken für die nun vorzunehmenden Handlungen.

Knapp eine Minute mochte vergangen sein als er Schritte hinter sich hörte. Froud und Mirtan hatten sich von der Navigationskonsole gelöst und waren ihm zum Stuhl des Kommandanten gefolgt. Statt der älteren, brünetten Cygnierin, die eigentlich über die betagte Nebulon B-Fregatte gebot, wies ihn nun die blonde Capitaine an.
„Es ist an der Zeit, Monsieur Karsteen. Bringen Sie uns endlich wieder in das schwarze, luftleere All.“

Aye, Madame“, entgegnete der Erste Offizier, öffnete seine Augen wieder und ließ den Blick dann kurz von Station zu Station schweifen. Ruhig, aber fest klang seine Stimme als er sich dem ersten Ressortoffizier – der technischen Abteilung – zuwandte. „Matériel, Status?“

Enseigne Ekiam Nasscal, ein breitschultriger, von einer Minenkolonie stammender Cygnier, gab auf der Stelle mit ruhiger Stimme dem Ersten Offizier eine Antwort: „Monsieur, der Maschinenraum meldet in allen Sektionen grünes Licht. Das Lebenserhaltungs- sowie dessen Untersysteme laufen problemlos, die Leistung des Hauptgenerators liegt seit der letzten Wartung innerhalb der optimalen Parameter und die Antriebssektion – also sowohl der Sublicht- als auch der Hyperaumantrieb – ist bereit zum Auslaufen.“

Communication?“, fragte Noak die nächste Station, nachdem er die Meldung auf seinem Display flüchtig überprüft hatte.

Miran Baptiste, die rothaarige Kommunikationsoffizierin, straffte unwillkürlich ihre Haltung, bevor sie Meldung machte:
„Signal hat die Arbeit aufgenommen, Monsieur. In- wie extern sind sämtliche Gerätschaften bereit.“ Kurz hielt sie inne, tippte routiniert auf das Eingabefeld und las die neusten Daten. „Und soeben hat uns der Dockmeister die Freigabe zum 'Auslaufen' gegeben. Den Leitstrahl übermittel ich ... jetzt ... an die Navigation.“

Sehr gut“, lobte er die subalterne Offizierin. „Vol, wie ist Ihr Stand?“

Der Flugleitoffizier, Sous-lieutenant Quee, der ebenfalls eine Station auf der Brücke hatte, meldete stoisch: „Das Xg-Un Squadron 'Chasseur' befindet sich vollzählig im Hangar. Die Maschinen sind – genauso wie die Shuttles – fest verzurrt, das Hangartor geschlossen und eine ganze Peleton befindet sich in Alarmbereitschaft, sollte sie beim Auslaufen gebraucht werden.“

Unter normalen Umständen waren im Haupthangar einer voll funktionsfähige Nebulon B-Fregatte eigentlich immer zwei Staffeln à zwölf Sternjägern stationiert. Je nach angedachtem Missionsprofil handelte es sich dabei um irgendwelche passenden Kombinationen aus Abfangjägern, Bombern und Eskortmaschinen. Der Aliéstra, die vor mehreren Standardmonaten unter imperialem Kommando kurzzeitig sogar TIE/ad Avenger und TIE/D Defender an Bord stationiert gehabt hatte, hatte man für diesen ganz besonderen Einsatz aber bloß eine Staffel Xg-Eins Sternenflügler mitgegeben, weil der cygnische Gesandte, Duke Barret Mulran, eine persönliche Leibgarde der Königlichen Kavallerie – kommandiert von seinem eigenen Neffen – mit nach Chalacta und Argai zu nehmen gedachte. Statt den Platz im großen Haupthangar also für die Maschinen einer zweiten Sternenflügler-Einheit oder sogar einer Staffel Xm-Eins Raketenboote zu nutzen, hatte man provisorische Unterbringungen für die Keffi aufgestellt und den restlichen Freiraum anschließend Landungsschiffe zugestanden.

Artillerie?“, wandte sich Noak kurz darauf an den Ressortoffizier Feuerleitstation.

Lieutenant Rebeyr, ein pinker Nichtmensch, räusperte sich.
„Die Schildgeneratoren haben die letzte Überprüfung ohne einen einzigen Fehler überstanden; sie zeigen nun grünes Licht an, Capitaine Karsteen. Sämtliche Geschütze sind zudem auf Stand-by und die Munition ist inzwischen sicher auf dem Waffendeck verstaut. Die Bereitschaftsstufe liegt – entsprechend dem Werftaufenthalt – aktuell noch bei Stufe 'Cinq'. Sobald das Dock verlassen wird, hebe ich sie aber auf Stufe 'Quatre' an.“

Danke“, entgegnete der Bakuraner, machte sich ein paar Notizen und ließ seine Aufmerksamkeit zur nächsten Sektion springen. „Analyse sensorielle?“

Lieutenant Jaek Davout, ein bleicher Fastmensch mit purpurner Haarpracht, blickte kurz von seiner Konsole auf. „Monsieur Karsteen, derzeit beziehen wir unsere externen Informationen größtenteils noch von der Werft. Doch mein letzter Check-up ergab ebenfalls keinerlei Komplikationen. Selbst die Modifikationen, die wir für den letzten Patrouillenflug verpasst bekommen haben, funktionieren noch einwandfrei.“

Sehr gut, Monsieur Davout“, sagte der Erste Offizier der Aliéstra, der im bequemen Stuhl des Kommandanten saß, und wandte sich dann dem letzten Ressortoffizier zu. „Navigation, wie ist Ihr Status?“

Hinter seiner Konsole richtete sich Traest Kovas, Enseigne de vaisseau de première classe, auf, sah den schwarzhaarigen Capitaine de Corvette mit ernster Miene an und meldete pflichtbewusst. „Das Steuerruder ist bereit für Ihren Weisungen, Monsieur. Die Antriebssektion schnurrt wie ein wirklich gut gefüttertes Kätzchen, der Kurs zum Sprungpunkt steht – und ist schon gegengeprüft! – und den Leitstrahl haben wir erhalten.“

Mit ein paar flinken Fingerkombinationen auf dem Eingabefeld seiner rechten Armlehne vermerkte Noak natürlich auch diese Meldung im Protokoll. Die in die Jahre gekommene Nebulon B-Fregatte, die bislang bloß während des letzten Feldzugs gegen die Hutten und auf diversen Patrouillenfahrten kurzzeitig das Sternenreich verlassen hatte, war bereit für ihre wohl längste Reise. Schon allein bis nach Chalacta würde das schlanke Kriegsschiff wohl mehrere Tage brauchen. Argai, das dann noch deutlich weiter entfernt lag, würden sie dementsprechend erst in Wochen erreichen. Dass das Schiff längst wieder unter „Strom“ stand und demnach bereit fürs Auslaufen war, spürte der Flottenoffizier durch das leichte Vibrieren. Die Aliéstra drängte in Richtung All. Um sich zu vergewissern, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war, drehte er sich kurz zu Froud und Mirtan um. Beide nickten ihm zuversichtlich zu. Somit erhob sich der Bakuraner aus dem Stuhl, wobei das synthetische Leder leise knarrte.

Équipage, diese stolze Madame hat viel zu lange geruht“, verkündete er mit voller Inbrunst in seiner Stimme. „Sie sehnt sich nach der luftleeren Schwerelosigkeit – so wie wir auch. Wollen wir ihren sehnlichsten Wunsch nun also endlich in Erfüllung gehen lassen...“

Der längliche Stahlkoloss, der bislang regungslos in dem großen Dock geruht hatte, schien langsam zu neuem Leben zu erwachen. Hell leuchtete die Hecksektion, wo der Hauptantrieb zu finden war, auf und drängte die noch an diversen Stellen mit der Anlage verbundene Fregatte sanft in Richtung Öffnung. Begleitet von einem ziemlich lauten Knall, der in der dünnen, künstlichen Atmosphäre zu hören war, lösten sich mit einem Mal mehrere Schläuche von dem Schiff. Langsam, ganz langsam tastete sich die Aliéstra aus dem Dock. Drohnen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch verschiedene Schweißnähte entlang der Hülle nachgezogen hatten, schwärmten eilig auseinander als plötzlich der Deflektorschild flackernd reaktiviert wurde. Einem Leitstrahl zielstrebig folgend, ließ die Nebulon B-Fregatte nicht nur die Werftanlage zunehmend hinter sich, sondern kam außerdem auch nicht mit dem übrigen Verkehr im System in Berührung.

Auf dem Weg zum am Systemrand gelegenen Rendezvous-Punkt mit den beiden neuen, cygnischen Korvetten der Carrion-Klasse kam die alte Fregatte zufälligerweise nicht nur am Flaggschiff Seiner Majestät, dem Sternzerstörer der Procursator-Klasse Crête du Cygnus, vorbei, sondern passierte kurz darauf auch die Accuser, Rear Admiral Kratas' Kommando. Beiden erwies das Kriegsschiff seinen Respekt, indem es auf der abgewandten Seite eine dem jeweiligen Rang entsprechende Zahl an Salutschüssen abfeuerte. Über den diplomatischen Komkanal übermittelte die Aliéstra beiden Sternzerstörern sogar zusätzlich noch die (vorher aufgezeichneten) Grüße der Kommandantin. Doch sobald sie zwischen sich, der Hauptwelt und Heimat- sowie Dritte Gefechtsflotte genügend Abstand gebracht hatte, beschleunigte sie das Tempo merklich. Schneller, immer schneller näherte sich die Fregatte dem Treffpunkt. Schon konnten ihre Sensoren die beiden Begleitschiffe erfassen.

Jessa Froud, die bis zu diesem Moment schweigend hinter dem Stuhl des Kommandanten gestanden und Noak aufmerksam beobachtet hatte, klopfte dem Bakuraner kameradschaftlich auf die Schulter.
„Premier, das haben Sie großartig gemacht. Ihr Onkel wäre stolz auf Sie. Doch Sie können nun die dem wachhabenden Offizier zugedachte Station belegen. Ich übernehme das Kommando.“ Sogleich machte der junge Imperiale der beinah doppelt so alten Cygnierin Platz. Diese ließ sich auf der in der Mitte der Brücke befindlichen Sitzgelegenheit nieder und wandte sich danach Jolene Mirtan zu. „Capitaine, falls Sie noch ein paar Worte an unseren gesamten Verband richten möchten, haben Sie nun die Gelegenheit dazu.“

„Madames et Monsieurs, uns wird eine besondere Ehre zuteil“
, sprach die blonde Offizierin zu der sie anschauenden Brückenbesatzung, nachdem sie sich vor den Hauptbildschirm gestellt hatte. Aber in diesem Moment lauschten ihr nicht nur jene Personen, die sich gerade auf der Brücke befanden, sondern Dank der Kommunikationsstation drang ihre Stimme nun aus sämtlichen Lautsprechern an Bord – sowie leicht verzögert auf den beiden Korvetten. „In der Vergangenheit haben nur wenige Schiffe unserer geliebten Heimatflotte die Heimat verlassen. Stets fesselte uns die Bedrohung durch die Hutten sowie deren nicht minder kriminellen Handlanger an unsere eigenen Grenzen. Und ohne Wenn und Aber erfüllten wir diese Pflicht. Wir schlugen huttische Aufklärer in die Flucht, schützten unsere Konvois und räucherten Piratennester aus.“ Die anwesenden Cygnier nickten zustimmend. „Doch nun müssen wir unserem Vaterland auf eine andere Art und Weise dienen. Der Trône schickt uns in die Fremde – nach Chalacta; nach Argai. Wir sollen den Dienst für ihn, Vortre Majesté, sowie unser Vaterland dort erfüllen. Um nicht zu vergessen, wofür wir die Heimat hinter uns lassen, habe ich im Namen der 'Aliéstra', der 'Fusilier' und der 'Pisteur' am Obelisk einen Kranz niedergelegt.“ Sie pausierte noch einmal kurz. „Mögen wir uns dieser Ehre als würdig erweisen...“

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Außenkurs || Eingreifgruppe „Voleur“ | NBF „Aliéstra“ | Deck Zwei | Brücke || Lieutenant Noak Fremyn, Capitaine Mirtan, Capitaine Froud und die Brückenbesatzung der Ersten Wache]

[OP: Weiter im Chalacta-Thread.]
 
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