In jedem dieser Fälle haben wir es aber aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer Gemeinordnung zu tun, die auf einen Notstand zumindest rudimentär vorbereitet war. Die Republik war gänzlich unvorbereitet und schon in Friedenszeiten kaum überlebensfähig (meine persönlichen Überlegungen zu diesen Gründen wurden im Allgemeinen Forum hinreichend dargelegt und bedürfen keiner weiteren Zusätze).
Gehen wir von der von den Filmen aufgezeigten und vom EU (unter kompletter Nicht-Berücksichtigung fundamentaler Fakten) ausgefüllten Kontinuität aus, gab es offenbar mehrere Republiken. Die vorletzte davon wurde anscheinend im oder kurz vor dem Krieg zermalmt, der das Ende der alten Sith bedeutete, um nach dem - für die Jedi siegreichen - Ende dieses Krieges durch eine neue Republik ersetzt zu werden, der wir dann in der Prälogie begegnen.
Zu diesem Zeitpunkt galten die Sith, mal wieder, als ausgerottet, eine Ära des ewigen Friedens stand vor der Tür, alle waren besoffen vom Siegestaumel und machten sich in dieser überschwänglichen Atmosphäre daran, eine neue, bessere Republik zu schaffen.
Das Ergebnis ist eine Art Zentral-Konföderation mit föderativen Anleihen, ein seltsames Zerrbild einer Präsidentialdemokratie, in der ein Rat aus Planetenvertretern die Regierung bestimmt (die aus einem einzelnen Mann besteht
).
Aus vagen Andeutungen wissen wir ferner, daß es eine Gerichtsbarkeit gibt. Genau genommen kennen wir nur einen Obersten Gerichtshof, aber wenn es einen obersten gibt, gibt es vielleicht auch ein paar nachgeordnete.
Zumindest scheint dieser Oberste Gerichtshof für Zivil- und Strafrechtsfragen zuständig zu sein (ersteres läßt sich aus den Überlegungen Amidalas in Episode I, letzteres aus Sio Bibbles Hinweis in Episode II schließen).
Ob eine Verfassungsgerichtsbarkeit besteht, wissen wir meines Wissens nicht.
Hüter der Verfassung scheinen die Jedi zu sein, die am Ende von Episode II den Senat im Auge behalten wollen, was immer das bedeuten mag. Mich persönlich erinnert diese Bemerkung an die Episode im Galaktischen Museum in der X-Wing-Reihe, wo die Piloten erfahren, daß Palpatine die Republik vor einer Jedi-Diktatur retten wollte. Völlig absurd scheint mir diese Deutung der Fakten nicht.
Ferner könnte die Senatsszene von Episode II ein Hinweis auf eine solche Funktion der Jedi zu sein: in Episode I war kein Ratsmitglied bei der Anhörung von Amidala anwesend, in Episode II - als eine verfassungsändernde Entscheidung getroffen wird - sind die beiden Altersmitglieder des Rates zugegen.
Juristen spielen zumindest keine Rolle, was angesichts von Jar Jars mehr als vagem Antrag geradezu absurd erscheint.
Sei's drum. Der Senat bewilligt den Antrag. Der Kanzler erhält Sondervollmachten. Und damit endet der Antragstext.
Palpatines "Versprechungen" sind völlig belanglos. Er hat bereits Sondervollmachten, als er sie macht, sie sind nicht Teil des Antrags, also auch nicht zwingend bindend (obwohl es unter Ehrenmännern üblich sein sollte, solche Zusagen einzuhalten).
Was lernen wir also daraus?
Palpatine hat sowohl zeitlich, als auch politisch uneingeschränkte Sondervollmachten. Der Senat hat ihn - wie einst Caesar - zum Diktator auf Lebenszeit gemacht, selbst wenn er das vielleicht nicht wollte. Ändern tut das allerdings nichts.
Wenn man nun die HNNs hinzunimmt, so peitscht Palpatine bis zum 14:10:29 (ich erinnere: der Krieg wurde kurz nach dem 13:05:16 entfesselt, also etwa andertalb Jahre vorher) fünf Verfassungszusätze durch den Senat. Den Inhalt zweier dieser Zusätze kennen wir:
Statut 312b gibt den Stimmen von Kernwelten mehr Gewicht im Senat, als den Stimmen von abgelegeneren Welten.
Statut 121b verlagert die Kommandohoheit über alle Verteidigungsmaßnahmen der Republik von den Sektoren und Planeten nach Coruscant und gibt dem Obersten Kanzler damit den totalen Oberbefehl über alle militärischen Güter - sowohl Personal, als auch Ausrüstung - in der ganzen Republik.
Das nur nebenbei, mehr gibt's mit dem nächsten OSWFC-Heft.
Aber, was wir dabei erfahren ist, daß es Verfassungszusätze sind. Es gibt also eine Verfassung, die noch immer, irgendwo tief verborgen, weiterbesteht.
Wenn ich mir die deutschen Verfassung der letzten 150 Jahre betrachte, so haben sie alle eigentlich nur eine Sache gemein: die Staatsordnung wurde festgelegt (im Gegensatz zu obskuren Grundrechten oder ähnlichem). Das heißt, eine Verfassung der Republik müßte, in meinen Augen, zumindest festlegen, wer wofür zuständig ist, welche Gremien es geben muß und welche fundamentalen Ordnungsgarantien gewährleistet bleiben müssen.
Im Falle des Grundgesetzes wäre eine Sache dieser Art der Föderalismus. Wengistens zwei Bundesländer muß es geben.
Im Falle der Republik müßte - und dieses Wort gilt es hier zu betonen - also eigentlich geregelt sein, daß es immer einen Senat und einen Kanzler geben muß.
Von dieser Hypothese ausgehend, endet die Republik - einen kleinen Sonderfall ausgenommen, der gleich kommt - in dem Augenblick, in dem der Senat abgeschafft wird.
Aber: wenn wir Tarkin trauen können - und er ist der einzige Zeuge für die Frage der Senatsabschaffung - wurde der Senat nicht abgeschafft, sondern lediglich "aufgelöst - für immer".
Und eine Auflösung des Parlaments ist bekanntlich in jeder demokratischen Ordnung denkbar - nur daß es dort Regeln gibt, wann Neuwahlen stattfinden müssen. Wenn diese republikanische Verfassung allerdings so unzureichend ist, wie die Vorzeichen einem bedeuten, dann ist es durchaus möglich, daß so eine Klausel leider vergessen wurde.
Und es gibt noch einen Sonderfall: was, wenn Palpatine den Senat nie aufgelöst hat, sondern ihn nur dauerhaft vertagt hat? Dann gibt es einen Senat, aber er kann nicht zusammentreten und handeln. Völlig neu ist der Gedanke nicht, die französischen Könige haben lange Zeit das gleiche mit den Generalständen gemacht. Bis es zu spät war.
Fazit: Palpatine hat Sondervollmachten solange er lustig ist. Der Senat hat sich vortrefflich selbst entmachtet, die Jedi haben dazu freundlich genickt, und die Republik ist mit einer besoffenen Begeisterung ins Imperium gesprungen, daß es eine wahre Freude ist.
Herzlichen Glückwunsch, liebe Republik. Und viel Vergnügen weiterhin.
Kurzer Nachtrag wegen der Palpatine-Kaiser-Sache: natürlich ist Palpatine in Episode IV Kaiser, aber es ist nicht die Figur Palpatine, die wir in Episode V treffen. Der Palpatine, der im JOTW vorgestellt wird, ist ein edler aber dummer Herrscher, der von seinen Beratern beherrscht wird. Diese Charakterisierung Palpatines wurde mit seinem Auftritt in Episode V aufgehoben. An die Stelle des gerechten Kaisers tritt dort der Dunkle Lord der Sith, der seitdem als Palpatine sowohl in Episode VI, als auch in den Prälogie-Episoden aktiv geworden ist. Indirekt wird der Palpatine aus Episode IV damit auch zu diesem Dunklen Lord der Sith, aber geplant war er dort so nicht. Und das sieht man in Episode IV ja nun wirklich sehr deutlich: der Kaiser ist weit weg, Tarkin ist der absolute Chef, und Vader ist kaum mehr als ein Laufbursche. Auch die Schlacht um Yavin zeigt diese frühen Konzepte: die Feier der Rebellen am Ende ist für einen Etappensieg fast lächerlich riesig. Für einen triumphalen Sieg über das Böse und Finstere, das von Tarkin, Vader und dem Todesstern personifziert wird, ist sie hingegen mehr als passend.