Denon-System | Denon | Zone 1 | Garnisonszentrum | Exerzierplatz | Maynard Tennyson, Thane Highwind, NSCs
Eine spezielle Einheit? Nein, dem war nicht so. Sturmkommandos waren an und für sich schon eine Seltenheit auf dem Schlachtfeld, und nur bei vergleichsweise wenigen Gelegenheiten wurde wirklich Gebrauch von ihnen gemacht. Sie waren die definitive Elite der imperialen Sturmtruppe, die Besten der Besten. Es gab einige Kommando-Einheiten mit legendärem Ruf, aber die würden sich wohl kaum in einer gewöhnlichen Garnison blicken lassen. Dabei waren sie sogar so eine Seltenheit, dass selbst die meisten größeren Garnisonen keine eigene Plätze oder Quartiere für sie besaßen. Thane – der kein Offizier war, sondern lediglich die Befehlsgewalt über einen Trupp hatte – war deswegen gezwungen, mit den anderen Trupplern die Räume zu teilen. Er hatte keine Probleme damit, wenn sie seinem eigenen Team angehörten; aber das taten sie nicht. Und die dicht gedrängten Präsenzen von so vielen Soldaten, wovon die wenigsten einen schwachen Willen besaßen – sonst wären sie nicht bei den Sturmtruppen gelandet – war eine mittelgroße Herausforderung für ihn. Je markanter ein Charakter war, umso größer war sein Bedürfnis, sich von ihm zu nähren. Hier war das zum Glück anders. Sein Trupp reagierte auf seine Andersartigkeit größtenteils gleich: ihnen war es egal, dass er ein Nicht-Mensch war, dafür hatte er ihnen in zu vielen Situationen die Ärsche gerettet. Was ihnen aber sehr nahe ging war die Tatsache, dass ihr Sergeant einer beinahe mystischen Spezies angehörte, die wohlhabende Personen anheuerten, wenn sie jemanden wirklich tot sehen wollten. Für einen Anzat war ein in Auftrag gegebener Mord aus zwei Dingen interessant: erstens des Geldes wegen, und zweitens, weil die Personen, die sie umbringen sollten, meistens über eine sehr starke Persönlichkeit verfügten. Es war wie eine Droge … hatte man sich einmal von einem General genährt, würde man sich nie wieder mit Deathsticksjunkies abgeben.
Auf Tennysons Kommentar lachte er leise. Es war nur halb ehrlich gemeint und mehr der Höflichkeit entsprungen – er kannte wahrscheinlich die meisten Garnisonsgefängnisse dieses Sektors und hatte diesen Spruch mehr als einmal zu hören bekommen. Zu seinem Unglück war er gezwungen, den Lieutenant unmittelbar nach seiner Ankunft danach fragen zu müssen; er hatte einen unmenschlichen Hunger. Er musste sich nähren, und daran war etwas Absolutes. Es war mit einem Mensch zu vergleichen, der seit Tagen, Wochen hungern musste und dabei beständig an sprechenden Mahlzeiten vorbeilief. Nun ja, etwas mehr sah er schon in seinen Kameraden.
Zu seinem Glück hatte der Lieutenant verstanden, dass sein Trupp nicht zwingend dabei sein musste, wenn sie das Gefängnis aufsuchen würde. Er wusste nicht recht, wie er mit ihm umgehen sollte, wenn sie wirklich da sein würden: rein theoretisch hatte er das Recht, der Exekution beizuwohnen, aber es ließ die Menschen nie kalt, wenn sie einen Anzat bei der Nahrungsaufnahme sahen. Es lief nur selten friedlich ab, dafür hatte er noch zu wenig Übung. In vierhundert Jahren würde er seine Beute auf Kilometer anlocken können und wenn es dann so weit war, würde sie es noch mehr wollen als er selbst. Aber noch war es nicht so weit. Während Tennyson seinem zweiten Mann einen Befehl erteilte, nutzte Thane die Gelegenheit und ließ seinen Leuten einige Befehle zukommen.
„Nein, Sir. Trupp Razor, melden sie sich in einer Stunde auf dem Übungsgelände und lassen sie sich eine Simulation zuteilen. Wenn keine verfügbar sein sollte, werden sie den Hindernisparkour solange absolvieren, bis ich zu ihnen stoße. Keine Zeitmessung heute; es war eine lange Reise. Aber wenn ich höre, dass sie sich irgendwie hängen lassen …“
Er ließ eine vielsagende Pause.
„Weggetreten, Razor-Squad.“
Nach dem einheitlichen Salutieren und obligatorischen Yessir folgte sein Team dem Corporal im Laufschritt. Sie wussten, dass es beinahe an Erholung grenzte, wenn er von ihnen keine Zeitmessung verlangte – er wusste, dass die meisten es trotzdem tun würden. Die lange Zeit der Reise auf dem Sternzerstörer war nichts für sie; sie brauchten Bewegung. Auslauf, nannte er es.
Nachdem sich alle anderen Soldaten entfernt hatten, folgte er dem Lieutenant auf dem Weg zum Gefängnis. Der Bau machte wahrlich nicht viel her, doch es war die Kulisse, die ihn beeindruckte. Wie Coruscant wies auch Denon unglaubliche hohe Bauten auf, technologische Meisterwerke. Sein Volk hielt nichts von den Errungenschaften der anderen Spezies, und er konnte nachvollziehen, warum: seit der Gründung der alten Republik hatte sein Volk erst dreißig, vielleicht vierzig Generationen durchlebt. Für sie, und damit im weiteren Sinne auch für ihn, waren die galaktischen Reiche vergängliche Institutionen. Doch unabhängig von diesen Reichen existierten Massenwelten wie Denon. Ewige Jagdgründe seiner eigenen Art. Wenn er nur lange genug suchte, würde er Mitglieder seiner Spezies finden, vielleicht sogar seinen Clans.
Sie passierten den Eingangsbereich des Gefängnisses. Nicht, dass es Probleme mit ihnen gäbe – Tennyson war anscheinend wohlbekannt, und selbst wenn nicht, niemand war so dämlich und gab sich als Kommando aus, um sich Zugang zu einem imperialen Gefängnis in einer imperialen Garnison zu verschaffen. Und tada, da war die überfällige Frage. Thane nahm es dem Lieutenant nicht übel, im Gegenteil: er bewies vergleichsweise viel Taktgefühl. Eine Sache des Respekts. Allerdings machten die Umstände, dass er ein Offizier war, eine ehrliche Antwort schwieriger.
„Ja, Sir … es steht mir nicht zu, über die Beweggründe meiner – unserer Vorgesetzten zu urteilen. Wenn sie einen Moment Zeit haben … meine Akte löst dieses Problem meistens. Das hier wird wahrscheinlich nicht lange dauern. Falls sie warten möchten, würde ich mich geehrt fühlen, Sir.“
Und weiter kam er nicht, denn ein dürrer, hochgewachsener Mann mit scharfen Gesichtszügen trat durch die Sicherheitsschleuse zu den beiden Kommandos. Seine Uniform deutete auf einen hochrangigen Offizier hin, und dazu noch vom Geheimdienst. Thane nahm den Helm ab und salutierte, woraufhin der Mann ein Datapad zückte und seinen Blick zwischen der aufgerufenen Datei und ihm wandern ließ. Er mochte Geheimdienstler grundsätzlich nicht. Dieses Jahr war das erste seiner gesamten Dienstzeit, dass er nicht unter Beobachtung des ISB stand, und dem Blick des Offiziers zufolge wusste er das. Als er sich für die Sturmkommandos beworben hatte, hatten sie ihm sogar einen Sith-Abgesandten geschickt, der ihn prüfen sollte. Noch nie hatte Thane so extremen Schmerz erfahren, innerlich wie äußerlich. Die Sith war in seine tiefsten Gedanken vorgedrungen und hatte mit chirurgischer Präzision jeden noch so kleinen Gedanken, jede noch so minimale Emotion untersucht. Selbst er mit seinen beachtlichen regeneratorischen Kräften hatte zwei Wochen lang das Bett hüten müssen, ehe er wieder dienstfähig gewesen war. Mit hochgezogener Augenbraue und einer fürchterlich näselnden Stimme begann der Mann zu sprechen. Aus ihm sprach die pure Arroganz.
„Sergeant. Der Gefangene wartet im Block C-13, Zelle 34 auf sie. Gehen sie nach Protokoll vor … wenn das im Rahmen ihrer Möglichkeiten liegt.“
„Sir, jawohl, Sir.“
War das einzige, was er in neutralem Ton entgegenbrachte. Was sollte er auch sonst sagen – die patzige Antwort, die ihm auf der Zunge lag, hätte ihm mit Sicherheit einige Tage im Loch eingebracht. Stattdessen drückte er dem Geheimdienstler seinen Helm und sein Gewehr in die Hand, schließlich war kein anderer Soldat in der unmittelbaren Nähe. Lediglich den Blaster nahm er mit, auch wenn er eigentlich nicht nötig war. Was er tun würde, war tödlich. Ohne Einschränkungen.
Er trat durch die Sicherheitsschleuse und wurde sofort von Offizier begleitet. Das diente wohl eher dem offiziellen Ablauf: einer von ihnen würde das Protokoll führen, der andere war der Gefängnisarzt. Wozu er da war, war offensichtlich. Der Turbolift brachte das Trio tief unter die Oberfläche. Auf dem Weg zu der Zelle bekam Thane ein Datapad in die Hand gedrückt, in der die allgemein gehaltenen Befehle und der Name des Gefangenen sowie seine Vergehen aufgelistet waren. Ein Field Officer – kein hochrangiger Gefangener, wie immer. Wenn möglich, gab man ihm meist politische Gefangene, doch oft genug waren es auch die eigenen Männer, die ihre Vorgesetzten über alle Maßen enttäuscht hatten oder sich schwerer Vergehen schuldig gemacht hatten. Wie in diesem Fall. Er konnte den Mann spüren … keine große Beute, aber besser als nichts. Sein Verstand schien unruhig, als wüsste er, was sich ihm näherte. Was ihn erwartete. Seinen Urteilsspruch hatte er bereits vor fünf Tagen erhalten, also war er schon verhältnismäßig lange hier unten. Das Schicksal von Todeskandidaten ließ für gewöhnlich nicht länger als einen Tag auf sich warten. Soldaten wussten das.
Mit einem Zischen öffnete sich die Zellentür. Thane trat ein.
„Field Officer Ghon Alerti. Ein imperiales Militärgericht hat sie aufgrund ihrer Vergehene zum Tode verurteilt. Falls sie letzte Worte haben, sprechen sie-“
Zischend schloss sich die Zellentür.
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