Druckenwell

Carth Talon

Zivilist
Druckenwell
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[ Infos zum Planeten: Druckenwell (engl.) | Druckenwell (dt.) ]

[ Zugehörigkeit: Neue Republik ]​

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Namhafte Lokalitäten

Il Avali – Druckenwells Kapitale orientiert sich in seinem Erscheinungsbild größtenteils an den bekannten Metropolen, die man entlang des Corellian Run finden kann. Hier gehören Wolkenkratzer und große Komplexe genauso zum allgegenwärtigen Stadtbild wie breite Häuserschluchten und massive Brücken für den Fuß- sowie Flugverkehr. Durch riesige Reklamewände und holografische Werbung, die manchmal die Größe ganzer Häuser einnehmen kann, scheint die planetare Hauptstadt Tag wie Nacht hell erleuchtet zu sein.
Orbitalwerft – In Druckenwells höheren Orbit kreisen mehrere kleinere Anlagen um den Planeten. Diese bieten jedoch nicht nur Platz für das zentrale Dock, welches Schiffe bis Korvettengröße fassen kann, das dazugehörige Materiallager und kleinere Hangars für Versorgungsshuttles, sondern auf manchen Ebenen findet man auch Büroräume, Unterkünfte für die Werftarbeiter und jeweils eine Cantinas. Einen besonders hohen Lebensstandard bieten die Produktionsstätten jedoch nicht. Sie sind rein auf Funktionalität ausgelegt.

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Besonderheiten

Durch seine besondere Lage konnte Druckenwell über die Jahrtausende einen ansehnlichen Reichtum anhäufen und gilt - insbesondere aus militärischer und wirtschaftlicher Sicht - als eine Schlüsselwelt im weitläufigen mittleren Rand. Denn nicht nur eine der größten Handelsrouten der Galaxie, der Corellian Run, läuft durch das Druckenwell-System, sondern diese wird darüber hinaus auch noch von der etwas kleineren Reena Trade Route gekreuzt.

Die rasche Versorgung mit allerhand Wirtschaftsgütern, die durch diese Gegebenheit gewährleistet ist, ermöglichte es der lokalen Wirtschaft mit den Jahrhunderten eine eigene Kleinstwerft aufzubauen, die seit dem Beitritt zur Neuen Republik sogar Militärtechnik bis zur Größe von Korvetten produzieren kann. Des Weiteren förderte das republikanische Militär den Bau mehrerer Sternjägerproduktionsstätten, um den während der Militäroffensive "Republic Dawn" angewachsenen Bedarf an Kriegsgerät schneller bedienen zu können. Außerdem unterhält der Rüstungskonzern BlasTech einen Produktionsstandort nahe Il Avali.


Stand: Beitrag #7, 02.12.2019
Aiden Thiuro
 
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Druckenwell - Auf dem Weg zum Raumhafen - Carth Talon

In seiner besten Uniform saß Carth Talon in einem Speedertaxi. Bald schon würde er auf der Brücke seines eigenen Schiffes stehen und befehle erteilen. Zu seiner rechten und seiner linken ragten eine Fabrik nach der anderen auf und aus unzähligen Schloten stieg der dunkle Smog hervor. Dieser Anblick war ganz anders als die weiten der corellianischen Steppen, in der seine Familie lebte. Der Gedanke an seine Frau und seine Tochter schmerzte sehr, hatte er sie doch lange Zeit nicht mehr gesehen, oder etwas von ihnen gehört. Seit der imperialen Besetzung Corellias, um genau zu sein. Doch auch das würde sich bald ändern. Er selbst würde dafür sorgen, obwohl ein einzelnen Kanonenboot wohl kaum etwas ausrichten konnte gegen die gesamte imperiale Flotte und der imperialen Armee, welche mit ihren republikanischen Pendants um die Kontrolle über den Planeten und das System rang.
Endlich kam der Raumhafen in Sicht und er konnte auch sein erstes eigenes Kommando in Augenschein nehmen. Auf dem Stahl der Aussenhülle spiegelte sich die Sonne, während Carth immer näher kam. Am Eingang zum militärischen Abschnitt des Raumhafens stieg Carth aus dem Speeder. Er passierte die Sicherheitsstationen und dann war es soweit. Er stand vor der Rampe, die ihn in das innerste des Schiffes bringen würde. Vorsichtig setzte er einen schritt auf die Rampe. Es war ein tolles Gefühl, auch wenn er schon mehr fach ein Schiff bestiegen und verlassen hatte, so war dieser Schritt doch etwas besonderes. Er war der Kapitän des Schiffes, er trug die Verantwortung über die vielen Leben, welche auf diesem Schiff stationiert waren. Die Besteigung der Rampe schien eine Ewigkeit zu dauern, dann war es jedoch geschafft. Vor ihm öffnete sich eine Schleuse und ließ ihn ein. Durch die weißen Gänge, die sich im eröffneten, gingen die Mannschaften, um letzte Vorbereitungen für den Start zu treffen.
Als er vor der Brückentür stand, atmete er einmal tief ein und aus, bevor er eintrat. „Achtung.“ schallt es ihm entgegen. Stolz blickte er sich auf der Brücke um. Alle Anwesenden waren ihm zugewandt und salutierten vor ihrem neuen Kommandanten. Er genoss den Anblick eine Sekunde lang, dann erwiderte er: „Rühren.“ Augenblicklich stieg der Geräuschpegel wieder an, als sich die Männer und Frauen wieder an ihre Arbeiten machten. Ihre Stimmen wurden nur regelmäßig von dem leisen Piepsen der Computerkonsolen unterbrochen. Dann kam ein blonder Mann auf ihn zu. „Cmdr.. Ich bin Lt.Cmdr. Maran Madine, ihr XO.“, sagte er und salutierte. „Schön sie kennenzulernen. Ich heiße Carth Talon.“, erwiderte Carth und reichte ihm dabei die Hand, „Wie ist die Lage?“ Carth XO begann daraufhin mit seinem Ausführlichen Bericht. Im Anschluss daran stellte er Carth die übrigen Offiziere vor.
Nach einigen Minuten war Maran mit seinen Ausführungen und den Vorstellungen fertig und das Schiff war bereit aufzubrechen. Nachdem alle Stationen volle Bereitschaft gemeldet hatten, gab Carth das Signal. Die Triebwerke liefen warm und mit einem weiteren Kommando wurden sie gestartet. Mit einem leichten Ruck stieg das Kanonenboot vom Boden auf und flog immer schneller werdend in Richtung All.

„Kurs Richtung Corellia setzten.“, sagte Carth, nachdem das Kriegsschiff die Atmosphäre des Planeten verlassen hatte. Der Pilot, ein Sullustaner namens Sian Tumb, steuerte das Schiff zum Sprungpunkt. Nach einer kurzen Wartezeit beschleunigte schließlich das Schiff und sprang. Durch das Sichtfenster der Brücke starrte Carth noch kurz auf den wabernden Hyperraum, dann zog er sich zurück in sein Quartier.

Im Hyperraum nach Corellia - "Ascension" - Carth Talon
 
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Ziemlich missgelaunt nippte der breitschultrige Werftarbeiter Ulas Gyll an seinem etwa halbvollen Glas rodianischen Ale. Da das Gesöff schon kurz nach dem Ausschank schal schmeckte, glaubte er eher, dass es sich in Wahrheit um nichts anderes als huttischen Urin handelte, den man auf dem sehr nahen Herkunftsplaneten, Rodia, irgendwie loswerden wollte und deshalb schleunigst an diese recht gottverlassene Cantina im Druckenwell-System weiterverkaufte. Nun schenkte ein unfreundlicher Kellnerdroide das abgestandene Zeug an die übermüdete Arbeiterschaft der Werften aus und machte so das schnelle Geld. Denn beschweren würde sich diese Kundschaft beim Betreiber, der „zufällig“ mit ihrem Arbeitgeber verwandt war, nicht, wollte man seinen Job – und damit den sicheren Lohn – behalten. Somit kam man lieber nach jeder überstandenen Schicht in diese ranzige Cantina, bestellte sich sein Ale, spülte es ohne Murren herunter und versuchte damit der Arbeit für zwei, drei Stunden zu entfliehen.

Ein blauer Dunst hatte sich allmählich ausgebreitet – oder gehörte schon immer zum Grundinventar der Cantina. In Dauerschleife zeigte ein flimmernder Bildschirm die abenteuerlichen Highlights der letzten Podracer-Saison im neutralen Mid Rim, während sich die verschwitzten Gäste an den vielen Tischen sowie am Tresen selbst lautstark unterhielten. Surrend bewegte sich der Kellnerdroide vor und wieder zurück, nahm Bestellungen auf, servierte Getränke und versuchte mit seiner mechanisch verzerrten Stimme einen lebendigen Barkeeper zu imitieren. Gyll hasste diese „Illusion“. Dennoch fand man den stämmigen Menschen jeden Tag am Tresen sitzend – genau gegenüber vom Eingang – und sein abgestandenes rodianisches Ale missgelaunt schlürfend. Und genauso saß ihm jeden Tag sein Vorarbeiter, ein beleibter Houk, mit höhnischem Grinsen gegenüber.

Schon kurz nach seiner Ankunft hatte er vereinzelte Gerüchte gehört, die man (hinter vorgehaltener Hand) über diesen Nichtmenschen sagte. Angeblich hatte er, während die Streitkräfte der Republik das System vom Imperium „befreiten“, seinen eigenen Vorarbeiter sowie einige andere Imperiale in einer bunkerartigen Sektion erschossen und dann mit loyalen Kollegen eine Revolution gestartet. So hatte er einen kleinen Teil der Werft an die „Befreier“ aushändigen können und seine Reputation als geheimer „Demokrat“ gesichert. Herzlos war der dicke Houk – insbesondere gegenüber Menschen, da diese, seiner Meinung nach, alle Unterstützer des Imperiums waren. 'Früher hätte ich diese Kerle gnadenlos eingebuchtet', dachte Gyll abfällig und erinnerte sich daran, dass sein eigentlicher Name Norin Leikvold war und er als „Operative“ für den Imperialen Geheimdienst arbeitete. Mit „früher“ meinte der stämmige Mensch, der selbst nach nichtmenschlichen Maßstäben keine Schönheit war, seine Zeit bei den „Imperial Sector Rangers“. Damals – vor seinem unglücklichen Unfall – hatten er und seine bewaffneten Ranger-Kollegen in solchen Cantinas Razzien durchgeführt und dabei ganz besonders die „undschuldige“ Kundschaft aufs Korn genommen.

Doch bevor Leikvold alias Gyll weiter in solchen Erinnerungen schwelgen konnte, erhob sich der Houk auf einmal, schlürfte zu dem Menschen und lehnte sich mit seinem ganzen Körpergewicht lässig gegen den Tresen.
Gyll, hab' geseh'n, dass deine Fehlerquote ganz schön hoch is. Hab' das mal aus öko... aus önom'sch'n Gründ'n dem Chef gemeldet...“ Sein Grinsen wurde breiter. „Spar'n und fleißg arbeit'n solltest du in den nächst'n Tagen...“

Danach ging er wieder lachend zu seinem Platz zurück. Grimmig ballte Leikvold die linke Hand zur Faust. Jedoch machte ihm mal wieder die Technik einen Strich durch die Rechnung. Während man beim „großartigen“ Imperium die Streitkräfte mit den neusten und besten Prothesen ausstattete und anschließend wieder an die Front schickte, speiste man den Rest mit Ausschussware ab. Darum war die linke Hand des kräftigen Menschen, die ein mechanisches Imitat der Marke L-hand 980 war, mit ausreichend Fehlern und Störungen behaftet. Bei ihm hatte man kein High-Tech verwendet, weil er kein Sturmtruppler oder wenigstens hochrangiger Offizier war. Obwohl seine Laune schon vorher (scheinbar) den tiefsten Punkt erreicht hatte, sackte sie in diesem Moment noch etwas tiefer. Dafür machten sich just in dieser Sekunde brennende Schmerzen in der verlorenen Hand. In Gedanken sagte er sich: 'Irgendwann … irgendwann erwische ich dich allein, Mistkerl. Und dann halte ich dir einen Blaster ins Gesicht...'


| Mid Rim :: Doldur-Sektor :: Druckenwell-System || Kleinstwerft :: Cantina || Norin Leikvold (alias Ulas Gyll) und andere Arbeiter |
 
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Behäbig ging Norin Leikvold, alias Ulas Gyll, in einem schützenden Raumanzug über das massive Metall der löchrigen Außenhülle eines halbfertigen Transporters der GR-Fünfundsiebzig-Klasse. In der Schwerelosigkeit sorgte ein komplizierter Mechanismus aus winzigen Elektromagneten an den Sohlen dafür, dass der massige Mensch nicht in die Leere davon schwebte. Gleichzeitig schützte ihn der klobige Raumanzug vor der eisigen Kälte – oder der brennenden Hitze – des Alls. Flink sausten ein paar Droiden an dem hässlichen Werftarbeiter vorbei. Er ignorierte sie genauso wie den schönen Ausblick auf das nahe Druckenwell, das scheinbar über ihm thronte. Nein, sein Blick hatte sich auf eine kleine Gruppe fixiert. Sie waren sein Ziel. Wie Leikvold trugen sie ebenfalls Raumanzüge, um die tödliche Umgebung fern zu halten.

Einzelne, zusammenhangslose Gesprächsfetzen drangen zeitweilig durch den rauschenden Funk an sein Ohr. Die Männer, ebenfalls arme Arbeiter der hiesigen Kleinstwerft, sprachen über die üblichen „Männerthemen“: Gleiter, Frauen, Sport. Selbstverständlich konnte man in dieser einfachen Runde keinerlei hochtrabende Wortwechsel erwarten, aber darauf hatte es Leikvold in diesem Augenblick auch nicht abgesehen. Seit zwei, drei Tagen hatte sich in seinem Kopf ein Plan entwickelt. Langsam hatte er sich mit der Umgebung vertraut gemacht, hatte heimlich die Schichtpläne studiert und stand nun vor der Umsetzung seines „genialen“ Plans. Denn der muskulöse Kerl, der in Wahrheit für den Imperialen Geheimdienst arbeitete, hatte inzwischen genügend Informationen über die gegnerischen Bewegungen im System gesammelt. Nun sollte er (im kleinen Rahmen) die Konstruktion einzelner Schiffe sabotieren.

Gleißendes Licht flimmerte kurzzeitig auf. Die Gruppe stopfte gerade routiniert das nächste Loch in der unfertigen Außenhülle des Transportschiffs. Mit jedem Schritt hörte der breitschultrige Mensch, den man hier nur unter den Namen „Ulas Gyll“ kannte, mehr von dem Gespräch, dass die Arbeiter nebenbei führten. Ein dreckiger Witz gelangte über den Äther zu ihm und zauberte unabsichtlich ein Schmunzeln auf sein grimmiges Gesicht. 'Solch einen Spruch hätte es auch bei uns gegeben', dachte er und bewegte sich weiterhin schwerfällig auf die Gruppe zu. Dabei verbannte er die aufkeimenden Erinnerungen an seine Vergangenheit – an die imperialen Sector Ranger. Wollte er erfolgreich sein, musste er in diesem Moment in seiner Rolle bleiben. Behäbig hob er die Hand zum Gruß als ihn die Runde bemerkte.


Gyll, hat man dich endlich aus der Cantina geschleift...“, empfing ihn einer der Arbeiter und lachte dreckig.

Ein zweiter setzte sofort nach:
„Ich glaube eher, man hat ihn gerade aus der 'herzlichen' Umarmung der Vullen gerissen.“ Gelächter. „Ein echtes Prachtweib, was Gyll?“

Unter dem Helm verzog sich die hässliche Fratze zu einem grimmigen Grinsen. Fast konnte er sich mit diesen armen Gestalten identifizieren. Doch sie standen auf der falschen Seite. Im Gegensatz zu ihm hatten sie ohne zu zögern das Imperium verraten und sich an die Brust der „Republik“ gedrückt und arbeiteten nun freiwillig (!) in deren Diensten. Landesverrat! Fahnenflucht! Tausende Begriffe fielen Leikvold bei diesem Gedankengang ein. Aber er war nicht ihr Richter. Seine Aufgabe bestand nicht darin ihren Verrat zu bestrafen – jedenfalls nicht primär. Denn zwei Personen sah er schon als Hindernisse bei der Umsetzung der erhaltenen Befehle. Zum einen sein Vorarbeiter, der ihn zuletzt in der Bar schikaniert hatte, und zum anderen dessen Stellvertreter. 'Man muss dem Ungeheuer den ganzen Kopf abschlagen', resümierte Leikvold und fühlte sich fast philosophisch. Sein Blick fiel auf die dritte Gestalt in der Runde.

„Wusste gar nicht, dass Brass dich heute eingeteilt hat, Gyll, knurrte die dritte Gestalt und gab über ein Datapad diverse Befehle an die Droiden in der Umgebung weiter.

Bevor er etwas erwiderte, grunzte der muskulöse Mensch hörbar in die Richtung des Stellvertreters.
„Hab 'n paar Überstunden zu machen...“

Kurz schwieg die Runde. Obwohl die großen, berühmten Werften von Sullust und Bothawui Monat für Monat modernste Technik und unzählige Droiden nach Druckenwell liefern ließen, hatte sich für die Belegschaft kaum etwas an der schweren Arbeit geändert. Das Imperium hatte sich kaum für die kleinen Produktionsstätten im System interessiert, doch die Republik schien momentan jede weitere Bezugsquelle für Kriegsgerät gebrauchen zu können. So finanzierte die selbsternannte Demokratie ihren derzeitigen Feldzug in den Core Worlds. Leikvolds Interesse für (intergalaktische) Politik war noch nie besonders groß gewesen. Jedoch beeinflussten solche Dinge nun seine Tätigkeit für seinen neuen – und zudem geheimen – Arbeitgeber: den Imperialen Geheimdienst. Somit musste sich sich zwangsläufig damit beschäftigen, wollte er (irgendwie) erfolgreich sein. Ziemlich zögerlich fuhren die beiden anderen Werftarbeiter mit ihrem Gespräch über Dies oder Das fort. Selbst der grimmige Stellvertreter schien allmählich Leikvolds Anwesenheit zu tolerieren.

Gemäß ihrer Programmierung – sowie der erhaltenen Instruktionen – schwebten auf einmal in aller Ruhe zwei Droiden zu der Gruppe. Sie hatten eine neue Metallplatte im Schlepptau, die sofort vom anwesenden Stellvertreter routiniert in Augenschein genommen wurde. Durch den Raumanzug war das folgende Nicken kaum zu erkennen. Die Lieferung war offenbar in Ordnung. Per Datapad wies der Kerl anschließend den Droiden neue Koordinaten zu. Danach wandte er sich etwas mürrisch an Leikvold und gab ihm zu verstehen, dass dieser ihn begleiten soll. Gemeinsam stapften sie langsam in die Richtung, die die Droiden kurz vorher genommen hatten. Zwei weitere Grüppchen konnte der stämmige Mensch auf der „oberen“ Außenhülle ausmachen. Sie waren also nicht ganz allein, aber gefährdete das seinen Plan? Musste er auf eine andere Gelegenheit warten? Im Gehen grübelte der Kerl, den man Ulas Gyll nannte, darüber nach.


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Im Vergleich zu den großen körperlichen Anstrengungen, die Norin Leikvold insbesondere am Ende hatte aufwenden müssen, trieb der leblose Menschenkörper eher unspektakulär durch das schwarze Nichts. Sah man einmal recht großzügig von den paar Schläuchen ab, die sich im Zweikampf gelöst hatten, deutete kaum etwas auf einen gewaltsamen Übergang ins Jenseits hin. Der bullige Kerl, der auf den hiesigen Werften bloß als „Ulas Gyll“ bekannt war, blickte schweigend dem Toten hinterher und in Gedanken bescheinigte er ihm kurz einen schnellen, fast schon wünschenswerten Tod gehabt zu haben. 'Vielleicht wird man ihn in zwei, drei Stunden sogar finden', mutmaßte er und wandte sich anschließend von dem treibenden Leichnam ab.

Ohne den kleinsten Funken Schuld in sich zu spüren, stapfte der hässliche Mensch, der wie alle, die draußen im All arbeiteten, einen Schutzanzug trug, zu dem Punkt zurück, wo er klitzekleine Wanzen platzieren wollte, da sich laut Lageplan unter ihm die Kajüte des Kommandanten befindet sollte und diese winzigen Abhöranlagen im Bedarfsfall – durch ihre künstliche Intelligenz – sogar zu kleineren Bewegungen in einem Zwei-Meter-Radius fähig waren. Begleitet von einem erschöpften Schnaufen beugte sich Norin nach unten, um die Wanzen unter der Hülle anzubringen. Irgendwie hatte ihn der Kampf doch mehr mitgenommen als er vorher angenommen hatte. Bisweilen konnte er sogar seinen Puls hören. Er schluckte.

Im Zweikampf mit Brass' Stellvertreter, Wargo Dan, hatte auf einmal seine linke Handprothese ihre „Macken“ bekommen. So hatte sich die Sache unbeabsichtigt in die Länge gezogen. Selbst jetzt, wo der Kerl tot durchs Nichts trieb und er sich um das zügige Anbringen der Wanzen kümmern musste, ärgerte er sich ungemein über die mangelhafte Technik, die man ihm gegeben hatte, nachdem er mit einer gehörigen Portion Glück eine Explosion überlebt hatte. 'Nur im Notfall sollte ich diesem Ding mein Leben anvertrauen', brummte der Imperiale und seine Fratze zeigte beiläufig seine vergilbten Zähne. Schwerfällig drehte sich der breitschultrige Mensch nach links und rechts. Durch den Anzug hatte er nicht die gewohnte Freiheit beim Umsehen.

Plötzlich schwirrte ein kugelförmiger Droide auf ihn zu. In piepsenden Binär sprach das Ding kaum eine Sekunde an. Glücklicherweise verfügte der massige Schutzanzug, der vom Entwickler speziell für die Werftarbeit entwickelt worden war, über die nötigen technischen Spielereien, damit Arbeiter und Droiden problemlos „kommunizieren“ konnten. So öffnete sich in Norins Helm von ganz allein ein Fenster. Winzige Zeilen, kaum lesbar für den alten Imperialen, tauchten mit jeder neuen Abfolge an nichtssagenden Pfeiftönen auf. Unwillkürlich verzog der Mensch das Gesicht. Offenbar rief man ihn in das Innere der Werften zurück. Unverzüglich! War sein Vorhaben etwa aufgefallen? Hatte die Systemsicherheit seinen Mord bemerkt? Instinktiv ballte der bullige Kerl seine mechanische Hand zur Faust. Gleichzeitig suchte er nach einem Fluchtweg.

Doch verhielten sich Sicherheitsbehörden so? Wären nicht schon längst irgendwelche Shuttles oder gar Korvetten aufgetaucht? Hätten ihn nicht Zero-G-Einheiten umstellen müssen? Zwar kannte sich Norin nur bedingt mit dem üblichen Vorgehen der Sicherheitskräfte Druckenwells aus. Aber da er in seinem „alten“ Leben Sector Ranger gewesen war, hatte er irgendwann ein Gefühl dafür bekommen wie eine Verhaftung laufen sollte – und musste. Und dieses Gefühl regte sich in diesem Augenblick kein bisschen. Es schien zu schlafen. Übertrieb seine Phantasie also? Er hörte der erneuten Abfolge an piepsenden Tönen, die durch seine Kopfhörer kamen, nicht zu, sondern musterte stattdessen den Droiden, der zu ihm gekommen war, ganz genau. Gehörte dieses Ding überhaupt zum Inventar des hiesigen Werftunternehmens? Sicher war sich der imperiale Agent auf einmal nicht mehr.

Eine Weile hatte Norin hin und her überlegt. Misstrauen gegen Intuition abgewogen. Schlussendlich hatte er sich – trotz einzelner Bedenken – dafür entschieden, dem Droiden zu folgen. Mit ziemlich behäbigen Schritten stapfte der Mensch, weiterhin eingepackt in einen massigen Schutzanzug gegen die lebensfeindliche, da unter anderem luftleere Umgebung, über die unfertige Schiffshülle. Sieben, acht Minuten brauchte der Mensch bis er den Zugang zum Dock sehen konnte. Wie hatte ihn dieses Blechding überhaupt finden können? Immerhin maß ein Transporter der GR-Fünfundsiebzig-Klasse in seiner Länge gut neunzig Standardmeter – und momentan war er nicht das einzige Lebewesen da draußen. Mindestens zehn oder fünfzehn Kollegen hatte er gesehen. Beschäftigt mit solchen Fragen ging Norin weiter, immer weiter. Eine Antwort hatte er noch nicht gefunden als er die Luftschleuse betrat. Zischend drang Luft in den abgeschotteten Raum. Geduldig wartete der Imperiale ab bis das grüne Licht aufleuchtete und er den Helm abnehmen konnte. Nachdem er (weiterhin stapfend) die Schleuse verlassen hatte, wollte er sich gerade umschauen als ihn plötzlich irgendetwas dumpfes am Hinterkopf traf. Obwohl der bullige Mensch hart im Nehmen war, fiel er sofort um...


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| Mid Rim :: Doldur-Sektor :: Druckenwell-System || ??? || Norin Leikvold |

Blut. Unverkennbar war der einzigartige Geschmack, der sich in seiner Mundhöhle gerade ungestört ausbreitete. Schmerzen hielten ihn unten, befeuerten aber zur selben Zeit genauso sein Bewusstsein und ließen ihn wissen, dass er wenigstens nicht tot war. Doch noch war der hässliche Riese einfach zu benommen, um seine momentane Lage genau zu analysieren. Wo war er? Was war passiert? Sein Gehirn konnte sich nicht einmal solche simple Fragen zu diesem Zeitpunkt stellen. Beinah schien es so als hätte ihm der eine Schlag auf den Hinterkopf, der ihn unverzüglich ausgeknockt hatte, für den Augenblick jegliche Denkleistung genommen. Nur langsam, ganz langsam schien sein Bewusstsein die Arbeit wieder aufzunehmen. So löste sich automatisch ein qualvolle Ächzen in seiner Kehle und glitt ungehindert über seine Lippen nach draußen.

Plötzlich drang eine säuselnde Stimme an sein linkes Ohr:
„Wie ich sehe sind Sie wach, Leikvold.“

Kam sie aus der Nähe oder aus der Ferne? Der muskulöse Mensch, der noch immer benommen am Boden lag, konnte diese Frage nicht beantworten. Beinah fühlte sich die Situation so an wie damals als ihn eine Explosion erwischt und die linke Hand abgerissen hatte. Schwerfällig öffnete der Mann, der nach allen möglichen Idealen keine Schönheit war, seine Augen, die so manchen Fremden eher an die eines scheußlichen Gamorreaners erinnerten. Konturen, bloß Konturen sah er. Doch mit der Zeit kehrte die Schärfe zurück. Träge rollte er sich auf den Rücken. Noch ein Ächzen stieß er dabei aus. Wo war er? Was war passiert? Das Blut, das er in seinem Mund schmeckte, kroch nun langsam in Richtung Kehle. Er hustete.

Erneut säuselte die Stimme:
Leikvold, stellen Sie sich nicht so an.“ Tadel schwang mit. „Sie haben eine Explosion überlebt und ächzen nun nach einem einzigen Schlag herum? So robust scheinen die Menschen wohl nicht zu sein, Ronto, was?“

Ein Grunzen.

„Wo... wo bin ich...?“, brachte Norin Leikvold brüchig und mit schwacher Stimme hervor.

Die Stimme säuselte als Antwort:
„In Sicherheit … wenn man das so interpretieren möchte...“

Ein Lachen folgte darauf. Es klang schrill; weiblich. Der Mensch blinzelte. Erst jetzt dämmerte ihm, dass man ihn die ganze Zeit über nicht mit seinem Tarn-, sondern stets mit seinem richtigen Namen angesprochen hatte – und er hatte auch noch darauf reagiert! 'Anfängerfehler!', rügte sich der Mann als sein Gehirn mal kurzzeitig einen klaren Gedanken fassen konnte. Zwar war sein Körper derzeit noch nicht zu einer panischen Reaktion fähig, aber ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend spürte er auf einmal dennoch. Er blinzelte. Erinnerungsfetzen tauchten allmählich in seinem leicht ramponierten Bewusstsein auf. So sah er für einen Augenblick Wargo Dan, der leblos durch das All schwebte. Hatte er nicht diesen Kerl getötet? Da der bullige Norin in der Zwischenzeit ein bisschen zu Kräften gekommen war, richtete er sich nun schwerfällig auf. Kurz schüttelte er den Kopf, weil das Blut schlagartig in seinen Unterleib strömte. Ihm wurde schwarz vor Augen … aber er fing sich wieder.

Abermals säuselte die Stimme spöttisch:
„Sieh an, sieh an. Der Mensch rafft sich auf.“ Danach trat kurz eine Pause an. Schritte waren zu hören. Leikvold, kommen Sie zu sich!“

Norin schloss die Augen und öffnete sie einen Herzschlag später wieder. Plötzlich blickte er in ein blasses, menschenähnliches Gesicht. Hohe Wangenknochen, dezente Lippen und stahlblaue Augen fielen dem breitschultrigen Menschen dabei sofort auf. Erst auf dem zweiten Blick bemerkte er die beiden Fühler, die unscheinbar aus ihrem silbernen Kopfhaar ragten. Bei dieser Fremden konnte er also eine menschliche Herkunft kategorisch ausschließen. Der Name dieser Spezies war ihm an sich sogar bekannt. Jedoch er ihm in diesem Moment nicht ein. Irgendetwas mit B... – mehr konnte er an dieser Stelle nicht sagen. Süffisant lächelte ihn die Fremde an. Für eine Sekunde funkelten sogar die stahlblauen Augen, was Norin aber nicht beruhigte. Es förderte hingegen seine Nervosität.

Grazil richtete sich die Fremde wieder auf. Ihr Blick ruhte weiterhin auf dem Menschen.
Ronto, er scheint zu sich zu kommen. Halte dich bereit.“ Erneut das funkeln. „Operative, ich hoffe, Ihre Sinne sind soweit zurückgekehrt, dass Sie verstehen was ich Ihnen jetzt sage. Ich bin Junior Agent Lazerra und seitdem Ihre Berichte immer spärlicher ausfielen, bin ich für Ihre Überwachung zuständig.“

Überwachung? Das klang nicht gut. Norin erwidere den Blick. Instinktiv spannte er die Muskeln an, die sich unter dem groben Stoff seiner Arbeiterkleidung versteckten. Einst war er für die Imperial Sector Ranger tätig gewesen, weshalb er sich mit dem Überwältigen einer Person bestens auskannte. Doch die Dame, die einfache, legere Kleidung trug, war nicht allein mit ihm. Ab und zu hatte er aus dem Augenwinkel schon deren Beschützer ausmachen können: Ronto. Ebenso ein Kerl mit bulliger Statur. Bloß dessen Grunzen ließ ihn nicht unbedingt menschlich wirken. Während die Benommenheit weiter von ihm wich, versuchte er seine Umgebung etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Obwohl die Beleuchtung nicht gerade optimal war, konnte er schon einmal mit großer Sicherheit sagen, dass er nicht mehr auf der Kleinstwerft war. Dafür wirkte der Raum, wohin man ihn verschleppt hatte, zu klein und schmutzig. Mit der gewohnten Behäbigkeit, die sein schlichtes Wesen ausmachte, analysierte er nun doch seine Lage.

Die Fremde, Agent Lazerra, schien das nicht zu stören.
„Ihr törichte Aktion hat uns letztendlich zum Handeln gezwungen“, erklärte sie in aller Ruhe weiter. „Sie haben damit nicht nur Ihre Tarnidentität in Gefahr gebracht, sondern unsere ganze Observation! … Und normalerweise bestrafen wir das mit dem Tod.“ Wieder das unheimliche Lächeln. „Sie haben aber Glück, Leikvold. Zwar könnte Sie ein Gamorreaner im Schach bezwingen, denke ich, aber kräftige Mitarbeiter können wir gebrauchen. Es ist also entschieden wurden, dass man Sie versetzt. Ulas Gyll mag tot sein, Sie jedoch nicht. Willkommen auf der 'Rescue'.“

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| Mid Rim :: Doldur-Sektor :: Druckenwell-System || Frachter „Rescue“ :: Aufenthaltskabine || Norin Leikvold, Junior Agent Lazerra und ein gewisser Ronto |

Grunzend schaufelte sich der breitschultrige Mensch noch einen üppigen Löffel von dem nahrhaften Konzentrat. Es schmeckte fürchterlich fad, aber eine Wahl hatte man ihm nicht gelassen. Man hatte ihm das Zeug einfach vorgesetzt und da ihn der Hunger plagte, aß er. Dabei wanderte der wachsame Blick des ehemaligen Sector Ranger immer wider zwischen der unheimlich blassen Frau, Lazerra, und ihrem bulligen Kompagnon, ein Klatooinianer namens Ronto, hin und her. Obwohl man Norin aus dem massiven Container entlassen hatte, in dem zu Bewusstsein gekommen war, konnte er das Gefühl, weiterhin unter Beobachtung zu stehen, nicht abschütteln. Doch was sollte er tun? Sollte er randalieren? Sollte er sich irgendwie einen Blaster besorgen und dann den Frachter „Rescue“, auf dem er sich befand, gewaltsam übernehmen? Nein. Der hässliche Operative mochte kein Genie sein, aber dumm war deshalb trotz allem nicht. Stattdessen wartete der Imperiale lieber ab.

Lazerra, anscheinend der führende Kopf in dieser Unternehmung, brach erneut ihr Schweigen. Ihre sirenhafte Stimme drang erneut säuselnd an sein Ohr:
Leikvold, ich hoffe, Ihnen wird langsam die Tragweite Ihres Blödsinns bewusst.“ Seiner Meinung nach funkelten ihn ihre olivfarbenen Augen in diesem Moment scharf an. „Denn eine Person schmuggelt man nicht so einfach in oder aus einem feindlichen Sternsystem. Das ist kein Kinderspiel!“

Ronto brummte zustimmend, lehnte sich etwas nach vorn und zeigte seine kräftigen Hauer bewusst dem ehemaligen Sector Ranger.

Flüchtig schmunzelte die Junior Agent süffisant. Offenbar amüsierte sie sich köstlich. „Doch dieses Mal haben Sie Glück, Leikvold. Ich bin ein Profi – und Sie schulden dem Geheimdienst erneut Ihre aufrichtige Dankbarkeit.“

Gefälligkeiten – Nicht nur in der kriminellen Unterwelt, sondern offenbar auch im grauen Zwielicht interstellarer Staatenpolitik schien das die Währung für Loyalität zu sein. Doch hatte er letztendlich eine andere Wahl? Sollte er die Kooperation verweigern, würde man ihn einfach opfern. Was konnte er schon der Republik nennenswertes über den Imperialen Geheimdienst erzählen? Mehr als Borosk als „Ausbildungsstätte“ und die Kontaktmöglichkeiten seines Ansprechpartners wusste er nicht über diese fragwürdige Institution. Sein „Wert“ für die Gegenseite war also äußerst gering. Zu gering um das weitaus höhere Risiko ernsthaft in Kauf zu nehmen. Glücklicherweise kam für Norin Leikvold desertieren nicht in den Sinn. Mit Herz und Seele war der bullige Mensch ein Imperialer. Die Flucht zum Feind war für ihn also keine Option. Nickend – und von einem hässlichen Grunzlaut begleitet – ließ sich der ehemalige Sector Ranger auf das Ungewisse ein.

Plötzlich klopfte es an die Metalltür und bevor jemand reagieren konnte, trat kurz darauf ein dünner Bothan in ziemlich heruntergekommenen Klamotten ein. Beinah unwillkürlich zuckten dessen Nase und Ohren als er den Mensch erblickte. Norin konnte sogar spüren wie dessen aufmerksamer Blick für ein paar Sekunden auf seinem vernarbten Gesicht verweilten. Mit den Jahren hatte sich der Kerl, der auf Metellos das Licht der Galaxie erblickt hatte, daran gewöhnt. Er war keine Schönheit – und das war ihm bewusst. Deshalb entschied er sich dafür den Bothan schlicht zu ignorieren, noch einen Löffel an Brei erinnerndes Konzentrat in sich hinein und wartete weiterhin ab. Dumpf blickte er auf die Plastikschüssel. Derweil setzte der Unbekannte zum Sprechen an.


„Ma'am, man hat die 'Prosperity' für eine zufällige Zollkontrolle ausgewählt“, berichtete der haarige Kerl abgeklärt. „Sie sollten Ihre Ware also endlich in die Verpackung zurück tun und sich dann auf Ihre Posten begeben...“

Ruhig, ohne einen Hauch Hektik in Mimik und Gestik, entgegnete Lazerra unverzüglich mit leiser, säuselnder Stimme: „Seien Sie unbesorgt, Bwu'atu. … Ronto, kümmere dich darum.“ Danch fiel ihr Blick auf Leikvold. „Und Sie, Operative: Schlafen Sie gut...“

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Ylsara Adinara und ihre Assistentin

Über Druckenwell war der Himmel immer grau und wolkenbehangen. Der Regen, der sich an diesem Tag dazu gesellte, gab ein passendes Sinnbild für die Stimmung, die sich in den letzten Wochen über Ylsaras Heimatplaneten gelegt hatte. Er prasselte in gleichmäßigem Takt gegen die riesige Fensterfront des prächtigen Regierungssitzes in Il Avali, aus dem man einen hervorragenden Blick auf eine der wenigen grünen Parkanlagen der Stadt hatte. Ein leises Summen begleitete den Aufstieg des Aufzugs, der die Senatorin von Druckenwell in das oberste Stockwert brachte. Die hohen Schuhe ihrer Assistentin klickten leise auf dem polierten Boden hinter ihr. Dem vertrauten Geräusch schenkte sie in diesem Moment jedoch keinerlei Beachtung.

Der Präsident von Druckenwell wartete auf sie. Eigentlich war sie nur auf dem Planeten gewesen, um einige private und familiäre Angelegenheiten zu regeln - der Hauptteil ihrer beruflichen und privaten Beschäftigung fand mittlerweile auf Mon Calamari statt - aber am Morgen kam die Botschaft, dass ein Treffen angesetzt wurde. Die Nachricht war knapp und in forderndem Ton.
„Die Lage ist ernst,“ hatte es geheißen. Dabei war die Lage schon seit Monaten ernst. Druckenwells politisches Bankett befand sich im Ausnahmezustand. Der Wahlkampf für das höchste planetare Amt, den des Präsidenten, hatte die ohnehin schon angespannten sozialen Konflikte des Planeten weiter verschärft. Der Derzeitige Amtsinhaber und sein aussichtsreicher Gegenkandidat lieferten sich erbitterte Wortgefechte und nicht selten wurde schmutzige Wäsche gewaschen.

Der Empfangsraum des Präsidenten war opulent, mit schweren Vorhängen, Marmor-Tischen und Gemälden, die zurückgelassene Relikte der imperialen Gouverneurs-Herrschaft von Druckenwell waren. Lange war es noch nicht her, dass die Neue Republik den Planeten auf seinem Eroberungsfeldzug am Corellian Run aus Imperialer Unterdrückung befreit hatte. Etwas überhastet wurde damals ein Regierungssystem implementiert, dass der Verfassung der neuen Ordnung entsprach. Das Volk wählte ein lokales Parlament, den Bürgerrat, der wiederrum den Präsidenten wählte. Volk im Sinne des Gesetzes waren nur registrierte Bürger. Volle Bürgerrechte behielt jedoch nur, wer seinen Lebensstandard aus eigenen Mitteln sichern konnte. Eine Lücke im Rechtssystem von Druckenwell, die es vor allem wohlsituierten Bürgern erlaubte, direkten politischen Einfluss durch Wahlen auszuüben. Die Konzerngilden entließen rigoros gewerkschaftlich organisierte Arbeiter und Angestellte, sodass die soziale Macht in Wahrheit beim Konzernrat saß, die überdies auch noch einen Großteil der meinungsbildenden Medien monopolisiert hatten. Der Senat der Neuen Republik hatte diese Umstände bereits mehrfach, auch gegenüber Ylsara, angemahnt. Handfeste Konsequenzen hatten sich aus dem bescheidenen Druck des Senats jedoch nicht ergeben. Seit dem kalten Krieg und dem offensichtlichen Hochrüsten der beiden galaktischen Supermächte war man angewiesen auf die hervorragenden Produktionszahlen der Druckenweller Orbitalwerften und Waffenfabriken. Solange die Zahlen nicht sanken – und Ylsara teilte regelmäßig in Wirtschafts- und Verteidigungsausschuss mit, dass sie stabil wuchsen – war der Blick der Neu-Republikanicshen Verfassungsschützer auf die innenpolitische Lage Druckenwells nicht ganz so genau, wie er eigentlich sein sollte.


Präsident Kallor Greven saß hinter seinem massiven Schreibtisch, der aus Holz gefertigt war. Was auf anderen Welten Standard sein mochte, war auf Druckenwell purer Luxus. Forstwirtschaft existierte hier nicht mehr. Es gab keine Wälder. Sämtlicher Grund war urbanisiert und/oder industrialisiert. Möbelholz musste aufwändig importiert werden und hatte entsprechende Preise. Das Gesicht des Präsidenten war blasser als gewöhnlich, gezeichnet von den letzten Wochen. Dunkle Augenringe deuteten auf unruhige Nächte hin. Das mochte zwar auch unabhängig von der politischen Situation am fortgeschrittenen Alter liegen, doch als er Ylsara bemerkte, hellte sich sein Gesicht auf, als könne ihre Ankunft alle Probleme des Augenblicks lösen.

„Senatorin Adinara“, sagte er mit gezwungener Herzlichkeit und erhob sich langsam aus seinem massiven Stuhl. „Es freut mich, dass Sie mich sehen wollten. Bitte, nehmen Sie Platz.“

Ylsara nickte knapp. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, schließlich hatte man sie gewissermaßen herbeordert. Sie ließ sich auf einem der kunstvoll geschnitzten Stühle nieder und faltete die Hände vor sich in den Schoß. Ihre Mimik blieb ruhig und kontrolliert. Sie hatte bereits so eine Ahnung, worauf dieses Treffen hinauslaufen sollte. Der Wahlkampf hatte sie, trotz ihrer offiziellen Rolle als Vertreterin Druckenwells im galaktischen Senat der Neuen Republik auf Mon Calamari, nicht unberührt gelassen. Die Konzerngilden, jene unsichtbaren Mächte, die so vieles auf diesem Planeten bestimmten, hatten sich mehrheitlich bereits subtil – und manchmal auch weniger subtil – gegen Greven positioniert. Er war nicht charismatisch genug, hatte die Kontrolle über das Volk verloren. Sein Gegner, ein junger, gutaussehender Kleinunternehmer namens Arkon Venn, schien der neue Favorit der Wirtschaftseliten zu sein.

„Wie ich sehe, haben Sie den Wahlkampf aus sicherer Entfernung beobachtet“, begann Greven. Seine Stimme war sanft, aber mit einem deutlich provozierenden Unterton. „Ihre Neutralität ist bewundernswert, aber in diesen Zeiten …“

Er unterbrach sich, sein Blick traf den ihren, als wolle er eine Reaktion von ihr beobachten. „ … in diesen Zeiten braucht Druckenwell starke, klare Stimmen. Stimmen, die vom Volk respektiert werden. Und das Volk respektiert Sie, Ylsara.“

Ein Lekku der Senatorin zuckte leicht, sie blieb jedoch stumm. Sie wusste, wann es klüger war, zunächst abzuwarten und zuzuhören. Greven lehnte sich zurück, seine Hände fest um die Armlehnen seines Stuhls gekrallt.

„Senatorin, ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Der Wahlkampf ist hart. Und es wird nicht leichter. Meine Gegner strecken vor nichts zurück und der Konzernrat …“ Er brach ab und sah aus, als würde ihm übel werden. „Die Konzerngilden haben ihre Wahl getroffen, wie mir scheint. Sie setzen auf Venn, weil er ihnen verspricht, die Zügel noch lockerer zu lassen, als ich es je konnte. Aber wir beide wissen doch, was das bedeuten würde.“

„Mehr Macht für die Konzerne und noch weniger für das Volk“, sagte Ylsara ruhig und sachlich. Greven nickte eifrig, als hätte sie genau das gesagt, was er hören wollte.

„Exakt. Wenn Venn gewinnt, wird Druckenwell eine Marionette der Gilden sein. Der Senat wurde das nicht mehr akzeptieren. Es gäbe Sanktionen. Vielleicht politischen Druck, Einflussnahme … Die Macht bewahre, Geheimdiensttätigkeiten …“

Der Präsident räusperte sich und seine verschwörerische Stimme wechselte zu etwas kraftvollerem, überzeugterem.
„Ich brauche Ihre Unterstützung, Ylsara. Sie haben Einfluss. Die Konzerne auf Druckenwell haben wir verloren, aber wenn Sie Ihre Stimme im Senat nutzen … wenn Sie sich öffentlich hinter mich stellen, wird das Volk das auch hören. Sie können den Unterschied machen.“

Die Senatorin erwiderte seinen Blick eisern. Sie simulierte Bedenkzeit, obwohl sie diese gar nicht benötigte. Dieses Gespräch war sie bereits vor Monaten in ihrem Geiste durchgegangen. Grevens Worte waren nicht unbegründet. Die Konzerngilde hatte sich offen auf die Seite seines Gegners geschlagen, vermutlich, weil Venn bereit war, ihre Interessen noch kompromissloser zu vertreten. Dabei vollbrachte dieser das Kunststück, gleichzeitig als Held des Volkes aufzutreten und es ihnen als Sieg zu verkaufen. Doch die Wahrheit war auch, dass Greven, auch wenn er gemäßigteren Liberalismus vertrat, keinesfalls ein Sozialist war. Er hatte in seiner Amtszeit wenig – genauer gesagt gar nichts – getan, um die sozialen Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Oft genug war er selbst nur ein Werkzeug der Konzerne gewesen. Sein plötzlicher Sinneswandel in Form von reformierter und volksnaher Rhetorik wirkte wie ein verzweifelter Versuch, sich an die Macht zu klammern.

„Und was bietet Ihr Programm, das Venns nicht bietet?“, fragte Ylsara schließlich kalt, fast geschäftsmäßig, als wolle sie ein Argument vorbringen, um den Preis zu drücken. Greven blinzelte, als hätte er diese Frage nicht erwartet.

„Ich …“ Er zögerte zu lange, ehe er seine Stimme wiederfand. „Ich habe eine Vision für Druckenwell. Eine Zukunft, in der alle profitieren. Ich will mehr Investition in Bildung und ein reformiertes Gesundheitssystem. Außerdem eine Stärkung der sozialen Sicherungsnetze. Ein Mechanismus zur Abfederung von Arbeitslosigkeit. Aber ich brauche Zeit, um diese Pläne umzusetzen. Zeit, die ich nur mit Ihrer Hilfe gewinnen kann, Ylsara.“

Die Togruta lehnte sich leicht nach vorne, ihre Finger ineinander verschränkt.

„Mit Verlaub, Herr Präsident“, begann sie.
Es folgte eine kurze Pause.


„Warum sollte man Ihnen jetzt glauben? In Ihrer achtjährigen Amszeit …“
Sie streckte die rechte Hand zur Seite aus. Ihre Assistentin, die sich die ganze Zeit diskret im Hintergrund gehalten hatte, legte ihr ein Datapad mit aufbereiteten Informationen in hinein. Ylsara überflog es sichtbar, als würde sie eine Statistik nachvollziehen wollen. „ … haben Sie keinen Punkt des Wahlprogramms umgesetzt, der auch nur den Anschein von sozialen Reformen gemacht hätte. Warum also jetzt der plötzliche Sinneswandel?“

Greven presste die Lippen zusammen, sein Gesicht zeugte von Frustration und Müdigkeit. „Weil es keine Alternative gibt. Wenn Venn gewinnt, werden wir alle verlieren.“

Für einen Moment herrschte Stille im pompösen Büro des Präsidenten, unterbrochen nur vom stetigen Prasseln des Regens auf den Fensterscheiben. Sie konnte die Verzweiflung in seiner Stimme hören, aber sie wusste auch, dass Verzweiflung kein guter politischer Berater war.

„Als Senatorin bin ich zu innenpolitischer Neutralität verpflichtet“, sagte sie schließlich. „Dennoch werde ich über Ihre Bitte nachdenken.“

Ein Schachzug, der sie aus dem Gespräch entlassen würde, ohne explizit Partei zu ergreifen. Greven schien etwas sagen zu wollen, doch er hielt inne und nickte dann langsam.

„Mehr kann ich nicht verlangen, Senatorin. Ich danke Ihnen.“

Ylsara lächelte sanftmütig. Dann erhob sie sich in anmutiger, kontrollierter Bewegung. Sie wusste, dass dies nicht die letzte Anfrage in dieser Angelegenheit gewesen sein würde. Der Wahlkampf würde sich in den nächsten Wochen intensivieren und man würde sie mehrfach noch dazu zwingen wollen, Stellung zu beziehen. Es war deshalb höchste Zeit in ihr Büro auf Mon Calamari zurückzukehren. Bei diesem Wahlkampf konnte nur gewinnen, wer sich aus der Schusslinie zog.

| Mid Rim | Doldur-Sektor | Druckenwell-System | Il Avali | Regierungssitz | Büro des Präsidenten |
Ylsara Adinara, ihre Assistentin und Präsident Kallor Greven
 
| Mid Rim | Doldur-Sektor | Druckenwell-System | Orbit | Im Anflug auf die RHE-Orbitalwerft |
Ylsara Adinara, ihre Assistentin

Die Stille im Shuttle war trügerisch. Ylsara saß am Aussichtsfenster und beobachtete die gewaltigen Strukturen der Werft, die sich wie ein metallisches Netz aus Durastahlträgern vor dem Hintergrund der Sterne erstreckte. Transportschiffe, beladen mit Materialien aus den Lagern, schwebten betriebsam zwischen den Docks. Alles mochte den Anschein von Kontrolle vermitteln, aber Ylsara fragte sich, wie die Realität im Inneren aussah. Sie wollte sich ein eigenes Bild der Stimmung der Bevölkerung machen. Und wo besser, als bei einem Aushängeschild der Druckenweller Wirtschaft? So hatte sie ihre Rückreise zum Senat nach Mon Calamari noch ein paar Tage hinausgezögert und ein Treffen mit hiesigen Werftleiter der RHE – Rothana Heavy Engineering – anberaumen lassen.
Die Senatorin betrachtete das geschäftige Treiben weiter, bis das Shuttle andockte und sich die Schleusentür mit einem lauten Zischen öffnete. Davor wartete bereits ein kleines Empfangskomitee. An seiner Spitze befand sich ein Menschlicher Mann mittleren Alters, mit militärisch aufrechter Haltung und einem breiten Lächeln. Sein Erscheinungsbild war makellos, von dem akkurat sitzenden Anzug bis zu den polierten Halbstiefeln.


„Senatorin Adinara, es ist mir eine Freude, Sie auf unserer Werft willkommen zu heißen. Cordyn Melcan, Produktionsleiter dieser bescheidenen Einrichtung von Rothana Heavy Engineering“, stellte sich der Mann vor. „Bitte folgen Sie mir – ich bin sicher, Sie werden von unseren Einrichtungen beeindruckt sein.“ Sein Tonfall war fast übertrieben förmlich, sein Lächeln wirkte starr und einstudiert. Sie erwiderte seine Begrüßung mit der gebotenen Höflichkeit, ließ jedoch keine überschwänglichen Gefühle durchblicken. Stattdessen wanderte ihr Blick zu seinen Begleitern. Zwei standen stumm hinter Melcan, der Dritte – ein Protokolldroide – hielt ein Datapad in den silbernen Händen und tippte unablässig darauf herum, ohne überhaupt hinzusehen. Kühle, gefilterte Luft zog durch die schmalen Gänge, als die Gruppe sich in Bewegung setzte. Alles hier schien auf Funktionalität ausgerichtet zu sein. Die Wände bestanden aus kargen Stahlgerippen, zwischen die Platten gezogen wurden. Kabel und Schläuche, deren Zweck Ylsara nur raten konnte, folgten den Gängen in alle Richtungen. Neonröhren tauchten den Weg in kaltes Licht, das die Schatten an den Wänden verzerrte. Melcan führte die Senatorin, in Begleitung ihrer Assistentin Kessa, zügig voran und sprach dabei ohne Unterbrechung über die stetig gesteigerten Produktionskapazitäten der Werft, die fortschrittlichen Konstruktionstechniken und die Bedeutung von Rothana Heavy Engineering für die Wirtschaft von Druckenwell und die Neue Republik. Mehrfach betonte er dabei, dass man bereit zur Investition in neue Produktionskapazitäten war und wie viel Sinn es doch für die Republik machen würde, neue Bestellungen einzureichen. Bisher wurden hier RM-09 Allianz-Shuttles und LAAT/i Angriffstransporter gefertigt.

Ylsara hörte nur mit halbem Ohr zu. Über diese Informationen verfügte sie natürlich bereits. Mehrfach hatte sie das Anliegen schon in den entsprechenden Ausschüssen des Senats vorgetragen. Das Geschäft war umkämpft. Die Konkurrenz war hart. RHE würde die Produktionskosten weiter senken müssen, um mithalten zu können. Bei den derzeitig aufgerufenen Preisen würde es keine weiteren Zuschläge der Neuen Republik geben. Sie war jedoch nicht hier, um diese Botschaft zu übermitteln. Ihre Aufmerksamkeit lenkte sich auf die kleinen Details am Rande ihres Blickfeldes: Eine Gruppe Arbeiter, die auf einem Gerüst standen, ihre Gesichter gezeichnet von Erschöpfung. Ein Sicherheitsdroide, der träge den Gang entlangrollte. Der Lärm von Schweißbrennern, Kränen und Werkzeugen, der aus den Produktionshallen zu ihnen drang und die Atmosphäre beherrschte.

Als sie schließlich eine der Produktionshallen erreichten, verlangsamte sie absichtlich ihren Schritt und blieb stehen. Ihre Augen wanderten über die Konstruktion eines unfertigen Angriffstransporters, der in der Mitte der Halle aufgebockt war. Schienen führten über mehrere Stockwerke der Halle und hielten Arbeitsplattformen, auf denen Arbeiter wie winzige Figuren in einem Gemälde ihrem Werk nachgingen.


„Und die Sicherheit?“, fragte sie unvermittelt, ohne Melcan anzusehen.

Er blieb stehen, folgte ihrem Blick und hob leicht die Schultern.
„Wir halten uns strikt an alle Vorschriften, Senatorin, natürlich. Unfälle sind eine Seltenheit. Unsere Mitarbeiter sind hoch geschult und wissen, was von ihnen erwartet wird.“

Ylsara wandte sich nach rechts, in die Richtung ihrer Assistentin und ließ sich ein Datenpad reichen.
„Nach unseren Informationen haben Sie im letzten Geschäftsjahr lediglich 4 Arbeitsunfälle an die Aufsichtsbehörde gemeldet. Beeindruckend.“ Letzteres Wort betonte sie scharf provozierend, fast ironisch.

„Wie ich sagte, unser Arbeitssicherheitskonzept ist hervorragend …“, antwortete der Produktionsleiter etwas irritiert.

„Wie kommt es dann, dass Ihre RHE-Werft im Abschluss dieses Jahres Krankheits- und Unfallbedingte Arbeitsausfallkosten in Höhe von 1,4 Millionen Credits als Aufwendungen deklariert und damit den Gewinn vor Steuern gedrückt hat?“, schoss Ylsara in fast beiläufigem Ton nach und sah erst anschließend von ihrem Datenpad auf.

Melcan wirkte, als wäre er gegen eine Mauer gelaufen. Er stockte und sah sich hilfesuchend unter seinen Begleitern um.
„Das werde ich natürlich prüfen, Senatorin. Eine solche Position in unserer Bilanz ist mir nicht bewusst.“ Er lachte verlegen, um seine Unschuld zu betonen.

„Natürlich werden Sie das.“ Ylsara erwiderte sein unschuldiges Lächeln und legte ihre Hände locker ineinander. „Vielleicht zeigen Sie mir ihre Arbeitsmedizinischen Einrichtungen? Ich nehme an, Sie haben eine Krankenstation und einen vollbeschäftigten Mediziner auf der Station?“

Ein kurzer Moment des Schweigens folgte. Dann schürzte Melcan die Lippen, als müsste er über die Frage nachdenken. „Wir verfügen über Mittel, die Beschäftigen zu versorgen und sie schnell wieder an die Arbeit zu lassen.“

„Und wenn das nicht möglich ist?“

„Wir finden immer einen Weg, produktiv zu bleiben. Natürlich gibt es immer Ausnahmen.“

Bevor Ylsara darauf anworten konnte, wurde die Aufmerksamkeit der Gruppe von einer plötzlichen Hektik abgelenkt. Am anderen Ende der Halle hatten sich mehrere ölverschmierte Arbeiter versammelt. Laute Stimmen und einzelne Rufe waren zu hören, als sie über die Produktionsfläche hallten. Das monotone Dröhnen der Maschinen machte es unmöglich zu hören, was gerufen wurde. Die Senatorin beobachtete, wie sich Melcans Gesichtszüge versteinerten. Er machte eine knappe Geste zu einem seiner Begleiter, der sich unverzüglich in Bewegung setzte. Der Werftleiter versuchte die Gruppe derweil mit einer sanften Handbewegung zum Weitergehen zu bewegen. Ylsara blieb jedoch an Ort und Stelle, ignorierte die Aufforderungen, weiterzugehen und warf ein Auge auf die sich entwickelnde Situation. Zwei Sicherheitsdroiden rollten auf die Versammlung zu, begleitet von drei uniformierten Wachleuten. Die Arbeiter zögerten zunächst einige Sekunden, doch dann legte einer von ihnen, ein Rodianer mit grüner Haut und einer auffallend zerfetzten Arbeitsuniform, seine Werkzeuge nieder.

Er rief etwas. Mehr und mehr Arbeiter schienen auf die Situation aufmerksam zu werden. Auch sie begannen zu rufen und legten ihre Werkzeuge nieder, während der Rodianer von den Wachleuten unsanft gepackt und davongezerrt wurde. Da die Maschinen nach und nach schwiegen und die Leute unisono protestierten, konnte sie an dieser Stelle auch hören, was gerufen wurde.


„Wir müssen mehr verdienen,
wir sind keine Maschinen!
Wir können nicht mehr,
wir brauchen es fair!“

Melcan
trat in Ylsaras Blickfeld und verdeckte die Sicht. Bitte entschuldigen Sie, Senatorin. Ein bedauerlicher Zwischenfall. Diese Männer sind keine Vertreter der Belegschaft.“ Sein Gesicht war eine Maske aus stoischer Professionalität. Er sprach, als würde er einen simplen Fakt erläutern. „Einzelpersonen. Wir werden entsprechende Maßnahmen ergreifen.“

Ylsara wusste genau, was das bedeutete. Über die Schulter des Produktionsleiters hinweg sah sie, wie Droiden und Wachpersonal die Leute aus der Halle schleppten. Die Ereignisse schienen sich in Zeitlupe abzuspielen, und doch wusste sie, dass sie an dieser Stelle nichts bewirken konnte. Nicht hier, nicht jetzt. Sie würde diesen Ort verlassen, doch die Bilder würde sie mitnehmen.

„Ich habe genug gesehen, Mister Melcan.“

| Mid Rim | Doldur-Sektor | Druckenwell-System | Orbit | RHE-Orbitalwerft | Produktionshalle 3 |
Ylsara Adinara, ihre Assistentin, Werftleiter Melcan, Arbeiter und Sicherheitspersonal
 
| Mid Rim | Doldur-Sektor | Druckenwell-System | Il Avali | Eine verlassene Lagerhalle am Rande des 17. Industriebezirks |
Rakan Thrynn (NPC)
Die Luft in der alten, ungenutzten Lagerhalle war stickig. Es roch nach Schweiß und altem Öl. Doch Rakan Thrynn konnte die elektrisierende Spannung fühlen, die sich bildete, wenn Leute zusammenkamen, um etwas zu verändern. Fast achthundert Arbeiterinnen und Arbeiter hatten sich hier versammelt. Alle waren erschöpft von den endlosen Schichten in ihren Fabriken und den ständigen Demütigungen durch die Vorarbeiter. Heute war ihre Müdigkeit jedoch etwas anderem gewichen: Hoffnung.

Rakan stand auf einer improvisierten Bühne, die hauptsächlich aus aufeinandergestapelten Kisten bestand. Der Schein mehrerer schwerer Industriescheinwerfer warf lange Schatten auf die Gesichter der Versammelten. Es war eine zerbrechliche Szenerie. Die Leute hatten sich zusammengefunden, trotz der Repressalien, trotz der Verbote, um sich endlich zu organisieren und zusammenzufinden. Wenn sie mit einer starken, gemeinsamen Stimme sprachen, würden sie gehört werden. Sie waren hier, um eine Gewerkschaft zu gründen. Die erste Gewerkschaft Druckenwells.

Nachdenklich ließ Rakan seine Hand über die rauen, grauen Stoppeln seines Barts fahren, während sein Blick über die versammelte Menge wanderte. Männer, Frauen, sogar Jugendliche hatten sich hier versammelt. Er erkannte das Gesicht von Sebasthan, seinem eigenen Lehrling. Erst vor ein paar Tagen noch hatte er ihm beigebracht, wie man die Fräse reparierte, die in ihrem BlasTech-Werk biegsame Plast-Stücke aus den großen, angelieferten Platten machte. Das war, bevor sie aus Protest die Arbeit niedergelegt hatten. Nun sah Sebasthan mit großen, leuchtenden Augen hinauf zur Bühne. Sein Gesicht war voller Erwartung und Hoffnung auf eine bessere Zeit. Rakan kannte diesen Blick nur zu gut von sich selbst. Doch sein Herz zog sich zusammen, als er die Narben und Schmerzen der älteren sah, die sich hier versammelt hatten. Leute, die die Räder der Wirtschaft auf Druckenwell am Laufen hielten und das schon zu imperialen Zeiten. Damals war es schlimm, doch auch heute gönnte ihnen niemand Lohnfortzahlung oder gar eine adäquate Krankenversicherung. Sie waren dran gehalten, zu arbeiten, bis sie umfielen. Und was hatten sie dafür erhalten? Hungerlöhne und gefährliche Arbeitsbedingungen.


„Schwestern und Brüder!“ Rakan hob die Hände und das Gemurmel in der Halle verstummte. Seine Stimme war klar und durchdringend. Er sprach in einen kleinen, selbst mitgebrachten Verstärker. „Ich danke euch, dass ihr hier seid. Heute stehen wir an einem entscheidenden Punkt unserer Zukunft!“

Jemand applaudierte. Er erkannte das Gesicht seines Lehrlings, Sebasthan in der Menge.

„Wir alle wissen, was die Konzerne mit uns machen. Sie nennen uns Arbeiter, aber in Wirklichkeit sind wir nur Werkzeuge für sie! Wenn wir kaputtgehen, werfen sie uns weg, während sie sich selbst die Taschen mit den Credits vollstopfen, die wir mit unserem Schweiß und mit unserem Blut verdienen. Zur gleichen Zeit haben wir Schwierigkeiten, unsere Familien zu ernähen!“

Seine Stimme bebte vor Emotion. Er spürte die Zustimmung in der Menge. Leises Gemurmel brannte auf. Einige ballten ihre Fäuste und andere nickten ernst.

„Aber ich sage euch: MIR REICHT’S! Ich beuge mich nicht länger!“ Rakan machte eine Pause und ließ die Worte in den Köpfen der Zuhörer widerhallen. Längst nicht alle von ihnen waren bereits in den Streik involviert. Viele hatten Angst, entlassen zu werden und dadurch ihre Lebensgrundlage zu verlieren. Doch genau darum ging es hier. Sie konnten sie nicht alle entlassen. Sie konnten sie nicht alle bedrohen. Wenn sie zusammenhielten, waren sie stärker.

„Wir werden diesen friedlichen Protest zu einem Flächenbrand entwickeln! Unsere Stärke wird unsere Einigkeit sein!“

Er hob die Hand, als wollte er einen Schwur einfordern. „Heute Abend gründen wir eine Gewerkschaft. Eine Stimme für die Arbeiter von Druckenwell. Die erste Gewerkschaft dieses Planeten! Gemeinsam werden wir für faire Löhne, sichere Bedingungen und vor allem Respekt streiten! Und wir werden nicht klein beigeben, bis sie unsere Stimmen hören!“

Nun brach die Menge in Applaus aus. Einige riefen seinen Namen. Für einen Moment dachte Raken, dass sie es schaffen könnten und dass die Veränderung möglich war. Dieser Moment überzeugte ihn, auch wenn er selbst vor dieser Versammlung noch Zweifel gehabt hatte. Er hatte sich gefragt, ob sie genug sein würden. Ob sie die Durchsetzungskraft aufbringen konnten, die nötig war.

Nun war jedoch nicht die Zeit, zu zweifeln, also verdrängte er diesen Gedanken. Er sah in die Gesichter der Personen, die hier versammelt waren. So viele verschiedene Spezies und doch alle vereint in einer Sache.

Er öffnete den Mund, um weiter zu sprechen, als er plötzlich eine Bewegung aus seinen Augenwinkeln wahrnahm. Die Metalltüren der Halle öffneten sich mit einem lauten Knall. Mit Schilden und Schockstäben ausgerüstete Truppen des Sicherheitskorps – der Polizeieinheit des Innenministeriums – stürmten in die Halle. Ihre schwarz glänzenden Anti-Riot-Rüstungen reflektierten das helle Licht der Industriestrahler.


„Diese illegale Versammlung ist hiermit aufgelöst!“, rief der Kommandant des Trupps durch sein Verstärkergerät. „Sie sind alle festgenommen!“

Ein kollektives Keuchen ging durch die Menge. Einige Arbeiter begannen reflexartig, fast panisch damit, sich zurückzuziehen, während andere von einer Starre gepackt wurden. Chaos machte sich breit. Diese Halle war viel zu klein für so viele Leute und nun wurden sie weiter zusammengepfercht. Raken hob entwaffnend die Hände und trat vor.

„Dies ist ein friedlicher Protest! Kein Grund zur Gewalt!“

Doch die Truppen des Korps reagierten nicht. Der Kommandant gab ein kurzes Handzeichen und im nächsten Moment stürmten seine Leute vor, die Schockstäbe rücksichtslos in die Menge der Versammelten schlagend. Rakan hörte Schreie, Panikrufe, Hass und Verwünschungen. Leute stürzten zu Boden, während die Polizisten unerbittlich vorrückten. Rakans Kopf ratterte, er wollte irgendetwas rufen, um die Situation zu deeskalieren. Die Menge hatte jedoch eine Eigendynamik angenommen. Viele der Arbeiter drängten zur Hintertür, die sich für diese Menge als viel zu enger Flaschenhals entpuppte.

Ein Schrei ließ ihn herumwirbeln. Da war eine alte Frau – sicher über 70. Sie war gestürzt, während ihr Ehemann verzweifelt versuchte, ihr aufzuhelfen. Doch bevor sie auch nur die Chance hatten, traf sie ein Soldat mit einem Schockstab und sie brachen zusammen zu Boden.

Rakan spürte, wie die Wut in ihm aufstieg. Das Korps hatte kein Erbarmen und keine Vernunft. Die Leute hatten Recht – sie mussten hier raus. Er drehte sich um und griff nach der Hand eines jungen Mannes, der sich schützend hinter zur Bühne umfunktionierten Kisten gekauert hatte.


„Komm, lauf!“, rief er, während hinter ihnen Schreie von Verletzten und die manischen Schreie des Kommandanten hallten.

Dann geschah es. Er hörte den Schuss. Der Ton war unverkennbar- ein Blasterbolzen hatte sich gelöst. Rakan sah, wie sein Lehrling – Sebasthan – von einem Blasterstrahl getroffen wurde. Er hielt noch den Stab einer roten Fahne in der Hand, auf der in aufgeklebten, silbernen Lettern „Die Stimme – Die erste Gewerkschaft von Druckenwell“ prangerte. Der junge stürzte zu Boden und seine Augen starrten ins Leere.


„Nein!“, schrie Rakan, doch er wusste, dass es zu spät war. Und ihnen blieb keine Zeit für Trauer.

Er packte die nächste Gruppe von Arbeitern und führte sie durch eine Seitentür, die die meisten bisher übersehen hatten. Sie rannten, so schnell sie konnten, ohne sich umzusehen. Hinter ihnen waren mehr Schüsse zu hören. Rakan würde diese Geräusche bis zu seinem Tod nicht mehr vergessen können.

Sie liefen so lange, bis die Geräusche hinter ihnen verklungen waren. Hier, ein paar Straßen abseits, hatte er seinen Transportwagen geparkt. Hektisch öffnete er die hinteren Klappen der Ladefläche. Alles war noch da. Er atmete schwer und ein paar Tränen liefen seine Wangen entlang, während vor seinem geistigen Auge das Bild seines zu Tode geschossenen Lehrlings aufflackerte. Gebrochen sank er gegen die Innenwand seines Transporters. Der Atem ging schwer und sein Herz schmerzte vor Zorn und Schuldgefühlen.

Dann sah er auf. Die Kiste im Transporter, die er mithilfe von ein paar verbrüderten Logistikern aus der Verschiffungshalle von BlasTech gestohlen hatte, stand dort – festgezurrt und ungeöffnet. Er hatte sie als Druckmittel, als Verhandlungsmasse einsetzen wollen. Rakan erhob sich, schritt hinüber und hebelte die Kiste auf. Die Verhandlungsmasse – nagelneue
EE-4-Karabiner. Nun würden sie eine andere Bestimmung erhalten.

Er hatte eine friedliche Lösung angeboten. Er hatte zusammenarbeiten und mit den Konzernen an einem neuen, besseren Druckenwell arbeiten wollen. Doch sie kannten nur Unterdrückung. Darauf konnte es nur noch eine Antwort geben: Die sozialistische Revolution Druckenwells.


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Rakan Thrynn (NPC)
 
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