Was würde man denn gewinnen, wenn man die Biggs-Szenen in den Film integrieren würde?
In meinem Post weiter oben habe ich von Dramaturgie gesprochen. Speziell bei Ep.IV ist diese sehr wichtig, und komplett auf die Droiden ausgerichtet. Die Droiden sind die ersten handlungstragenden Charaktere, die im Film auftauchen. Sie fliehen von der Tantive IV und führen das Publikum zu Luke. Danach bringen sie Luke und das Publikum mit Obi-Wan zusammen. Und von dort aus geht es weiter nach Mos Eisley, und von dort aus zum Todesstern...
Der gesamte erste Akt des Films funktioniert nach genau dem Prinzip, dass die Droiden den Takt für die Ereignisse vorgeben. Wenn man das durch unmotiviert reingeschnittene Szenen mit Luke aufbrechen würde, was wäre der Effekt? Man hätte Szenen mit einem zukünftigen Hauptcharakter, der noch gar nicht richtig eingeführt ist, und der in diesen Szenen noch mehr als jammernder Dorftrottel rüberkommt als ohnehin schon. Seine Motivation, um Tatooine zu verlassen und sich der Rebellion anzuschließen, wird hier schon ausgesprochen, aber hier will er es nur, weil Biggs das auch schon gemacht hat. Luke ist in diesen Szenen ein weinerlicher Mitläufer.
Ohne diese Szenen im Film ist die Dramaturgie des ersten Aktes gewahrt, und Lukes abschließende Entscheidung, Obi-Wan zu begleiten, hat mit dem Verlust von allem zu tun, was ihn auf Tatooine gehalten hat, gekoppelt mit seinem Wunsch, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Das hat doch mehr Stil, als sein Wunsch, in
Biggs' Fußstapfen zu treten, oder etwa nicht?!
Außerdem entsprach die Existenz dieser Szenen gar nicht GLs Konzeption des Films. Die Studio-Verantwortlichen, und persönliche Kumpels von ihm wie Brian DePalma und Francis Ford Coppola, waren nach Lesen des Drehbuchs nur der Ansicht, dass Luke als Hauptheld des Film viel zu spät auftaucht, und man ihn deshalb schon früher im Film zeigen sollte. GL schrieb also diese Szenen, die Parallel zur Droiden-Flucht ablaufen sollten, und filmte sie auch in Tunesien. Beim Filmschnitt schließlich wurde deutlich, dass GLs ursprüngliche Dramaturgie-Idee richtig war und die Studio-Bosse und seine Kumpels unrecht hatten. Deshalb blieben die Anchorhead-Szenen draußen.
Speziell an diesen Szenen sieht man sehr gut, dass zusätzliche Szenen nicht immer ein Gewinn sind, und es sowohl inhaltlich als auch stilistisch absolut gerechtfertigt sein kann, wenn sie nicht Teil eines fertigen Films sind.
Es ist schön, dass diese Szenen existieren, ja. Für sich alleine kann man sie sich gut anschauen. Aber sie haben verd*mmt nochmal im Film nichts zu suchen.