Auch auf die Gefahr hin, mich jetzt sehr unbeliebt zu machen ....
Ich habe beide bisher erschienenen Eragon-Bücher gelesen. Den ersten mit recht teilnahmsloser Freude. Es war durch und ich dachte, "ja, ganz nett". Beim zweiten Band allerdings habe ich mich so dermaßen geärgert, wie ich es noch nie bei einem Buch geschafft habe.
Zum Thema Ideenklau. Natürlich erfindet niemand mehr das Rad in der Fantasy neu. Aber so dreist wie Paolini zu klauen und sich dann in den Medien als Wunderkind feiern zu lassen ist schon einmalig. Die Handlung - die im ersten Band ja schon etwas naiv wirkt - wird im Zweiten noch kruder. Die Liebesgeschichte ist vollkommen unglaubwürdig, ebenso die meisten Charaktere an sich und Eragon als Held ist ohnehin die fleischgewordene Phantasie eines pubertierenden Jünglings, von Mama unterrichtet und am Arsch von Amerika aufgewachsen, der auch mal Held sein will. Einen so dermaßen unsympathischen Protagonisten zu schaffen, muss man allerdings auch erst mal hinkriegen.
So, und die Story ... abgesehen davon, dass dieses ganze Drachenreitergequatsche (untergegangener Orden), Imperium, Waisenjunge, der bei seinem Onkel aufwächst und von altem Kauz unterichtet wird, der ja doch nicht so kauzig ist, wie man meint ... abgesehen davon, dass einem das gerade in diesem Forum sehr bekannt vorkommen sollte.
Abgesehen davon, frage ich mich: WIE OFT NOCH?! Immer wieder, in beinahe fast jedem Fantasy-Buch gibt es diese dümmlichen Herr-der-Ringe-Abklatschszenarien. Düstere, unfassbar böse Herrscher, dem eine kleine Minderheit von Rebellen entgegen steht, gerne auch in Verbindung mit einem König im Exil. Und die Elfen dürfen ja auch nicht fehlen (obwohl Paolini schon ein ganz besonderer Preis gilt, wer die Elfen so pseudoweise daherquatschen lässt - ganz abgesehen von unserem Vegetarier-Philosophie-Eragon, da war's ehrlich ganz vorbei) und Zwerge auch nicht. Und es muss auch immer schön zur Sache gehen. Jugendbuch? Egal! Brutal muss es sein. Damit all die dämlichen Mamas in die Buchhandlung stürmen und ihren neunjährigen Söhnen ein Buch kaufen, bei dem schonmal gerne eine Babyleiche auf einem Speer thront. Klasse.
Ich verstehe es einfach nicht. Es gibt so unfassbar viele gute Jugendbücher mit phantastischem Einschlag. Und auf der anderen Seite auch den ein oder anderen Fantasy-Titel, der sein Geld wert ist. Wieso hat dieses von Klischees bepackte, mittelmäßig geschriebene, zusammengeklaute "Werk" so einen Erfolg?! Das will mir einfach nicht in den Kopf!
Und bevor jetzt hier irgendjemand mit Neid von meiner Seite aus kommt. Ich bin Buchhändler, ich verkaufe diesen Schund, und habe hier nur als Leser und Buchhändler geurteilt. Ich sehe jeden Tag, was für Leute Eragon haben wollen. Die meisten davon sind Kinder. Und ich finde, die müssen sich noch früh genug im Leben mit Kacke auseinandersetzen. Da bedarf es keines Eragon. Wenn man den Eltern allerdings (in einer sehr viel blumigeren Ausführung als hier) zu Bedenken gibt, was in Eragon so alles los ist und ihnen ganz vorsichtig zu einem anderen Buch rät ... dann könnte ich manchmal heulen, wie ignorant diese Mamas sind. Machen sich ins Hemd, wenn der Neunjährige ne Sexszene im Fernsehen sieht oder mit einer Plastikpistole durch die Gegend rennt, aber lassen ihn fröhlich Eragon lesen. Hurra!
Leute, ehrlich. Lest, was ihr wollt. Es ist nicht mein Bier und ich wollte hier einfach nur mal Frust über diese Bücher ablassen. Das war überfällig. Aber schaut manchmal auch über den Fantasy-Tellerrand. Würde man George R.R. Martin lesen und direkt im Anschluss Paolinis Machwerk ... das wäre wie Champagner und Instantkaffee. Man mag die Reihe ja nett finden und sie begeistert lesen, aber zu sagen, Eragon sei das beste, was die Fantasy zu bieten hat, ist ein Schlag in das Gesicht eines jeden Autors, der auch nur irgendwie in dem Genre arbeitet. Realistisch betrachtet mag Eragon finanziell für den Verlag mit das beste gewesen sein, was die Fantasy herausgebracht hat. Aber Qualitativ - und da bilde ich mir aufgrund meines Berufs einfach eine gewisse Fachkompetenz ein - ist dieses Buch mit viel Wohlwollen Durchschnitt.
So. Fertig. Jetzt geht es mir besser.
