Fifa diskutiert Alternativen zu Südafrika
Berlin - Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 an Südafrika droht zum peinlichen Desaster für den Weltverband Fifa zu werden.
Wie der Sport-Informations-Dienst am Rande des WM-Endspiels in Berlin erfuhr, wird hinter den Kulissen ernsthaft diskutiert, dem Land am Kap der Guten Hoffnung die WM zu entziehen und einen Ersatzausrichter in Stellung zu bringen.
Als heißester Anwärter gelten die USA, aber auch Deutschland als Ausrichter der überaus erfolgreichen WM 2006 gilt als mögliche Alternative, wenn auch nur mit geringen Chancen.
Südafrika nicht im Zeitplan
Denn allen guten Vorsätzen zum Trotz rennt Südafrika vier Jahre vor dem Turnier seinem Zeitplan meilenweit hinterher.
Das gilt für den Bau und die Modernisierung der Stadien, aber vor allem für die landesweite Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur.
Mängel wurden auch im Bereich Unterbringung festgestellt. Seit dem 15. April 2004, als die Südafrikaner den Zuschlag erhalten hatten, stagniert die Entwicklung.
Regierung weicht aus
Noch keiner der geplanten vier Neubauten hat begonnen. In Kapstadt wird sogar noch gestritten, wo exakt das Stadion entstehen soll. Für die Delegationen aus 31 Gastländern und die bis zu 500.000 erwarteten WM-Touristen existieren zu wenig adäquate Unterkünfte.
Die Höhe des finanziellen Zuschusses durch die Regierung ist offenbar auch noch nicht fix. "Ich bin ein schlechter Rechner, da müssen sie unseren Finanzminister fragen. Aber wird werden unsere Zusagen halten", sagte Südafrikas Staatspräsident Thabo Mbeki und wich der Frage nach der genauen Höhe der Geldspritze aus der Staatskasse aus.
Blatter beruhigt
"Die Welt vertraut ihnen. Die Fifa-Familie steht hinter ihnen", sagte Fifa-Chef Joseph S. Blatter am vergangenen Freitag bei der Vorstellung des offiziellen Logos für 2010 fast trotzig.
Doch das musste Blatter öffentlich so sagen, weil vor allem er es war, der die Vergabe an die Afrikaner forciert hat. Inzwischen mehren sich die Stimmen innerhalb der Fifa, die Zweifel hegen, ob die erste WM auf dem Schwarzen Kontinent tatsächlich 2010 in Südafrika stattfinden kann.
"Weiß, was auf den Fluren der Fifa gesprochen wird"
Dass sich die Fifa-Familie keineswegs geschlossen hinter Südafrika stellt, sondern sich innerhalb des Verbandes viele Widerstände regen, bestätigte Vizepräsident und Afrikas Verbandschef Issa Hayatou am Freitag indirekt.
"Ich weiß, was auf den Fluren und Gängen der Fifa gesprochen wird", sagte der Kameruner vielsagend. Deshalb richtete er an Blatter seinen großen Dank, weil der Präsident sich konsequent für die Einführung des Rotationsprinzips eingesetzt hatte.
USA könnten einspringen
Ernsthafte Alternativplanungen konzentrieren sich offenbar auf die USA, wo bereits 1994 die Weltmeisterschaft stattgefunden hatte. Die USA wären in der Tat in der Lage, binnen weniger Jahre den Aufwand für ein Turnier dieser Ausmaße zu stemmen.
Die Stadien stehen, die Infrastruktur ist vorhanden genauso wie das Knowhow zur Organisation des Ticketings und zur Bewältigung der Sicherheitsanforderungen.
Nur minimale Chancen für Deutschland
Deutschland werden weniger gute Aussichten eingeräumt, zum dritten Mal nach 1974 und 2006 WM-Gastgeber zu sein.
Das deutsche WM-OK kann sich selbst nicht vorstellen, dass auch die WM 2010 in Deutschland stattfindet. Die Fifa wehrt sich zudem beharrlich gegen den Eindruck, es werden europäische WM-Bewerbungen bevorzugt.
So haben die USA die besseren Karten. Vom US-Fußballverband gab es zu den Gerüchten keine Stellungnahme. Ein ehemals sehr mächtiger US-Amerikaner war sogar beim WM-Finale in Berlin zugegen: Ex-Präsident Bill Clinton.
Keine Entscheidung in naher Zukunft
Der aber steht - offiziell - zum Schwarzen Kontinent. "Das ist eine einmalige Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Welt auf Afrikas Potenzial zu lenken", sagte Clinton, dessen Stiftung Kinder in Afrika unterstützt.
Unwahrscheinlich ist, dass die Fifa vor der Präsidentenwahl im Mai kommenden Jahres eine Entscheidung über Südafrikas WM-Entzug bekannt geben wird.
Blatter will in Zürich 2007 erneut wiedergewählt werden, strebt eine dritte Amtszeit bis 2011 an und benötigt natürlich die Stimmen Afrikas. Aber danach könnte eine Vergabe der WM an die USA durchaus Realität werden.