Klare Benachteiligungen des FCN häufen sich
Club hat die Nase voll: Der dritte «Tor-Klau«
NÜRNBERG/MAINZ - Am Freitagabend erreichte die NZ-Redaktion die E-Mail eines langjährigen Club-Fans aus Österreich. Akribisch hatte unser erboster Leser aufgelistet, wann und wie der 1.FC Nürnberg in dieser Bundesliga-Saison bislang von den Schiedsrichtern womöglich entscheidend benachteiligt worden war.
Über manche der sieben geschilderten Szenen mag man diskutieren können, einige Entscheidungen fatalistisch hinnehmen oder gönnerhaft unter der Rubrik «Irren ist menschlich« ablegen. Spätestens seit Samstag aber dürfte sich Herbert Leihser aus Wien in seiner kollektiven Schiri-Schelte noch mehr bestätigt fühlen.
Bei Peer Kluges Ausgleichstor zum 1:1 in Mainz (88.), das wegen angeblicher Abseitsstellung ungewürdigt blieb, handelte es sich bereits um den dritten Treffer, der den Franken in den letzten Wochen «geklaut« worden war. In Frankfurt versagte Michael Weiner (Giesen) in der 79. Minute dem 2:1 durch Albert Bunjaku die Anerkennung – der Schweizer stand ebenfalls nachweislich nicht im Abseits. Und vor einer Woche beim 2:2 gegen Werder Bremen zählte Bunjakus «erstes« 2:0 nicht – auch hier konnten TV-Bilder das angezeigte Handspiel kaum bestätigen. Hinzu kamen zugedrückte Augen bei elfmeterreifen Attacken (Schalkes Zambrano an Kluge, Hoffenheims Simunic an Bunjaku) sowie weitere kuriose Abseits-Ideen gegen Hannover (0:2) und Stuttgart (0:0).
Bislang ertrug man am Valznerweiher diese Benachteiligungen mit erstaunlicher Gelassenheit – das Fehlurteil von Michael Kempter (Sauldorf) brachte das Fass nun aber zumindest für einige Profis zum Überlaufen. «Es häuft sich langsam«, klagte «Opfer« Kluge und reklamierte auch noch ein klares Mainzer Handspiel im Strafraum. «Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison«, stellte Dominic Maroh frustriert fest, während Bunjaku glaubt, dass «solche Entscheidungen eben fallen, wenn man unten drin steht.« Und Keeper Raphael Schäfer sagte lieber «gar nichts, weil sonst wieder die lieben Herren vom DFB kommen und das für mich sehr teuer wird«.
Manager Martin Bader bemühte sich, seine Kritik diplomatisch zu formulieren: «Wir können nur immer wieder den Finger heben und darauf hinweisen, weil es sich in den letzten Wochen einfach gehäuft hat.« Mehrmals würden dem Club im Abstiegskampf lebensnotwendige Tore aberkannt, ärgerte sich der Sportdirektor, «und danach stellen sich die Schiedsrichter hin und sagen, es tut ihnen leid, sie haben es eben anders wahrgenommen. Das hilft uns aber nichts.«
Auch der insgesamt eigenwillig leitende Kempter, der von den Mainzer (!) Fans mit «Schieber!«-Rufen verabschiedet wurde, gestand seinen Lapsus später achselzuckend ein und entschuldigte sich bei den Verantwortlichen. «Ihm kann man ja gar keinen Vorwurf machen, er verlässt sich da auf seinen Linienrichter. Aber der muss es erkennen«, konzentrierte sich Baders Wut eher auf den Assistenten.
Oenning scheut die Schiri-Schelte
Michael Oenning hingegen sieht keinen großen Sinn darin, «nun nachzukarten, diese Diskussion ist nicht meine«, betonte der Trainer und fragte provokativ: «Soll ich jetzt zum obersten Gerichtshof gehen? Wir werden die Tore definitiv nicht zurückbekommen.« Natürlich sei das verweigerte 1:1 «ärgerlich und eine klare Benachteiligung, aber es ist immer die Frage, wie man damit umgeht«, mahnte Oenning und riet, die Gründe für die Niederlage lieber bei eigenen Versäumnissen zu suchen: «Man muss aufpassen, dass man andere Dinge nicht zu sehr in den Vordergrund schiebt. Wir müssen unsere Sachen schon selber regeln – und Tore schießen. Es waren ja noch einige andere Chancen da.«
Verbales Fairplay, mit dem sich Oenning wohltuend von manch polterndem Berufskollegen abhebt. Es soll Trainer geben, die Unparteiische schon für weniger krasse Fehlentscheidungen öffentlich an den Pranger gestellt haben. Vielleicht aber müssen die Referees bisweilen einfach auch ein bisschen sensibilisiert werden, um in der nächsten pikanten Situation einmal «in dubio pro Club« zu pfeifen. Das würde bestimmt nicht nur einen treuen Fan in Österreich sehr freuen.