Was denn nun? Sind 20 Bereitschaftspolizisten angerückt oder durften die betrunkenen Fußballfans machen, was sie wollten, ohne auch nur ermahnt zu werden?
Beides. Klingt komisch, is aber so.
Wer sagt, dass das, was ich gestern erlebt habe, Sinn ergeben muss?
Mir persönlich sagt das aber, dass an der Anti-Cop-Hetze nicht allzuviel dran sein kann. Zu einer Eskalation gehören immer zwei Seiten und hier an dieser Stelle wage ich es ernsthaft zu bezweifeln, dass das Aggressionspotential von der Polizei ausgeht. Da sehe ich die Ursache eindeutig bei Hools und Ultras. Quasi Dienstpflicht vs. Freizeitgestaltung. Die einen Feiern und die anderen
müssen mitziehen, ob sie wollen, oder nicht.
Gegenfrage: Wieviel Steuern führen die 36 Profivereine der DFL, die mittlerweile allesamt eher mittelständischen Unternehmen ähneln, jährlich an den Fiskus ab, und wieviel wird dem Fan mittlerweile für eine Eintrittskarte abgeknöpft?
Gutes Argument.
Hier sehe ich ganz klar den Gesetzgeber und als Folge daraus auch die Dachverbände des deutschen Fußballs in der Pflicht. Es kann ja nicht sein, dass eine Institution, die sogar ein eigenes Gericht mit sich bringt, auf stur schaltet und jegliche Verantwortung für das Verhalten von "Problemfans" der Allgemeinheit zumutet, weil die Pflicht mit der Steuerzahlung ja bereits abgegolten sei und sich dies jenseits des eigenen Einflussbereichs abspielte. Rein rechtlich ist das wohl der Fall, ethisch korrekt und fair (ein schön sportliches Wort!) ist das aber nicht.
Frei nach dem Motto: "Die Geister, die ich rief..."
Fußball
vereine sind aber auch keine reinen Wirtschaftsunternehmen, sondern haben eine besondere soziale Verantwortung der Allgemeinheit gegenüber. Genau
dafür hat man als Sportverein ja auch erhebliche Steuervorteile!
Fußballspiele sind Massenveranstaltungen, zu denen oft 50.000 Leute oder mehr erscheinen. Von diesen 50.000 Leuten mögen vielleicht 1 - 2% wirklich gewaltbereit sein. Da dürfte der Prozentsatz von Leuten, die auf Streß aus sind bei jedem Schützenfest und jeder Dorfkirmes höher sein, aber da schreit komischerweise keiner danach, daß die Besucher selbst für Ordungsdienst und Polizeieinsätze aufzukommen hätten.
Diese Rechnung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Nur ein halbes Prozent von 50.000 Besuchern ergibt eine recht beachtliche Zahl von 250 Personen! Das ist ein gewaltiges Schadenspotential. So viele Durchgeknallte wird man niemals auf einmal bei einem Dorffest aufmarschieren sehen. Wenn eine derartig große Anzahl von Ultras/Hools/Whatever aufdreht, dann ist man besser woanders.
Mir kann hier keiner erzählen, dass man bei Oktoberfest, Karneval oder Dorfkirmes mit 250 Unruhestiftern auf einen Schlag rechnen muss.
Ich persönlich sage, dass es mir vollkommen ausreicht, wenn ich von grade mal von 0,004 Prozent (sprich: zwei Leute!) aller Stadionbesucher behelligt werde.
Soviel zu merkwürdigen Rechenexempeln.
Aufgabe der Polizei ist es nunmal u.a. öffentliche Großveranstaltungen zu schützen, und dazu gehören nunmal auch Bundesligaspiele.
Hier allerdings befindest du dich im Irrtum: Ein Bundesligaspiel ist
keine öffentliche Großveranstaltung!
1. Das Sportereignis findet auf Privatgelände statt.
2. Auf diesem Privatgelände sind Videoaufnahmen gestattet, die eine Personenidentifikation ermöglichen, was auf öffentlichem Gelände alleine aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich ist.
3. Es finden Personen- und Gegenstandskontrollen statt, was auf öffentlichem Gelände nur der Polizei erlaubt ist.
4. Es wird ein Eintrittspreis verlangt.
Alles, was sich auf öffentlichem Gelände rund um ein Bundesligaspiel abspielt, wird einzig und alleine durch §8 GG geregelt und das auch nur dann, solange alles friedlich ist.
Abgesehen davon haben meine Vorredener recht. Was in Innenstädten oder auf Bahnhöfen passiert, geht die Vereine strenggenommen nichts an. Dort ist es Aufgabe der Polizei bzw. des Hausherrn - in diesem Fall die Deutsche Bahn AG - für Ordnung zu sorgen und Fußballfans sind beileibe nicht die einzigen, die sich an solchen Örtlichkeiten bisweilen daneben benehmen.
Ich habe bereits weiter oben eine besondere Verantwortung erwähnt.
Wenn ein Lukas Podolski eine Fahne mit der Aufschrift "Pyrotechnik ist kein Verbrechen" schwenkt und sich dadurch mit einer Ultra-Fan-Bewegung solidarisiert, welche bereits durch Gewalttaten aufgefallen ist, dann
ist das ein verwerfliches Zeichen, welches gesetzt wurde.
Wenn sich Fußball
profis auf dem Oktoberfest mit Ultras prügeln, dann
ist das verwerflich.
Nein, hier haben die Vereine eine besondere Pflicht der Allgemeinheit gegenüber, der sie sich nicht durch Steuerzahlungsausreden und Zuständigkeitsfragen entziehen können, damit letztendlich alle Verantwortung der Polizei aufgebürdet wird. Derartige Signale sind zu beachten, zu bewerten und entsprechend zu behandeln, denn hier wird unnötig Öl ins Feuer gegossen.