Aber bitte,vergiß Du nicht das ich aus einer anderen Zeit komme,wo solche Dinge eben normal waren. Und niemand hat diese Dinge damals als unnormal betrachtet.
Das war eben damals so. Und ich kann und will einfach nicht verstehen das es heute anderst ist. Auch wenn sogar ich heute zu Kenntnis nehmen muß das die Welt sich gewandelt hat.
Aber es muß mir nicht gefallen.
Ich komme ja in Etwa aus der gleichen Zeit wie Du. Am sogenannten "modernen Fussball" gibt es sicherlich einiges zu kritisieren, aber wenn mir eine Sache daran gefällt, dann der, dass solche Dinge wie rassistische Fangesänge fast gänzlich aus den Stadien verschwunden ist. Nur weil sich damals niemand darüber aufgeregt hat, oder das Ganze als "normal" oder maximal als Kavaliersdelikt gesehen wurde heißt nicht, dass es in Ordnung war, oder dass man sowas heute als "gute alte Zeit" verklären sollte. In dieser Hinsicht war es eine schlechte alte Zeit, in der oftmals Rassisten und Neonazis den Ton in der Kurve angaben, und solche Gesänge oder die unsäglichen Affenlaute waren auch kein Zufall, und "unpolitisch" war sowas schon garnicht. Vertreter von NPD, FAP und diverser Neo-Nazi-Kameradschaften waren zu dieser Zeit - 80er und frühe 90er Jahre - zu Hauf in den Kurven unterwegs, stimmten mit vollem Bewußtsein solche Gesänge an, und schauten anschließend, wer da einstimmt, und ob sie Jugendliche für ihre Parteien und Gruppen anwerben konnten. Ich für meinen Teil bin froh, dass ich inzwischen Stadien besuchen kann, ohne ständig in irgendwelche Nazifratzen sehen zu müssen, und in denen rassistische Gesänge und Beleidigungen weitgehend vom Großteil des Publikums nicht geduldet und nicht mit angestimmt werden. Dass es sowas heutzutage zumindest in den höheren Spielklassen nicht mehr gibt, heißt jedoch nicht, dass es ganz verschwunden ist. Beispiele wie Aachen oder Braunschweig zeigen, dass in diversen Kurven rechtsextreme Fans noch immer ziemlich viel Einfluss haben, sodaß in beiden Städten eher linke oder einfach nur nicht-rechte Ultrabewegungen sich inzwischen der Gewalt gebeugt und aufgegeben haben.
Fußball ist ein Spiel der Emotionen und nicht der Politik. Und schon gar nichts hat die political correctness dort etwas zu suchen.
Jede Massenbewegung hat auch eine politische Komponente, vielleicht nicht primär, aber auf sekundärer Ebene nunmal schon. Nicht umsonst ist bei uns zB das Innenministerium auch für den Sport zuständig. Darüberhinaus sind Sportvereine neben dem Elternhaus und der Schule eben auch ein Ort, an dem viele junge Menschen geprägt und ein Stück weit erzogen werden, was durchaus als politische Komponente gesehen werden kann. In die Bundesligastadien pilgern Woche für Woche hunderttausende Menschen aus allen Schichten, und die Spieler dort sind Stars und Vorbilder für Millionen Jugendliche, und wenn sich solche Stars und Vorbilder öffentlich und galubhaft gegen Rassismus und Gewalt einsetzen, dann hat das nunmal auch einen politischen Einfluss haben auf diejenigen, die diese Spieler verehren.
Und ohne Dich jetzt damit persönlich ansprechen zu wollen: Die Aussage, man müsse Sport und Politik trennen hört man inzwischen vor allem aus dem rechten bis rechtsextremen Lager, wenn zB nicht-rechte Ultragruppen Choreos gegen Rassismus, gegen Homophobie usw. auf die Beine stellen, oder wenn wie jetzt die Spieler der Hertha so eine spontane Aktion veranstalten.
Lange Rede, kurzer Sinn: Gerade weil der Sport, und besonders der Fussball, eine verbindende Komponente hat, die Menschen auf emotionaler Ebene packt und verbindet und viele Menschen aus verschiedensten sozialen Schichten anzieht und begeistert ist es wichtig, sich in diesem Umfeld gegen Rassismus und gegen Rassisten zu positionieren, und das ist dann nunmal auch politisch, genauso, wie das, was früher war auf keinen Fall unpolitisch war.
C.