Ich glaubte auf das schlimmste vorbereitet gewesen zu sein, doch dann kam es noch viel schlimmer.
Letztlich ist die Folge eine große Enttäuschung und die größte Tragik darin liegt wie bei Folge 3 und allgemein immer häufiger bei Filmen/Serien in der Differenz zwischen dem was die Folge tatsächlich geworden ist und dem was sie (mit gar nicht mal so vielen Änderungen) hätte sein können bzw. sollen.
Wie Folge 3 hat auch Folge 5 die eine Szene, die der ganzen Folge den Stecker zieht, nur hier ist es noch viel schlimmer als in Episode 3 zuvor.
Doch gehen wir zunächst ins Detail:
Gerne wird dieser Tage von einer angeblichen Paranoia Daenerys' gesprochen, doch warum?
Stark verkürzt (aber für den allgemeinen fiktionalen Gebrauch doch allermeist ausreichend) ist Paranoia das Empfinden einer Person verfolgt zu werden obwohl sie nicht verfolgt wird.
Wenn die Person aber tatsächlich verfolgt wird ist es nicht paranoid wenn die verfolgte Person dies erkennt und klar benennt. Dies spricht imo eher für eine gute Auffassungsgabe.
Und genau diese beweist imo Daenerys im Gespräch mit Tyrion; ist doch ihre Analyse der Lage weit überwiegend korrekt und zwar in mindestens 3 von 4 Fällen. Ihre Einschätzung bezüglich Jon ist etwas eigen, aber im Ergebnis auch nicht völlig unzulässig. Klar hat sie nicht explizit angeordnet seine Identität zu verschweigen, aber es war doch schon ihr erklärter Wunsch und den hat er immerhin ignoriert.
Tyrion war schon immer bereit ihren geäußerten Willen nach seinen Vorstellungen in sich zu verdrehen und dass er sich von Sansa so zuverlässig hat instrumentalisieren lassen, ist entweder der Beweis, dass der einst „cleverste Mann von Westeros“ ziemlich hohl geworden sein muss oder Daenerys absichtlich schaden will.
Dass Sansa gegen Daenerys intrigiert dürfte offensichtlich sein und nach Einschätzung Tyrions wird sie auch damit fortfahren.
Varys schließlich ist bereits dabei sie zu vergiften und sie ist diesem Vorhaben bisher nur entkommen, weil sie nichts gegessen hat. Dieser Plan könnte auch selbst nach Varys Tod immer noch in der nächsten Folge aufgehen.
Varys scheint mit seine Schritten gegen Daenerys etwas zu unterperformen, aber ich mag diese dezente Darstellung seiner Vergiftungsbemühungen; - das haben sie schön gemacht.
Durch Tyrion informiert, erfährt Daenerys jedoch von Varys Verrat und macht wie einst angekündigt kurzen Prozess mit ihm.
Ich finde es nach wie vor schockierend, wie schnell Varys bereit war seine einstige Favoritin fallen zu lassen und gegen jemanden einzutauschen, den er im Grunde kaum kennt. Auf welcher Grundlage er sich gleich um ihren ganzen Geisteszustand Sorgen machte, ist mir auch nicht klar (sieht man halt mal von der scheinbaren 50:50 Chance der Richtigkeit dieser These beim imaginären Münzwurf ab. Aber wenn man daran glaubt, dürfte man sich selbst eigentlich nie zum Unterstützer einer Targaryen-Dynastie machen).
Ich erinnere mich an seine besorgten bis schockierten Blicke, nur weil sie sich beim Fest auf Winterfell für einen Moment einsam gefühlt hat, daraufhin zum Verräter zu werden ist eine heftige Überreaktion. Ich mag diesbezüglich den kurzen Aufsatz, dass Varys Daenerys vielleicht lieber einige Male in den Arm genommen hätte, anstatt gleich gegen sie zu intrigieren.
Unabhängig vom aktuellen Geschehen finde ich es in der Endbetrachtung des Charakters Varys sehr schade, dass er seit der Flucht aus Kings Landing kaum noch was sinnvolles zu tun hatte und meist eine Karikatur seiner selbst war. Dass es keine Abschlußszene zwischen ihm und Kleinfinger gab, bzw. er auch nicht auf die Nachricht seines Todes reagierte, halte ich wie Conleth Hill für ein Versäumnis.
Die nächste Szene die nähere Betrachtung verdient ist jene zwischen Daenerys und Jon mit Blick auf ihre mögliche Wirkung auf die ganze Folge.
Denn natürlich kommt man nach der Folge auf der Suche nach Antworten zu dieser Szene zurück und könnte hier den entscheidenden Auslöser sehen und spekulieren, dass hier die Entscheidung fällt und alles anders hätte kommen können, wenn Jon sich ihr nicht verweigert hätte.
Nach den Worten der Showrunner ist Daenerys' Aktion aber spontan und somit ist das Gespräch mit Jon immerhin nur einer von mehren Bausteinen auf den Weg dorthin.
Dennoch ist die Szene interessant, dokumentiert sie doch das völlig verloren gegangene Fingerspitzengefühl der Serienmacher.
Nach dem verweigerten Kuss, schließt Daenerys mit den Worten „Dann soll die Angst regieren“ und es wird zur nächsten Szene im Thronsaal geblendet.
Szenenwechsel bedeutet für mich, dass in der vorhergehenden Szene nichts wichtiges mehr passiert ist, nichts was der Zuschauer hätte sehen müssen, folglich hat Jon also nichts zu Daenerys Fazit gesagt.
Wie er hat nix gesagt?
Hätte er nicht vielleicht was sagen sollen?
Hätte er nicht vielleicht etwas sagen sollen wie zum Beispiel: „Wtf, hast du dich gerade echt für ne Schreckensherrschaft entschieden, weil ich nicht mit dir schlafen will? Können wir da nochmal drüber reden?“
Aber gut, sagt er halt nichts, sie ist eben einfach zu dominant für ihn, aber er wird sicher dennoch einen prima König abgeben ….
In der nächsten Szene gibt Daenerys Tyron die Zusicherung den Angriff zu stoppen sobald die Stadt kapituliert (lt. der Showrunner wie gesagt in der ehrlichen Absicht sich auch daran zu halten). Es entsteht so die schöne Situation, dass wir später alle auf das Läuten der Glocken warten und ihre vermeintlich befreiende Wirkung erleben, wenn sie dann schließlich läuten, - das ist wirklich schön gemacht.
An dieser Stelle lohnt sich der Exkurs zu den Bürgern von Kings Landing und der Feststellung, dass diese bisher nie als die liebenswertesten Menschen des Universums dargestellt wurden. Ich will das gar nicht als Rechtfertigung benutzen, aber vielleicht hat Daenerys dazu ja nächste Folge noch ein paar Worte übrig.
Worum es mir da eher geht ist, wieso sich Tyrion überhaupt so leidenschaftlich für diese Menschen einsetzt.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie er die Einwohner von Kings Landing einst voller Überzeugung als wertlos erklärte und ihn gleich den zweifachen Tod wünschte, - einmal durch Stannis, das andere mal durch Gift.
Schätze, Tyrion hat das einfach irgendwie vergessen.
Kleine Zwischenfrage: Wie segelt man von Drachenstein nach Kings Landing (direkt unter die Stadtmauer) wenn ne Piraten - Stealthflotte mit hunderten von Schiffen in der Bucht liegt?
Ein Kopfschütteln, dass Daenerys' Truppen ihr Lager direkt unterhalb der Stadtmauern aufgeschlagen haben, damit die Verteidiger der Stadt besser Steine runterwerfen können, lohnt sich vermutlich gar nicht mehr, nachdem sie jetzt über knapp zwei Staffeln immer wieder ihre militärische Inkompetenz unter Beweis gestellt haben.
Immerhin war es ein schönes Bild.
Die Abschiedsszene von Tyrion und Jaime sollte eigentlich richtig schön sein, ist bei mir aber leider nicht richtig gelandet.
Ich denke mal, das ich die Szene nicht richtig genießen konnte, liegt nicht unwesentlich daran, dass sie ein hervorragendes Beispiel für „Forced Writing“ darstellt. Das alles passiert auf diese Weise, weil es eine Abschiedsszene zwischen Tyrion und Jaime und später zwischen Jaime und Cersei geben soll.
Aber: Wenn Daenerys diese Falle für Tyrion schon aufstellt, warum lässt sie sie dann nicht gleich hier auch zuschnappen und verhindert Jaimes Flucht?
Sie hat nämlich überhaupt kein Interesse daran, dass Jaime sich von Cersei verabschiedet.
Das ergibt so keinen Sinn.
Die Vorbereitungen auf die Schlacht sind klasse inszeniert und ich liebe sie vor allem weil wieder diese „The Fog“-Gedächntismucke (oder eine sehr ähnliche Variation davon), die ich schon im Vorfeld der Schlacht um Winterfell so cool fand, unheilvoll im Hintergrund herumwabbert.
Was mir nebenbei auffällt: Was hat denn Jons mürrische verbal antwortlose Reaktion auf Tyrions Anweisung zu bedeuten, dass er beim Glockenläuten seine Männer zurückrufen soll.
Will er etwa nicht?
Der Angriff von Daenerys auf Flotte, Stadtbefestigung und goldene Kompanie ist dann perfekt inszeniert und ganz großes Kino. Nachdem Cersei und Euron letztes mal wieder gnadenlos vom Drehbuch bevorteilt wurden und so ihre für die Daenerys/Jon-Fraktion und für wohl auch die meisten Zuschauer so schmerzhaften Siege einfahren konnten, ist jetzt Zahltag und „die Lennisters“ bekommen es mit der groben Kelle. Das Geschehen ist ähnlich befriedigend wie in der letzten Staffel „Field of Fire“.
Geschickt nutzen Daenerys und Drogen bei ihren Angriff die blendende Sonne und stoßen nahezu senkrecht auf die Flotte herab. Die Wirkungslosigkeit der Skorpione finde ich hier übrigens nicht so gravierend. Es ist eben was anderes einen verletzten Drachen aus einen Hinterhalt heraus überraschend abzuschießen als einen Drachen im vollen Angriffsmodus. Einzig die gefühlte Feuerrate von Eurons Skorpion in der letzten Folge bleibt in ganz schlechter Erinnerung.
Ich bleibe dabei dabei, dass Daenerys am Anfang von Staffel 7 auf ihre „Girlgang“ hätte hören sollen und genau dies hätte tun sollen (also bis zum Läuten der Glocken natürlich) um sich den Eisernen Thron an einen Tag zu nehmen. Der Plan einer blockierenden Belagerung klang zwar nicht schlecht, aber seine Wirksamkeit kann man durchaus anzweifeln (Wendet sich das Volk in der Stadt wirklich gegen Cersei, oder wird es durch Propaganda nur weiter gegen den „Feind“ vor den Toren radikalisiert. Das kann niemand vorhersehen!).
Ein massiver Angriff (der trotzdem nicht viele Opfer unter den Zivilisten zur Folge haben muss)hätte Daenerys auf jeden Fall eine Menge erspart.
Die Vergleiche mit Helms Deep (auch wenn sie sich meist nur auf die reine Minutenzahl bezogen) in Bezug auf die Schlacht um Winterfell, stellte sich als anmaßend heraus, aber diesmal finde ich den Vergleich zu „Herr der Ringe“ (Der von Serienmacherseite diesmal imo nicht gemacht wurde) in der Tat gar nicht mal schlecht.
Ich mag es einfach, wenn man sich nicht wie so häufig in der Dunkelheit versteckt und Dinge bei vollen Tageslicht zeigt und zudem hat man hier das Gespür, dass ein Drache der eine mehr oder weniger mittelalterliche Stadt angreift spektakulär genug ist und so entsteht ein wahres Effektgemälde, welches im modernen Kino selten geworden ist.
Man stelle sich das Geschehen in einen modernen Kinofilm vor: Da hätte es neben Drogon noch gefühlt 1000 kleine Babydrachen gegeben, die das Bild verstopft und verhindert hätten, dass man als Zuschauer seine Aufmerksamkeit auf irgendwas von Interesse hätte fokussieren können.
Vor allem aufgrund dieser massiven Schauwerte hätte es die Folge verdient gehabt in weit besserer Erinnerung zu bleiben als dies jetzt wohl der Fall sein wird.
Ich spare an dieser Stelle das entscheidende Thema noch aus und springe etwas nach vorne.
Hier haben wir nun die Abschiedsszene zwischen Sandor und Arya und abgesehen vom reinen Spektakel ist dies für mich die absolut gelungenste Szene der Folge, eben auf Charakterebene.
Wie Sandor Arya fragt ob sie etwa so werden will wie er und wie er dann seine gefühlt riesige Hand hinter ihren Kopf legt und mit einen Ausdruck auf sie herab sieht, den man vorher bei ihm wohl noch nie gesehen hat; einfach so gut.
Unglücklicherweise hat Arya dadurch den Rest der Folge nichts sinnvolles mehr zu tun. Ihre Flucht durch die Stadt wird mit dem Schicksal von Mutter und Tochter verknüpft die man bereits am Anfang der Folge eingeführt hatte. Der Einsatz von Mutter und Tochter folgt dem Trend solche Ereignisse aus den Augen der einfachen Menschen zu erzählen. Meiner Meinung nach gelingt das selten wirklich gut und auch hier imo nicht.
Aryas Flucht durch die Stadt hätte deutlich zusammengestrichen werden können, - ehrlich irgendwann hat wohl jeder verstanden, dass die ganze Stadt zerstört wird und viele Menschen sterben müssen.
Spätestens hier hätten wohl die wenigsten etwas dagegen gehabt etwas „Spektakel“ gegen mehr echten Inhalt zu tauschen.
Qyburn muss sterben und das geht so durchaus in Ordnung: „Frankenstein“ wird Opfer seiner „Kreatur“.
Leider erschließt sich für mich nicht welches Verhalten er und Cersei denn von Gregor erwarten. Wie bitte soll Gregor an Cerseis Seite bleiben wenn Sandor halt im Weg steht?
Sonderlob gibt es noch für die Kulisse, dieses Treppenhaus ist sowohl intakt als auch zerstört einfach eine Wucht!
Es kommt also zum sogenannten Cleganebowl. Über viele Jahre von den Fans gehypt, für mich immer etwas unverständlich. Ich hätte ihn nicht wirklich gebraucht, fand das Geschehen aber ganz ok. Das Augenauspressen hätte man sich meinetwegen gut sparen können, das war bei Oberyn ein wahrer Schockmoment, aber es verliert in der Wiederholung an „Flair“.
Was Sandor nun davon hat dieses seelenlose Ding zu „töten“, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Überhaupt woher will man wissen, dass Gregor durch Fall von Turm und ins Feuer eigentlich sicher draufgeht? Wenn jemand einen Dolch durch den Kopf bekommt und er ihn anschließend wieder rausziehen will, kann man sich imo nichts mehr wirklich sicher sein. Im Übrigen hätte es Sandor ja mal mit Kopfabschlagen versuchen können, nachdem er den Helm entfernt hatte.
Die Unklarheit über das tatsächliche Sterben ist auch ein Problem bei Euron, Cersei und Jaime.
Klar, zumindest im Falle von Cersei und Jaime mag man sagen können über wen eine Burg zusammenbricht und wer in einer Gruft verschüttet wird, sollte in aller Regel tot sein (vor allem weil wohl auch niemand versuchen wird sie auszugraben).
Aber andererseits haben wir in der letzten Staffel auch gesehen wie Tormund und Beric auf der Mauer in die Tiefe stürzten und/oder verschüttet worden, und diese Staffel sind sie einfach wieder wortlos lebendig aufgetaucht.
Cersei und Euron nahmen mindestens in den letzten beiden Staffel die Rolle der wirklich Verachtenswerten ein und haben Rachegefühle der Zuschauerschaft im hohen Maße stimuliert. Und nun bekommen sie fast schon so eine Art Happy End? Klar, sie sterben (mutmaßlich), aber ihr Ende hat etwas friedliches und ein Stück weit werden sie auch zu Opfern von Daenerys gemacht. Ich frage mich wirklich warum? Diese beiden waren echt schlecht und haben ihr Schicksal verdient, warum hier ein befriedigendes Ende verwehrt wird, verstehe ich nicht. Und nein es ist kein Beispiel dafür wie GOT Erwartungen unterläuft. GOT hat seinen schlimmsten Charakteren immer befriedigende Sterbeszenen gegeben (Joffrey, Ramsey etc.) hier nun nicht.
Lena Headeys Erklärung zu ihrem Ende ist bezeichnend: Zuerst war sie enttäuscht, aber je mehr sie darüber redeten desto sinnvoller erschien es und Cersei und Jaime kamen zusammen auf die Welt und müssen sie wieder gemeinsam verlassen.
Es benötigt wirklich schon eine gute Schauspielerin um diesen inhaltslosen Geschwafel so etwas wie Sinn zu verleihen.
Bin mir sicher, dass sich alle Zwillinge dieser Welt über die „Argumentation“ freuen.
Nebenbei Cersei: So verachtenswert man sie auch finden mag, sie war doch ein wirklich großer Charakter der Serie. Macht es denn wirklich niemanden traurig, dass es in der letzten Staffel für sie zu wenig mehr als Löcher in den Himmel starren und Durchhalteparolen aufzusagen reicht?
Man wie giftig hätte die kämpfen können, wenn es z.B. noch mal zu einen Zusammentreffen mit Daenerys gekommen wäre.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich auch an die ganzen Fantheorien wie man das Figurenensemble um Cerseis Tod arrangieren kann und was man alles hätte machen können.
Ich würde sagen von allen im Umlauf befindlichen Versionen, war die tatsächlich in der Serie verwendete wohl die schwächste.
Allein schon die Sterbeszene an sich: Ein gemeinsamer Sturz von Cersei und Jaime vom Turm und in den Kartenraum hätte mir viel besser gefallen und wäre ein schöner Bogen zur ersten Staffel gewesen.
Vor seinem Tod und dem letzten Treffen mit Cersei durfte sich Jaime noch mit Euron prügeln und der Kampf war hart und schmutzig. Ich hätte es stattdessen ja bevorzugt, dass es Jaime nochmal durch einen besonderen Schwertangriff, dem man ansieht, dass ihn nicht jeder draufhätte, gelungen wäre Euron zu killen. Immerhin hatte er durchaus genügend Zeit nochmal ein, zwei gute Moves einzustudieren, - kann mir schwerlich vorstellen, dass ihm das nie wieder möglich sein sollte.
Jaime bekommt noch Sonderpunkte für Disziplin und Willen: Zweimal durchbohrt werden und danach noch stundenlang in der Gegend rumlaufen kann nicht jeder!
Und somit haben wir alles durch und sind beim entscheidenden Thema, das die Folge letztlich völlig zerstört: Daenerys Angriff auf die Zivilbevölkerung der Stadt nachdem man bereits die Glocken geläutet und sich ergeben hatte.
Die Szene ist einfach der Supergau, eine Bankrotterklärung an dies bisherige Erzählweise von Game of Thrones.
In meinen letzten Beitrag schrieb ich, dass ich einen gezielten Angriff auf die Stadt selbst und die Zivilisten nicht erwarte und jetzt kam es noch viel schlimmer: Ein Angriff auf die Zivilisten der Stadt, der sinnlos ist!
Der Kampf war bereits gewonnen. Den Punkt, dass sie jemand ist, mit dem man sich besser nicht anlegt durch Zerstörung von Flotte, Streitkräften und Befestigungen bereits hinreichend unter Beweis gestellt.
Durch ein Abschlachten der Zivilisten war nichts mehr zu gewinnen.
Und schließlich verhilft Daenerys mit dieser Aktion Cersei zum „Sieg“ indem sie beweist, dass Cersei die ganze Zeit die „Wahrheit“ über sie sagte.
Die Showrunner bringen zum Ausdruck, dass alles eine Spontanaktion ist und der Anblick des Bergfrieds dafür sorgt, dass Daenerys beschließt die Angelegenheit „persönlich“ zu nehmen.
Ok, nimmt sie die Sache also persönlich.
Ich bin ja der Meinung, dass schon der Angriff an sich ein gutes Maß persönliche Komponente haben sollte, schließlich geht es gegen die Mörder von Rhaegal und Misandei.
Das Unglück für die Showrunner ist, dass auch dieser „Erklärung“ nun mal so gar keine Begründung dafür ist, dass Daenerys auf die Zivilisten losgeht.
Wenn sie es denn persönlich nimmt, sind Cersei und Euron das natürliche Ziel ihres Zorns.
Sie könnte also den Bergfried angreifen. Sie könnte verlangen, dass Cersei und Euron zu ihr gebracht werden, eine kurze Frist setzen und mit der Zerstörung der Stadt drohen sollte ihre Forderung nicht erfüllt werden. Sie könnte ihren Truppen befehlen Cersei und Euron festzunehmen und nächste Woche im Folterkeller veranlassen, dass den Beiden nach und nach alles abgeschnitten wird. Sie könnte ihnen ein wahrlich grausiges Ende bereiten und sie „ausstellen“ um ein Exempel zu statuieren …. all das wären nachvollziehbare und verständliche Handlungen, die auf „Sie nimmt es jetzt persönlich“ folgen.
Das sinnfreie Abschlachten der Zivilbevölkerung ist es nicht.
Gut gefällt mir nebenbei auch bemerkt die Variante, dass Daenerys die Geduld verliert während sie auf das Läuten der Glocken wartet und ihren Angriff fortsetzt bevor es jemand in der Stadt schafft eine Glocke zu läuten und sie dann einfach nicht mehr aufhört.
Wenn es denn unbedingt sein muss, wird man ihren Charakter sicherlich auch zu den Punkt bringen können, dass sie die Zivilbevölkerung angreift und die Stadt komplett zerstört.
Aber man muss es eben auch wirklich machen, man muss es verdammt nochmal machen!
Einfach zu sagen ich geb euch bißchen persönlichen Verlust hier und bißchen Ablehnung in der Bevölkerung da und jetzt bastelt euch halt selber was zusammen, weil ich zu faul oder zu unfähig bin es vernünftig auszukleiden und es für euch erleb- und erfühlbar zu machen ist zu wenig, ist viel zu wenig.
Daenerys ist mit Jon (und vor Tyrion, Arya und vielleicht noch Sansa) die Hauptprotagonisten der Serie. Sie ist überaus beliebt bei der Zuschauerschaft und bei einen nicht unwesentlichen Teil zudem noch aus den „falschen“ Gründen, all das ist bekannt und trotzdem rotzen die da einfach irgendwas hin.
War doch klar, dass es da Ärger gibt.
Wenn ich sage, man bekommt den Charakter dahin, möchte ich auch noch einen kleinen Exkurs machen um zu untersuchen wie es gelingen könnte, denn obwohl es möglich erscheint, ist es nicht problemlos.
Als Treppenstufen wurden von den Showrunnern persönliche Verluste und die Liebesverweigerung durch die Bevölkerung von Westeros benannt. Also nehmen wir diese und beginnen mit den persönlichen Verlusten.
Jeder normale Zuschauer dürfte klar sein, dass Menschen die persönliche Verluste zu verkraften haben zu schrecklichen Taten fähig sind, dementsprechend leicht sollte es sein dies zu verkaufen.
Doch hat man hier sofort ein Problem.
Das Problem ist, dass sie nicht Anakin ist, dann würde die Begründung relativ leicht fallen.
Das größere Problem ist, dass sie bezüglich persönlicher Bindungen nichtmal dem normalen Zuschauer entspricht.
Sie ist stets als jemand dargestellt worden, dessen Bedürfnis nach persönlichen Beziehungen deutlich reduziert ist.
Wann immer persönliche Beziehungen gegen irgendwas (ihre Ziele/Ambitionen, ihre eigene Sicherheit etc.) abgewogen werden mussten, haben die Beziehungen eigentlich nur den sekundären Rang eingenommen.
Die einzigen wirklich innigen Beziehungen, die sie pflegt und wo man aus der Bahn werfende Wirkung bei Schicksalsschlägen vermuten könnten, sind die zu ihren Drachen/Kindern.
Zwar sind Drachen gestorben, doch nimmt sie dies vergleichsweise gut auf.
Was sie schließlich aus der Bahn wirft ist der Tod von Missandei.
Dafür dass Missandei eine wirklich gute Freundin von Daenerys gewesen sein soll, haben die beiden nicht genug gemeinsame Szenen gehabt um das zu verdeutlichen, da stimme ich mit Nathalie Emanuelle überein(btw. ist es nicht interessant wie viele Schauspieler ihre Unzufriedenheit so dezent durchstecken?).
Auch als seinerzeit ihr ungeborenes Kind getötet und Khal Drogo nicht gerettet wurde, hat sie dies nicht dazu verleitet etwas Verrücktes zu tun.
An die persönlichen Beziehungen anzuknüpfen würde also schon einiges an Überzeugungsarbeit bedürfen, wirklich naheliegend ist es mit Blick auf Daenerys Persönlichkeitsstruktur nicht.
Der zweite Punkt ist die Liebesverweigerung durch die Bevölkerung von Westeros.
Hierzu ist zunächst voranzustellen, dass Daenerys bereits seit der ersten Staffel weiß, dass sie keinen Empfang mit Trompeten, roten Teppich und Feuerwerk zu erwarten hat. Jorah hat ihr erklärt, dass die einfachen Menschen für Regen und einen nie endenden Sommer beten, und dass ihnen die Machenschaften der Adeligen egal sind.
Dies vorausgeschickt war ihr Start in Westeros imo eigentlich gar nicht so schlecht. Mit Ausnahme natürlich Lennister erklärt sich keines der großen Häuser explizit gegen sie und mit den allermeisten gelingt es sogar ein Bündnis zu schließen,
Auch die Geschehnisse auf Winterfell muss man differenzierter betrachten. Ja es gibt den Moment wo sich alle um etwas anderes kümmern als um sie und wo Tormund seinen Freund Jon für dessen Drachenritt preist. Aber der selbe Tormund bringt etwas früher eben auch einen Toast auf Daenerys aus und diese nutzt die Gelegenheit den rauen, einfachen aber herzlichen Umgang des Nordens sofort bemerkenswert zu adaptieren indem sie ihrerseits mit lauter Stimme einen Toast auf Arya ausspricht.
Daenerys Entscheidung Gendry zum Lord von Sturmkap zu machen bringt allgemein Zustimmung/Begeisterung.
Soo schlecht wird Daenerys also auch wieder nicht aufgenommen und schon deswegen kann dieser scharf konstruierte Gegensatz, die Ablehnung in Westeros hier und die Liebe in Essos da nicht so ganz hinkommen.
Essos anderseits kommt viel zu gut weg.
Wenn Daenerys davon spricht, dass Städte sich selbst befreit hätten als sie anrückte muss man doch feststellen, dass es im Grunde nur eine Stadt war. Im Falle von Mereen hat sie ja Agenten in die Stadt geschickt, die den Aufstand erst angezettelt haben (könnte man bei Kings Landing auch noch probieren).
Die große Liebe hat sie erfahren, wenn sie als Eroberin/Befreierin anrückte; - man könnte sagen bevor die Menschen sie persönlich kannten.
Sobald sie dann ihren Platz als Monarchin eingenommen hatte (und sicherlich „Anfänger“fehler gemacht hat) war das Bild dann wiederum differenzierter.
Und ich denke eigentlich sie sollte aus dieser Zeit gelernt haben, dass es nicht unbedingt die oberste Aufgabe des Monarchen ist die ungeteilte Liebe des Volkes zu erringen. Es gehören einfach zu viele Entscheidungen zur täglichen Arbeit des Monarchen, die schon ihren Typus nach nicht von jedem mit Liebe erwidert werden. Ein Monarch hat auch Entscheidungen zu treffen, die nicht populär sind.
Naja, ich schätze Daenerys hat das irgendwie vergessen.
Der letzte Punkt hier soll sein, dass man über Westeros vieles sagen kann, aber so etwas Ekeliges wie die Söhne der Harpyie hat dieser Kontinent zumindest während der Laufzeit der Serie nicht hervorgebracht.
Man sieht der Anknüpfungspunkt ist auch nicht so ganz einfach und man müsste hier viel mit subjektiver Sichtweise und vielleicht gar Wahnvorstellungen seitens Daenerys arbeiten.
Der scharf gezeichnete Gegensatz Westeros – Essos ist so objektiv nicht gegeben.
An dem Punkt kann man auch gut sehen was Martin wohl meint, wenn er sagt die Enden von Buch und Film würden sich in den wesentlichen Punkten gleichen und die wesentlichen Punkte seien mit den Showrunnern besprochen.
So kann man wohl davon ausgehen, dass er ihnen gesagt hat, dass Daenerys die Stadt zerstört (dies also auch im Buch passiert) und er hat ihnen vielleicht auch gesagt warum. Was er ihnen nicht gesagt haben dürfte, ist wie man die Einzelpunkte verknüpft, wie man also zur Entscheidung die Stadt zu zerstören hinkommt und genau daran scheitert die Serie krachend.
Und somit kann die gleiche Tat im Buch sehr viel besser rüberkommen (hätte sie in der Serie auch wenn man sich mehr Mühe mit der notwendigen Vorarbeit gemacht hätte).
Im Buch ist Daenerys einer der Top 5 Point of view – Charaktere, das heißt Martin kann ihr z.B. einfach zwei dutzend Seiten inneren Monolog geben, der zu ihrer Entscheidung hinführt, - ganz einfach.
Da hat das Buch gegenüber der Verfilmung natürlich Vorteile, aber wenn man das nicht kann, muss man sich halt trotzdem irgendwas ausdenken und kann nicht einfach die ganze Verantwortung auf die schmalen Schultern der Schauspielerin (die ja ihr möglichstes tut und wirklich eine tolle Performance abliefert) abwälzen.
Kann man natürlich schon, aber man muss sich dann nicht wundern, wenn die vielleicht schlechtbewerteste Folge der Serie dabei herauskommt.
Das schlimmste an der Szene ist für mich aber, dass sie gar nicht notwendig war.
Man will Daenerys zur Antagonistin machen, schön und gut, aber dafür braucht es den „Amoklauf“ doch gar nicht.
Zu sagen, dass es leicht wäre sie zur Antagonistin zu machen ist eine heftige Untertreibung, denn faktisch ist sie es bereits zu Beginn der Folge. Nur aufgrund ihrer Leidensphase und der Fokussierung auf Kings Landing hat sie es vielleicht selber noch nicht realisiert und die entsprechenden Entscheidungen weitestgehend noch nicht getroffen:
Tyrion hat Daenerys spätestens durch die Befreiung seine Bruders verraten und blickt somit einer Exekution als Verräter entgegen. Sansa intrigiert gegen Daenerys und wird dies auch immer fortsetzen, für Daenerys ist dies nicht zu akzeptieren und es ist etwas worum sie sich unzweifelhaft wird kümmern müssen.
Jon ist offensichtlicher Konkurrent um den Thron und dürfte bisher nur wegen seiner Beziehung zu ihr „geschützt“ gewesen sein, doch ich denke, dass sie dies recht schnell hinter sich lassen kann und der Weg gegen Jon vorzugehen kurz ist.
Selbst der die letzten Folgen etwas unter dem Radar segelnde Davos hat Verrat geübt: Er hätte wesentlich zur Flucht einer Staatsfeindin beigetragen, wenn es gelungen wäre Cersei aus der Stadt zu bringen.
Man sieht, dass Daenerys sich in Kürze gegen so ziemlich jeden anderen Hauptcharakter wenden würde/könnte und diese müssten darauf reagieren um ihr Leben zu retten.
Und schon hätte man das gehabt was Game of Thrones wirklich mal ausgemacht hat: Adelsfamilien im tödlichen Überlebenskampf, begründet durch nachvollziehbare Interessen und Motivation, ganz ohne schwachsinnige Aktionen und ohne, dass jemand dafür als böse oder verrückt gezeichnet werden müsste.
Das Spiel um die Throne wäre so mörderisch, dass sich sogar die verbliebenen Charaktere an die Gurgel gehen würden, obwohl niemand (außer Sansa), das eigentlich gewollt hätte.
Ja, ich finde das wäre sehr passend für Game of Thrones gewesen.