Bei Tolkien bzw. dem „Herr der Ringe“ sind die guten Menschen klassischer weise hellhäutig und die bösen Menschen (die sogenannten „Südlinge“) dunkelhäutig. Das mag ohne böse Absichten passiert sein, fällt aber auf. Dieses schiefe Bild ein wenig zu korrigieren finde ich jetzt ehrlich gesagt nicht schlimm.
Dass das Bild schief sei, ist ja auch erstmal ein Eindruck und kein Fakt.
Charaktere sind nicht gleich Erzähler und Erzähler ist nicht gleich Autor. Wer sagt überhaupt wann was über wen und was bringt der Text damit zum Ausdruck? Selbst wenn einer der Charaktere rassistisch ist, ist es der Text ja nicht automatisch. Man kann ein Thema ja nicht ansprechen ohne es darzustellen. Soviel Abstraktion kann man dem Leser ja schon zumuten. Das ist eigentlich 9. Klasse Deutschunterricht.
Dass die Protagonisten hellhäutig sind, hat ja erstmal den logischen Grund, dass Tolkien keine von der Realität abgekoppelte Phantastik schreibt, sondern eine fiktive Mythologie Englands. Die prä-historischen Protagonisten (Hobbits usw.) entsprechen dabei in ihrer Herkunftsgeographie und Charakteristika der von Tolkien und seiner imaginierten Leserschaft, nämlich Engländern.
Man könnte die Frage nach dem Rassismus bei Tolkien ja auch so stellen: Wie reagieren denn die kleinen naiven, dörflichen, unbedarften Engländer... ähhh Hobbits, die noch nie einen Schritt aus ihrer Tür getan haben auf Fremde, die anders sind? Und wie unterscheiden sie sich darin von den "weltoffenen", weit gereisten und informierten Weisen und Politikern ihrer Welt? Warum haben die Leute ohne Macht eine andere Sicht als die mit Macht. Das ist eines der Hauptthemen im HdR. Und dann ist es auf einmal gar nicht diskriminierend, dass die vier Hobbits nicht schwarz, asiatisch, trans und im Rollstuhl sind. Es ist der Punkt.
Natürlich kann man alle Hobbits in der nächsten Verfilmung möglichst divers besetzen. Das bringt aber nur für das Bauchgefühl des Gleichstellungsbeauftragen etwas. Handlungstechnisch ist es bestenfalls irrelevant. Aber eines der Themen, die der Text selbst verhandelt, ist dann komplett hinfällig. Und das ist eben schon eine grobe Verfälschung des Werks.
Und dann muss man sich irgendwann schon die Frage gefallen lassen, was dieses Werk dadurch gewinnt und ob man nicht lieber einen anderen Film drehen würde, wenn die Themen der Vorlage sowieso nicht interessieren.