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Was ist denn bitte die Logik hinter deinem Satz? Wenn es etwas gibt, dass theoretisch möglich, aber nie passiert ist, dann muss das heißen, dass irgendetwas anderes, das ebenfalls möglich ist, ebenfalls nicht passiert?
Es ging mir in dem Zusammenhang um die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen bezogen auf einen Film und dessen innere Logik/inneres Regelwerk. In einem guten Film wirst Du keine zufälligen Ereignisse finden, alles folgt einer inneren Logik, die Grundlage für die und in Abhängigkeit der Bereitschaft des Betrachters ist, etwas zu glauben ("Supsension of disbelief"). Das gilt für alle Ebenen des filmischen Erzählens. Diese Innere Logik, das "Regelwerk" für den Film wird dem Zuschauer durch möglichst subtile, aber eindeutige Informationen vermittelt. Diese Information wird auf der visuellen Ebene im Szenenbild und Kostümbild vermittelt sowie natürlich über die Dialogebene. Das sind die Informationen und das Wissen, von dem ich schreibe.
Du stellst es so dar, als wäre dieser Satz ein Schlüsselelement, dabei ist er ziemlich unwichtig. Welche Erwartungshaltung wird denn erzeugt? ...
Luke wird durch diesen Satz charakterisiert, ebenso durch seine danach folgenden Handlungen. In Deiner Wahrnehmung mag das nicht eindeutig genug sein, um ihn sexuell einordnen zu können. Der Mehrheit der Zuschauer scheint es auch gereicht zu haben, da sich anscheinend bis vor kurzem niemand Gedanken darüber gemacht zu haben scheint.
Ich hab´s nun einmal kurz gegoogelt. Die Frage, ob Luke schwul sei oder nicht, scheint die Welt tatsächlich erst so richtig seit dem 04.03. und Mark Hamills Interview zu interessieren. Davor habe ich nur eine kurze und eher einfache Diskussion darüber auf einer lgbt-seite gefunden.
Für mich persönlich ist das ausreichender Nachweis, dass Luke Skywalkers Sexualität nicht abweichend von der Mehrheit gesehen wurde. Damit sollte also die Charakterisierung in den Filmen funktioniert haben. Und diese hat mit dem Satz "Wer ist sie? ..." begonnen.
Dass jetzt der übliche Märchen-Ablauf folgt? Das wäre dann aber schlecht, denn genau das passiert nicht, denn Luke und Leia werden am Ende kein Paar.
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Nein, nicht der "übliche Märchenablauf", sondern Aktion. Weil Luke nicht gleichgültig ist. Das macht uns gespannt auf das, was noch kommen mag.
Okay, also erwartet man vielleicht, dass zumindest Luke verliebt ist? Aber auch davon sieht man später nichts. Da wird nicht geflirtet und es gibt keinen Liebeskummer, nachdem keine Beziehung entsteht.
Bei den Ereignissen, die danach folgen, ist das hier auch kein Wunder. Ob-Wan´s Tod, Luke der nun niemanden hat ausser den neu gewonnen Freunden und der Prinzessin, die drohende Zerstörung der Rebellenbasis. Wer hat in so einer Situation Lust, zu flirten? Das würde der Inneren Logik des Films nur schaden und den Zuschauer irritieren. Han Solo flirtet mit ihr, er ist aber auch als der Draufgänger charakterisiert.
...Man könnte zuletzt noch erwarten, dass Luke sein Leben einfach riskiert, weil die Frau im Hologramm schön ist. Das ist alles, ihn interessiert nur ihr Aussehen. Und als klar wird, dass sie ihn nicht ran lässt, denkt er sich halt: egal, gibt noch andere Frauen. Das würde zu dem passen, was wir im Film sehen. Die Erwartungen würden erfüllt. Aber was trägt das zur Charakterisierung unseres Helden bei? Meines Erachtens gar nichts. Es ist eher kontraproduktiv. Oder soll uns diese Szene gar nichts zum Handlungsverlauf sagen, sondern nur, dass Luke auf Frauen steht? Wozu sollte das gut sein, wenn es die Handlung oder Luke Charakter nicht beeinflusst?
Je nach dem, was man da jetzt von ihm erwarten will, bringt dieser Satz die Handlung entweder in eine Richtung, von der später wieder abgewichen wird, oder er führt nirgendwohin.
Und hier verliere ich Dich ein wenig. Weil ich nicht mehr ganz Deiner Argumentation folgen kann. Weder wird Luke irgendwo im Film so gezeichnet, dass er sein Leben wegen einer schönen Frau riskieren würde noch dass ihn nur ihr Aussehen interessiert. Ganz im Gegenteil, er sagt ganz klar "Sie scheint in Schwierigkeiten zu sein." Und auch das charakterisiert unseren Helden. Ich sehe es eben nicht so, dass die Handlung den Satz in eine andere Richtung führen kann als die, die sie dann genommen hat. Hier lässt sich ein dramaturgischer Grundsatz anwenden der da lautet "verarsche den Zuschauer nicht".
Was du hier als Wissen bezeichnest, nennt man eigentlich Vorurteil. ...
Hier habe ich mich vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt. Ich meinte das Wissen um den Charakter und die innere Logik des Films, und nicht um Wissen in der "realen Welt".
Aber trotzdem ...
Da Homosexualität in unserer Gesellschaft eine Randerscheinung ist, sehen wir jeden zunächst als Hetero, bis uns das Gegenteil bewiesen wird. Hätte man am Anfang des Filmes erfahren, das Luke homosexuell ist, dann hätte bei der Hologramm-Szene kein Mensch gesagt: "Das ist doch ein Fehler. Ein Homosexueller kann keine Frau wunderschön nennen."
Korrekte Beobachtung. Die Art und Weise, wie Luke es jedoch sagt, sagt mir und wie schon beschrieben sicher einer überwältigenden Mehrheit der Kinozuschauer der letzten 40 Jahre, dass Luke nicht schwul ist. Weil das Gegenteil noch nicht bewiesen ist und eher unwahrscheinlich scheint.
Wenn aber nichts zu seiner Sexualität gesagt wird, wird erwartet, dass er hetero ist und seine Aussage wird als Beweis für die Richtigkeit der eigenen Erwartung herangezogen.
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Darum kann der Satz nicht als Bestätigung der Erwartung angesehen werden.
Du leugnest mit Deiner Aussage, dass der Satz Luke charakterisiert.
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Davon mal abgesehen, ist das Script unerheblich bei der Frage, ob das Bild der Figur Luke Skywalker zerstört wird. Denn dieses Bild entsteht bei wohl fast allen durch den Film und nicht durch das Script, das man irgendwann später vielleicht mal ließt.
Nein, das sehe ich nicht so und jedem irgendwie mit Film beschäftigten, dem Du das Script gibst, wird Dir bestätigen, dass Luke mit dieser Beschreibung einfach so angelegt ist, dass er INTERESSE an Leia hat, und zwar das simpelste aller Interessen.
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Wenn eine Geschichte weniger emotional ist, wird sie deshalb nicht zwingend schwächer. Man kann sie ja auch mit dem Verstand wahrnehmen und nicht nur mit dem Herzen.
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Nein. Auf keinen Fall. Tut mir leid, aber das geht nicht.
Natürlich kann man sich auf andere Aspekte konzentrieren. In einem Roman vielleicht auf die kunstvolle Nutzung von Sprache, die Schönheit des Einbands, den geschmackvollen Schriftsatz. In einem Film auf das tolle Szenenbild, fantastische Kostüme, gute Kameraführung.
Aber ganz ehrlich, schwache Emotionen, schwacher Film. Film MUSS den Menschen berühren.
Ich bin offen für Beispiele eines guten Films, der wenig Emotionen erzeugt und dennoch ein guter Film ist.
Kunst sollte schon immer Menschen bewegen und etwas in ihnen auslösen. Wenn Kunst das nicht kann, dann ist sie maximal gutes Handwerk.
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Darüber hinaus sind auch Freundschaft und Nächstenliebe Formen von Liebe. Und sie sind wohl nicht zwingend schlechter als die romantische Liebe.
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Aber diese Formen sind viel schwerer darzustellen als Motivation, insbesondere dann, wenn Du Fremde hast, die aufeinandertreffen und etwas miteinander zu tun haben sollen. Finn und Poe wurden durch eine ziemlich schwierige Flucht zusammengeschweisst, Todesangst bringt Nähe.
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Wenn wir jetzt speziell Lukes Fall nehmen: Da dürfte beispielsweise eine langjährige Freundschaft wohl stärker sein als die "Liebe", die er beim Anblick eines Hologramms empfindet.
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Ja klar! Aber die einzige, die wir kennenlernen ist die Freundschaft mit Biggs Darklighter, und die kennen wir nur EU und aus winzigen Schnipsel in der SE.
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Und wie oben schon gesagt, ist eine Liebe zwischen Luke und Leia in den Filmen gar kein tragendes Element. Vom Betrachten eines Hologramms entsteht keine Liebe. (Märchen hin oder her - so kitschig ist Star Wars nun nicht) Und auch nachdem sich die beiden kennengelernt haben, werden dem Zuschauer keine großen Emotionen vermittelt. Luke schmachtet Leia nicht an und macht unbeholfene Flirt-Versuche, bei deren Misslingen der Zuschauer mit Luke mitleiden kann. Generell ist Liebe zwar ein starkes Thema in Geschichten, aber das, was da zwischen Luke und Leia los ist, ist es nicht.
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Wie weiter oben schon geschrieben, es ist keine Zeit und was wir erleben ist folgendes. Im Film wird die Rettung der Prinzessin als sogenannter McGuffin eingesetzt. Die Prinzessin ist das vordergründige Ziel der Suche, aber eigentlich nicht mehr als der Auslöser, um das eigentliche Ziel für Luke zu erreichen, nämlich vom Farmjungen zum Helden zu werden. Darum ist eine ausgedehnte Liebesgeschiche nicht wichtig, weil wir es hier mit eher mit einer Abenteuergeschichte zu tun haben.
Der Auslöser war der Anblick der verkohlten Überreste seiner Zieheltern.
Nein. Siehe hier
http://www.helpingwritersbecomeauthors.com/movie-storystructure/star-wars-a-new-hope/
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Willst du mir erzählen, wenn Luke homosexuell oder Leia ein Mann gewesen wäre, dann hätte Luke einfach weiter auf Tatooine gelebt, hätte die Chance, dem verhassten Imperium einen Schlag zu versetzen, sausen lassen und dem Mann, der als einziger etwas über seinen Vater weiß, lebewohl gesagt?
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Nein, das nicht. Aber wie schon mehrfach ausgeführt, eine sicher für die meisten Zuschauer eher schwieriger nachvollziehbare und als emotional viel schwächer empfundene Variante.
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Der Held oder der Weise sind Archetypen. Ihre Hautfarbe, ihr Geschlecht und ihre Sexualität hängen aber von Moralvorstellungen oder gesellschaftlichen Konventionen ab.
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Na selbstverständlich. Habe ich etwas anderes geschrieben? Damit wird natürlich etwas über unsere Gesellschaft ausgesagt. Und die Aussage ist einfach, dass die breite Masse der Gesellschaft einfach noch nicht bereit ist, als Vertreter einen Angehörigen einer Minderheit vollständig zu akzeptieren. Ich weiss nicht, wie die Akzeptanz des farbigen Spider-Mans in der letzten Inkarnation war, aber das wäre mal eine Recherche wert.
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Das Ausblenden von Minderheiten ist negativ und überholt. Darum sollte man damit aufhören.
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Das stimmt. Ich sehe nur bei Star Wars kein "Ausblenden von Minderheiten". Um etwas ausblenden zu können muss es zuerst in Erscheinung getreten sein. Sonst könnte man für jeden Film postulieren, dass Minderheiten diskriminiert werden, wenn keine Homosexualität oder Behinderung oder Hautfarbe oder jegliche andere Minderheit gezeigt werden
Ich plädiere weder dafür, Luke als homosexuell zu beschreiben, noch dafür, ihn als Hetero zu beschreiben.
Aber ich widerspreche deiner Behauptung, Lukes Heterosexualität sei wichtig für den Film und in selbigem eindeutig festgelegt, sodass man erst etwas ändern müsse um aus Luke einen Homosexuellen zu machen.
Na, das ist jetzt politisch aber sehr korrekt
Und weicht meiner eigentlichen Frage ein wenig aus. Wie Du schon geschrieben hast, heterosexuell bis das Gegenteil bewiesen ist. Da kannst Du noch soviel widersprechen. Das hetero-konto ist bei Lukes Charakterbeschreibung einfach eher im Plus
Naja, dass man in Lukes Verhalten den Hinweis darauf sieht, dass er sexuelles/romantisches Interesse an Leia hat, kann ich ja noch nachvollziehen. Aber uns wird wirklich nichts gezeigt, dass ausschließt, dass Luke bisexuell ist. Außerdem kann es auch sein, dass man seine wahre sexuelle Orientierung erst spät erkennt, bzw. sie sich eingesteht. Wir wissen ja nicht, wie in seinem Umfeld mit diesem Thema umgegangen wurde und wie sehr ihn dieses Umfeld vielleicht dazu gedrängt hat, "normal" zu sein.
BI-Sexuell?! Jetzt wird es aber ein wenig abenteuerlich ...
Ob man sagt "SW beinhaltet Krieg" oder "SW bedient sich des Elementes Krieg" macht doch gar keinen Unterschied. Fakt ist, dass wir in SW Krieg sehen. Und Krieg ist ein hartes Thema, daran lässt sich nun wirklich nicht rütteln. Trotzdem haben wir in SW nicht das Gefühl, der Film würde uns mit seiner schweren Gesellschaftskritik erdrücken. Wenn wir einen Farbigen sehen, haben wir dieses Gefühl auch nicht. Und wenn wir ein homosexuelles Paar sehen, werden wir es auch nicht haben.
Die grausigste Darstellung von Krieg in Star Wars ist nach meiner Erinnerung die Trauer des Ewoks um seinen toten Freund. Und Finns Trauer um seinen toten Kameraden. Das war es. Ansonsten ist der Krieg einfach nur HINTERGRUND. Und darum geht es. Nur weil ein Thema in einem Film erwähnt wird, wird es nicht im Film bearbeitet oder behandelt. Bei der Wichtigkeit, die aktuell und gerade in unserer Diskussion dem Thema Homosexualität in Star Wars gegeben wird, wie soll das Thema dann schlussendlich "normal" behandelt werden?
Oder reicht es Dir dann, wenn wir zum Beispiel zwei lesbische Frauencharaktere in einer dunklen Cantina knutschen sehen? Zack, Thema Homosexualität in Star Wars. Haken dran
Du hattest argumentiert, dass Homosexualität nicht in Märchen vorkommt. Das liegt aber nur daran, dass sie lange Zeit als etwas unmoralisches wahrgenommen wurde. Und diese Moralvorstellung trägt man indirekt weiter, wenn man sich auch heute noch weigert, Homosexualität in Geschichten vorkommen zu lassen. Wenn ein Mensch nicht in der Lage ist, sich in eine Figur hineinzuversetzen, wenn jene eine andere Hautfarbe oder Sexualität hat, dann sollte daraus nicht resultieren, dass es keine solchen Figuren gibt. Denn dadurch würde dieses Empfinden des Menschen nur verstärkt. Wenn es solche Figuren aber gibt, dann gewöhnt man sich daran und lernt, sich mit ihnen identifizieren zu können.
Zum einen gab es auch Zeiten, in denen Homosexualität nicht als unmoralisch angesehen wurde.
Zum anderen ist es reines Wunschdenken, dass sich der Mensch durch mannigfaltige Aussetzung an einen Zustand "gewöhnen" wird. Du sprichst übrigens hier quasi von einer Konditionierung, die garnichts normales mehr hat. Inhalte, die mich zum Beispiel nicht interessieren, blende ich aus. Oder kann Dich jemand zwingen, Dich mit Themen auseinanderzusetzen, die Dich nicth interessieren? Aber in Bezug auf Homosexualität hat das ja schon Einzug gehalten, seien es schwule Tatortkommissare, schwule Zeitreisende, transsexuelle Professoren, heutzutage ist doch kein Thema mehr fremd? Nur, interessiert das ausser einer eher intellektuellen und liberalen Zielgruppe irgendwen?
Ganz einfach: Mit zwei Männern oder zwei Frauen.
(Ich frag mich, was daran jetzt so brennend interessant sein soll.)
Das "brennend interessant" bezog sich auf die "Star Wars-Art". Natürlich zwei Männer oder zwei Frauen, aber was macht das dann speziell zu "Star Wars" oder wie würde das speziell darzustellen sein?
Ich habe es zwar schonmal gefragt, aber es kommt ja keine Antwort, darum nochmal: Warum erwartet ihr - nach allem, was wir in Star Wars schon gesehen haben - dass nun ausgerechnet die Existenz Homosexueller etwas an seiner Darstellungsform ändert? Und was erwartet ihr denn zu sehen?
Nein, sorry, aber den Ball spiele ich zurück. Ich frage nochmal, und darauf hatte ich auch noch keine Antwort erhalten, was macht Star Wars besser mit Homosexualität? Oder interessanter?