[Trandosha, Varic, Steppe, an Bord der Fury, kleines Quartier, Deira]
Nachdem sie sich ausgeschlafen und was Essbares gesucht hatte, ging sie zurück. Dieses Mal stand der Mensch nicht vor dem Sklavenquartier, aber Deira öffnete einfach die Türe. Die Rodianerin und der Twi’lek waren auch da, der Zabrak war ja in seiner Einzelhaft, da sollte er auch bleiben. Versorgt wurde er trotzdem, sie würde ihm gleich seine Ration vorbei bringen.
„Ah, gibt es Anweisungen?“, fragte der Mensch und stand auf. Deira nickte.
„Sie muss hinten in den Raum vor der Luftschleuse, sie soll dort auf Anweisungen warten“, begann sie und deutete dabei auf die grüne Rodianerin, deren große Augen sich vor Angst weiteten. Also hatte sie immer noch Angst, sollte sie ja auch. „Der da“, Deira deutete auf den blauen Twi’lek, „der kommt in den Aufenthaltsraum, er soll wohl untersucht werden oder sowas. Die Anweisungen des Herren sind bezüglich niederer Spezies nicht immer klar“. Aus dem Augenwinkel sah die Togruta den Twi’lek übelst in Lekku fluchen, aber sie überging das. Dort stimmten die Emotionen also auch noch. „Der Zabrak ist allein, das soll er auch bleiben. Ich muss ihm gleich seine Ration vorbeibringen. Du sollst mich bewachen. Ich habe einen kleinen Raum vorne im Schiff, dort muss ich den Tag über stets bleiben. Der Herr sagte, du sollst davor stehen und mich bewachen“
„Natürlich soll ich das, ich bin der Mensch, er vertraut mir!“, sagte der Mensch aufgeblasen. Auch wenn sie jetzt sehr gerne etwas gesagt hätte, sie schwieg.
„Alles gut, du musst ihm nur solange nichts tun, wie ich ihn für meine Aufgabe brauche“, schoss es ihr durch den Kopf. Nachdem nun die Instruktionen verteilt waren, wandte Deira sich um. Der Mensch folgte ihr und sie besorgte eine Ration für den Zabrak. Vor dessen Türe wartete der Mensch und Deira betrat den Raum alleine. Der Zabrak mit der blassroten Haut und den nicht gerade unauffälligen Hörnern saß im Schneidersitz auf einer Schlafstatt auf dem Boden. Er blickte auf, als er die Türe hörte. In seine Augen blitzte es auf. Deira kannte dieses Blitzen, Lust. Und sie verstand sofort welche Begierde Hybris da gemeint hatte.
„Na danke“, schoss es durch ihren Lekku und Montrals bewährten Kopf. Doch um ein Sith zu werden musste man Opfer bringen. So setzte Deira ein wunderschönes Lächeln auf, das ihre spitzen Zähne zeigte und stellte das Essen so vor dem Zabrak ab, das er wunderbar oberhalb der Korsage in ihren Ausschnitt schauen konnte. Was er natürlich auch prompt tat.
„Kannst du nicht noch ein wenig bleiben?“, fragte er plötzlich als Deira sich umwandte und zur Tür zurückging. Seine Stimme war dunkel, wenn auch längst nicht so dunkel wie die des Menschen und hatte eigentlich einen angenehmen Klang. Den Kopf zur Tür gewendet hob Deira eine nicht vorhandene Augenbraue. Als sie sich jedoch umwandte, die eine Hand in der Hüfte, lächelte sie wieder.
„Leider nein, der Herr hat Aufgaben für mich. Vielleicht später, wenn ich einige freie Minuten habe“, stellte sie ihm in Aussicht und sie konnte ein Flackern in seinen gelben Augen erkennen. Dann verließ sie den Raum wieder, das Grinsen so schnell fort, das der Mensch es nicht sah.
„Ich muss noch kurz etwas ablesen“, sagte sie und hob demonstrativ das Datapad, welches sie mehr alibihalber mit sich herumtrug. Sie musste schließlich einem Sklaven nicht auf die Nase binden, was sie im Labor machte. Die Blutuntersuchung war abgeschlossen und der kleine Bildschirm zeigte ihr, dass sie wohl unter Eisenmangel litt. Was auch immer das genau war. Doch die Togruta nahm das einfach hin und suchte sich das passende Präparat aus dem angrenzenden Schrank, so wie es ihr die Notizen gesagt hatten. Es hatte schon etwas Seltsames, Instruktionen von einem Datapad abzulesen und eigentlich so lange wie man brauchte mit niemandem reden zu müssen. Dass sie mit den Sklaven sprach, diente schließlich ihrer Aufgabe, nicht mehr, nicht weniger. Der Mensch hatte brav vor dem Raum gewartet. Sein überheblicher Gesichtsausdruck nervte die Togruta, doch sie schluckte das herunter und ging weiter. Sie führte ihn zu dem kleinen Raum und ließ ihn davor stehen, so wie Hybris es ihr gesagt hatte. Die Türe schloss sie von innen und löschte das Licht. Im Dunkeln fand sie es fürs Erste einfacher. Dann setzte sie sich mitten im Raum auf den Boden. Sie schloss ihre grünen Augen, trotz der Dunkelheit und begann den Fluss zu suchen. Diesmal fand sie ihn bereits nach einigen Minuten wieder, er war so bunt und schnell wie zuvor. Wieder brachte er bunte Fetzen mit, die zu schnell vorbei waren, als das sie sie hätte einfangen können. Doch wie sollte sie jetzt mit dem Fluss den Blödmann da vor der Tür finden und wie sah er für den Fluss überhaupt aus?
„Vielleicht sollte ich mich erst mal selber suchen“, schoss es ihr durch den Kopf. Eigentlich keine schlechte Idee. Deira legte den Kopf schief und versuchte den Fluss dazu zu bewegen durch sie hindurch zu fließen um ihre Farben aufzufangen. Das war gar nichts so einfach. Wie sollte man den einen Fluss, der überall und nirgends war, dazu bewegen etwas bestimmtes zu tun? Dazu hatte Hybris ihr keine Anweisungen gegeben, das musste sie irgendwie alleine herausbekommen. Die Frage war nur, wie?!
Frustriert ging sie am Ende des Tages ins Bett ohne irgendwas erreicht zu haben. Auch die nächsten zwei Tage verbrachte sie damit, den Zabrak bei Laune zu halten und den – dreihunderfünfundziebzigtausendmal verfluchten – Fluss dazu zu bewegen das zu tun, was sie von ihm wollte. Die anderen Sklaven bei Laune zu halten war bei weitem einfacher als dieses doch inzwischen leicht beleidigte Lusthorn da in seiner Einzelhaft. Irgendwann würde es sich nicht mehr umgehen lassen, dass sie mal eine Weile länger blieb als nur um das Essen zu bringen, aber das würde sie noch eine Weile zu vermeiden wissen.
Und dann, ganz plötzlich hatte sie den Dreh raus. Der Fluss floss durch sie hindurch, sie konnte ihn spüren, das Pulsieren, die Energie. Und dann waren da plötzlich neue Farben. Erst ein seltsames Grau und dann wurde es zu violett. Ob das wohl ihre Farben waren?
„Wie passend“, dachte sie. „Violette Farbe zu violetter Haut“
Die nächste Herausforderung bestand jetzt darin, den Menschen vor der Tür zu finden. Oh, wie sie den Typen inzwischen hasste. Wenn sie ihn noch lange aushalten musste, würde sie ihn mit bloßen Händen erwürgen. Leider war sie dazu zu klein. Aber… sie hatte ein Schwert. Sie war keine Sklavin, er schon. Mit einem fiesen, aber doch auch selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht scheuchte sie den Fluss aus der Türe, dorthin, wo der Mensch stand. Sie wusste nicht, was sie mit dem komischen Mischmasch aus erdigen Brauntönen anfangen sollte, den der Fluss ihr wiederbrachte, aber ihr Gefühl, an das der Fluss sich freiwillig und fest drangehängt hatte, sagte ihr, dass das der Mensch war, der wie ein Leibwächter vor der geschlossenen Türe stand. Den Fluss zu kontrollieren war ziemlich anstrengend und Deira kam an diesem Abend nicht umhin sich zu fragen, wie Hybris das machte. Wurde es mit der Zeit einfacher? Wurde es einfacher, wenn man den Fluss so fest an sich gebunden hatte, dass er einfach immer da war? Das war etwas, was der Fluss von ganz alleine tun wollte, Deira schien ihn nur lassen zu müssen. Sollte sie ihn lassen?
Über dieser Frage grübelte sie die nächsten Tage, in denen sie es nach und nach endlich schaffte, auch den Zabrak und den Twi’lek zu finden. Doch auch deren rötliche und grünliche Färbungen sagten ihr wenig. Aber Hybris hatte ja gesagt, es gäbe einen Unterschied zwischen finden und herausfinden. Und wirklich. Als sie das dritte Mal innerhalb von drei Tagen nach dem Zabrak suchte, bekam sie keine Kopfschmerzen mehr davon. Es wurde leichter. Wieder lächelte sie kurz. Niemand konnte es sehen. Wenn auch das Licht im Raum jetzt an war, sie war hier drin allein. Die Rodianerin zu finden war am schwersten, aber – sie war ja auch am weitesten von der Togruta weg. Doch nach mehreren weiteren Tagen, Deira hatte längst aufgehört sie zu zählen, fand sie eine orangene Färbung in ihrem Fluss, die unmissverständlich der Rodianerin gehörte, auch wenn die junge Togruta wieder nicht wusste, weshalb ihr das so klar war.
Die nächsten Tage begann sie zu verstehen, was die einzelnen Farben bedeuteten. Und irgendwie, brachte ihr der Fluss plötzlich auch schwache Bilder derjenigen mit, dessen Farben er mit sich brachte. Die Bilder waren blass und sie konnte sie nur mit äußerster Konzentration erkennen, wie auf einem Datapad, dessen Akkus beinahe zum Äußersten erschöpft waren. Und jedes – aber auch wirklich jedes Mal brachte das braun des Menschen sein widerliches Grinsen mit. Brauchte sie ihn denn jetzt noch? An diesem Abend beschloss sie, dass sie das nicht tat. Doch wenn sie wieder eine solche Sauerei veranstaltete, wie auf dem kleinen Schiff von Rake, das würde sicherlich ziemlichen Ärger geben.
Nachdenklich saß Deira im Schneidersitz auf ihrem Bett und dachte nach. Da kam ihr eine Idee und sie begann zu lächeln. Sie konnte den Menschen loswerden und dafür sorgen, dass sich die Emotionen der anderen nicht änderten und dafür dürfte sie ihn sogar umbringen – ein schöner Bonus. Ob Hybris damit einverstanden wäre? Nun, er hatte doch gesagt es wären ihre Sklaven und sie dürfte damit machen, was sie wollte. Das war etwas was sie machen wollte, definitiv.
Und diesen schönen Plan setzte sie am nächsten Morgen in die Tat um. Sie öffnete die Türe des Sklavenquartiers und bedeutete dem Menschen und der Rodianerin ihr zu folgen. Das taten beide, auch wenn sie beide nach wie vor dachten, die violette Togruta wäre wie sie. Deira führte die beiden Sklaven zu dem Raum vor der Luftschleuse, dort war es laut und der Fluss schrumpfte auf ein solches Minimum in ihrem Geist zusammen, dass Deira für einen Moment fürchtete sie hätte ihn verloren. Doch mit etwas Anstrengung(und Kopfschmerz) fand sie ihn wieder, er war noch da.
„Stellt euch dahin“, befahl sie den beiden Sklaven mit ihrer neutralen Stimme, die alle von ihr kannten. Doch ein leiser, kaum hörbarer Unterton lag darin, eine Mischung aus Freude und Kälte. Ob das den beiden auffiel war Deira herzlich egal, sie empfand kein Mitleid, für keinen der beiden. Es war für die violette Togruta mit den momentan wieder blitzenden grünen Augen ein Zeichen von Schwäche, sich dem Sklavendasein zu ergeben. Sie hatte das nie getan und nun – nun war sie frei!
Die beiden Sklaven gehorchten ihrer Anweisung, wenn auch der Mensch schon wieder sein selbstgefälliges Grinsen aufgesetzt hatte. Das bestärkte die Togruta allerdings nur in ihrem Plan.
„Was sollen wir hier?“, fragte der Mensch mit seinem aufgeblasenen Ton und Deira ballte eine Hand zur Faust. Mit einem vollkommen kalten Lächeln löste sie ihr Schwert von ihrem Gürtel. Es war noch immer ein Trainingsschwert, tödlich nur im richtigen Moment, doch Deira konnte töten. Er war nicht ihr erster, war auch der Alchemist nicht gewesen und er würde nicht ihr letzter sein. Sie entblößte ihre Eckzähne, als sie zu sprechen begann.
„Wir sind hier, weil sie“, dabei deutete sie mit dem metallenen Schwertgriff auf die Rodianerin, „dabei zusehen soll, wie du deine Belohnung erhältst“, beantwortete Deira die Frage des Menschen. Dieser schien noch größer zu werden und ihr Fluss zeigte ihr das braun seiner Überheblichkeit, der Zufriedenheit und vor allem das goldene Flackern seiner Hoffnung. Sie schimmerten blass in dem Menschen und um ihn herum.
„Wieso soll sie zusehen?“, fragte der Mensch weiter und deutete auf die grüne Rodianerin.
„Anordnung ist Anordnung“, erwiderte Deira kühl. Das sie sich das ausgedacht hatte, sagte sie dem Menschen nicht. Wozu auch? Er würde diesen Abend nicht erleben. „Nun, empfange deine Belohnung“
so wie sie das letzte Wort aussprach, war es kein Wunder, dass die Rodianerin einen Schritt nach hinten machte vor Angst. Doch der Mensch schien das nicht zu bemerken. Zu sehr schwelgte er in Gedanken an Dinge, die er nun vielleicht bekam. Ohne ein weiteres Wort, aktivierte Deira ihr – noch immer blaues – Lichtschwert und stach es dem Menschen in eines seiner dunklen Augen. Seinen Schrei würde außer den beiden Frauen keiner hören. Das sich bewegende Schiff war viel zu laut – perfekt. Die großen Augen der Rodianerin wurden - wenn möglich - noch größer und sie wich soweit zurück, wie sie das in dem kleinen Raum konnte. Röchelnd und kaum blutend sank der Mensch sterbend zu Boden. Die Togruta entfernte die Klinge aus seinem Auge indem sie sie einfach abschaltete. Dann steckte sie die Klinge wieder an ihren Gürtel und wandte sich zurück zur Tür.
„Lass ihn liegen. Der Meister wird mit ihm weiter verfahren. Das passiert mit denen, für die er keine Verwendung mehr hat“, sagte sie noch von der Türe aus und verließ den Raum ohne sich noch einmal nach der verängstigten Rodianerin umzudrehen. Das Orange ihrer Angst leuchtete neonhell in dem Fluss, der Deira aus der Türe folgte. Sobald sie den Raum verließ, war es einfacher. Ohne Kopfschmerzen war es immer einfacher den Fluss zu finden.
Ab jetzt blieb die Rodianerin bei der Luftschleuse, Deira holte sie dort nicht mehr weg. Sie brachte ihr noch Rationen, aber nicht so regelmäßig wie den anderen beiden. Das schürte ihre Angst und da Deira begonnen hatte, sich in andere Räume im Schiff zu setzen und die Sklaven zu suchen, war das nur hilfreich. Den Zabrak zu finden war immer am schwersten, außer wenn sie beinahe direkt vor seiner Türe stand.
Ob eine Woche vergangen war, oder zwei, oder ein Monat – das wusste Deira nicht. Für sie hatten Tage schon lange eine untergeordnete Bedeutung. Sie zählte sie nur, wenn sie es musste.
Doch nachdem sie sich sicher war, dass sie die drei verbliebenen Sklaven von überall im Schiff finden konnte, wo sie selbst hingehen konnte, machte sie sich an diesem Abend auf den Weg zum Cockpit, wo sich Hybris wohl befinden würde. Sie wusste noch, dass er ihr gesagt hatte, sie sollte nicht nach ihm suchen, doch das seltsame Rot, dass der Fluss unter der Cockpittür durchspülte, gehörte sicherlich nicht dem Droiden, der das Schiff flog. Hoffentlich zählten unbewusste Eindrücke, die der Fluss mit sich brachte nicht mit, denn die konnte sie nicht abstellen. Zumindest wusste sie nicht wie. Vielleicht gab es da einen Weg für, sie könnte Hybris ja eventuell mal danach fragen. Bewusst gesucht hatte sie nach ihm ja nun mal nicht und das hatte sie auch nicht vor. Der Fluss floss hin wo er wollte und brachte ihr Bilder und Farben mit, die sie nicht alle zuordnen konnte. Er hatte gesagt, dass könnte Jahre dauern. Die Togruta konnte ein kurzes Seufzen nicht unterdrücken. Wie alt war wohl der gewesen, der sie zum Tempel geschickt hatte? Deira konnte nicht gut schätzen, doch so alt hatte er nicht gewirkt. Ob sie ihn jemals sah? Lebte er noch? Sie hatte nicht einmal einen Namen. Keine guten Voraussetzungen um ihn wiederzufinden, vor allem weil sie jetzt wusste, dass er es ihr sicherlich übel nehmen würde, wenn sie mit Hilfe des Flusses suchte.
Mit einem kurzen Kopfschütteln scheuchte Deira die Gedanken fort, das konnte sie jetzt nicht gebrauchen. Dann klopfte sie an der Cockpittür und wartete eine Antwort von dahinter ab.
[Trandosha, Varic, Steppe, an Bord der Fury, vor dem Cockpit, Deira]