@Admiral X
Wobei man nach deiner Definition ja fast schon Infinity War und Endgame als Kunst betrachten könnte. Der Film befasst sich neben der Action mit der Frage, was tun, wenn man allmächtig ist. Verfall, in den Größenwahn aus der vermeintlich guten Sache heraus? Darf man töten zum Wohle der Mehrheit? Und auch mit den Folgen davon. Was passiert mit den Verbliebenen und ist es dadurch für alle schlechter geworden. Ist die Welt nicht sogar besser dran, wie auch im Film angeschnitten wird. Zusammen mit dem Bösewicht, der am Ende seinen Seelenfrieden gefunden hat.
Ich will damit die beiden Filme nicht zu großen Kunstwerken aufspielen, für mich bleibt es in erster Linie Action. Aber das wirft als Folge die Frage auf, wenn ein Film schon die angesprochenen künstlerischen Ansätze hat, wie viel oder wenig muss er davon haben bis er dann als Kunstobjekt zählt. Wie will man das wirklich bewerten. Ich finde es sehr schwer.
Sieh mir die späte Rückmeldung nach, ich hatte gestern sehr viel zu tun und kaum Zeit, hier ins Forum zu schauen.
Hmm, beide Filme sind schon lange her bei mir, aber ich habe sie tatsächlich als in dieser Richtung "gehaltvoller" in Erinnerung. Wobei es meine ich auch so war, dass die Diskussion über die ethische Richtigkeit oder Unrichtigkeit dessen, was Thanos im Sinne hat sowie über die interessanten Fragen, die hier nennst, eher
außerhalb der Filme seitens der Fans geführt wurde. In den Filmen bleibt er ja ganz klar der Bösewicht (den ein solcher Film natürlich braucht, keine Frage). In jedem Fall kann man aber festhalten, dass Thanos ein deutlich vielschichtigerer und interessanterer Antagonist war als das, was ansonsten so im MCU kursiert.
Ich will damit die beiden Filme nicht zu großen Kunstwerken aufspielen, für mich bleibt es in erster Linie Action.
Genau, und das unterscheidet einen handelsüblichen Mainstream-Film, selbst wenn er mit solchen Themen spielt, dann nach meiner Auffassung weiterhin von wirklicher Filmkunst. Dabei schließen sich, wie auch schon angedeutet, beide Bereiche nicht zwingend einander aus. Nehmen wir ein Beispiel: Ich würde "Inception" von Christopher Nolan, den ich kürzlich auch mal wieder gesehen habe und der durchaus als Blockbuster angesehen werden darf, auch als Kunst bezeichnen. Das liegt zum Teil am einzigartigen, grandiosen visuellen Stil des Films, aber nicht nur. Der Film legt viel Wert auf Spektakel und Action und ist damit überaus unterhaltsam, gleichzeitig bleibt die inhaltliche Komplexität und die großartige Philosophie hinsichtlich der Thematik des Träumens aber von Anfang bis Ende erhalten. Der Film stellt existenzielle Fragen über das Wesen von Träumen, die für uns nach wie vor unergründlich sind, und vor allem über das Verhältnis zwischen Traum und Wirklichkeit, welches vielleicht nicht so klar und eindeutig ist, wie uns das oftmals erscheinen mag. Das ist jetzt nur kurz angerissen, ich muss gerade aufpassen, nicht zu sehr abzuschweifen, über "Inception" könnte ich ganze Seiten füllen ^^ Das ist für mich nicht nur ganz klar Nolans bester Film, sondern auch allgemein einer der besten Filme, die je gemacht worden sind.
Wie dem auch sei, der entscheidende Punkt ist bei diesem Beispiel eben, dass der Film diese Fragen anstößt, diese Fragen auch selbst Teil des Films sind und für ihn und seine Handlung eine tragende Rolle spielen. Er liefert jedoch keine ganz eindeutigen Antworten, lässt viel Interpretations- und Reflexionsspielraum und gewährleistet dadurch eine gewisse Nachhaltigkeit. Der Film ist, und ich habe neulich gehört, wie das treffend auf den Punkt gebracht wurde als etwas, das einen starken Film ausmacht, sozusagen nicht zu Ende, wenn die Laufzeit vorüber ist, sondern er wirkt nach.
Ich habe kürzlich auch mal wieder "Civil War" aus dem MCU gesehen, das war auch der erste MCU-Film seit langem für mich, als ich wie gesagt doch mal wieder den Drang danach verspürte. Bei diesem Film ist es ja auch so, dass ihm eine vielversprechende Prämisse zugrunde liegt. Der Umstand, dass die Avengers auch einmal mit den Kollateralschäden konfrontiert werden, die ihre Einsätze hervorbringen, und die Diskussion darüber, ob eine Verstaatlichung der Avengers und damit die staatliche Kontrolle ihrer Einsätze nicht vielleicht angebracht wären, die ist ja wirklich alles andere als uninteressant oder thematisch oberflächlich. Es fällt bei dem Film dann aber auch auf, dass diese Thematik zwar da ist, letztlich im Laufe des Films jedoch auch wieder eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Überspitzt formuliert dient sie im Prinzip nur als Aufhänger dafür, dass sich die Avengers in zwei Lager aufspalten und sich gegenseitig auf die Mütze geben. Das unterscheidet jetzt, um diese Beispiele mal gegenüberzustellen, "Civil War" von "Inception", in Erstgenanntem gibt es keine wirklich durchgehende und tiefschürfende Verhandlung dieser Thematik, wohingegen ein Film wie "Inception" seine Thematik(en) von Anfang bis Ende durchzieht, geschickt in die Handlung integriert bzw. die Handlung von den Themen leben lässt und trotzdem nie plakativ wird, sodass er den Zuschauer zu weiterführenden Gedankengängen inspiriert.
Ich denke, um von hier aus nochmal den Bogen zu deiner ursprünglichen Aussage zu spannen, dass "Infinity War" und "Endgame" da eher dem Muster von "Civil War" folgen. Ich möchte den beiden Filmen aber natürlich auch nicht unrecht tun und müsste beide nochmal sichten, um das wirklich vollends beurteilen zu können.