Review:
(Massive Spoiler - Weiterlesen auf eigene Gefahr)
Zu Beginn kann ich gleich erfreut feststellen, dass J.J. Abrams dem Film doch recht eindeutig seinen Stempel aufgedrückt hat.
Besonders in der ersten Hälfte des Films schlägt dem Alias-Fan eine Fülle von Bekanntheiten entgegen und das macht wirklich Spaß:
Los geht es schon beim wichtigen Grundthema des Films: Agentenleben in Einklang mit einem Privatleben/der Familie.
Wer wenn nicht Abrams ist dazu geradezu prädestiniert? Hat sich doch die ganze erste Staffel von Alias sehr stark mit diesem Thema auseinandergesetzt.
So bekommen wir also Ethans Haus und eine Party im besten Alias Stil zu sehen.
Auf eben jener Party hat auch sogleich noch Greg Grunberg einen 30 sekündigen Gastauftritt.
Es dauert nicht lange und Mr. Hunt bekommt einen mysterösen Anruf (Der Alias-Fan weiß sofort: Das Signal zu einem verabredeten Treffpunkt zu kommen) Das Missionsbriefing funktioniert dann wieder MI-typisch mit einem Botschaftsträger, der sich selbst zerstört.
Im ersten Einsatz geht es nach Berlin (wie viele Alias-Einsätze spielen in Berlin?) und im zweiten Einsatz brechen Ethan und Co in den Vatikan ein (der Alias-Fan kennt das
) zwischendurch wird Abrams-typisch mal kurz vom Ende der Welt gesprochen.
Der neue Computer-Experte im MIF-Hauptquartier ist definitiv an Marshall angelehnt. Er stottert sich durch die Gegend, redet teils völlig unnützes Zeug, ist aber bei seiner Arbeit recht genial und hat ein Herz aus Gold.
In diesem Film wird auch sehr ausgiebig gefoltert und wieder bemerkt man den typischen Alias-Stil, wenn sich die Protagonisten in dunklen schmuddeligen Kulissen gegenübersitzen und sich gegenseitig fertig zu machen versuchen.
Klar ist Folter nicht gutzuheißen, aber wenn Ethan Owen Davian samt Stuhl in die Bodenklappe eines Flugzeugs hängt und ihn mal ein bißchen den Erdboden zeigt, kann man ihn gut verstehen, - Owen hat es einfach übertrieben, indem er Hunts Frau bedroht hat.
Hier erinnert Hunt etwas an Jack, der genauso gehandelt hätte, wenn jemand in dieser Art und Weise Sydney bedroht hätte.
Noch ein weiteres wichtiges Stilmittel aus Alias kommt gleich zu Beginn des Films zum Einsatz:
Ethant Hunt sitz gefesselt in einem Stuhl. Owen Davian steht ihm gegenüber, hält eine Waffe an den Kopf von Hunts Frau Julia und verlangt von ihm zu wissen, wo die Hasenpfote ist. Die Szene endet mit Hunts erschreckten Gesicht und dem Geräusch eines Schußes.
Es folgt die Titelsequenz und in den folgenden gut 90 Minuten sehen wir dann, wie es überhaupt zu dieser erschreckenden und durchaus sehr intensiven Szene kam.
Eine derartige Anfangssequenz soll natürlich von vornherein Spannung beim Zuschauer aufbauen.
Es gibt noch gelungenere Beispiele dieses Stilmittels in Alias, aber es funktioniert auch hier durchaus. Ohne dieses Stilmittel hätte man den Film imo kaum so aufbauen können, da die einzelnen Handlungsabschnitte/Einsätze doch eher lose miteinander verbundenen sind und eben vor allem durch diese sehr eingängige Szene zusammengehalten werden.
Sehr interessant finde ich, dass vor dem Film praktisch nichts über die Handlung bekannt war. Ich hatte mich wirklich gefreut einen Film zu sehen, über den ich handlungstechnisch praktisch nichts wußte. Allerdings muß ich sagen, dass der Film für jemanden, der die Trailer gesehen hat und den Satz "Ich werde sie finden und ihr wehtun und dann töte ich dich vor ihren Augen." (btw. man stelle sich mal vor, wie die Bösewichte in ihrem dunklen Kämmerlein sitzen und sich derartige Sprüche ausdenken) kennt, doch eher vorhersehbar ist und nur noch wenige Überaschungen bereithält
Ich mag Tom Cruise generell mit langen Haaren und am besten noch mit Vollbart eigentlich erheblich lieber, hier jedoch wirkt Tom Cruise durchaus auch mit kurzen Haaren.
Abrams schafft es Cruise so ins Bild zu setzen, dass man nicht ständig über dessen gewaltige Nase nachdenken muß.
So lange es nur um Action und cooles Auftreten geht, so muß man sagen, dass Cruise dies hier in diesem Film wirklich sehr stark hinbekommt. In diesen Szenen wirkt er einfach klasse, das muß man ihm wirklich lassen.
Allerdings gibt es auch so manchen ruhigen Moment, wo Hunt seine Gefühle zeigen muß und hier fällt nun leider auf, dass die schauspielerischen Fähigkeiten von Cruise verhältnismäßig begrenzt sind.
Das Leid und die Angst welche man in einer Situation, wie dieser wohl erfahren muß, kann Cruise leider nur in 40% der Fälle wirklich rüberbringen.
Sehr gut waren vor allem die Szenen im Krankenhaus und eben das große Gespräch vom Beginn des Films.
Dann gibt es aber auch immer wieder weite Abschnitte wo Tom Cruise seltsam abwesend wirkt und wo man kaum daran denken würde, dass es hier um seine geliebte Frau geht.
Nachdem er Owen Davian entführt hat, hat Hunt den für mich nicht nachvollziehbaren Drang, Davian mit seiner großen Nase zu erschrecken. Sorry aber warum muß er sich ihm unbedingt zeigen. Zum Glück gibt es noch einen Reservegrund, wieso seine Frau in Gefahr gerät, aber trotzdem könnte ich Hunt dafür an die Wand klatschen, dass er seine Frau so leichtfertig in Gefahr bringt.
Auch wenn der Vergleich gewaltig hinkt (obwohl Julia am Ende des Films von einem Augenblick auf den anderen zur Actionheldin wird), so frage ich mich doch, wieviel mehr ich während des Films mitgelitten hätte, wenn Vaughn und Sydney in dieser Situation gewesen wären.
Imo wäre sehr viel mehr möglich gewesen, als das was Cruise aufgrund mangelnden Gefühls rübergebracht hat.
Mit Julia kommt die wirklich große Liebe für Ethan Hunt in die Filmserie und er heiratet sie sogar. Ich finde diesen Schritt sehr gut und mutig, aber er verpflichtet natürlich auch für eventuelle weitere Filme. Wechselnde "Hunt-Girls" sollte es nun auf jeden Fall nicht mehr geben. Was ist eigentlich aus Nyah aus dem letzten Teil geworden, - ja mich interessiert sowas halt.
Michelle Monaghan ist wirklich eine sehr schöne Frau und spielt einen sehr lebenslustigen Charakter.
So ist Julia ein wirklich wunderbare Frau (auch wenn ihre Synchronstimme im zweiten Abschnitt des Films zewitweise sehr nervig ist), der nachgesagt wird, dass ihr nie ein Mann gut genug war.
Ich muß sagen, dass ich genau dieses Gefühl habe, wenn ich sie mit Hunt/Cruise zusammen sehe, - aber sie scheint ja recht glücklich zu sein mit ihrem Geheimagenten.
Sehr schön finde ich, dass Julia am Ende ihren Ethan retten darf. Michelle Monaghan spielt das wirklich sehr gut, wenn sie Ethan nicht unter Strom setzen will, aber weiß das sie das tun muß damit er überlebt (Parallel versagt leider Tom Cruise). Auch die Szenen wenn sie versucht Ethan wiederzubeleben sind recht ergreifend.
Sie wird dann wie schon erwähnt auch noch zur Actionheldin und schaltet mit einer Pistole zwei Angreifer aus, - nunja so hält niemand eine Pistole, der sie das erste Mal in den Händen hat, aber gut, ist schon in Ordnung.
Zeitweilig dachte ich wirklich, dass Julia von Davian erschossen werden würde (Der killt mittels des Maskentricks jedoch nur seine Assistentin um Hunt glauben zu lassen, dass er Julia umgebracht hätte). Imo hätte das auch durchaus gepaßt und hätte die Produzenten von der Last befreit Julia in einem eventuell nächsten Teil wieder auftauchen lassen zu müssen. Ferner hätte es den Weg frei gemacht für einen dunkleren, härteren und etwas psychophatischen Ethan Hunt, - imo eine recht reizvolle Vorstellung.
So aber hat man sich dann für das Happy End entschieden, - auch schön.
Mit Philip Seymour Hoffman hat man einmal mehr einen echten Oscar-Preisträger in seinen Reihen, aber sein Owen Davian überzeugt mich trotzdem nur bedingt. Noch ein bißchen mehr Charisma wäre sicherlich gut gewesen.
Ansonsten spielt Hoffman sehr überzeugend (eben vor allem in der Eingangsszene).
Imo kann sich Davian auch nie so richtig entscheiden, wie er eigentlich zu Hunt steht. Mal gibt er sich ganz seinen Haß gegen ihn hin und dann wieder ist er ganz ruhig und scheint nicht mehr zu wollen, als Hunt zu erpressen, damit dieser die mysteriöse Hasenpfote für ihn besorgt.
Etwas nervig fand ich Davians zwanghafte Fixierung auf diese Sprenkappseln im Hirn. Das ganze ist zwar wirklich perfide, aber man kann sich doch wirklich auch noch an anderen Dingen erfreuen.
Interessant finde ich das Finale zwischen Davian und Hunt. Das ist wirklich nichts großes: zuerst hat Davian die Oberhand und dann Hunt und schließlich wird Davian einfach so von einem Auto platt gemacht.
Imo ein wirklich interessanter Abgang, ist mal was anderes und kann man gut so machen.
In Gestalt von John Brassel hat die IMF mal wieder einen neuen Chef und Laurence Fishburn macht seine Sache sehr gut. Seinen Spruch "Dass Schokolade dick macht ist auch untragbar, trotzdem esse ich sie, stellen sie sich vor." ist wirklich klasse.
Wenn Hunt dann vom IMF zuerst festgenommen wird (ich finde es btw. richtig gut, dass es ihn zunächst nicht gelungen ist zu entkommen) und Hunt auf dieser Liege festgeschnallt ist und Brassel über ihn steht, kommt das angemessen wiederlich und menschenverachtend rüber.
Mit diesr Festnahme sollte klar sein, dass der Verdacht von Lindsey Ferris falsch war und jemand anderes vom IMF mit Davian gemeinsame Sache macht.
Als Zuschauer findet man es natürlich überaus eigenartig, dass Brassel Hunt inhaftiert, obwohl Davian ja möchte, dass dieser die Hasenpfote für ihn besorgt, merkwürdigerweise scheint Hunt diese Seltsamkeit aber nicht aufzufallen.
Sehr schade fand ich, dass Brassel am Ende nicht damit herausrücken wollte, worum es sich bei der Hasenpfote überhaupt handelt (bestimmt was von Milo Rambaldi
)
John Musgrave ist ein weiteres hohes Tier vom IMF und gewissermaßen ein Vertrauter von Hunt. Die ganze Zeit über kommt er eigentlich extrem symphatisch daher, bis sich dann schließlich herausstellt, dass er der Maulwurf beim IMF ist. Dieser Handlungsbogen ist im Prinzip wirklich gut umgesetzt, da man Musgrave nicht in Verdacht hatte und es so dann wirklich ein Schock ist, als er plötzlich auftaucht.
Schade finde ich, dass nie so richtig deutlich wird, wie Davian und Musgrave zueinander stehen, - letzlich wird es wohl einfach darauf hinauslaufen, dass sie Partner sind und niemand dem anderen etwas vorschreiben kann. Ein wenig hängt der Maulwurf-Plot aber in der Luft, da nie wirklich herauskommt was Musgrave eigentlich wollte und der IMF sollte sich mal fragen, woran es liegt, dass in ihrer Organisation beständig gefährliche Fanatiker und Verräter heranwachsen.
Das Team von Hunt kommt ziemlich symphatisch daher, auch wenn ich mich an Luther als Technikspezialisten wohl nie so recht gewöhnen werde (der Typ sieht aus, als würde er den ganzen Tag andere Leute niederprügeln).
Zhen sah sehr gut aus, kam gut rüber und wirkte auch noch recht symphatisch.
Auch das dritte Teammitglied war sehr symphatisch.
Am wichtigsten ist das Team imo noch in Rom und sehr schön dass sie Hunt auch in Shanghai zu Hilfe kommen, aber so wichtig sind sie dann letzlich doch nicht.
Lindesey Ferris ist eine Agentin, die von Hunt ausgebildet wurde (finde es btw. gut, dass er sich auf diese Art und Weise weitesgehend vom aktiven Dienst zurückgezogen hatte) und zu Beginn des Films in der Gewalt von Davian ist.
Die Szenen mit Ferris sind wirklich gelungen und sie ist ziemlich überzeugend. Wenn sie bei ihrer Rettung dann plötzlich diese wahnsinnigen Schmerzen bekommt und niemand zuerst so recht weiß, was überhaupt los ist, ist das ziemlich erschreckend.
Man hofft noch, dass es Hunt gelingen wird, sie zu retten, aber ihm fehlen ein paar Sekunden und Ferris stirbt in wirklich schockender Weise. Atmosphärisch waren diese Szenen auf jeden Fall sehr stark.
Auf die MI-typischen Gimmicks braucht man auch nicht im dritten Teil zu verzichten. So kommen z.B. die bekannten Masken mal wieder zum Einsatz, - ich fand es allerdings ziemlich abgefahren, wie sie die Davian-Maske erstellt haben.
Sehr schön ist auch, dass man mal sieht, wie man an das Stimmuster der zu doubelnden Person kommt.
Ansonsten hat man mal wieder einen typischen Maskenfehler: Auch mit der besten Maske der Welt wird es Hunt nicht gelingen Davian überzeugend zu doubeln, dafür ist ihr Körperbau einfach zu unterschiedlich.
Außerdem darf Hunt mal wieder seine Seilnummern
(eine Große und eine kleinere) abziehen. Zwar wird im Falle der größeren Seilnummer gesagt, dass es bisher Hunts schwierigste Aktion ist, aber mir haben die Varianten in MI I und MI II doch um einiges besser gefallen.
Ansonsten läßt diee Action im wesentlich wenig Wünsche offen. Es beginnt mit einer starken Rettungsaktion für Agentin Ferris, die schließlich in einer recht beeindruckenden Helikopterverfolgung mündet. Ich hoffe allerdings dass es etwas derartig Albernes wie dieses Windräder-Feld in dieser Größenordnung nicht wirklich in Deutschland gibt. Für die Flugaction war es aber eine sehr beeindruckende Örtlichkeit.
Actionmäßiger Höhepunkt des Films dürfte wohl die Befreiungsaktion für Davian auf der Brücke sein.
Dann kommt noch Hunts große Seilnummer und das Finale ist dann unspektakulärer und persönlicher, - aber sehr gut.
Unerklärlicherweise wirken manche Actionszenen zwar spektakulär aber etwas blutleer.
Die Musik ist leider nicht wirklich berauschend. Klar, dass MI-Theme funktioniert immer, aber darüberhinaus fallen mir nur noch zwei kurze ruhige Stücke ein, die ich für erwähnenswert halte. Der Soundtrack zu Teil 2 war da einfach erheblich besser. Genannt sei stellvertretend nur mal das hervorragende "Injection",- qualitativ vergleichbares findet sich im Soundtrack von MI III nicht.
Das ist wirklich ziemlich schade, gerade wenn man bedenkt, dass die hervorragende Musikuntermalung auch eine große Stärke von Alias ist.