[ Gradilis-Sektor | Nirauan-System | Nirauan | am Rande der Zivilisation | Jagdanwesen des Gouverneurs | Terrasse ] - Aren Vayliuar
Aren war am späten Mittag gemeinsam mit Adriana auf dem Anwesen des Gouverneurs eingetroffen. Es war eine Art Ranch, ein großer, luxuriöser und moderner Bau in der Mitte, umgeben von grünem gepflegten Rasen und einigen Beeten, umgeben wurde das ganze von einer hohen Mauer, auf welcher vereinzelt Wachposten patrouillierten. Das Anwesen und auch die Einrichtung wirkten für das Einkommen eines Gouverneurs von einem Planeten wie Nirauan beinahe etwas zu luxuriös, doch wollte Aren sich in diesem Moment keine Gedanken darüber machen, wie Gouverneur Falk an die Summen gekommen war, die für den Bau nötig gewesen waren. Die Nordseite des Grundstückes fiel in einem steilen Hang ab, sodass der Blick in ein weites Tal nicht von der Mauer behindert wurde. Und gerade in dieses Tal blickte Aren nun von der Terrasse herab. Das war die Wildnis, dort wollte man nicht stranden. Auch die Strecke von dem Standort seines Unternehmens hin zu diesem Anwesen war dominiert gewesen von wilder Natur, doch hatten sich in regelmäßigen Abständen immer wieder Zeichen der Zivilisation befunden, seien es kleine Farmen oder Dorfähnliche Ansammlungen von Häusern oder nur ein einsamer Turm, welcher mit Antennen für irgendeinen unbekannten Zweck bestückt war. Von diesem Anwesen aus Richtung Norden kam erstmal nichts mehr, wer in dem Tal unterhalb Arens strandete, würde nur mit Glück wieder in die Zivilisation zurückfinden, diese Wälder hatte sich der Mensch noch nicht Untertan gemacht, dort herrschten noch Bestien, wilde Tiere, die ohne Schwierigkeiten mit einem wie ihm fertig werden konnten. Es war irgendwo ein seltsam befreiender Gedanke auf etwas zu blicken, was noch nicht von der zwanghaften Ordnung der Zivilisation durchdrungen war, dass es so etwas noch gab.
,,Ein faszinierend wilder Anblick, nicht wahr?"
Aren wandte sich um und blickte dem Gouverneur entgegen, welcher gerade aus der verglasten Tür trat, welche zu einer Art Saloon führte.
,,Ganz ohne Zweifel, Gouverneur. Sie haben hier schon einen besonderen Platz für sich herausgepickt."
Aren lächelte ihm entgegen. Die beiden Männer tauschten noch einige weitere Belanglosigkeiten aus, unterhielten sich über dieses und jenes, vor allem dank Gouverneur Falk wandte sich das Thema bald dem Leben in der Metropole zu, weniger den politischen Dingen als gesellschaftlichen Geschichten. Es schien dem Mann zu fehlen, auch die repräsentativen Aufgaben eines Politiker wahrzunehmen. Hier auf Nirauan war man bloß ein Verwalter, es gab soetwas wie eine wirkliche Gesellschaft oder Oberschicht kaum, wo man sich zeigen musste, für die Empfänge gestaltet werden wollten. Aren konnte schon verstehen, dass einem auch diese Aspekte des Berufes fehlen konnte. Schließlich war es Aren, der den Fokus auf ... noch interessantere Themen legte.
,,Gouverneur, entschuldigen Sie meine Direktheit, aber ich würde gerne mit Ihnen das ein oder andere geschäftliche Thema ansprechen, nach Möglichkeit gerne so schnell wie möglich, falls ihre anderen Pläne für diesen Abend aufgeschoben werden können. Ansonsten richte ich mich aber ganz nach ihnen."
Etwas skeptisch blickte Falk ihn für einen Augenblick an, bevor er wieder sein lächeln aufsetzte.
,,Aber natürlich, Herr Sector Adjutant. Was Planungen für den Rest des Tages angeht, sind wir völlig flexibel, dieser Besuch selbst entstand ja ohnehin eher aus einer spontanen Laune. Folgen Sie mir doch bitte."
Der Gouverneur und Aren gingen in das innere des Anwesens, schritten eine Treppe im Zentrum des Baus nach oben und folgten einem lichtdurchfluteten Flur, bis sie vor den Türen des Arbeitszimmers standen, welche sich vor Gouverneur Falk schwungvoll auftaten. Der Raum dahinter bot durch eine große Fensterfront einen Blick in das selbe wilde Tal, welches man von der Terrasse aus hatte bestaunen können. Davor befand sich der Schreibtisch des Gouverneurs. Der Raum war wie der Rest des Haus luftig und modern gehalten. Falk bot Aren einen der Stühle vor dem Schreibtisch an und füllte sogleich zwei Gläser mit eine golden glänzenden Flüssigkeit, bevor er sich hinter dem Schreibtisch niederließ.
,,Ein Brandy von Zadarian, aus republikanischem Raum, all zu häufig kommt man an einen solchen Tropfen hier nicht. Also, wie kann ich ihnen helfen?"
Aren blickte den Gouverneur an und beachtete den Tropfen Alkohols vor ihm kaum.
,,Ich halte es für sinnvoll, nicht lange um den heißen Brei herum zu reden, sondern sofort auf den Punkt zu kommen. Gouverneur, wie sie wissen ist meine Position, gerade im Bezug auf Nirauan, von zweierlei Gestalt. Ich denke, wenn wir beide es heute gut angehen, profitieren sie nach diesem Gespräch von meiner wirtschaftlichen wie politischen Situation."
Ein raubtierhaftes Lächeln zeichnete sich im Gesicht des Gouverneurs ab.
,,Es wäre gelogen zu behaupten, ich hätte nicht beabsichtigt, solche Gespräche loszutreten, als ich von ihrem Besuch hörte. Also, wie können wir voneinander profitieren?"
,,Nun, die wirtschaftliche Perspektive mag wohl eine recht offensichtliche sein. Nirauan kann für die Fourb-Gruppe einen sehr lohnenswerten Standort darstellen. Wenn die Bedingungen passen, ließe sich dieser Ort zu mehr als nur einem Durchgangsportal zu unseren Kolonien etablieren, sondern als das Tor zum Neuen, die Fourb-Gruppe und angehängte Unternehmen an diesem Projekt könnten Investitionen verstärken in eigene Unternehmensinfrastruktur und auch den Aufbau einer generellen Infrastruktur unterstützen, wenn sich abzeichnet, dass größere Bewegungen in die Unbekannten Regionen beginnen oder der Warenverkehr von unseren Kolonien zurück in die Zivilisation zunimmt. Allerdings ist dies an gewisse Bedingungen geknüpft, Bedingungen, welche eng mit meiner Position als Sector Adjutant zusammenhängen. Gouverneur, ich sage es ihnen frei heraus, wir streben einen Anschluss von Gradilis an den Prefsbelt-Sektor an."
Das Erstaunen war Gouverneur Falk deutlich anzusehen. Er mochte mit viel gerechnet haben, doch nicht damit. Aren lehnte sich in seinem Stuhl zurück und beobachtete die Reaktion seines Gegenübers genau.
,,Nun, sie kommen tatsächlich direkt zum Punkt. Bevor ich zu der offensichtlichen Frage komme, was mir das denn bringt stelle ich eine noch viel wichtigere: Wieso wird mir ein solch gewaltiger Vorschlag von einem Sector Adjutant unterbreitet, ohne offizielle Ankündigung durch seinen Moff oder unseren Großmoff? Von einem Sector Adjutant, der wohl gemerkt noch nicht mal nach einem offiziellen Termin ersucht hat, sondern hier aus reiner Spontanität sitzt?"
Misstrauen und Neugierde vermischten sich im Blick des Gouverneurs. Für die Feststellung des Gouverneurs brauchte man kein Genie sein und Aren hatte erwartet, dass die Frage kommen würde. Doch war er sich seiner Position sicher, er hatte keine Angst davor, seine Karten offen auf den Tisch zu legen.
,,Das liegt daran, dass ich hier und heute in privater Mission unterwegs bin. Weder Moff Sanec noch Großmoff Rimora wissen etwas von den Plänen. Doch dürfte ersterer nicht all zu schwer davon zu überzeugen sein, seinen Machtbereich zu vergrößern und um den Plan bei unserem Großmoff durchzubringen habe ich mir selbst auch schon einige ... Gedanken gemacht."
,,Nehmen Sie es mir nicht übel, Sector Adjutant, doch scheint mir diese Geschichte eine recht fadenscheinige zu sein. Sie sind hier ohne Wissen ihres Vorgesetzten und waren offensichtlich auch nicht all zu bemüht darum, dass dieser im Vorhinein auf den Gedanken kommt, sie hätten große politische Ideen auf dem Besuch durchzubringen, wo sie doch eigentlich nur ihr Unternehmen besuchen. Ich mag vieles sein, aber kein Idiot, ich erkenne Ränkespiele, wenn ich sie sehe."
,,Ich möchte ihnen gar nichts vormachen, sondern sage es ihnen sofort, wie es aussieht. Ich möchte von ihnen, sollten unsere Gespräche von Erfolgt gekrönt sein, dass sie von sich aus den Moff kontaktieren und ihn darüber in Kenntnis setzten, dass es ihr persönlicher Wunsch ist Gradilis an den Prefsbelt-Sektor angeschlossen zu sehen, dass sie heute von sich aus auf mich zugekommen sind und mich auf ihre Pläne diesbezüglich angesprochen haben. Wieso ich dies möchte, kann ich ihnen nicht sagen und es spielt für sie letztendlich keine Rolle, doch was eine Rolle für sie spielt, sind die Vorteile die sie durch eine Kooperation mit mir erreichen können. Sie können sich sicher sein, dass..."
Der Gouverneur unterbrach ihn.
,,Sie begeben sich hier auf sehr dünnes Eis. Offensichtlich spielen sie gegen ihren Vorgesetzten, doch sind sie kein Idiot, dass einem völlig Fremden einfach so anzuvertrauen. Was macht sie so sicher, dass ich sie nicht so fort wieder nach Yaga-Minor eskortieren lasse und ihrem Moff alles ganz genau erzähle? Er wird mit Sicherheit niemanden in seinem Dunstkreis wünschen, der so offensichtlich hinter seinem Rücken agiert."
Trotz seiner Worte blieb der Gouverneur ruhig, wartete ab. Manch andere Männer, Männer, die von Loyalität zu Moff Kilodor Sanec erfüllt waren, hätten Aren schon lange herausgeworfen und seinen Vorgesetzten informiert. Das hier konnte durchaus als Verrat ausgelegt werden und wenn man als unbedeutenderer Verwalter zu nah oder zu lange in der Nähe von Verrat war, konnte man durchaus ohne es zu wollen mit in die Räder hineingezogen werden und man wäre am Ende des Tages genauso mitschuldig, wie als wenn man selbst den Verrat ausgeführt hätte, auch, wenn man nichts getan hatte. Dieser Umstand bestätigte Aren nochmals in seiner Zuversicht und als er zu sprechen begann wirkte er dabei keineswegs vorsichtig, sondern mehr als selbstsicher und er gab dem Gespräch, welches eigentlich so hoch intrigant war, fast wie ein nettes Pläuschchen unter Freunden wirken.
,,Spielen wir dieses Szenario einmal durch. Sie sprechen mit dem Moff, ich werde das Gegenteil behaupten, werde sagen, sie ziehen sich das ganze sonst woher. Sicher, das wird meiner Karriere nicht gut tun, doch ich habe genügend Kontakte, Geld und Erfahrung um in Prefsbelt oder im größten Notfall anderswo wieder auf die Beine zu kommen. Sie hingegen ... Sanec wird sich nicht bei ihnen bedanken, zum einen fehlen sämtliche Beweise und zum anderen wird er einen Teufel tun und den Leuten auf den Schlipps treten, wegen denen sie hier sind, und sie in irgendeiner Art oder Weise ehren. Sie werden hier sitzen bleiben und ihre letzte Chance, aus diesem Planeten noch ein bisschen was zu machen, die Fourb-Gruppe, wird Nirauan den Rücken kehren. Warum groß hier investieren, wenn es Raumstationen auch tun, wenn man den Handel einfach weiter ins Inland leiten kann. Aber nehmen wir einmal an, sie spielen mit. In meinem Dunstkreis wird sich ihnen die Möglichkeit bieten, das zu bekommen, was sie wollen. Ein Ruhestand mit großen Zuwendungen, kein Problem. Eine Karriere auf einer Metropolwelt wie Yaga-Minor, ich werde sie dorthin nehmen. Oder die Möglichkeit endlich das volle Potential Nirauans zu nutzen, ich mache es möglich. Die Fourb-Gruppe wird investieren und das nicht zu knapp, ich werde persönlich mit beteiligten Unternehmen sprechen und ihnen zu genau demselben Vorgehen raten. Und mit meinen Plänen kann Gradilis unter dem Prefsbelt Sektor aufblühen. Unsere Sektorflotte kann Handelswege nicht nur zu uns, sondern auch zu den Kolonien und zum Reich der Chiss auskundschaften und gegen Piraterie verteidigen. Mit meinem Einfluss, dem Einfluss von Prefsbelt können Verhandlungen mit den Chiss geführt werden, es können Investitionen von der obersten Riege des Innenministeriums nach Nirauan geleitet werden, um diesen Ort zum Tor in den noch (!) unbekannten Raum umzugestalten. Händler aus Prefsbelt können durch Subventionen davon überzeugt werden, Handel vermehrt nach Nirauan und über Nirauan zu leiten. Es gibt so viele Möglichkeiten und das einzige, was sie tun müssen ist zu behaupten, dass sie selbst diese grandiose Idee hatten."
Der Gouverneur schien kurz nachzudenken, doch Aren kannte diesen Typ von Mann. Seine Argumente ergaben Sinn, gerade wenn man Sanec kannte, was Falk tat. Und Sanec spielte seit Jahren in einer Reihe viel zu weit hinten für seine Fähigkeiten. Dieser Mann war dem Risiko nicht abgeneigt, er war kein eingestaubter Bürokrat, er war Politiker, das hatte Aren sofort erkannt. Und in jedem Politiker steckte auch ein Spieler. Er wusste, dass Aren seine beste, ja seine einzige Möglichkeit darstellte, jemals wieder etwas Sinnstiftendes zu tun. Er hätte sofort aufspringen können, als Aren begonnen hatte, hätte auf der Stelle den Moff kontaktieren können, doch das hatte er nicht getan. Er hatte zugehört, sich darauf eingelassen.
,,Ich glaube kaum, dass ich das sage, aber ich bin nicht abgeneigt, im Gegenteil. Sector Adjutant, ich denke ich spiele mit."
Aren erhob nun sein Glas.
,,Nun, dann auf den Beginn einer hervorragenden Zusammenarbeit mein Bester. Ach und um Abläufe zu vereinfachen, lassen sie doch in ihr Gespräch mit dem Moff einfließen, dass sie nach unserem heutigen Gespräch es für sinnvoll erachten würden, wenn ich den ganzen Prozess in irgendeiner Form begleiten würde. Das muss nicht mit Nachdruck sein, nur sollte diese Idee dem Moff in den Kopf gesetzt werden und das nicht unbedingt von mir."
Zustimmend nickte der Gouverneur, bevor auch er das Glas erhob und die beiden Männer gemeinsam anstießen.
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