[Nubia–Nubia City–Wohnhaus der Wohnungsbaugesellschaft Delta–73. Stockwerk–Wohnung 73 A] Ceffet, Stryka
Stryka war mehr als erstaunt, als sie Ceffet im Anzug vorfand. Dass ihm dieses Teil ein wenig zu klein war, fiel gar nicht auf, denn auf seine Augen kam es an. Die nahmen jedes Lebewesen gefangen, so fühlte sich auch Stryka und sie schluckte mehrmals, als er neben sie trat und sagte: „Wenn nichts mehr wäre könnten wir gehen.“
„Ja, wir können“, antwortete sie, packte ihre Verpine in die Aktentasche und ging vor zum Lift.
Nur wenig später saßen sie im Taxi und rauschten Richtung Klink davon.
Während der Fahrt war Stryka ungewöhnlich ruhig. Sie hoffte, mit Ceffets Hilfe, die nötige Stärke aufbringen zu können, um ihre Forderung zur Geltung zu bringen. Es ging ihr nicht nur um die nötigen Papiere, sondern auch um medizinischen Bedarf, um Ultraschallgeräte im Nanobereich, die sie locker tarnen konnte, um sie dem Bith auf dem Schreibtisch zu hinterlassen und dennoch unauffällig zu bleiben.
Als das Taxi endlich stoppte, konnte sie ein Seufzen nur schwer unterdrücken und ein gepresstes Schnauben drang aus ihren Lungen. Das ärgerte sie, denn sie wollte sich keine Schwäche eingestehen, besonders nicht, wenn Ceffet dabei war. Sie wusste selbst nicht so genau, oder wollte es nicht wissen, warum ihr seine Meinung so wichtig war. Das war so ganz und gar dar’manda, dass sie unwillkürlich abermals schnaubte. Dann strich sie den Rock des Kleides glatt, klemmte die Aktentasche resolut unter dem Arm fest und ging, starr geradeaus blickend, durch den Eingang zum Lift, der sie in das oberste Stockwerk des Gebäudes brachte.
Im Lift schaute sie geradeaus, versuchte krampfhaft, Ceffet nicht zu beachten und dennoch gelang es ihr nicht gänzlich. Erst als sie vor dem Büro ihres ehemaligen Kommilitonen standen, atmete sie bewusst aus und ein, dann klopfte sie an und trat gleichzeitig ein. Jetzt kam es darauf an, wie sicher sie auftreten würde. Nichts durfte von ihrer Unsicherheit zu erkennen sein. Innerlich fluchte sie über ihre Entscheidung, die Aufputscher nicht genommen zu haben, denn zu lange war sie davon abhängig und sie hatten ihr Sicherheit versprochen. Nun fühlte sie sich leer, einzig Ceffets Anwesenheit gab ihr die Gewissheit, als mando’ad zu handeln.
Marcus Crom war noch im Büro. Mit vor Ärger gerunzelter Stirn saß er hinter seinem Schriebtisch und funkelte Stryka zornig an, als sie hereinstürmte, Ceffet dicht hinter sich, der sie um Haupteslänge überragte. Man sah ihm seine Gefährlichkeit durchaus an, ein langes Leben als Söldner konnte auch die Maskerade im eleganten Anzug nicht auslöschen.
„Schönen Abend Marcus“, grüßte sie höflich und ging gleich weiter. Sie wartete keine Aufforderung ab, sondern nahm gleich ihm gegenüber Platz und starrte ihn siegessicher an. „Du bist mir noch etwas schuldig und heute ist der Tag der Abrechnung. Und komm ja auf keine so dumme Idee, die Polizei zu rufen oder so etwas, denn wenn wir nicht in zwei Stunden zurück sind, mit allem was wir wollen, dann geht eine automatische Nachricht an die zuständigen Stellen des Imperiums und auch an die imperiale Holovision.“
Marcus schaute erschrocken auf. Nie hatte er damit gerechnet, diese Schuld zahlen zu müssen, was auch ein Grund gewesen war, sich auf diesem Außenposten festzusetzen. Nubia war ja nicht gerade der Mittelpunkt der Galaxies, hier war es nicht so wichtig, wie er zu seinem Titel gekommen war, Hauptsache, er hatte ihn. „Es ist schon lange her. Du bist schmal geworden, kannst du dir keinen Kuchen leisten?“, sagte er schließlich süffisant lächelnd. Doch sie überging die Beleidigung. „Dein Betrug ist noch nicht verjährt und zumindest könnte er sich mehr als peinlich auf dich auswirken, bestenfalls müsstest du als Chef der Klinik zurücktreten, weil du ja die Prüfung nicht geschafft hast“, sagte sie und sein Gesichtsausdruck gab ihr Auftrieb, so fuhr sie beinhart fort: „Damit ich deine Familie und die Medien, vom Imperialen Sanitätsausschuss ganz zu schweigen, nicht informiere, möchte ich von dir Folgendes.“ Nun begann sie ihre Forderungen zu formulieren. Sie war sachlich und kalt, eine Wissenschaftlerin, die sich an blanke Fakten hält. „Ich verlange Pässe der imperialen Sanitätsbehörden für mich und meinem Mitarbeiterstab“, dabei schaute sie Ceffet entschuldigend an, denn er war ja der Leiter des Unternehmens, aber so ging es einfacher. „Mein Stab beschränkt sich auf drei Mitarbeiter und mich. Du wirst sie auf folgende Namen ausstellen und keine weiteren Fragen stellen.“ Nun nannte sie ihm die Namen aller Beteiligten. Als er nur starrte und keine Anstalten machte, etwas zu tun, schlug sie kräftig auf den Tisch und brüllte: „Keine Ausflüchte und keine Verzögerung. Ich brauche noch mehr und du wirst es mir geben, wenn dir dein Leben auch nur einen Credit wert ist, di’kut!“ Nun stand sie auf, stützte die Hände auf seinen Tisch wobei sie ihn anfunkelte und schrie: „An die Arbeit, oder morgen weiß die imperiale Holovision, dass du dir deinen Titel erschlichen hast, die sind ganz heiß auf solche Geschichten. Die arme Mando’ad, hat dem toughen angehenden Mediziner aus gutem Haus den Abschluss geschrieben, er hat sich seinen Titel erkauft und nicht einmal den Schneid, dafür zu zahlen. Was bist du doch für ein erbärmlicher di'kut und ein Feigling obendrein, Marcus!“ Damit nahm sie wieder Platz, strich den Rock glatt und wartete.
Noch nie war er so erschrocken gewesen, als zu dem Zeitpunkt, als ihn Stryka angerufen hatte und nun saß sie hier in seinem schicken Büro und bedrohte ihn. Immer wieder wanderte sein Blick zu ihrem Begleiter, der neben ihr, scheinbar unbeteiligt, saß und dennoch eine Bedrohung aussprach, die es nicht zu unterschätzen galt. Bislang hatte er noch nichts gesprochen, aber er sah so aus, als würde ihm jeden Moment der Kragen platzen.
[Nubia – Nubia City – imperiale Krankenanstalt – Büro vom ärztlichen Leiter] Ceffet, Stryka, NPC Marcus Crom und andere