Bereits vor einer Weile machten Berichte die Runde, ILM könnte eine weitere Zweigstelle in Europa eröffnen. Der Hollywood Reporter hat dazu nun harte Fakten erfahren:
Mit Blick auf den Produktionsbeginn von Episode VII bereitet sich Industrial Light & Magic, die Effekttochter von Lucasfilm und damit indirekte Tochter der Walt Disney Company, darauf vor, eine neue Niederlassung im Herzen Londons zu eröffnen.
ILM steht kurz davor, sich außerhalb des Stadtteils Soho auf der Nordseite der Tottenham Court Road anzusiedeln, wo bereits zahlreiche andere Effektfirmen zuhause sind. ILM-Präsidentin und Geschäftsführerin Lynwen Brennan erklärte gegenüber dem Hollywood Reporter, dass geplant ist, den anvisierten Standort umfassend umzubauen. Einziehen wolle man dann Ende März oder Anfang April. "Vorgesehen ist ein voll funktionsfähiges Studio mit einer künstlerischen Abteilung, einem Bereich für die Vorvisualisierung und einer vollwertigen Pipeline für visuelle Effekte und Computergrafiken."
Brennan erklärte weiter, dass ILM auch in den Londoner Pinewood-Studios präsent sein werde, wo J. J. Abrams' Episode VII gedreht werden wird, aber nur in Form einer künstlerischen Abteilung und einiger Vorvisualisierungsplätze. Eine umfassende ILM-Präsenz ist in Pinewood allerdings nicht vorgesehen. "Wir haben uns überlegt, die Niederlassung in zwei Teile aufzuspalten, konzentrieren uns jetzt aber auf unsere Londoner Zweigstelle und werden in Pinewood nur so weit vor Ort sein, wie dies für die Produktion notwendig ist."
ILM-Mitarbeiter Roger Guyett, der in diesem Jahr für Star Trek Into Darkness seine dritte Oscarnominierung eingefahren hat, wird als leitender Effektverantwortlicher an Episode VII arbeiten. Geplant ist, alle für den Film nötigen Effekte von ILM umsetzen zu lassen, allerdings nicht nur von den Mitarbeitern in Großbritannien, sondern auch von denen in der Zentrale in San Francisco und in den Außenstellen in Singapur und Vancouver sowie von den Kollegen bei der Partnerfirma Base FX in Peking. Die Londoner Niederlassung ist technisch so aufgebaut, dass sie über die interne Pipeline Aufgaben mit den anderen Standorten austauschen kann.
Der Aufbau einer britischen Zweigstelle ist Teil einer globalen Unternehmenerweiterung, die nicht nur mit der Produktion der nächsten Krieg-der-Sterne-Filme zu tun hat. "ILM wird nicht nur an Lucasfilm-, Disney- und Marvel-Projekten arbeiten, sondern auch an Produktionen anderer Studios", erklärte Brennan. "London ist ein wichtiges Zentrum für Filmproduktionen. Das Team, was wir für unsere dortige Niederlassung aufbauen, hat bereits Kontakt zu den dortigen Filmemachern, insofern haben wir auch das Ziel, mit dem Londoner Studio die örtliche Filmbranche zu erreichen."
Das erste Projekt für die ILM-Mitarbeiter in London wird die Avengers-Fortsetzung Age of Ultron sein. An diesem Projekt arbeiten daneben auch andere Londoner Effektfirmen wie Double Negative.
Bislang hat ILM für seine Londoner Zweigstelle ungefähr ein Dutzend Mitarbeiter eingestellt, darunter Kreativchef Ben Morris, der von der Londoner Effektfirma Framestore abgeworben werden konnte und erst unlängst an Gravity gearbeitet hat, Animationschef Michael Eames, der zuletzt bei Prime Focus beschäftigt war, Effektproduzentin Nina Fallon, die für Double Negative gearbeitet hat und Produktionsleiterin Sue Lyster, die zuvor bei Framestore unter Vertrag war. Aktuell arbeitet das Team noch an einem Übergangsstandort in Soho, wo zur Zeit der eigentliche Unternehmensstart und zusätzliche Neuanwerbungen vorbereitet werden.
Ziel ist es, in London zum Auftakt etwa 200 Mitarbeiter zu beschäftigen. "Wir planen, vor allem Talente aus Großbritannien einzustellen, wo es hervorragende Arbeitskräfte gibt", erklärte Brennan. "Daneben haben einige unserer Mitarbeiter in San Francisco Interesse angemeldet, in ihre Londoner Heimat zurückzukehren, und ich schätze, es wird hier einige Rückkehrer geben."
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Großbritannien arbeitet seit einer Weile, wie auch einige andere Regionen, aktiv darauf hin, Effektfirmen anzulocken. Im vergangenen Dezember wurden neue steuerliche Anreize eingeführt, die im April in Kraft treten werden. Auf die ersten 20 Millionen Pfund, die ein Effektunternehmen in Großbritannien ausgibt, gibt es eine Steuergutschrift von 25 Prozent, nur noch 10 anstelle der bisherigen 25 Prozent eines Filmbudgets müssen in Großbritannien ausgegeben werden, um für steuerliche Vorteile in Frage zu kommen.
Brennan geht davon aus, dass sich die Präsenz von ILM in London positiv auf die britische Effektbranche auswirken wird. "Wenn man ein neues Studio aufbaut, gibt es zunächst Ängste und Unruhe im örtlichen Ökosystem, aber ich denke, dass unsere Unternehmensgeschichte und die Projekte, an denen wir arbeiten, die Effektbranche insgesamt eher stabilisieren wird. Wir jedenfalls freuen uns darauf, unseren Kollegen in London gute Nachbarn zu sein."
Episode VII wird voraussichtlich am 18. Dezember 2015 in die Kinos kommen, der neue Avenger-Film am 1. Mai 2015. Daneben ist ILM auf globaler Ebene auch an Filmen wie Jurassic World, Transformers: Age of Extinction, Teenage Mutant Ninja Turtles, Tomorrowland, Warcraft, Luc Bessons Lucy und Angelina Jolies Unbroken. Außerdem steht man kurz vor dem Abschluss der Arbeiten an Noah und Captain America: The Winter Soldier.
Neben diesem Hauptbeschäftigungsfeld bewirbt sich ILM derzeit auch um Fördergelder für Ausbildungsplätze und Forschungs- und Entwicklungsprojekte, um seine globale Wachstumsstrategie voranzutreiben. "Wir stecken eine Menge Geld in neue Prozesse, die unsere Branche aus meiner Sicht in den nächsten 10 Jahren radikal verändern werden", so Brennan. "Dinge wie unsere Technologie zum Rendern in Echtzeit werden die Branche umkrempeln."
Mit diesem Ziel vor Augen will Brannan auch die Zusammenarbeit von ILM mit der Disney-Forschungsfirma Disney Research in Zürich und Schottland intensivieren. "Aktuell arbeiten wir mit ihnen über ihre Software für Gesichtsanimationen, Medusa, zusammen, aber es steht zweifelsohne zu erwarten, dass wir auch darüber hinaus eng mit Disney Research zusammenarbeiten werden. Das wird ganz besonders von unserem britischen Standort aus geschehen."
Keine Pläne gibt es aktuell hingegen, auch Skywalker Sound nach Großbritannien zu holen, obwohl Brennan selbst dies nicht ausschließt.
Die globale Lage von ILM schätzt sie sehr positiv ein. Neben dem Aufbau der britischen Niederlassung ist auch die Zweigstelle in Vancouver dabei, ein neues, größeres Gebäude im Stadtteil Gastown zu beziehen. Damit kann der Mitarbeiterstab von 100 auf 200 Beschäftigte verdoppelt werden.
Lucasfilm hat außerdem erst kürzlich eine neue Zentrale für ILM Singapur eröffnet, die von dem ehemaligen Leiter der britischen Filmgesellschaft Colin Brown geleitet wird und im dortigen, 22.500 m² großen Sandraupen-Gebäude zuhause ist. "Wir haben unsere Mitarbeiter dort nachhaltig weiterqualifiziert und damit dafür gesorgt, dass sie nicht nur unsere Zentrale in San Francisco unterstützen, sondern auch Aufträge aus der Region erhalten. Das ist uns sehr wichtig."
ILM hat im zurückliegenden Jahr Oscarnominierungen für Star Trek Into Darkness und The Lone Ranger eingefahren. Daneben wurden die ILM-Effekte von Pacific Rim und Star Trek Into Darkness für den britischen Oscar nominiert. Am Wochenende werden zwei Neuentwicklungen von ILM zudem mit dem Technikoscar ausgezeichnet.
Quelle:
StarWars-Union.de - ILM zieht es zum Drehstart nach London - Nachrichten