[Ring von Kafrene | Raumstation | Hochsicherheitstrakt | Sicherheitszentrale | Lieutenant Commander Arkadi Duval, Tirasina, Faith Navalon, Tyris Reth, Moore (alias Nani), NRGD-Team, Arianna Trallok (NSC)
Das von dem NRGD-Team entfesselte Inferno aus Blasterfeuer war ohrenbetäubend und die schiere Anzahl von Schüssen schuf eine ungeheure Abfolge von Blitzen, deren grelles Licht die Republikaner in der nur von der schummrigen roten Notbeleuchtung notdürftig erhellten Sicherheitszentrale umso stärker blendete. Aber das spielte für sie keine Rolle, alles, was zählte, war die Vernichtung von Arianna Trallok, ganz besonders für Arkadi. Der blonde Agent hatte dank seines düsteren Gesprächs mit Nani und den unheilvollen Bemerkungen der Sephi eine bessere Ahnung davon, was die „Königin“ war. Eine vage Vorstellung, eine Vermutung, aber sie genügte, um das Blut des ehemaligen Soldaten zu Eiswasser gefrieren zu lassen und ein dumpfes, bedrückendes Gefühl der Bedrohung zu erschaffen. Egal, was genau diese...Kreatur auch war, Arkadis Mission hatte sich geändert. Seine ursprüngliche Aufgabe, den Vigilanten mit dem Codenamen „Erzengel“ zu retten, war in den Hintergrund gerückt angesichts der diabolischen Präsenz der selbsternannten Herrscherin von Kafrene. Unter keinen Umständen durfte er zulassen, dass es ihr gelang, das republikanische Team erneut zu fangen und ihre Pläne umzusetzen, er zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass sie mit den so erlangen Informationen nur noch gefährlicher sein würde. Also drückte der Agent ab, wieder und wieder und wieder, schoss binnen kürzester Zeit sein ganzes Energiemagazin leer, lud in einer fließenden Bewegung nach und feuerte weiter, stimmte ein die gewaltige Salve, wie die ein Gewittersturm auf Arianna Trallok einprasselte. Es war schwer, in dem Chaos etwas zu erkennen, aber Arkadi schöpfte Zuversicht aus der Gewissheit, dass egal was diese Frau auch sein mochte, sie dem geballten Beschuss aus mehr als einem halben Dutzend Blastern nicht würde standhalten können. Es gab Spezies, die über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen, beispielsweise ihre Form wandeln konnten wie Tirasina, oder die über bemerkenswerte Stärke und Zähigkeit verfügen, die Houk und Wookies waren nur zwei der bekanntesten intelligenten Lebewesen, deren Kraft weit über der von Menschen liegt. Aber Arianna Tralloks äußere Erscheinung war humanoid, und keine humanoide Spezies konnteso viel Feuerkraft wegstecken, ohne nicht zumindest schwer verletzt zu werden. Die „Königin“ hatte das in ihrer offenkundigen Arroganz wohl vergessen und hält sich für unverwundbar, weshalb sie sich allein dem NRGD-Team entgegenstellt, und für diese Überheblichkeit wird sie nun bezahlen. Selbst wenn die dunkelhaarige Frau eine Panzerung oder einen Schild trägt, und es sieht nicht so aus, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die vielen Schüsse...
Nein. Nein, das war einfach nicht möglich. Arkadi traute seinen Augen nicht und zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren war auf dem sonst so glatten, beherrschten Gesicht des blonden Mannes Unglauben und Panik zu erkennen. Er und sein Team hatten gerade genügend Schüsse abgefeuert, um einen ausgewachsenen Krayt-Drachen zu töten und den Energievorrat jedes ihm bekanntes Schildes zu erschöpfen, selbst eine hochwertige Panzerung konnte der schieren Masse an Blasterenergie nicht standhalten. Es war unmöglich, es konnte nicht sein, es widersprach allen Regeln und Gesetzen und doch...und doch stand Arianna Trallok ungerührt da und es sah so aus, als hätte nicht ein einziger Schuss irgendeinen Schaden angerichtet, in der Dunkelheit wirkte es so, als wären sie allesamt wirkungslos an der Haut und Kleidung der Verbrecherfürstin verpufft wie Regentropfen, die an den Fenster klopften. Arkadis Augen, groß vor Schreck, suchten nach Hinweisen, nach Spuren davon, dass wenigstens ein Kratzer oder ein kleines Brandloch entstanden war, irgendein Zeichen dafür, dass dieses...Ding nicht wirklich unverwundbar war, aber da war nichts. Kein Blut, keine Verfärbung, nichts. Absolut nichts. Arianna Trallok sah noch genauso aus wie in dem Moment, in dem sie die Sicherheitszentrale betreten hatte, ruhig und unberührt stand sie da, einer Statue gleich, die Lippen der dunkelhaarigen Frau zierte ein von geringschätziger Höflichkeit geprägtes Lächeln, als würden die Bemühungen der Republikaner sie amüsieren. Es war die Haltung einer allmächtigen, den Belangen sterblicher Kreaturen weit entrückten Herrscherin. Nein, mehr als das: Einer Göttin, unerreichbar und nicht zu verletzen.
Es war diese Arroganz, die Arkadis erschrockene Ehrfurcht in Zorn verwandelte, der Agent konnte einfach nicht akzeptieren, dass dieses...Ding ihn bei jeder Gelegenheit ausgespielt und überlistet hatte und er ihr im Gegenzug nicht einmal einen Kratzer verpasst hatte. Es war eine Demütigung ohnegleichen, aber in den verletzten Stolz mischte sich das weitaus drängendere, wichtigere Gefühl, dass da etwas vor ihm stand, das unter keinen Umständen lebend oder intakt die Station verlassen durfte. Mit geradezu spielerischer Leichtigkeit hatte Arianna Trallok ein ganzes Team des NRGD in eine Falle gelockt und meisterhaft manipuliert, und die Warnungen von Nani in Verbindung mit dem außergewöhnlich fortschrittlichen Datenarchiv taten ein übriges, um Arkadis Sorgen zu nähren und ins unermessliche zu steigern. Er musste etwas unternehmen, musste die Verbrecherfürstin irgendwie aufhalten. Alles hatte eine Schwäche, egal wie gut verborgen diese war, und daran klammerte sich Arkadi, als er seine Blasterpistole zückte und für einen Moment völlig die Beherrschung verlor und einfach nur auf die „Königin“ schoss, in der verzweifelten Hoffnung, vielleicht doch noch irgendeine Lücke in ihrer Verteidigung zu finden oder die Illusion zu zerstören, falls es eine war. Aber diese ohnehin schmale Hoffnung wurde enttäuscht, auch die Schüsse aus der Blasterpistole trafen zwar ihr Ziel, blieben aber ohne jede sichtbare Wirkung und Arianna Trallok registrierte sie lediglich mit spöttischer Neugier. Arkadis Hand zitterte, als er die Waffe weiter auf die Verbrecherfürstin richtete, der ehemalige Soldat musste sich zwingen, die Realität anzuerkennen. Was auch immer sie war, mit konventionellen Mitteln würde er sie nicht töten können. Antrainierte Reflexe setzten ein, Denkmuster, in denen er geschult und gedrillt worden war. Beobachten - Abwägen - Entscheiden – Handeln. Geistig wiederholte der Agent diesen Leitsatz wieder und wieder, ein Mantra des Überlebens, und schlussendlich gewann er ein Stück Kontrolle zurück und akzeptierte, was ohnehin nicht zu leugnen war. Langsam ließ er die Waffe sinken, der Blick seiner kühlen blauen Augen nun wieder fest und konzentriert. Nein, er würde Arianna Trallok nicht die Befriedigung gönnen, ihn in Panik verfallen zu sehen, diesen Triumph gestattete er ihr nicht, und wenn es das einzige war, das er tun konnte.
Ganz in der Haltung der Siegerin betrachtete die „Königin“ von Kafrene ihn und sein Team, auf eine Art, die den Agenten an einen Forscher erinnerte, der unter dem Vergrößerungsglas Insekten beäugte. Bevor sie ihn mit einer Antwort ehrte, ließ sich die dunkelhaarige Frau erst ein wenig Zeit, was ihre Kontrolle über die Situation nur noch unterstrich, sie allein bestimmte auf dieser Station die Spielregeln. Arkadi hatte geglaubt, nun könne ihn nichts mehr überraschen, aber als Arianna Trallok sprach, tat sie dies nicht nur mit einem Mund, der blonde Mann wirbelte herum, als die Worte der Herrscherin von Kafrene auch von Nani ausgesprochen wurden, ein verstörender Chor von zwei Stimmen und einem Geist. Die auf die Knie gesunkene Sephi wirkte abwesend, wie in Trance, ihre Stimme beinah mechanisch und monoton, ganz so, als gehörte ihr Körper nicht mehr ihr und...In diesem Moment wurde Arkadi klar, warum die Slicerin so eine Angst vor Arianna Trallok hatte, woher dieser gehetzte, panische Ausdruck in ihren Augen gekommen war. Die Fähigkeiten, die Nani demonstriert hatte, ihr Eindringen in die Systeme von Kafrene, die Bewusstlosigkeit im Datenarchiv, es passte alles zusammen, ergab ein Bild, ein Muster. Die weißhaarige Nichtmenschin hatte nicht befürchtet, dass sie getötet oder gefoltert werden würde, nein, ihre Angst war es gewesen, dass jemand – oder etwas – anderes von ihr Besitz ergriff, sie zu einer Gefangenen in ihrem eigenen Körper machte. Und genau das, so schien es, war eingetreten. Ein grauenhaftes Schicksal und für einen kurzen Moment empfand Arkadi so etwas wie den Ansatz von Mitgefühl, bevor er seine Augen zusammenkniff und sich langsam wieder zu Arianna Trallok umdrehte, die ihm großzügig eine Antwort gewährte. Sie herrschte nicht bloß über Kafrene, sie WAR Kafrene. Die Sensoren der Station waren ihre Augen, ihre Hülle ihr Körper und ihre Waffensysteme ihre Fäuste, kam es Arkadi in den Sinn, eine Verschmelzung von Fleisch und Stahl, die Stärken von beiden, die Schwächen von keinem. War sie ein Droide, der ein eigenes Bewusstsein entwickelt hatte, ein Cyborg, eine Künstliche Intelligenz? Dieses Geheimnis behielt die „Königin“ dann doch für sich, mit zynischer Betrübnis verkündete sie, dass sie das NRGD-Team entgegen ihrer ursprünglichen Pläne nun doch würde töten müssen. Beute, Wirtin...das also war Nani. Eine neue Hülle für Arianna Trallok, in der sie wachsen konnte wie ein wunderschöner Parasit...
Das also war das wahre Gesicht der „Königin“. Sie war eine Seuche, eine Krankheit, eine Gefahr für alle organischen Lebewesen. Arkadi ging von dem Schlimmsten aus, wenn es ihr möglich war, die Systeme einer ganzen Raumstation zu kontrollieren und den Körper eines intelligenten Wesens zu übernehmen, dann war sie eine Bedrohung von noch nie gekannten Ausmaß. Vor dem inneren Auge des blonden Menschen entstanden Bilder von Schiffen, bei denen Systeme und Besatzung von dem ein und dem selben bösartigen Verstand beherrscht wurden, bei denen der Unterschied zwischen Droiden und organischen Lebewesen belanglos wurde. Nani würde die Erste sein, die Erste von vielen, Soldatin in einer Armee von Sklaven, die aller Individualität und Identität beraubt worden waren, kaum mehr als leere Hüllen, die Arianna Trallok mit sich selbst füllen konnte. Eine Vision der Zukunft, die selbst einen hartgesottenen, kalten Mann wie ihn erschütterte und mit Grauen erfüllte. Das durfte niemals Realität werden, niemals. Egal um welchen Preis, die „Königin“ musste vernichtet werden, ausgebrannt, jede noch so kleine Spur ihrer Existenz aus der Galaxis getilgt. Sie war ein Parasit...Bedrohlich langsam, unausweichlich kam Arianna Trallok langsam auf ihn zu und griff nach ihrem Schwert, eine archaische, aber deshalb nicht minder tödliche Waffe, belustigt kündigte die Frau einen letzten Tanz an, bei dem sie sich noch ein wenig am Ende der Republikaner ergötzen wollte. Nani, ihre neue zweite Hälfte...nicht beschädigen. War das eine Möglichkeit? Ihm blieben kaum noch Optionen, die Zeit lief ihm davon. Arkadi wägte ein letztes Mal ab, senkte demonstrativ geschlagen und unterwürfig den Blick, vermittelte das Bild eines Mannes, der aufgegeben hatte und vor dem Tod nicht davonlaufen würde...und dann wirbelte er herum, überwand mit zwei schnellen Schritten die Distanz zu Nani, packte die Sephi am Bauch und riss sie hoch, um sie als Schutzschild zu verwenden. In einer fließenden Bewegung hielt er der Nichtmenschin seine Blasterpistole an die Schläfe, in seinen kühlen blauen Augen war nicht einmal ansatzweise Defätismus zu erkennen, nur kalte Entschlossenheit. Die Stimme des Agenten ließ keine Zweifel daran aufkommen, dass es sich nicht bloß um eine Verzweiflungstat handelte.
„Ich werde mehr tun, als Ihre Wirtin bloß zu beschädigen. Ich werde sie töten. Finger am Abzug...egal wie schnell Sie sind, egal ob Sie mich danach erwischen, Nani stirbt vor mir. Und nicht nur sie.“
Geschickt tastete der Agent nach dem Thermaldetonator, den er noch am Gürtel trug, und aktivierte ihn. Es gab einen Trick, mit denen man diesen Typ Granate in eine Totmann-Schaltung umbauen konnte, das funktionierte mit den meisten gängigen Modellen. Zu Arkadis Erleichterung auch mit diesem. Fest umklammerte er den Sprengkörper, würde er jetzt loslassen, würden sie alle in einer spektakulären Explosion draufgehen. Arianna Trallok mochte vielleicht auch das überstehen, aber Explosionen auf einer Raumstation konnten allerhand schwerwiegende Folgen haben. Langsam, seine Geisel vor sich haltend, begab sich Arkadi zur Konsole und warf einen kurzen Blick darauf, der Kanal zu Nanis Boss stand. Eingabe per Stimme...
„An den Boss der Slicerin Nani, hier spricht Arkadi Duval, NRGD-Agent. Ihre Untergebene und mein Team sind in der Sicherheitszentrale, zusammen mit Arianna Trallok. Sie ist nicht, was sie zu sein scheint, und deshalb...leiten Sie eine Nachricht für mich weiter. Kom-Frequenz #214412-12, der Autorisierungscode lautet „Haspir“. Geben Sie danach nur ein Wort ein: REDLINE. Wenn Ihnen auch nur ansatzweise etwas an der Galaxis, wie wir sie kennen, und Ihrem eigenen Überleben liegt, werden Sie das tun.“
Mehr war nicht nötig. Arkadi hatte gerade das Schicksal aller auf dieser Station besiegelt. Wenn diese Nachricht den NRGD erreichen würde, würden Mechanismen in Gang gesetzt werden, die niemand mehr aufhalten konnte. Nicht er. Nicht Nani. Nicht einmal Arianna Trallok. REDLINE war die letzte Option, die Brandmauer. Einmal gegeben konnte dieser Befehl nicht widerrufen werden...
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