Vorsicht, in dem folgenden Text wird keine Rücksicht auf Spoiler genommen.
Selten so einen Stuss gelesen. Der allmächtige Sith-Imperator, der ganze Planeten fressen kann, kauft einen absoluten Idioten wie Darth Scourge zweimal absolut durchsichtige Lügen ab. Dann der Dromund-Kaas-Stuss, den Minza zurecht schon hingewiesen hat.
[...]Und wie wurde 'Lord Scourge' denn am Ende unsterblich? Der Imperator musste dafür einen Planeten fressen. Wieso reicht jetzt plötzlich grünes Zeugs aus? Und wieso darf der Zorn des Imperators seinen Verstand (anscheinend) behalten, während hingegen die Hand und die Stimme des Imperators in Marionetten ohne eigenen Willen verwandelt werden?
Das mit den Lügen finde ich schwer einzuschätzen, hier hab ich mich einfach auf das Buch eingelassen und es für bar genommen. Schwerwiegender ist der Imperator selber. Unsterblichkeit, dass ich nicht lache... Plagueis und Palpatine forschen später wie bekloppt daran, es wird zu einem der wichtigsten Motive in der Literatur, die sich mit ihnen beschäftigt, aber dieser hier hat die Unsterblichkeit mir nichts, dir nichts gefunden... Und seiner neuen rechten Hand verleiht er sie auch, mittels eines einfachen Rituals.
Und was sollen das denn bitte für 'Sith' sein, die Angst davor haben, sich an den Jedi und der Republik zu rächen. Das sind alte Weiber, keine Sith. Wenn schon einen Grund für den Verrat, dann doch bitte den, der offensichtlich da war. Der Umstand, dass die Unsterblichkeit von 'Lord Vitiate' möglicherweise irgendwann die ganze Galaxis das Leben kosten könnte. Und meinetwegen auch, dass Seine Imperiale Majestät daran arbeitet, die ganze Sith-Elite in gehirnlose Marionetten zu verwandeln. Aber doch bitte nicht diesen Quatsch.
Ich find's witzig, dass die 1000 Jahre alten Geschehnisse aus dem Großen Hyperraumkrieg ihnen immer noch in den Knochen stecken.
Komisch bleibt es aber, es wirkt unnatürlich zurückhaltend und vernünftig. Ich glaube, hier wollte man unbedingt einen Sith haben, der aus ähnlichen Gründen wie Revan gegen den Imperator ist.
Ich denke, Karpyshyn hat wirklich das Zeug, einen rundum guten Roman zu schreiben, aber mMn wurde er hier zu sehr von TOR eingeschränkt (wobei er daran selber beteiligt ist, wohlmöglich wachsen einige Sachen auch auf seinem Mist), z. B. von der Tatsache dass es Nachkommen mit dem Namen Shan geben. Bastila als Mutter, die Zuhause bleibt gibt einfach eine lächerliche Szene ab, genauso wie Revans recht deutlich gezeigter Glaube in die helle Seite. Karpyshyn hat im Vorfeld deutlich gemacht, dass er auf Grautöne verzichtet, obwohl das bei Revan angebracht wäre, und fügt dann solche künstlich wirkende Szenen wie mit den Wachen in Nyriss' Gefängnis ein, um zu zeigen dass er wirklich einer der guten Samariter ist. Und er nimmt Jolee nicht mit, weil er "dem Orden zu nahe steht"? Was zum Teufel hat Jolee denn bitte mit dem Orden zu schaffen? Lächerlich... Dieser ganze Gesprächsabschnitt mit Canderous hatte bloß den Sinn, die alten Gefährten beim Namen zu nennen damit KotOR-Fans auf ihre Kosten kommen, um sie aber gleichzeitig aus der Liste der Mitreisenden zu streichen damit nicht zu viele Charaktere auf der Bühne sind, und sei es aus fadenscheinigen Gründen.
Ein anderes Problem ist dass das Buch ein TOR-Roman ist und somit eine Kundschaft anspricht, die KotOR 1&2 vielleicht gar nicht gespielt hat. Dessen Inhalt muss dann in ein paar Sätzen wiedergegeben werden, die dem nicht gerecht werden oder aufgesetzt wirken.
Das Buch hat aber auch positive Seiten, wie ich finde. Der Scourge-Erzählstrang ist anfangs langweilig, wird aber im 2. Teil spannend als er mit dem Revan- und meetra-Erzählstrang verwoben wird. Es ist schon kurios, dass Revan sich mit einem Sith verbündet, und doch recht typisch - er ist ja selber keiner von den typischen Good Boys. Ebenso ist dieses gesellschaftliche System mit den Rassen im Imperium interessant, die Visionen-Thematik und Scourges Rolle darin, die Erläuterungen über helle und dunkle Seite (Karpyshyn hat schon in Dath Bane 1 eindrucksvoll seine Kompetenz in diesem Thema bewiesen), wieder einmal habe ich was dazugelernt.